Gesamtkosten von Zahlungsverfahren im Online-Handel

Ergebnisse einer Händlerbefragung

Abbildung 1: Gesamtkosten im Basisfall Quelle: Ibi Research (2014) - Gesamtkosten von Zahlungsverfahren. Was kostet das Bezahlen im Internet wirklich? Regensburg 2014, S. 54

H. Seidenschwarz, S. Weinfurtner, Dr. E. Stahl, Dr. G. Wittmann - Die Autoren greifen mit diesem Beitrag ein wichtiges Thema für Online-Händler auf und stellen fest: Die Entscheidung über die Aufnahme oder den Ausschluss einzelner Zahlungsverfahren aus dem Mix an angebotenen Bezahlmethoden sollte niemals alleine aufgrund der Kosten getroffen werden. Diese stellen neben der Akzeptanz der Verfahren durch den Kunden und dem Sicherheitsgrad der Zahlungen nur ein Element im Kalkül dar, aber ein besonders wichtiges. Von entscheidender Bedeutung für die Händler ist daher ein umfassendes Wissen über ihre Kostensituation.

Händlern steht eine Vielzahl an unterschiedlichen Zahlungsverfahren für die Einbindung in ihre Online-Shops zur Verfügung. Nicht immer ist es für die Händler aber offenkundig, welche der Verfahren sie einsetzen wollen und sollten. Die Auswahl des "richtigen" Portfolios stellt für sie daher häufig eine Herausforderung dar.

Viele Aspekte müssen bei dieser Entscheidung berücksichtigt werden. So ist vor allem die Akzeptanz des Zahlungsverfahrens bei den Kunden wichtig. Kann ein Kunde nicht mit seinem bevorzugten Verfahren bezahlen, wird er häufig den Shop verlassen und bei einem Konkurrenzanbieter einkaufen.1) Einen zweiten wichtigen Aspekt stellt die Sicherheit der eingehenden Zahlungen dar. Während der Händler beim Zahlungsverfahren Rechnung beispielsweise das volle Ausfallrisiko trägt, hat er bei anderen Verfahren wenig bis gar kein Ausfallrisiko, etwa bei Direktüberweisungsverfahren wie "giropay" oder "SO-FORT Überweisung". Beim dritten wesentlichen Aspekt handelt es sich um die Kosten des Bezahlverfahrens. Zwischen den drei Aspekten Kundenakzeptanz, Sicherheitsgrad und Kosten besteht bei jedem Verfahren ein Spannungsverhältnis. Es gibt derzeit kein Zahlungsverfahren, das alle drei Anforderungskriterien für die Händler in befriedigendem Ausmaß erfüllt.

Motivation und Vorgehen

Umso wichtiger ist bei Entscheidungen über das Portfolio an angebotenen Zahlungsverfahren die genaue Kenntnis aller Einflussgrößen. An dieser Stelle setzte eine Befragung unter Online-Händlern an, die von Ibi Research an der Universität Regensburg zwischen Juni und August 2014 durchgeführt wurde.2) Die Ergebnisse der Studie beruhen auf direkt von Online-Händlern erhobenen Daten sowie bei einigen wenigen Parametern auf Expertenschätzungen.

Ziel war es, den Faktor "Kosten" umfassend zu untersuchen. Dabei greift eine reine Betrachtung der direkten Kosten, wie zum Beispiel Transaktionsgebühren, zu kurz. Diese sind zwar direkt beobachtbar, und zahl reiche Online-Händler stützen ihre Entscheidungen ausschließlich auf die direkten Kosten, allerdings existieren viele weitere vor- und nachgelagerte Faktoren, die den Zahlungsverfahren zuzurechnende Kosten verursachen. Eine Untersuchung, die auf eine Gesamtkostenbetrachtung abstellt, muss diese daher einbeziehen.

Kostenfaktoren

Hierzu wurde in der Studie zunächst ein Referenz-Bestellprozess betrachtet. Daraufhin wurden einzelne Kostenfaktoren der Zahlungsverfahren identifiziert, definiert sowie durch Expertengespräche validiert. Die relevanten Kostenfaktoren werden im folgenden Abschnitt einer näheren Betrachtung unterzogen und in der Reihenfolge dargestellt, wie sie bei einem typischen Einkaufs- und Bezahlvorgang anfallen.

