LEASING

Leasing-Wirtschaft in der neuen Dekade

Chancen und Herausforderungen durch die Transformation

Dr. Claudia Conen, Foto: BDL

Das angebrochene Jahrzehnt ist von tiefgreifenden Veränderungen geprägt. Der Transformationsprozess hin zu mehr Digitalisierung und Nachhaltigkeit hat begonnen. Leasing kommt dabei in einigen Bereichen eine nicht zu unterschätzende Rolle zu. Finanzielle Unterstützung, innovative Lösungen, angepasste Vertragsbedingungen und nachhaltige Konzepte sind gefragter denn je. Die Branche profitiert von jahrzehntelangen Erfahrungen, muss sich aber auch selbst modern ausrichten. Das geht nur, wenn die politischen Rahmenbedingungen entsprechend ausgestaltet werden. (Red.)

Die Covid-19-Pandemie hat die vergangenen anderthalb Jahre weltweit geprägt und in vielen Wirtschaftsbereichen zu herben Einbußen und Rückschlägen geführt. Die Lockdowns zu ihrer Bekämpfung führten die Weltwirtschaft in eine Rezession. In Deutschland sorgten sie für einen der schärfsten Wirtschaftseinbrüche der Nachkriegszeit. Auch die Leasing-Branche konnte sich dem nicht entziehen. Mit einem Rückgang des Neugeschäfts von rund zehn Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2019 sind die Leasing-Unternehmen im Pandemiejahr 2020 mit einem "blauen Auge" davongekommen. Neben der konservativen Risikoausrichtung der Branche, einer durchdachten Portfoliosteuerung bei den Leasing-Gütern und der sehr engen Kundenkommunikationen halfen insbesondere die staatlichen Stützungsmaßnahmen für die Kunden, die Krise zu bewältigen.

Das Wirtschaftsjahr 2021 war weltweit und auch in Deutschland zunächst geprägt von Nachholeffekten beim Konsum und bei Investitionen. Diese Ausgangssituation - ergänzt um Kurzarbeiterprogramme und weitere staatliche Hilfsmaßnahmen - verschaffte Deutschland eine komfortable Ausgangsposition für den Neustart nach der Pandemie. Einen Wermutstropfen stellte allerdings im zurückliegenden Jahr der aus der hohen Nachfrage resultierende Mangel an Grundstoffen und Vorprodukten dar. Es fehlt an Computerchips für die Informations- und Kommunikationstechnologien im Allgemeinen und für die Automobilindustrie im Speziellen. Aber auch fehlende Bauteile für andere Wirtschaftsgüter von Fahrrädern bis zu hoch automatisierten Produktionsanlagen bremsen im zweiten Halbjahr 2021 die wirtschaftliche Erholung.

Digitalisierung, Demografie und Dekarbonisierung

Dennoch gilt es für die Wirtschaft, sich nicht nur auf Nachholeffekte zu fokussieren, sondern sich den Herausforderungen der neuen Dekade mit allen zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen zuzuwenden. Gesellschaftliche und wirtschaftspolitische Anpassungen dominieren die nahe Zukunft. Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie lauten hierfür die Schlagworte. Der Transformationsprozess ist überfällig und wird von den staatlichen Institutionen, wie der EU-Kommission auf europäischer Ebene sowie von der neuen Bundesregierung, den Ländern bis hin zu den Kommunen, forciert werden.

Dies erfordert sowohl von Großkonzernen als auch von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) sowie der öffentlichen Hand hohe Investitionen in Transformationsprozesse und neue Geschäftsmodelle. Für die Leasing-Branche birgt dies Chancen und Risiken zugleich. Aber auch Banken und damit die Refinanzierung der Leasing-Gesellschaften unterliegen in den kommenden Jahren starken Anpassungen. Eine grobe, bei weitem nicht abschließende, Skizze wird im Folgenden dazu aufgezeigt.

Die Digitalisierung der Produktion und zunehmend komplexere Produktionsprozesse verteuern Maschinen und deren Steuerung, Technologiezyklen verkürzen sich zudem. KMU suchen daher nach Alternativen zum Erwerb, die zudem die Planbarkeit von Kosten und Nutzung der Maschinen über eine bestimmte Laufzeit verbessern und die individuelle Auftragslage berücksichtigen. Dies gilt grundsätzlich für die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung.

Wiedererstarken der KMU

Insbesondere durch die Pandemie geschwächte KMU könnten für Ersatz- und Expansionsinvestitionen verstärkt auf Leasing setzen. Oftmals ist für sie eine niedrige Investitionshürde ein wesentlicher Entscheidungsfaktor, wenn es um die Beschaffung einer Maschine geht. Leasing ermöglicht die Nutzung von innovativer Technologie ohne große Anschubfinanzierung und bietet zusätzliche Planbarkeit der Kosten durch ergänzende Serviceangebote. Gerade dieser Service ist für viele Unternehmen ausschlaggebend, sich bei einer Investition für Leasing zu entscheiden.

