Die neue IVV: Grundsatz der Proportionalität bleibt erhalten

Änderungen bei Finanzierungsleasing- und Factoring-Instituten

Marijan Nemet

Marijan Nemet - Die BaFin hat im Sommer dieses Jahres einen überarbeiten Entwurf zur Novellierung der Institutsvergütungsverordnung (IVV) veröffentlicht. Sie soll 2017 in Kraft treten. Der Gesetzgeber hält darin weiterhin am Grundsatz der Proportionalität fest, weshalb Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute weiterhin aufgrund ihrer typischen Größen- und Risikostruktur als nicht bedeutend zu klassifizieren sind. Dies ermöglicht eine erleichterte Umsetzung. Der Beitrag stellt die wesentlichen Neuerungen für diese Institute dar.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht (BaFin) hat am 10. August 2016 den bereits seit längerem erwarteten Entwurf zur Novellierung der Institutsvergütungsverordnung (IVV) veröffentlicht. Die in Teilen umfassende Überarbeitung der IVV war erforderlich, um die Anforderungen der Europäischen Bankenaufsicht (EBA), die diese in ihren im Dezember 2015 veröffentlichten EBA-Leitlinien zu Vergütungssystemen1) von Instituten niedergelegt hat, in deutsches Recht umzusetzen. Ziel ist es - nach Abschluss der Konsultationsphase - die novellierte IVV zum 1. Januar 2017 ohne Übergangsregelungen in Kraft zu setzen.

Aufgrund der von der IVV geforderten unmittelbaren Verknüpfung der Vergütungsstrategie beziehungsweise der Vergütungssysteme mit der institutsspezifischen Geschäfts- und Risikostrategie sowie dem damit verbundenen Strategieprozess sollten sich alle Institute zeitnah mit der Umsetzung der neuen Anforderungen beschäftigen. Da der Strategieprozess in den Instituten regelmäßig mit Beginn des Jahres abgeschlossen und die entsprechenden Strategien den Aufsichtsgremien zur Kenntnis gebracht werden, muss mit der Umsetzung der novellierten IVV wohl auch unmittelbar 2017 begonnen werden. Die Betroffenheit und der Umsetzungsaufwand hängen gleichwohl sehr stark von der Größe und dem Geschäftsmodell des jeweiligen Instituts ab.

Proportionalitätsgedanke

Durch die Integration der Vorschriften zu den Vergütungssystemen im Rahmen der letztmaligen Novellierung der IVV 2014 in den Kanon der Regelungen zum Risikomanagement in das Kreditwesengesetz2) wurde klargestellt: Angemessene Vergütungssysteme sind Bestandteil einer übergreifenden Unternehmens- und Risikosteuerung.3) Sie müssen kompatibel sein zur Geschäfts- und Risikostrategie und sich am langfristigen, nachhaltigen Unternehmenserfolg ausrichten. Die Umsetzung dieser Anforderungen sollte dabei stets unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs, der Komplexität sowie des Risikogehalts der jeweiligen Geschäftstätigkeit erfolgen. Daraus ergeben sich aber auch Freiräume, die verantwortungsvoll genutzt werden dürfen.

Dieser Proportionalitätsgedanke wurde vom Gesetzgeber in der letztmals 2014 novellierten IVV unter anderem dadurch verankert, indem er hinsichtlich der Umsetzungsanforderungen zwischen bedeutenden und nicht bedeutenden Instituten unterscheidet. An diesem Grundsatz der Proportionalität und der damit verbundenen Differenzierung hat der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der Überarbeitung der IVV 2016 festgehalten. Die EBA hat demgegenüber in ihren Leitlinien ursprünglich eine Aufhebung derartiger Abgrenzungen gefordert. Dies ist zweifellos ein wichtiger Erfolg in dem Bestreben, die Umsetzung aufsichtsrechtlicher Anforderungen weiterhin vor allem am institutsspezifischen Geschäftsmodell und dem damit verbundenen Risikoprofil auszurichten.

Dass sich der deutsche Gesetzgeber und die BaFin ebenso wie einige andere EU-Mitgliedstaaten in diesem wesentlichen Punkt gegenüber der EBA durchgesetzt haben, beinhaltet einen entscheidenden Vorteil: Kleinere Institute und damit insbesondere Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute müssen auch zukünftig in der Regel nur die allgemeinen Anforderungen der IVV beachten. Dies führt zu erheblich Erleichterungen gegenüber sogenannten bedeutenden Instituten.