Einrichtungs- und Integrationskosten

Dazu zählen zum Beispiel einmalige Gebühren für die Anbieter des Zahlungsverfahrens, Bereitstellungsgebühren für Payment Service Provider, Installationskosten oder Kosten für die Anpassung der Schnittstellen zu internen Systemen.

Im Rahmen der Studie wurden diese einmaligen Gebühren nicht erfasst: Sie sind in hohem Maße von der individuellen Systemlandschaft des Händlers abhängig und zudem nur mit vielen zusätzlichen Annahmen auf eine einzelne Transaktion umlegbar.

Direkte Kosten

Die direkten Kosten sind die unmittelbaren Kosten von Zahlungsverfahren. Hierzu zählen zunächst die Gebühren, die in der Regel dem Verfahrensanbieter zufließen. Je nach Gebührenmodell kann es sich um umsatzabhängige Gebühren, um fixe Transaktionsgebühren oder um monatliche Grundgebühren handeln.

Werden zusätzlich die Dienste eines Payment Service Providers in Anspruch genommen, zählen dessen Gebühren ebenfalls zu den direkten Verfahrenskosten. Bei allen anderen hier beschriebenen Kostenfaktoren handelt es sich um indirekte Kosten.

Kosten des Risikomanagements

Dazu zählen zum Beispiel Kosten für die Überprüfung der Bonität eines Kunden, Adressverifizierungen, die Prüfung der Bestellhistorie und die Prüfung typischer Betrugsmuster. Solche Prüfungen können intern stattfinden und beispielsweise Personal- oder Technikkosten verursachen. Sie können aber auch an externe Dienstleister ausgelagert werden und verursachen dann Kosten in Abhängigkeit vom Gebührenmodell des Dienstleisters.

Dabei werden nicht alle Zahlungsverfahren gleichermaßen auf ihr Risiko überprüft. Insbesondere bei den für den Händler weniger sicheren Zahlarten Rechnung und Lastschrift kommen solche Maßnahmen zum Einsatz, weniger häufig dagegen bei Zahlungsverfahren mit hohem Sicherheitsgrad der Zahlung wie Vorkasse oder "SOFORT Überweisung". Interne Prüfvorgänge verursachen dabei nach den Ergebnissen der Studie Kosten von 4,81 Euro je Prüfung; bei externen Prüfungen fallen je nach Bezahlverfahren zwischen 0,15 und 0,60 Euro je Vorgang an.

Von den Online-Händlern, die solche Risikoprüfungen durchführen, passen anschließend 55 Prozent im Rahmen einer Zahlartensteuerung das Angebot an Zahlungsverfahren für den Kunden an. So darf beispielsweise ein Kunde, der die Bonitätsprüfung nicht bestanden hat, nur noch mit Vorkasse oder Direktüberweisungsverfahren bezahlen, aber nicht mehr auf Rechnung. Interessant im Übrigen: 47 Prozent der Händler verzichten völlig auf Risikoprüfungen.

Opportunitätskosten

Innerhalb der Zeitspanne, bis die Forderung des Händlers durch den endgültigen Eingang der Zahlung beglichen wurde, entstehen dem Händler Zinsverluste, sogenannte Opportunitätskosten. Die zeitlichen Unterschiede können beträchtlich sein. So erfolgt der endgültige Zahlungseingang bei der Rechnungszahlung durchschnittlich zwölf Tage später als bei den schnellsten Verfahren, zu denen neben Vorkasse und Direktüberweisungsverfahren "PayPal" zählt. Die verspätet eingehenden Beträge müssen zwischenfinanziert werden und erhöhen das benötigte Working Capital.

Sollte der Händler - etwa im Fall von Vorkassezahlungen - Waren bis zum Zahlungseingang im Lager extra bereithalten, entstehen ihm durch die nötige Zwischenfinanzierung auch in diesem Fall Opportunitätskosten. Durchschnittlich reservieren Händler dabei die Ware für 9,4 Tage. Kosten können durch eine Zahlungsstörung entstehen, etwa wenn der vereinbarte Zahlungsbetrag nicht fristgerecht oder vollständig bezahlt wird, ebenso wenn bereits getätigte Zahlungen zurückgebucht werden.