Bei Neuinvestitionen können wichtige Weichen für eine effiziente und nachhaltige Erneuerung des Kapitalstocks in Deutschland gesetzt werden. Die Leasing-Gesellschaften haben im Blick, wann Ersatzinvestitionen anstehen und wie diese gegebenenfalls nachhaltiger aussehen können. Aufgrund der Kundennähe, aber besonders der Objektkompetenz ist die Leasing-Branche prädestiniert, innovative Wirtschaftsgüter in den Märkten zu verbreiten.

Daher sollte eine intelligente Politik Leasing für die Erreichung ihrer Ziele einbinden, indem sie passende Förderprogramme initiiert und diese zu einer breiten Diffusion neuer Technologien beitragen. Zudem kann die Verbreitung neuer Technologien wie wasserstoffbasierter Antriebe, die Steuerung der Stromnetze durch intelligente Stromzähler, Roboter in der Produktion oder digitale Medizintechnik durch Leasing nicht nur für Sichtbarkeit am Markt sorgen, sondern sollte durch die Zweitmarktverwertung der Leasing-Gesellschaften für eine technologische Marktdurchdringung sorgen. Leasing-Experten sind hier künftig stärker gefragt, ihre Objektkompetenz auszuspielen und in den politischen Förderkontext zu stellen.

Wie groß der Markt für nachhaltige Investitionsgüter sein könnte, zeigt die Abbildung der Daten einer Studie des IW Kölns. Darin wird ein Anwachsen des Marktes für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz von über 100 Prozent beziehungsweise 465 Milliarden Euro zwischen 2020 und 2030 prognostiziert (siehe Vera Demary und andere, "Gleichzeitig: Wie vier Disruptionen die deutsche Wirtschaft verändern", IW-Studie, 2021).

Unterstützung der öffentlichen Hand

Dabei wird der Fokus nicht nur auf die Realisierung der Kundeninvestitionen beschränkt bleiben, sondern auch auf den eigenen - in der Leasing-Branche notwendigen - Digitalisierungs- und Nachhaltigkeitsprojekten liegen.

Während der Pandemie sind die Defizite in der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung offen zu Tage getreten. Ihre Ressourcen sind jedoch begrenzt: Sowohl die Investitionsbudgets von Kommunen als auch der Fachkräftemangel in den Verwaltungen stellen große Hürden dar. Die Leasing-Wirtschaft steht bereit, Investitionen zu ermöglichen und insbesondere mit Serviceleistungen die oftmals dünne Personaldecke in den Verwaltungen zu entlasten. Neben der Änderung des öffentlichen Haushaltsrechts bedarf es hier eines Umdenkens bei der Beschaffung: Der Kauf von IT mag auf den ersten Blick günstiger erscheinen, jedoch verlangt die Digitalisierung der Verwaltung eine regelmäßige Modernisierung des IT-Equipments, das Einspielen von Updates und eine wirksame IT-Überwachung. Unter diesen Voraussetzungen können die öffentlichen Verwaltungen bei der Re-Fokussierung auf ihre eigentlichen Aufgaben kaum auf die Aufgabenteilung mit Servicepartnern verzichten. Leasing-Unternehmen bieten hierfür Dienstleistungs- und Innovationskraft sowie eine Kapitalstärke, auf die die öffentliche Hand stärker zurückgreifen sollte.

Deutscher Markt für Umwelttechnik und Ressourceneffizienz Quelle: IW-Köln, "Gleichzeitig: Wie vier Disruptionen die deutsche Wirtschaft verändern", BMU, 2021

Leasing-Lösungen zahlen letztlich nicht nur auf eine nachhaltige (Dekarbonisierung) und technologisch fortschrittliche (Digitalisierung) Investitionstätigkeit ein, sondern unterstützen durch die Bündelung von Objektkompetenz und Serviceleistungen auch den sich verschärfenden Fachkräftemangel (Demografie).

Leasing im Gesundheitswesen

Insbesondere der letzte Aspekt erfordert auch im Gesundheitswesen weitere Investitionen. Die Leasing-Investitionen für Medizintechnik sind in den vergangenen fünf Jahren (2016 bis einschließlich 2020) um nahezu 40 Prozent gestiegen, jedoch noch auf geringem Niveau. Nicht zuletzt die Coronakrise hat Defizite und einen Investitionsstau im Gesundheitssektor, einschließlich der Medizintechnik, aufgezeigt. Somit könnte Leasing auch in diesem Sektor weiter an Bedeutung gewinnen.

Die Digitalisierung in der ambulanten, stationären oder häuslichen Pflege ist hierbei ebenso relevant wie die Fortschritte in der Diagnostik, welche Investitionen in die entsprechenden Gerätschaften nach sich ziehen. Hier kommen vom voll ausgerüsteten Krankenwagen, über Spezialgeräte in der Diagnostik bis hin zu Internet-of-Things-angebundenen Warnsystemen oder EKG- und Blutdruckmessgeräten, die Patienten temporär zur Verfügung gestellt werden, eine große Bandbreite in Frage.