Abgrenzung

An der bereits bestehenden Abgrenzung zwischen bedeutenden und nicht bedeutenden Instituten ergibt sich durch die novellierte IVV 2016 keine Änderung. Als bedeutend klassifiziert werden weiterhin alle Institute, deren Bilanzsumme im Durchschnitt an den jeweiligen Stichtagen der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre 15 Milliarden Euro erreicht oder überschreitet; es sei denn, die Institute weisen der BaFin auf Grundlage einer jährlich durchzuführenden Risikoanalyse (§ 17 Abs. 5 IVV) nach, dass sie nicht bedeutend im Sinne der IVV sind.

Nur solche Institute werden als bedeutend eingestuft, die diese materiellen Kriterien auf Ebene des Einzelinstituts erfüllen; das stellt die Novellierung der IVV 2016 klar. Den Wortlaut der bisherigen Regelungen konnte man bei streng formaler Auslegung bislang ebenso dergestalt interpretieren, dass kleine Tochterinstitute auch dann als bedeutend einzustufen sind, wenn sie einer von der EZB beaufsichtigten Institutsgruppe angehörten. Mit dieser Klarstellung wurde eine bereits in der Vergangenheit bewährte Verwaltungspraxis der BaFin nun in der IVV verankert.4)

Unabhängig von der vorgenannten Differenzierung zwischen bedeutenden und nicht bedeutenden Instituten auf Ebene der jeweiligen Einzelinstitute sind übergeordnete Unternehmen einer Institutsgruppe gemäß § 27 IVV verpflichtet, gruppenweite Regelungen für die Vergütungssysteme zu treffen. Damit müssen sie die Einführung und Umsetzung einer gruppenweiten Vergütungsstrategie für alle Mitarbeiter sowie die Identifizierung sogenannter Gruppen-Risikoträger auf Ebene ihrer nachgeordneten Tochterinstitute ebenfalls sicherstellen. Dabei gilt jedoch, dass für die Mitarbeiter zwar grundsätzlich nur die allgemeinen Anforderungen nach §§ 4 bis 13 IVV zu beachten sind, bezüglich der identifizierten Gruppen-Risikoträger sind jedoch ebenso die besonderen Anforderungen der §§ 18 bis 22 IVV, mit den darin verankerten, besonderen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Risikoträgern bei bedeutenden Instituten einzuhalten. Damit können auch Mitarbeiter nicht bedeutender Institute aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit unter Umständen als Gruppen-Risikoträger den besonderen Anforderungen der IVV unterliegen.

Ziele und allgemeine Anforderungen

Der Gesetzgeber hat die zentrale Zielsetzung der Institutsvergütungsverordnung unmittelbar in § 4 IVV formuliert. Danach müssen Institute über eine Vergütungsstrategie sowie ein entsprechendes Vergütungssystem verfügen. Dieses muss sich an den Zielen und Vorgaben der Geschäfts- und Risikostrategie ausrichten, und über ihre Anreiz- und damit Steuerungswirkung deren angemessene Umsetzung ermöglichen.

Diese grundlegende Zielsetzung blieb im Rahmen der Novellierung der IVV 2016 unverändert. Ergänzend kam lediglich der Hinweis hinzu, dass bei der Ausgestaltung der Vergütungsstrategie und des Vergütungssystems die Unternehmenskultur und Unternehmenswerte Berücksichtigung finden müssen. Damit erfolgt eine Anpassung an die ebenfalls 2016 novellierten Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Gleichzeitig wird damit noch einmal verdeutlich, dass es sich bei den Regelungen zu den Vergütungssystemen vor allem um einen wesentlichen Bestandteil eines umfassenden Risikomanagements handelt, das auf eine nachhaltige positive Unternehmensentwicklung abzielt. Ein vollständiger Verzicht auf variable Vergütungsparameter dürfte daher besonders im Hinblick auf die damit fehlende Anreiz- und Steuerungsfunktion im Sinne der IVV, insbesondere bei Mitarbeitern des Marktbereiches, kritisch zu sehen sein. Einen solchen Verzicht erkennt derzeit die Aufsicht lediglich für Förderinstitute vor dem Hintergrund ihres besonderen Geschäftsmodells an.

