Europaweite Betrugsprävention für Leasing-Unternehmen

Sicherheitsnetz zum Schutz hochwertiger Assets

Frank Schottenheim, Director Financial Institutions der PS-Team Deutschland GmbH & Co. KG

Die Betrugsprävention in Leasing-Gesellschaften, Banken und Versicherern ist auf europäischer Ebene verbesserungsfähig. Wenngleich es viele sinnvolle Ansätze im internationalen Asset-Management gibt, fehlt ein aufeinander abgestimmtes Gesamtsystem an Lösungen und Instrumenten. Um deren Wirkungsweise zu erhöhen, sollten diese in ein Gesamtkonzept integriert werden. Der Beitrag zeigt vorhandene Formen der Betrugsprävention auf und gibt Anstöße, die empfindlichen Lücken im europäischen Kontext zu schließen.

Zwar streiten Ökonomen noch immer über die Ursachen der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009. Einigkeit herrscht hingegen über ihre Wirkung: Die Finanzbranche wurde erschüttert und wachgerüttelt, wodurch ein neues Risikobewusstsein entstand. Nur im Zusammenschluss über Instituts- und Ländergrenzen hinweg kann es der Branche gelingen, Risiken frühzeitig zu erkennen und Gefahren vorzubeugen. Eine gemeinsame, länderübergreifende Risikoprävention bildet die Basis für sichere Finanzierungsgeschäfte in einem offenen Wettbewerbsumfeld.

Bestandsprüfung im Outsourcing

Die Leasing-Gesellschaften müssen sich mit vielfältigen Betrugsformen auseinandersetzen, die einen hohen wirtschaftlichen Schaden verursachen. Je höher der Wert der geleasten Assets, umso mehr gewinnt der Schutz von Eigentumsrechten an Bedeutung. Dazu haben sich verschiedene Ansätze in der Praxis bewährt. Vor-Ort-Prüfungen, sogenannte Floorchecks, gehören zu den Routinen von Finanzinstituten. Doch dafür bindet heute kaum ein Unternehmen noch eigene Personalkapazitäten. Das Outsourcing hat sich in diesem Bereich in der Bankenwelt als Standard durchgesetzt. Denn die bei einem Dienstleister gebündelten Prüfungen tragen entscheidend zur Kostensenkung bei. Skaleneffekte ergeben sich durch die höheren Fallzahlen.

Da externe Dienstleister die Prüfungen in den einzelnen Häusern bündeln, entfällt nur ein kleiner Anteil der Fahrtkosten auf den einzelnen Kunden. Zudem lassen sich die Prüfungen schneller und bei Bedarf kurzfristig durchführen. Neben Fahrzeugen werden auch Bau-, Land-, Druck-, Werkzeug- und andere Produktionsmaschinen sowie ganze Produktionsanlagen geprüft. Das unterstützt Leasing-Gesellschaften und Banken, ihr Sicherungseigentum zu identifizieren, zu überwachen und so zu schützen. Im Investitionsgüterbereich bewährt sich das Verfahren allerdings nur dann, wenn das prüfende Unternehmen über die notwendige technische Kompetenz verfügt, um auch komplexe Anlagen auf Vollständigkeit zu untersuchen.

Zudem setzen Banken und Leasing-Gesellschaften aus vielen europäischen Ländern ein einheitliches Asset-Register als Instrument ihres Risikomanagements ein. Die Systemsoftware prüft zeitnah die Eigentumsverhältnisse finanzierter Fahrzeuge sowie weiterer Assets - von der Baumaschine bis zur Büroausstattung. Während spezielle Datenbanken nur über eine begrenzte Reichweite verfügen, sollte ein zentrales internationales Register genutzt werden, das neben eigenen Daten auch auf nationale Register zurückgreift und sie vernetzt.

Auf diese Weise wird ein Monitoring über Landesgrenzen und Finanzierungsarten hinweg möglich. Um Doppel- und Luftfinanzierung sicher aufzudecken, werden aus fragmentierten Daten wie beispielsweise unvollständigen Maschinendaten oder Fahrgestellnummern, Herstellerangaben oder anderen Informationen eindeutige Datensätze von hoher Qualität generiert. Damit schließt das Register entscheidende Sicherheitslücken und gibt Warnhinweise (siehe Abbildung 1).

