Verjährung des Anspruchs auf Zahlung von Leasing-Raten

BGH-Urteil vom 16. September 2015, Az. VIII ZR 119/141)

Alexander Kruse

Rechtsanwalt Alexander Kruse - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinem Urteil vom 16. September 2015 Unsicherheiten bezüglich der Frage der Verjährung eines Anspruchs des Leasing-Gebers auf Zahlung von Leasing-Raten während eines auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits des Leasing-Nehmers vollständig ausgeräumt. Der Autor hat die hier dargestellte Rechtssache über zwei Instanzen begleitet.

Leitsätze des Gerichts: Die Verjährung des Anspruchs des Leasing-Gebers auf Zahlung von Leasing-Raten ist gemäß § 205 BGB während eines auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits des Leasing-Nehmers, dem - leasingtypisch - unter Ausschluss der Sachmängelhaftung im Rahmen des Leasing-Vertrages kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche und -rechte gegen den Lieferanten übertragen worden sind, gehemmt. Denn das Recht des Leasing-Nehmers, die Zahlung der Leasing-Raten vorläufig einzustellen, wenn er ihm übertragene Ansprüche und Rechte gegen den Lieferanten klageweise geltend macht, ist ein leasingvertraglich vereinbartes vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht.2)

Die Verjährung ist auch dann gehemmt, wenn der Leasing-Nehmer formularvertraglich verpflichtet ist, die zurückbehaltenen Leasing-Raten während des Gewährleitungsprozesses zu Sicherungszwecken (§§ 232 ff. BGB) bei Gericht zu hinterlegen.

Das den Verzug ausschließende Recht zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasing-Raten gemäß § 205 BGB entfällt rückwirkend, wenn die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Klage gegen den Lieferanten rechtskräftig abgewiesen wird. Erweist sich der Rücktritt des Leasing-Nehmers als unberechtigt, steht fest, dass der Anspruch des Leasing-Gebers auf Zahlung von Leasing-Raten insgesamt begründet und nicht etwa zeitweilig unbegründet war.3)

Die durch das Recht des Leasing-Nehmers zur vorläufigen Einstellung der Leasing-Raten erfolgte Hemmung der Verjährung des Anspruchs des Leasing-Gebers auf Zahlung der Leasing-Raten nach § 205 BGB wirkt auch gegen den Bürgen, der sich verpflichtet hat, für die Verbindlichkeiten des Leasing-Nehmers aus dem Leasing-Vertrag einzustehen.

Der Sachverhalt

Die Klägerin, eine Leasing-Gesellschaft, verlangt von der Beklagten zu 1 (Leasing-Nehmerin) aus einem Leasing-Vertrag und von dem Beklagten zu 2 (Bürge) aus einer von ihm übernommenen Bürgschaft Zahlung rückständiger Leasing-Raten nebst Verzugszinsen. Die Parteien streiten darüber, ob die Ansprüche verjährt sind. Die von der Leasing-Geberin in dem Leasing-Vertrag über eine EDV-Anlage mit einer Vertragsdauer von 36 Monaten verwendeten Leasing-Bedingungen bestimmen unter § 3 Absatz 3 Satz 3 und 4:

- "Darüber hinaus steht dem M [= Mieter] ein Zurückbehaltungsrecht zu, sobald er wegen eines Mangels des MG [= Mietgegenstand] Wandlungsklage gegenüber dem Lieferanten des MG erhoben hat. Die zurückbehaltenen Mieten sind bei Gericht zu hinterlegen."

§ 4 der Leasing-Bedingungen enthält eine leasingvertragstypische Abtretungsklausel zu Sach- und Rechtsmängeln. Ab Mai 2005 stellte die Leasing-Nehmerin die Zahlung der Leasing-Raten unter Berufung auf von ihr behauptete Sachmängel der EDV-Anlage ein. Am 13. Mai 2005 erklärte die Leasing-Nehmerin gegenüber der Lieferantin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit der am 8. Juli 2005 eingegangenen und am 23. Juli 2005 zugestellten Klage verlangte die Leasing-Nehmerin von der Lieferantin der EDV-Anlage die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Klage der Leasing-Nehmerin gegen die Lieferantin wurde in zweiter Instanz durch Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 9. Oktober 2011 abgewiesen. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde durch Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2012 (VIII ZR 350/11) zurückgewiesen.

Mit der am 2. Dezember 2011 erhobenen Klage verlangt die Leasing-Geberin Zahlung der ab Mai 2005 ausstehenden 26 Leasing-Raten nebst Verzugszinsen. Die Leasing-Nehmerin und der Bürge haben die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klage hat in erster Instanz Erfolg gehabt. Auf die Berufung des Leasing-Nehmers und des Bürgen hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehren die Leasing-Nehmerin und der Bürge die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Entscheidung

Die Revision hat - mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung - Erfolg. Die Leasing-Geberin hat gegen die Leasing-Nehmerin nach § 535 Absatz 2 BGB in Verbindung mit dem Leasing-Vertrag und gegen den Bürgen nach § 765 Absatz 1 BGB Anspruch auf Zahlung der rückständigen Leasing-Raten nebst Verzugszinsen. Rechtsfehlerhaft war das Berufungsgericht zu der Auffassung gelangt, die Ansprüche der Leasing-Geberin, deren Umfang nicht im Streit ist, seien verjährt (§ 214 Absatz 1 BGB).