Gemäß der vorgenannten Zielsetzung wird in der novellierten IVV 2016 unverändert die Notwendigkeit einer angemessenen Einbeziehung der Vergütungsstrategie und damit des Vergütungssystems in die allgemeine Strategieentwicklung hervorgehoben. Dabei müssen alle maßgeblichen Vergütungsparameter, die sowohl von quantitativer als auch von qualitativer Natur sein können, im Hinblick auf ihre entsprechende Anreiz- und damit Steuerungswirkung gewürdigt werden. Es ist insbesondere zu vermeiden, Anreize dafür zu schaffen, unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen. Die IVV 2016 stellt daher nochmals klar: Es darf keine signifikante Abhängigkeit von der variablen Vergütung bestehen.

Ferner muss insbesondere bei den sogenannten Kontrolleinheiten - diese umfassen neben dem Risikocontrolling und der Compliance-Funktion, die Interne Revision sowie die gesamte Marktfolge und die Personalabteilung - sichergestellt sein, dass deren relevante Vergütungsparameter der Zielsetzung ihrer Überwachungsfunktion nicht entgegenstehen. Sie dürfen nicht von den gleichen Parametern bestimmt werden wie im Marktbereich, und der Schwerpunkt ihrer Vergütung muss auf dem fixen Vergütungsbestandteil liegen.

Angemessene Obergrenze

Im Gegensatz zu den übrigen Instituten, bei denen zur Vermeidung von Fehlanreizen, die variable Vergütung 100 Prozent oder bei entsprechenden Gremienbeschlüssen 200 Prozent der fixen Vergütung für jeden einzelnen Mitarbeiter oder Geschäftsleiter nicht übersteigen darf, unterliegen Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute weiterhin keiner unmittelbaren Beschränkung des Verhältnisses zwischen variabler und fixer Vergütung.5) Allerdings stellt der Gesetzgeber in der novellierten IVV 2016 klar, dass gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 IVV alle Institute eine angemessene Obergrenze für ihre variable Vergütung im Verhältnis zur fixen Vergütung festlegen müssen. Daraus ergibt sich in der Praxis auch für Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute das Erfordernis, spezifische Regelungen hinsichtlich der Höhe beziehungsweise des relativen Anteiles des variablen Vergütungsbestandteils zu treffen. Obwohl die vorgenannten Begrenzungen für Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute nicht unmittelbar gelten, empfiehlt es sich, diese dennoch zu berücksichtigen, da die Aufsichtspraxis diese regelmäßig als Benchmark nutzt. Abweichungen von dieser Praxis sollten daher begründet werden.

Ein weiteres wichtiges Ziel der IVV ist es, eine ausreichende Transparenz im Hinblick auf die jeweilige Ermittlung der Vergütung zu gewährleisten. Entscheidend ist dabei die Perspektive der Mitarbeiter. Diese sollen individuell anhand der vereinbarten Vergütungsparameter ihren jeweiligen Erfolgsbeitrag zum nachhaltigen Institutsergebnis und damit mittelbar das Vergütungspotenzial bestimmen können. Hierzu müssen sie über die Ausgestaltung der für sie maßgeblichen Vergütungssysteme und die relevanten Vergütungsparameter schriftlich in Kenntnis gesetzt werden. Fernern muss der Vergütungs-, vor allem aber der Prozess des mitarbeiterspezifischen Leistungsmanagements, angemessen geregelt und ebenso wie die Herleitung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung für den Einzelnen nachvollziehbar sein.