Als weitere wirksame Routine der Betrugsprävention hat sich der Vergleich eingelagerter Fahrzeugdokumente mit der Aufbietungsliste verlorener Zulassungsbescheinigungen (ZB) Teil II (vormals Fahrzeugbrief) des Kraftfahrtbundesamts (KBA) bewährt. Über das sogenannte KBA-Monitoring schließen Institute aus, Fahrzeuge zu finanzieren, deren ZB II sich im Aufbietungsprozess befindet. In der Folge wird Einspruch beim Kraftfahrtbundesamt eingelegt und final bearbeitet.

Prozesskosten im Risikomanagement senken

In den Bereich des Risikomanagements fällt auch das Handling von Sicherungsscheinen. Dabei koordinieren externe Dritte zwischen Finanzdienstleistern, deren Kunden und den beauftragten Versicherungen den Nachweis des Versicherungsschutzes und dessen Abtretung im Schadensfall. Auch dies kann die Prozesskosten senken. Müssen Banken und Leasing-Gesellschaften sich mit Forderungsausfällen oder gar der Insolvenz eines Kunden auseinandersetzen, existieren dazu ebenfalls effektive Services am Markt, die die physischen Objekte in den Besitz des Leasing-Gebers oder Finanzierers bringen.

Sämtliche Prozesse im Rahmen der Betrugsprävention werden heute systemgestützt erbracht. Um sich in dieser Hinsicht zukunftsfähig aufzustellen, ist darauf zu achten, dass die datentechnische Seite nach neuestem Stand der Softwareentwicklung und Data Science abgebildet wird. Zudem empfiehlt sich der Einsatz digitaler Anwendungen wie beispielsweise App-gestützte Lösungen. Sie ermöglichen die Bestandsaufnahme durch den Händler selbst und die flexible Protokollierung von Maschinenprüfungen. Mit webbasierten Live-Streaming-Lösungen lassen sich heute bereits komplexe Assets aus der Ferne prüfen.

Der internationale Datenabgleich über ein Asset-Register spielt im gerade skizzierten Maßnahmenbündel eine herausragende Rolle. Entstanden ist es aus den Beobachtungen in den Krisenjahren 2008/2009. Banken und Leasing-Gesellschaften sahen sich gefordert, systematisch gegen Mehrfach- und Luftfinanzierung vorzugehen und brachten das Asset-Register auf den Weg. Im Jahr 2013 gelang es erstmals, im Rahmen einer systematischen Betrugsprävention einen Betrugsfall mit weitreichenden Auswirkungen aufzudecken: Der Fall ereignete sich bei einem Anbieter von Baumaschinen und verursachte ein Schadensvolumen in zweistelliger Millionenhöhe.

Konzertierter Kampf gegen Mehrfachfinanzierung

In einem Fall aus dem Jahr 2016 meldete das System einen Verdacht auf Doppelfinanzierung mehrerer hochwertiger Assets für die papierverarbeitende Industrie. Während die Nutzer des Asset-Registers durch die eindeutige Identifizierung ihre Sicherheitendokumentation anpassen konnten und schadlos blieben, hatte eine weitere Leasing-Gesellschaft einen Ausfall in sechsstelliger Höhe.

Jedoch müssen nicht gleich ganze Anlagen verloren gehen, um Finanzierer in Schwierigkeiten zu bringen. Auch kleine und mittelständische Unternehmen können einen empfindlichen Schaden anrichten. Beispielsweise wurden mehrere Kleintransporter der Marke Fiat Ducato erstmals im Februar 2015 zugelassen. Mithilfe gefälschter ZB II wurden die Fahrzeuge doppelfinanziert. Der Verlust von zwei Assets belief sich auf rund 50 000 Euro. Systemseitig hätte der Betrug bereits im März 2015 erkannt und mit einer Sicherstellung der Fahrzeuge der tatsächliche Ausfall abgewendet werden können. Auf welche Summe das Schadenspotenzial bei Fahrzeugen und Maschinen insgesamt beziffert wird, verdeutlicht Abbildung 2, Seite 58.