Die Leasing-Unternehmen stellen sich bereits auf die Herausforderungen der neuen Dekade ein, um auch die Nachfrage nach neuen Leasing-Objekten zu antizipieren. Die Objektkompetenz - als Teil der DNA der Branche - wird ausgebaut. Gleichzeitig steigern die Leasing-Unternehmen ihre Effizienz durch Prozessoptimierung und -automatisierung. Neben den betriebswirtschaftlichen Argumenten für ein Fortschreiten der Digitalisierung in der Branche führen auch Reputationsgründe und regulatorische Anforderungen zu einem deutlichen Zuwachs der Dynamik der Anpassungen.

Flexibilität und Kooperationen

Auch die Veränderung der Mobilität - hin zu mehr Nachhaltigkeit - stellt die Branche vor Herausforderungen. Dabei geht es nicht nur um alternative Antriebe. Der Trend zur ganzheitlichen Betrachtung des Mobilitätsbedarfs konzentriert sich derzeit noch auf Ballungszentren: Es werden Kilometer eingekauft, unabhängig davon, ob diese Kilometer in der Bahn, dem Flugzeug oder mit dem Auto, dem Roller oder E-Bike zurückgelegt werden. Denkt man weiter Richtung Mobilitätsdienstleistungen, ist es vorstellbar, dass Leasing-Gesellschaften auch Car-Sharing oder Travel-Management im Rahmen von Plattform-Angeboten integrieren. Viele Leasing-Gesellschaften entwickeln entsprechende Mobilitätslösungen.

Die Sharing Economy führt auch zu neuen Geschäftsmodellen, die das klassische Leasing-Geschäft verändern. Abo- oder Pay-per-Use-Modelle sind nicht nur im Bereich der Mobilität zunehmend relevante Geschäftszweige für Leasing-Gesellschaften.

Die (künftigen) Facetten neuer Vertragsmodelle lassen sich für die weitere Optimierung von Leasing-Verträgen nutzen. Das Einbeziehen von Distributed-Ledger-Technologien, Pay-per-Use oder Smart Contracts bietet Chancen, kundengerechte Produkte zu generieren. Die Leasing-Branche kann aufgrund der speziellen Struktur der Vertragsverhältnisse eine Vorreiterroller für weitere Branchen bei der Implementierung dieser neuen Welt sein. Auch die Kreislaufgesellschaft ist dabei eine Chance, da Leasing-Gesellschaften insbesondere bei der Zweitverwendung über jahrzehntelange Erfahrungen verfügen, die nun ausgespielt werden können.

Die Chancen der Branche sind enorm. Durch geschickte geschäftsstrategische Aufstellung werden Leasing-Gesellschaften von den gesellschaftlichen und ökonomischen Herausforderungen profitieren und der Wirtschaft einen wertvollen Dienst erweisen. Jetzt müssen die Weichen gestellt werden, die es den Leasing-Gesellschaften ermöglichen, im Umfeld von Morgen bestehen zu können. Hierbei sind ebenfalls die Kooperationen und die Kompetenzfelder der Branche anzupassen. Leasing-Gesellschaften können für ihre Kunden zu Fördermittel-, Energie- oder Nachhaltigkeitsberatern werden. Auch der Umfang der Serviceleistungen kann um relevante Leistungen wie der Einbeziehung des Energiemanagements und als Enabler das Geschäft für nachhaltig (selbst) erzeugte Energie ausbauen.

Für weitere Investitionsanstrengungen zur Erneuerung der Infrastruktur und des Kapitalstocks durch die Leasing-Branche müssen auch auf Seiten der Politik die Rahmenbedingungen stimmen. Ganz oben auf der Wunschliste steht die Planbarkeit in einem investitionsfreundlichen Umfeld. Eine neue Bundesregierung muss daher den Ordnungsrahmen anpassen, um Investitionen zur Bewältigung der Anforderungen an 3D - Digitalisierung, Dekarbonisierung und Demografie - zu erleichtern.

Die Transformationsfinanzierer

Die Leasing-Branche steht - wie ihre mittelständischen Kunden - vor Herausforderungen, aber auch enormen Chancen. Die neue Bundesregierung sollte verlässliche und fördernde Rahmenbedingungen schaffen, damit die Branche ihrer Funktion als Investitions- und Innovationsmotor nachkommen kann. Insbesondere kommt den Leasing-Gesellschaften eine entscheidende Rolle bei der Unterstützung der Transformation des Mittelstandes zu. Hierbei kann die Branche von ihrer 60-jährigen Erfahrung in Deutschland profitieren. Entsprechend wird sie auch einer der großen Innovatoren und der Partner der Transformation der Wirtschaft in der neuen Dekade sein.

Dr. Claudia Conen , Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher-Leasing-Unternehmen e.V. (BDL), Berlin
Dr. Kai Wohlfarth , Referatsleiter Volkswirtschaft und Finanzierung , Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e. V.

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X