In diesem Kontext fordert die IVV, bereits zu Beginn des Geschäftsjahres den potenziellen Gesamtbetrag der variablen Vergütung (Gesamtbonuspool; § 7 IVV) entweder top-down oder bottom-up als Planwert festzulegen. Dieser ist anschließend regelmäßig zu überprüfen und sollte gegebenenfalls in die quartalsweise Risikoberichterstattung integriert werden. Am Ende des Geschäftsjahres muss - vor Auszahlung - gegebenenfalls eine Anpassung erfolgen. Sofern sich das Unternehmensergebnis nachhaltig negativ entwickelt, kann dies im Zweifel zu einem unter Umständen vollkommenen Abschmelzen der variablen Vergütung führen. Im Rahmen dieses Prozesses sind die Interdependenzen zur Risikotragfähigkeit, zur mehrjährigen Kapitalplanung sowie zur Ertragssituation und Liquiditätsausstattung als zentrale Elemente des Strategieprozesses zu berücksichtigen und darzulegen. Unter anderem vor diesem Hintergrund stellt die novellierte IVV 2016 klar, dass damit konsequenterweise die Kontrolleinheiten unmittelbar in den Entscheidungsprozess zur Festsetzung dieses Gesamtbetrags der variablen Vergütung einbezogen werden müssen.

Was unter dem Begriff der variablen Vergütung zu subsumieren ist, hat der Gesetzgeber in der IVV 2016 ebenfalls neu gefasst und stuft zukünftig alle Vergütungsbestandteile als variabel ein, sofern sie nicht die nachfolgenden Anforderungen an eine fixe Vergütung erfüllen. Dies dürfte in der Praxis zu einer Ausweitung der variablen Vergütung und damit zu einem Anpassungsbedarf führen - sowohl in den verschiedenen internen Vergütungsrichtlinien, gegebenenfalls aber auch in den Arbeitsverträgen. Letzteres lässt sich jedoch grundsätzlich nur in der Praxis umsetzen, soweit dies - zum Beispiel arbeitsrechtlich - zulässig ist. Mit der Neufassung des Begriffs der variablen Vergütung dürften sich unmittelbare Konsequenzen für die Bestimmung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung, aber auch potenzieller Obergrenzen ergeben, wie beispielsweise bei bedeutenden Instituten. Gemäß der Neudefinition sind alle Vergütungsbestandteile fix, die

- keinem Ermessen unterliegen,

- dem Mitarbeiter keinen Anreiz für eine Risikoübernahme bieten,

- vorher festgelegt wurden,

- transparent für den Mitarbeiter

- sowie dauerhaft und

- nicht einseitig aufhebbar sind,

- nicht leistungsabhängig oder sonst vom Eintritt vereinbarter Bedingungen abhängig ausgestaltet sind

- und bei denen die Zahlungen nicht einseitig vom Institut verringert, ausgesetzt oder rückgängig gemacht werden können.

Im Rahmen der Novellierung der IVV 2016 stellt der Gesetzgeber klar, dass zum Beispiel auch Abfindungen im Zusammenhang mit der vorzeitigen Beendigung des Arbeits- und Geschäftsbesorgungs- oder Dienstleistungsverhältnisses als Entschädigung für den damit verbundenen Verlust der Verdienstmöglichkeit zu sehen sind und damit im Gegensatz zur bisherigen Praxis als variable Gehaltsbestandteile eingestuft werden müssen.

Erfordernisse an die Dokumentation

Um eine angemessene Umsetzung der vorgenannten Anforderungen sicherzustellen und vor allem, um die erforderliche Transparenz gegenüber den Mitarbeitern zu gewährleisten, empfahl es sich bereits bisher, detaillierte Grundsätze zu den Vergütungssystemen abzufassen, wie zum Beispiel in Form von schriftlich fixierten Vergütungs- und Organisationsrichtlinien. Wesentliche Regelungsinhalte bleiben nach wie vor und in Zukunft

- die Darstellung des Entwicklungsprozesses der Vergütungsstrategie,

- deren Verknüpfung zur Geschäfts- und Risikostrategie,

- eine angemessene Definition der maßgeblichen (quantitativen und qualitativen) Vergütungsparameter in Abhängigkeit von den jeweiligen Mitarbeiterkategorien sowie

- die Art und Weise der Einbeziehung der verschiedenen verantwortlichen Bereiche einschließlich der Kontrolleinheiten, in den gesamten Vergütungsprozess.

Der Inhalt sowie die Ergebnisse der jeweiligen Entscheidungsprozesse vor allem hinsichtlich der Festlegung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung müssen transparent geregelt und dokumentiert werden. Dies gilt ebenfalls für die jeweiligen Verantwortlichkeiten, insbesondere der Geschäftsleitung sowie des Aufsichtsrates.