Kosten durch Leistungsstörungen

Es kann auch zu vollständigen Zahlungsausfällen kommen. Eine Zahlungsstörung liegt vor, wenn der vereinbarte Zahlungsbetrag nicht fristgerecht oder vollständig gutgeschrieben oder wieder zurückgebucht wurde. Im Zeitverlauf kann entweder die Störung behoben werden oder ein (endgültiger) Zahlungsausfall eintreten. Dann muss die Forderung abgeschrieben werden. Zahlungsstörungen und -ausfälle können - zusätzlich zum Forderungsausfall selbst - hohe administrative Kosten für Händler verursachen.

Durchschnittlich beziffern die befragten Händler die Kosten einer Zahlungsstörung mit 17,54 Euro, die Kosten eines Zahlungsausfalls mit 65,75 Euro. Basierend auf der Häufigkeit der angebotenen Zahlungsverfahren, den Transaktionen je Zahlungsverfahren und den zugehörigen Häufigkeiten von Zahlungsstörungen und Zahlungsausfällen je Zahlungsverfahren wurde der monatliche Schaden eines Händlers geschätzt. Demnach beläuft sich der dem durchschnittlichen Händler der Befragung durch Zahlungsstörungen und Zahlungsausfälle entstehende Schaden auf 5 969 Euro pro Monat. Bei einem monatlichen Umsatz von knapp 300 000 Euro entspricht das rund zwei Prozent des Umsatzes.

Einmal unterstellt, der Gesamtumsatz der befragten Unternehmen lasse sich auf den deutschen E-Commerce-Markt hochrechnen, so ergeben sich geschätzte Gesamtkosten von 961 Millionen Euro pro Jahr, die rein aus Zahlungsstörungen und Zahlungsausfällen resultieren. Dies entspricht etwa drei Prozent des E-Commerce-Umsatzes im Jahr 2013 in Deutschland3) beziehungsweise (bei der angegebenen Handelsspanne der befragten Händler von 42,6 Prozent) einem Anteil am Gewinn von etwa sieben Prozent.

Kosten des Debitoren-/ Forderungsmanagements

Die Verarbeitung in der Zahlungsabwicklung verursacht Kosten, die vom gewählten Zahlungsverfahren abhängig sind. Darüber hinaus sind einige Prozesse in der Verarbeitung der Zahlungsabwicklung nicht durchgehend automatisiert und erfordern manuelle Nachbearbeitungen, die zu höheren Kosten führen, wie etwa die Zuordnung von Zahlungen zu Forderungen. Besonders zum Tragen kommt dies bei der Vorkasse (16 Prozent aller Transaktionen) und der Rechnungszahlung (14 Prozent). Manuelle Bearbeitungen von Zahlungsvorgängen sind personal- und damit kostenintensiv: 11,51 Euro betragen die durchschnittlichen Kosten einer Nachbearbeitung.

Des Weiteren verursachen Mahn- und Inkassomaßnahmen Kosten: Bei intern durchgeführten Maßnahmen etwa durch den verursachten Personalaufwand oder Portokosten, bei externen Maßnahmen zum Beispiel neben den eigenen Personalkosten für die Gebühren des Dienstleisters. In internen Verfahren betragen diese Kosten der Umfrage zufolge 30,10 Euro, in externen 35,29 Euro. Dies könnte erklären, warum 30 Prozent der befragten Händler komplett auf Mahn- und Inkassomaßnahmen verzichten.

Kosten durch Retouren

Retouren sind ein unvermeidlicher Teil des Geschäftsmodells von Online-Händlern, zumal die Möglichkeit unkomplizierter Retouren die Bereitschaft der Kunden zum Online-Kauf fördert. Die Höhe der Retourenquoten kann bedeutend sein. So beträgt die durchschnittliche Quote über alle Unternehmen lediglich sieben Prozent, in retourenintensiven Branchen, wie bei Bekleidung oder Schuhen, sind aber auch Quoten von 50 Prozent und mehr keine Seltenheit.

In Bezug auf Zahlungsverfahren sind zwei Aspekte relevant: Zum einen muss nach einer Retoure die getätigte Zahlung rückabgewickelt werden. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten, die je nach Zahlungsverfahren zwischen 1,12 Euro und 2,39 Euro liegen. Einige Zahlungsverfahren erstatten bei der Rückabwicklung transaktionsabhängige Kosten, andere verlangen sogar eine zusätzliche Rückabwicklungsgebühr.