Ergänzend zur Betrugsprävention haben Banken und Leasing-Gesellschaften in den Segmenten Baumaschinen, Agrartechnik und Gabelstapler Zugriff auf spezifische Maschinendaten. Dadurch können sie einzelne Assets bewerten und werden in der Sicherheitenbewertung unterstützt - eine wichtige Grundlage, um neue regulatorische Anforderungen wie beispielsweise die Meldungen an die Europäische Zentralbank nach dem statistischen Meldewesen Ana-Credit zu erfüllen.

Risikomanagement-Experten im Finanzsektor betonen übereinstimmend, dass der Informationsaustausch zu Assets zentral und länderübergreifend erfolgen muss, um Mehrfachfinanzierung zu verhindern. Sehr effektiv greife diese Herausforderungen das Asset-Register PS DataCollect auf, so Stephan R. Peters, Betrugspräventionsexperte bei der Schufa, die in Kooperation mit PS-Team das Register anbietet: "Die flächendeckende Wirksamkeit präventiver Maßnahmen hängt entscheidend von der Datenqualität und -einheitlichkeit ab. Hier zeigt der Datenabgleich über das Register, wie Banken- und Leasing-Gesellschaften international, über Branchengrenzen hinweg zusammenarbeiteten." Tatsächlich arbeiten Banken und Leasing-Gesellschaften in verschiedenen europäischen Ländern mittlerweile mit einer einheitlichen Plattform, seit September 2016 auch große französische Institute.

Internationales Sicherheitsnetz

Die Institute, Dienstleister sowie nationale und internationale Branchenverbände sensibilisieren gemeinsam für die Gefahren, denen Leasing-Gesellschaften und Banken ausgesetzt sind. "Wir begrüßen sehr, dass das Thema zunehmend auf europäischer Ebene diskutiert wird. Betrug kennt keine Ländergrenzen. Wir können uns nur gemeinsam schützen", sagt Horst Fittler, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL). "Der BDL und andere nationale Leasing-Verbände sprechen über die Leaseurope eine gemeinsame Sprache. So hat die Stimme der Leasing-Welt Gewicht, wenn sie ein gemeinsames Vorgehen der Wirtschaft, von Behörden und Institutionen gegen Betrug fordert." Der Generalsekretär des europäischen Dachverbands Leaseurope, Leon Dhaene, fügt ergänzend hinzu: "Als europäische Interessenvertretung der Leasing-Industrie kennen wir die einschlägigen Betrugsmuster nur zu gut und unterstützen alle Initiativen, die die Sicherheit in dieser Hinsicht erhöhen."

Seit etwa zwei Jahren wird das Thema Betrugsprävention auf internationalen Tagungen und Branchentreffen diskutiert. Veranstaltungen zur Betrugsprävention sind gut besucht wie beispielsweise die Leaseurope-Konferenz "Fighting Fraud in the Leasing Industry" im November 2016 in Brüssel (siehe dazu Beitrag Seite 54). Für die Veranstaltung hatte Evert-Jan Lammers, Präsident des Institute of Fraud Auditors Belgium (IFA), mit seinem Team eine Umfrage vorbereitet: Mit 67 Prozent nannten die befragten Mitgliedsunternehmen gefälschte Dokumente als zentrale Herausforderung. Immerhin noch mehr als 45 Prozent führten Mehrfachfinanzierung an (siehe Abbildung 3, Seite 58). Zentrale Herausforderungen in der Betrugsprävention seien ferner die Digitalisierung (77 Prozent), ein Mangel an branchenweiter Zusammenarbeit (72 Prozent) und ein unzureichender beziehungsweise mit 71 Prozent fehlender grenzübergreifender Informationsaustausch (siehe Abbildung 4).