Neben der Verantwortlichkeit des Aufsichtsgremiums sind dessen besondere Funktion und die damit verbundenen Berichtspflichten im Rahmen der Dokumentation zu erfassen. So ist die Geschäftsleitung verpflichtet, den Aufsichtsrat jährlich umfassend und verständlich über die Ausgestaltung des Vergütungssystems zu informieren. Er muss sich auf dieser Basis ein eigenes Urteil über dessen Angemessenheit bilden. Sofern ein Vergütungskontrollausschuss besteht, muss dieser den Aufsichtsrat bei der Überwachung der Angemessenheit der Vergütungssysteme sowie bei der Einbeziehung der Kontrolleinheiten unterstützen.

Ein solcher Vergütungskontrollausschuss ist neben weiteren Ausschüssen grundsätzlich von allen Instituten zu implementieren, die von erheblicher Bedeutung sind, also Institute mit einer Bilanzsumme - im Durchschnitt der letzten drei Geschäftsjahre - von unter 15 Milliarden Euro, die nicht der EZB-Aufsicht unterliegen oder als potenziell systemgefährdend eingestuft werden.6)

Aufgrund der vorgenannten Änderungen im Rahmen der Novellierung der IVV 2016 dürfte eine Vielzahl der Institute vor der Herausforderung stehen, ihre bestehenden schriftlich fixierten Grundsätze zu den Vergütungssystemen und Vergütungs-/Organisationsrichtlinien in Teilen anpassen zu müssen. Da es sich dabei - soweit es sich um nicht bedeutende Institute handelt - um keine grundlegenden Änderungen, sondern in Teilen um Klarstellungen handelt, dürfte der Anpassungsbedarf bei Finanzierungsleasing- und Factoring-Instituten in der Praxis insgesamt überschaubar bleiben. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass eine Vielzahl der Anforderungen bereits zuvor in verschiedenen Anwendungshinweisen der BaFin beziehungsweise der Leitlinien und Standards des Committee of European Banking Supervisors (CEBS) und der EBA niedergeschrieben waren.

Der Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e. V. (BDL) hat im Dezember 2014 im Rahmen der letzten Novellierung der IVV bereits einen Leitfaden7) veröffentlicht, der die damaligen wesentlichen Grundsätze der IVV 2014 zusammenfasst und auch nach der Novellierung der IVV 2016 eine gute Grundlage für eine institutsspezifische Umsetzung der Dokumentationsanforderungen bietet, insbesondere für kleine Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute. Wesentlicher Anpassungsbedarf dürfte sich hier vor allem im Hinblick auf die geänderte Definition des Begriffs der variablen Vergütung sowie die Dokumentation der Inhalte sowie Ergebnisse der jeweiligen Entscheidungsprozesse und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der Vergütungsstrategie und der Festlegung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung ergeben. Dies dürfte aber vor allem an der bislang in der Praxis tendenziell geringen Detaillierung der bestehenden Dokumentation und weniger an den grundlegenden Anforderungen liegen.

Offenlegungspflichten

Neben der internen Dokumentationspflicht müssen die betreffenden Institute die externen Offenlegungspflichten gemäß § 16 IVV beachten. Diese wurden gegenüber den bestehenden Regelungen noch weiter gefasst. Danach sind die betreffenden Institute unter anderem verpflichtet zu erläutern, wie sie insbesondere die Anforderungen an die Ausgestaltung der IVV erfüllen. Etwaige Unterschiede und Besonderheiten in der Ausgestaltung der Vergütungssysteme von gesonderten Mitarbeiterkategorien sowie wesentliche Veränderungen in der Vergütungsstruktur, einschließlich der Auswirkungen auf die Zusammensetzung der variablen und fixen Vergütung, sind darzustellen. Daneben müssen weiterhin der Gesamtbetrag aller Vergütungen sowie die Anzahl der Begünstigten der variablen Vergütung angegeben werden.

Die Offenlegung muss grundsätzlich auf der Internetseite des Instituts erfolgen. Sofern das betreffende Institut aufgrund seiner Größe über keinen Internetauftritt verfügt, lässt die Aufsicht weiterhin ersatzweise eine Veröffentlichung über den elektronischen Bundesanzeiger oder in vergleichbaren Medien zu. Der Detaillierungsgrad der Angaben hängt dabei von der Größe und Vergütungsstruktur des Instituts ab sowie vom Risikogehalt der Geschäftsaktivitäten. Die Veröffentlichung muss einen Detaillierungsgrad sicherstellen, der die Einhaltung der Anforderungen der IVV gewährleistet, ohne hierbei die Wahrung berechtigter Geschäftsgeheimnisse und Wettbewerbspositionen zu gefährden.