Zum anderen hängt die Wahrscheinlichkeit von Retouren - und damit der Anfall der damit verbundenen Kosten - vom gewählten Zahlungsverfahren ab.4) In der Berechnung der Gesamtkosten eines Zahlungsverfahrens wurde deshalb in der Studie ein Korrekturfaktor ein gerechnet, also ein wertmäßiger Aufschlag auf Zahlungsverfahren mit hohen Retourenquoten. Bei durchschnittlichen Kosten einer einzelnen Retoure von 14,20 Euro sind diese indirekten Kosten nicht zu unterschätzen.

Basisfall und Ergebnisse

Wie aus der Darstellung der einzelnen Kostenfaktoren deutlich wurde, hängen die Gesamtkosten der einzelnen Zahlungsverfahren von mehreren Einflussgrößen ab. Die Berechnung erfolgte in der Studie unter bestimmten Annahmen, die im sogenannten Basisfall abgebildet wurden. Der Basisfall entspricht dem "durchschnittlichen" Händler der Befragung. Dieser Händler verzeichnet monatlich 2 979 Bestellungen mit einer Warenkorbhöhe von 100,60 Euro. Seine Retourenquote beträgt sieben Prozent, und er führt sowohl vor Bestellungen Risikoprüfungen durch als auch Mahn- und Inkassoverfahren im Fall von Leistungsstörungen.

Im Ergebnis fielen die Gesamtkosten der Verfahren relativ weit auseinander (vgl. Abbildung 1, Seite 132). Als günstigstes Verfahren erwies sich im Basisfall die "SOFORT Überweisung" mit Kosten von 1,87 Prozent des Umsatzes. Das teuerste Verfahren war die Rechnungszahlung mit 8,31 Prozent.

Es zeigte sich: Die Berücksichtigung indirekter Kostenfaktoren hat bei bestimmten Zahlungsverfahren einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der Kosten. Während die Gesamtkosten bei Verfahren wie der Nachnahme oder der "SOFORT Überweisung" hauptsächlich aus den direkten Kosten bestehen, haben die gesamten Kosten etwa bei Lastschrift oder Vorkasse einen sehr hohen Anteil indirekter Kosten. Bei der Rechnungszahlung betragen die indirekten Kosten sogar rund das Vierfache der direkten Kosten.

Online-Händler, die sich bei der Ermittlung der Kosten von Zahlungsverfahren ausschließlich auf die direkten Kosten stützen, machen also einen unter Umständen teuren Fehler, weil sie wesentliche Kostenelemente nicht in ihr Kalkül einbeziehen. Es gibt durchaus starke Indizien, dass es sich hierbei um ein unter Online-Händlern verbreitetes Verhalten handelt. So stimmt die Reihung der Zahlungsverfahren nach direkten Kosten merklich mit der subjektiven Einschätzung der Händler über die vermuteten Kosten überein. Insbesondere die Zahlung auf Rechnung wird von den Händlern als zu günstig eingeschätzt, obwohl sie - wie die Studienergebnisse zeigen - im Durchschnitt hohe Folgekosten verursacht (vgl. Abbildung 2).

Bei genauer Betrachtung der Ergebnisse überrascht ein weiterer Aspekt: Die Absicherung unsicherer Zahlungsarten wie Rechnung und Lastschrift über einen Dienstleister (DL) scheint in zahlreichen Fällen lohnenswert zu sein. Der Dienstleister übernimmt dabei das Risiko eines Zahlungsausfalls, der Händler bezahlt dafür eine Gebühr. Diese erhöht die direkten Kosten der Verfahren, und diese werden von den Händlern dementsprechend teuer eingeschätzt. Allerdings ist die Auswirkung auf die indirekten Kosten beträchtlich. Die höheren direkten Kosten werden nämlich durch die Senkung der indirekten mehr als kompensiert, zumindest in dem in der Studie betrachteten Basisfall. Händler sollten für ihre spezifische Situation daher auf jeden Fall prüfen, ob eine Absicherung für sie Sinn macht.

Szenariobildung und Ergebnisse

Die ausschließliche Betrachtung eines durchschnittlichen Händlers, wie sie der Basisfall des vorigen Abschnitts unterstellt, reicht in vielen praktischen Fällen nicht als Entscheidungsgrundlage aus, weil die kostentreibenden Parameter unter Umständen im individuellen Fall ganz andere Werte annehmen. Beispielsweise fallen die Kosten der Zahlungsabwicklung je nach Höhe des Warenkorbs sehr unterschiedlich aus; auch die Retourenquote ist je nach Branche ein bedeutender oder ein zu vernachlässigender Kostentreiber.