Die Verjährung des Anspruchs gegen die Leasing-Nehmerin auf Zahlung rückständiger Leasing-Raten, welche der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB unterfällt, war bei Erhebung der vorliegenden Klage am 2. Dezember 2011 wegen Verjährungshemmung (§ 205 BGB) noch nicht eingetreten und wurde durch die vorgenannte Klageerhebung zusätzlich gehemmt (§ 204 Absatz 1 Nummer 1 BGB).

§ 205 BGB Hemmung der Verjährung

Zwar entstanden die von der Leasing-Geberin geltend gemachten Forderungen in der Zeit von Mai 2005 bis Juni 2007 (§ 199 Absatz 1 Nummer 1 BGB), wodurch die Verjährung bei ungestörtem Verlauf spätestens mit Verstreichen des 31. Dezember 2010 abgelaufen wäre.

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts war die Verjährung der Leasing-Raten jedoch gemäß § 205 BGB vom Eingang der Klageschrift im Gewährleistungsprozess gegen die Lieferantin am 8. Juli 2005 (§ 167 Zivilprozessordnung - ZPO) bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss durch Zustellung des BGH-Beschlusses vom 16. Oktober 2012 (VIII ZR 350/11) an die damaligen Prozessbevollmächtigten der Leasing-Nehmerin am 22. Oktober 2012 gehemmt. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Berufungsurteil zurückgewiesen, so tritt dessen Rechtskraft mit der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses ein.4) Der vorgenannte Zeitraum wird nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet (§ 209 BGB).

Gemäß § 205 BGB ist die Verjährung gehemmt, solange der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.

Ein vereinbartes vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht, wie es von der Vorschrift erfasst wird (vgl. Begründung des Entwurfs des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, Bundestagsdrucksache 14/6040, Seite 118), stand der Leasing-Nehmerin während des auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits zu.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt aus der gebotenen, nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung eines Leasing-Vertrages, dass der Leasing-Nehmer, dem der Leasing-Geber unter Ausschluss einer mietrechtlichen Sachmängelhaftung die gegen den Lieferanten bestehenden kaufrechtlichen Sachmängelansprüche leasingtypisch abgetreten hat, bei Mängeln des Leasing-Gegenstandes berechtigt ist, die Zahlung der Leasing-Raten vorläufig einzustellen, wenn er die ihm übertragenen Ansprüche und Rechte gegen den Lieferanten bei dessen Weigerung klageweise geltend macht.5) Dieses im Leasing-Vertrag wurzelnde und in § 3 Absatz 3 Satz 3 der Leasing-Bedingungen ausdrücklich vorgesehene zeitweise Leistungsverweigerungsrecht ist, wie schon das Landgericht Koblenz mit Recht angenommen hat, nicht dadurch entfallen, dass der Leasing-Nehmer gemäß § 3 Absatz 3 Satz 4 der Leasing-Bedingungen verpflichtet sein soll, die zurückbehaltenen Leasing-Raten bei Gericht zu hinterlegen.

Leasing-Bedingungen

Dabei kann dahinstehen, ob die dem Leasing-Nehmer formularmäßig auferlegte Verpflichtung, die Leasing-Raten während der Dauer des Rechtsstreits mit dem Lieferanten über die Rückabwicklung des Kaufvertrages zu hinterlegen, überhaupt einer Inhaltskontrolle nach § 307 Absatz 1 BGB standhält.6) Selbst wenn eine solche Verpflichtung wirksam begründet wor den wäre, ließe dies entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts das in § 3 Absatz 3 Satz 3 der Leasing-Bedingungen vorgesehene zeitweilige Leistungsverweigerungsrecht unberührt.

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden.7) Gemessen an diesen Maßstäben betrifft ausschließlich § 3 Absatz 3 Satz 3 der Leasing-Bedingungen den - hier in Frage stehenden - Hauptanspruch der Leasing-Geberin auf Zahlung der Leasing-Raten gemäß § 535 Absatz 2 BGB in Verbindung mit dem Leasing-Vertrag. Dieser Anspruch ist - was in § 3 Absatz 3 Satz 3 der Bedingungen wiederholt und durch die Formulierung in Satz 4 ("die zurückbehaltenen Mieten") bestätigt wird - für die Dauer eines gegen den Lieferanten geführten Rückabwicklungsprozesses mit einem Zurückbehaltungsrecht des Leasing-Nehmers behaftet, weshalb die Leasing-Geberin in dieser Zeit keine Leistung verlangen kann.