Während nach den bisherigen Regelungen grundsätzlich alle Institute zur Offenlegung verpflichtet waren, beschränkt die novellierte IVV 2016 diese in ihrer Entwurfsfassung auf CRR-Institute.8) CRR-Institute umfassen alle Kreditinstitute, die das Einlagen- und Kreditgeschäft tätigen. Damit würden jedoch Nicht-CRR-Institute und damit Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute im Gegensatz zu den bisherigen Regelungen keiner unmittelbaren Offenlegungspflicht unterliegen. Hier bleibt abzuwarten, ob diese wesentliche Erleichterung nach Finalisierung der IVV erhalten bleibt, oder ob es sich um einen redaktionellen Fehler handelt. Davon unbeschadet gilt es, darauf zu achten, dass § 16 IVV bei Institutsgruppen für deren nicht bedeutende Institute grundsätzlich eine konsolidierte Offenlegung zulässt.

Risikoträger

Während bislang lediglich bedeutende Institute im Sinne der IVV einen Prozess zur Identifizierung von Risikoträgern (§ 18 IVV) implementieren und die damit verbundenen besonderen Anforderungen beachten mussten, weitet die novellierte IVV 2016 diese Anforderungen nun deutlich aus. Unabhängig von Größe und Risikogehalt müssen zukünftig alle CRR-Institute einen solchen Prozess installieren, diesen jährlich durchführen und in ihren internen Grundsätzen zu den Vergütungssystemen schriftlich dokumentieren.

Bei der Identifizierung von Risikoträgern ist einerseits die absolute und andererseits die relative Gehaltshöhe im Vergleich zu den übrigen Mitarbeitern zu berücksichtigen. Zum anderen aber auch deren besondere Bedeutung und Entscheidungskompetenz. Daher zählen neben der Geschäftsleitung und den Mitgliedern des Aufsichtsrats unter anderem alle für das Risikomanagement und Compliance verantwortlichen Personen sowie die Interne Revision und alle Leiter wesentlicher Geschäftsbereiche aufgrund ihrer Funktion unmittelbar zum Kreis der Risikoträger.

Mit der Ausweitung dieser Identifizierungspflicht wurde in der IVV eine Dreiteilung hinsichtlich des Umgangs mit Risikoträgern vorgenommen, die sich in der Regelungstiefe und den damit verbundenen besonderen Anforderungen niederschlägt. Zukünftig gilt es zu unterscheiden zwischen

- nicht bedeutenden Instituten, die Risikoträger nicht zu identifizieren haben und damit nicht von den besonderen Anforderungen betroffen sind, wie zum Beispiel typischerweise Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute;

- CRR-Instituten, die nicht bedeutend sind und lediglich der Pflicht zur Identifizierung von Risikoträgern und der Implementierung eines dementsprechenden Identifizierungsprozesses unterliegen und

- bedeutenden Instituten, die den ganzen Kanon an besonderen Anforderungen an die damit verbundenen Vergütungsregeln beachten müssen.

Im Gegensatz zu nicht bedeutenden CRR-Instituten, haben alle bedeutenden Institute wie bisher die besonderen Anforderungen an die Vergütungssysteme zu beachten, speziell die besonderen Anforderungen an die variable Vergütung von Risikoträgern. Diese wurden im Rahmen der Novellierung der IVV 2016 erneut ausgeweitet und verschärft. Bedeutende Institute sind unter anderem verpflichtet, bei der Bestimmung der variablen Vergütung alle gegenwärtigen und zukünftigen Risiken sowie negative Erfolgsbeiträge sowohl des Risikoträgers als auch der jeweiligen Organisationseinheit auf den Gesamterfolg des Unternehmens zu berücksichtigen. Die variable Vergütung ist in diesen Fällen nicht nur angemessen zu verringern, sondern gegebenenfalls vollkommen zu streichen. Der Zeitraum dieser Risiko- und Erfolgsmessung ist dabei nicht nur über einen Betrachtungszeitraum von mehreren Jahren, sondern ebenso am Geschäftszyklus des Instituts auszurichten.