Aus diesem Grund wurde auf der Grundlage der vorhandenen Umfragedaten eine vertiefte Auswertung durchgeführt, die für verschiedene Typen von Online-Händlern ermittelt, ob und wie sich die Gesamtkosten der Zahlungsverfahren jeweils ändern. Diese Händlertypen stellten dabei nicht Branchendurchschnitte dar, sondern in sich geschlossene Einzelfälle. Die verschiedenen Kostenfaktoren wurden mittels der Szenariotechnik modelliert.

- Szenario 1 - Großer Online-Händler der Bekleidungsbranche: Im Vergleich zum Basisfall hat dieser Händler mit 20 000 deutlich mehr monatliche Bestellungen. Der Warenkorb ist in diesem Fall mit 150 Euro etwas höher. Allerdings müssen Händler der Bekleidungsbranche mit einer deutlich höheren Zahl an Rücksendungen rechnen; es wurde eine Retourenquote von 35 Prozent unterstellt. Ebenso wie beim Basisfall werden sowohl interne als auch externe Risikoprüfungen sowie Mahn- und Inkassoverfahren durchgeführt. Die angesetzte Handelsspanne beträgt 200 Prozent.

- Szenario 2 - Kleiner Online-Shop für Geschenkartikel: Dieser Händler hat im Durchschnitt einen geringeren Warenkorb (50 Euro). Lediglich drei Prozent der 500 Bestellungen je Monat werden zurückgeschickt. Da von diesem betrachteten Händler weder Risikoprüfung noch Mahn- oder Inkassoverfahren durchgeführt werden, steigt der Anteil an Zahlungsstörungen und -ausfällen.

- Szenario 3 - Händler von hochwertiger Unterhaltungselektronik: Dieser Händler verfügt über einen deutlich höheren durchschnittlichen Warenkorb (1 600 Euro) als in den beiden anderen Fällen, bei 500 monatlichen Bestellungen. Die Retourenquote liegt bei lediglich zwei Prozent, allerdings fällt auch die Handelsspanne mit 15 Prozent geringer aus als in den restlichen Szenarien.

Die vergleichende Gegenüberstellung der Ergebnisse der einzelnen Szenarien (vgl. Abbildung 3) zeigt deutlich: Es gibt kein durchgängig günstigstes oder teuerstes Zahlungsverfahren. Die Bewertung hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab; die Kostenfaktoren können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. "SOFORT Überweisung" schneidet in drei der vier betrachteten Fälle als das Zahlungsverfahren mit den geringsten Gesamtkosten ab. Bei der Zahlung auf ungesicherte Rechnung handelt es sich dagegen um ein tendenziell teures Verfahren. Die absolute Höhe der Kosten hängt bei den meisten Kostenfaktoren vom Wert der Bestellung ab. Für den Vergleich zwischen verschiedenen Händlern bietet sich daher die relative Angabe in Prozent der Warenkorbhöhe an. Dabei zeigt sich, dass die Gesamtkosten der Zahlungsverfahren tendenziell bei kleinen Bestellwerten einen großen, bei hohen Bestellwerten einen geringeren Anteil am Umsatz ausmachen.

Die Höhe des Warenkorbs hat ferner Einfluss auf die Reihung der Zahlungsverfahren nach Kosten, insbesondere bei der Betrachtung der Nachnahme. Schneidet diese im Basisfall noch als eines der teuersten Verfahren ab, zeigt sich bei höheren Bestellwerten ein anderes Bild. Vor allem wegen der flachen Struktur der direkten Kosten stellt die Zahlung per Nachnahme ein für Händler in diesem Fall sehr günstiges Verfahren dar. Insgesamt verdeutlicht die Betrachtung dieser Szenarien, wie wichtig es für Online-Händler ist, die Kosten ihrer eingesetzten Zahlungsverfahren in Abhängigkeit von ihrer individuellen Situation zu ermitteln. Es existiert eine Vielzahl an Einflussfaktoren auf die Gesamtkosten der Verfahren, weshalb nur wenige allgemeingültige Aussagen ableitbar sind.