Betrugsprävention auf gutem Weg

Nicht nur Betrugsformen in ihrer Vielfalt haben eine lange Geschichte, sondern auch die Betrugsprävention. Unternehmen, Verbände und Organisationen verfügen in dieser Hinsicht über einen reichen Erfahrungsschatz. Ein abschließender Blick auf das Puzzle zur Betrugsprävention gibt Anlass zu Optimismus. Konnten doch eine ganze Reihe von effektiven und vielversprechenden Instrumenten, Maßnahmen und Initiativen zusammengetragen werden, die Finanzierungs- und Leasing-Geschäfte sicherer machen:

- Die Digitalisierung hebt die Routinen der Bestandsprüfung auf eine neue Ebene.

- In vielen Bereichen werden bereits Apps eingesetzt, etwa um Eigentumsübergänge sicher zu gestalten und zu protokollieren sowie Bestände zu dokumentieren.

- Asset-Register ermöglichen den internationalen Datenaustausch und -abgleich zum Schutz von Eigentumsrechten.

- Mithilfe des KBA-Monitorings wird die Finanzierung gestohlener Fahrzeuge verhindert.

- Es existieren Services, die Leasing-Geber und Finanzierer dabei unterstützen, im Falle eines Forderungsausfalls oder einer Insolvenz die physischen Objekte in ihren Besitz zu bringen.

- Die Branche tauscht sich auf internationaler Ebene intensiv aus, trägt Betrugsmuster zusammen und entwickelt Maßnahmen, um diesen zu begegnen.

Nun gilt es, die Erfahrungen und Aktivitäten zu bündeln und gesamteuropäisch nutzbar zu machen.

Daten, nicht die Betrüger schützen

Die Banken- und Leasing-Welt ist auch deshalb dringend gefordert, sich im Kampf gegen Kriminalität gut zu organisieren, weil Fortschritt und digitaler Wandel nicht nur Innovationen, Unterhaltung und mehr persönlichen Komfort, sondern auch sich dramatisch verändernde Betrugsmuster und Angriffsszenarien bedeuten. Eindrucksvoll schilderte das Dr. Pero Micic, Vorstandsvorsitzender der Future Management Group AG, Eltville. Er zeichnete ein plastisches Bild von Kriminalität und Betrugsmustern der Zukunft. Sowohl die Digitalisierung im Allgemeinen als auch speziell das Internet der Dinge werden Kriminelle stärker nutzen.

Das Gefahrenpotenzial von Entwicklungen, die auf den ersten Blick kurios erscheinen, offenbart sich auf den zweiten Blick. Neben wachen Antennen müssen die Beteiligten auch schnell agieren können. Vergleichbar mit dem Fitnesstraining auf dem Laufband ist auch die Betrugsprävention - je inaktiver und langsamer sie wird, desto eher fällt sie zurück und überlässt das Feld kriminellen Akteuren. Die Finanzwirtschaft in Deutschland ist zwar mit den angestoßenen Maßnahmen auf einem guten Weg. Doch es gibt im Datenaustausch und der instituts- und länderübergreifenden Zusammenarbeit weiteren Optimierungsbedarf.

Die Rollen weiterer Akteure wie Staatsanwaltschaften, Polizei- und Zollbehörden werden an Bedeutung gewinnen. Nur wenn Behörden, Bundesländer und Staaten sich zusammen schließen und den Austausch qualitativ brauchbarer Objektdaten erleichtern und fördern, können Finanzierungs- und Leasing-Geschäfte weiterhin sicher abgewickelt werden. Für eine von jeher datensensible Branche wie die Finanzindustrie genießt der Schutz persönlicher Daten absolute Priorität. Das sollte allerdings nicht die Möglichkeiten des Austauschs objektbezogener Daten beschränken, um Betrug vorzubeugen und zu verhindern - bei gleichzeitig niedrigen Risikokosten.

DER AUTOR: Frank Schottenheim, Walluf,Director Financial Institutions der PS-Team Deutschland GmbH & Co. KG, verantwortet das Geschäft mit Leasing-Gesellschaften, Banken und Versicherungen. Zuvor leitete er das Asset-Management der GE Capital Leasing für Deutschland und Benelux und war langjährig in führender Position im internationalen Asset-Management der Deutschen Leasing AG tätig. E-Mail: f.schottenheim[at]ps-team[dot]de
Frank Schottenheim , Director Financial Institutions bei PS Team GmbH, Walluf

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