Die novellierte IVV 2016 sieht ferner vor, dass negative Erfolgsbeiträge des Risikoträgers oder seiner Organisationseinheit nicht nur zu einer Verringerung beziehungsweise zum vollständigen Verlust der variablen Vergütungsbestandteile führen, sondern ebenfalls zu einer rückwirkenden Reduzierung der bereits entstandenen und gegebenenfalls auch schon ausgezahlten Vergütungsbestandteile (Claw-Back-Mechanismus). Dies muss insbesondere dann erfolgen, wenn es zu erheblichen Verlusten oder einer regulatorischen Sanktion kommt, welche die betreffenden Mitarbeiter verantworten, oder sofern von diesen in- und externe Regelungen in Bezug auf deren Eignung und Verhalten nicht erfüllt wurden.

Überschaubare Anpassungen

Die 2014 letztmals novellierte IVV und ihre Zielsetzung hat viele Institute vor die Aufgabe gestellt, ihre schriftlich fixierten Grundsätze zu den Vergütungssystemen wesentlich zu überarbeiten und an die erweiterten Anforderungen anzupassen. Im Fokus standen dabei die Verknüpfung zur Geschäfts- und Risikostrategie, die Verzahnung zum Risikomanagement sowie die damit verbundene Festlegung und Definition von Verantwortlichkeiten in den verschiedenen Bereichen sowie die Herleitung und Festlegung angemessener Obergrenzen für die variable Vergütung.

Auch wenn die nun vorliegende novellierte IVV 2016 die Institute vor neue Herausforderungen stellt, so ist dennoch positiv festzuhalten, dass der deutsche Gesetzgeber beziehungsweise die BaFin entgegen den ursprünglichen Forderungen der EBA am Grundsatz der Proportionalität festgehalten haben. Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute profitieren davon. Sie befinden sich damit weiterhin in der Lage, ihr Vergütungssystem entsprechend ihrer Größenstruktur und ihres vergleichsweise überschaubaren Risikogehalts zu gestalten. Die gleichwohl weiter steigenden Anforderungen an die Anpassung der internen Dokumentation sind für Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute gegenüber CRR-Instituten und bedeutenden Instituten mit ihren besonderen Anforderungen an die Vergütung von Risikoträgern insgesamt überschaubar. Die Weiterentwicklung der IVV sollte als ein weiterer Schritt in Richtung der Etablierung eines am nachhaltigen Unternehmensziel ausgerichteten, transparenten Vergütungssystems und als wichtiges Element eines übergreifenden Risikomanagement- und Steuerungssystems verstanden werden. <FT1>DER AUTOR:

1) EBA - Guidelines on sound remuneration policies under articles 74(3) and 75(2) of Directive 2013/36EU and disclosures under article 450 of Regulation (EU) No 575/2013.

2) Vgl. § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 KWG i.V.m. § 25a Abs. 6 KWG.

3) Vgl. Nemet; in FLF 6/2015, S. 245ff.

4) Vgl. Anwendungsempfehlung zur IVV zu § 17 IVV.

5) Vgl. § 2 Abs. 7 i.V.m. § 25 Abs. 5 KWG

6) Vgl. § 25d Abs. 3 Satz 8 KWG.

7) Vgl. Leitfaden zur Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV); veröffentlicht vom Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen e.V. am 19. Dezember 2014.

8) Diese Offenlegungspflichten bestehen unbeschadet vergleichbarer Offenlegungspflichten gemäß Art. 450 der EU-Verordnung Nr. 575/2013. Diese sind gemäß § 2 Abs. 7a KWG jedoch für Finanzierungsleasing- und Factoring-Institute nicht anwendbar.

Marijan Nemet, Frankfurt/M., ist Partner/Wirtschaftsprüfer im Bereich Financial Services bei Deloitte & Touche GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt in der Betreuung von Leasing- und Factoring-Gesellschaften sowie Retail- und Auslandsbanken.E-Mail: mnemet[at]deloitte[dot]de
Marijan Nemet , Partner/Wirtschaftsprüfer im Bereich Financial Services bei Deloitte GmbH
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