Kosteneffizienz

Die vorliegende Studie zu Gesamtkosten von Zahlungsverfahren greift - wie die darauf basierende Sonderauswertung - ein sehr wichtiges Thema für Online-Händler auf. Die Entscheidung über die Aufnahme oder den Ausschluss einzelner Zahlungsverfahren aus dem Mix an angebotenen Bezahlmethoden sollte niemals alleine aufgrund der Kosten getroffen werden. Diese stellen neben der Akzeptanz der Verfahren durch den Kunden und den Sicherheitsgrad der Zahlungen nur ein Element im Kalkül dar - allerdings ein gewichtiges. Daher ist für die Händler umfassendes Wissen über ihre Kostensituation von entscheidender Bedeutung.

Wie die Studie zeigt, greift es zu kurz, nur auf die direkten Kosten der Verfahren abzustellen. Dadurch werden wesentliche Bestandteile der Kosten vernachlässigt, und es können falsche Entscheidungen getroffen werden. Das bessere Entscheidungskriterium sind die gesamten den Zahlungsverfahren zu zurechnenden Kosten, also unter Einbezug der vor- und nachgelagerten indirekten Kosten. Insbesondere zwei Arten von Verfahren weisen geringe indirekte Kosten auf: Zum einen sind das Direktüberweisungsverfahren, wie die "SOFORT Überweisung", zum anderen abgesicherte Rechnungs- oder Lastschriftkäufe, bei denen der Dienstleister die Bezahlung garantiert. Laut Studie, lohnt sich häufig eine solche Absicherung trotz der höheren direkten Kosten.

Händler sollten ferner versuchen, den Anteil von Zahlungsverfahren mit geringeren Gesamtkosten zu erhöhen. Das könnte über die Gewährung von Anreizen gelingen, die Kunden zur Wahl bestimmter, kostengünstiger Zahlungsverfahren bewegen sollen. Solche Anreize könnten in Form von Rabatten oder Versandkostennachlässen bestehen. Die Gesamtkosten müssen regelmäßig überprüft beziehungsweise neu bestimmt werden, denn zum Beispiel aufgrund von angestrebten Regulierungsmaßnahmen - etwa auf dem Kredit- und Debitkartenmarkt - könnten sich die Kosten einzelner Verfahren durchaus stärker ändern. In Zeiten abnehmender Margen wird die Kosteneffizienz der Zahlungsabwicklung in den nächsten Jahren im Online-Handel noch mehr an Bedeutung gewinnen.

1) Ibi Research (2013): Erfolgsfaktor Payment. Der Einfluss der Zahlungsverfahren auf Ihren Umsatz, Regensburg 2013.

2) Ibi Research (2014): Gesamtkosten von Zahlungsverfahren. Was kostet das Bezahlen im Internet wirklich? Regensburg 2014, www.ibi.de/zvkosten.

3) Für das Jahr 2013 schätzte der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (BEVH) einen Umsatz von 39,1 Milliarden Euro inklusive Umsatzsteuer.

4) Ibi Research (2013): Retourenmanagement im Online-Handel - Das Beste daraus machen, Regensburg 2013.

DIE AUTOREN:

Holger Seidenschwarz, Regensburg, ist Senior Consultant bei Ibi Research an der Universität Regensburg GmbH. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen E-Commerce und Einzelhandel, E-Payment, E-Finance, elektronischer Rechnungsabwicklung und Zahlungsverkehr.E-Mail: holger.seidenschwarz[at]ibi[dot]deStefan Weinfurtner, Regensburg, ist Senior Consultant bei Ibi Research an der Universität Regensburg GmbH. Seine Projekt- und Forschungsschwerpunkte sind E-Commerce, E-Payment, E-Finance, Online- und Social-Media-Marketing sowie die digitale Gesellschaft.E-Mail: stefan.weinfurtner[at]ibi[dot]deDr. Ernst Stahl, Regensburg, ist Direktor der Ibi Research GmbH und verantwortet dort das Competence Center "E-Business". Seine Beratungs- und Projektschwerpunkte sind hierbei: Strategisches Management, E-Business und E-Commerce, Electronic Banking sowie Zahlungsverkehr/SEPA.E-Mail: ernst.stahl[at]ibi[dot]deDr. Georg Wittmann, Regensburg, ist seit 2005 Research Director bei Ibi Research an der Universität Regensburg GmbH. Seine Schwerpunkte liegen in den Themen E-Commerce, Online-Marketing, E-Payments, E-Banking und Zahlungsverkehr.E-Mail: georg.wittmann[at]ibi[dot]de

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