Hinterlegung zu Sicherungszwecken

§ 3 Absatz 3 Satz 4 der Leasing-Bedingungen betrifft dagegen einen anderen Regelungsgegenstand. Er befasst sich nicht mit der Frage der Erfüllung der Hauptleistungspflicht des Leasing-Nehmers, sondern mit dem Sicherungsbedürfnis der Leasing-Geberin. Die Leasing-Geberin soll während der Dauer des Gewährleistungsprozesses zwischen Leasing-Nehmer und Lieferanten zwar keine Leasing-Raten erhalten, andererseits aber auch nicht befürchten müssen, dass der Leasing-Nehmer nach einem für ihn ungünstigen Ausgang dieses Verfahrens wirtschaftlich nicht mehr in der Lage ist, die Leasing-Raten aufzubringen. Es handelt sich also, anders als die Revisionserwiderung meint, um eine Hinterlegung zu Sicherungszwecken (§§ 232 ff. BGB), die auch bei Gericht möglich ist,8) und nicht um eine Hinterlegung zur Tilgung der ursprünglichen Schuld nach § 372 BGB. Auf die Sicherungshinterlegung finden die §§ 372 ff. BGB weder direkt noch analog Anwendung.9)

Zudem trägt die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach die Verpflichtung zur Hinterlegung der Leasing-Raten die Verjährungshemmung nach § 205 BGB hindere, der leasingtypischen Interessenlage der Beteiligten nicht Rechnung. Eine derartige Sichtweise liefe darauf hinaus, dass der um die Verjährung seiner Forderung besorgte Leasing-Geber gehalten wäre, im Hinblick auf die ausstehenden Leasing-Raten Rechtsverfolgungsmaßnahmen gegen den Leasing-Nehmer (sowie unter Umständen gegen den Bürgen) zu ergreifen, obwohl über die Berechtigung zum Rücktritt vom Kauf vertrag noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Eine zusätzliche gerichtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien des Leasing-Vertrages ist in diesem Stadium jedoch nicht sachgerecht. Vielmehr entspricht es der Interessenlage aller Beteiligten, eine bestandskräftige gerichtliche Entscheidung über die Rückabwicklung des Kaufvertrages abzuwarten.

Sofern sich der Leasing-Nehmer mit dem Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber dem Lieferanten durchsetzt, fehlt dem Leasing-Vertrag nämlich von vornherein die Geschäftsgrundlage, weshalb dem Leasing-Geber von Anfang an keine Ansprüche auf Zahlung von Leasing-Raten zustehen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH, sowohl vor als auch nach Inkrafttreten des modernisierten Schuldrechts.10) An das Ergebnis des Gewährleistungsprozesses ist der Leasing-Geber bei interessengerechter Auslegung des Leasing-Vertrages gebunden.11)

Da während des laufenden Rechtsstreits über den vom Leasing-Nehmer verfolgten Rückgewähranspruch indes nicht feststeht, ob sich der Rücktritt vom Kaufvertrag als begründet erweist, wäre das Gericht der Zahlungsklage nicht nur befugt, sondern unter Reduzierung des von § 148 ZPO grundsätzlich gewährten Ermessens verpflichtet, den Rechtsstreit zwischen dem Leasing-Geber und dem Leasing-Nehmer über die Verpflichtung zur Zahlung von Leasing-Raten auszusetzen.12) Vor Abschluss der gerichtlichen Auseinandersetzung des Leasing-Nehmers mit dem Lieferanten ist dem Leasing-Geber daher eine Erfolg versprechende Klage auf Zahlung der Leasing-Raten verwehrt. Eine Klageerhebung allein zum Zwecke der Verjährungshemmung wäre ihm danach nicht zumutbar.

Verzugszinsen

Wegen der rückständigen Leasing-Raten kann die Leasing-Geberin gemäß § 280 Absatz 1, 2, § 286 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB, § 288 Absatz 2 BGB alte Fassung, Artikel 229 § 34 EGBGB Verzugszinsen beanspruchen. Zwar stand der Leasing-Nehmerin vorübergehend, nämlich während der gerichtlichen Auseinandersetzung mit der Lieferantin der EDV-Anlage, gegenüber der Leasing-Geberin ein den Verzug ausschließendes Recht zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasing-Raten zu. Dessen Bestand hängt jedoch davon ab, ob der Rücktritt des Leasing-Nehmers vom Kaufvertrag sachlich begründet ist.13)

Nachdem die Klage der Leasing-Nehmerin gegen die Lieferantin erfolglos blieb, ist somit ihr Zurückbehaltungsrecht rückwirkend entfallen. Erweist sich der Rücktritt des Leasing-Nehmers als unberechtigt, steht fest, dass der Anspruch des Leasing-Gebers auf Zahlung von Leasing-Raten insgesamt begründet und nicht etwa zeitweilig (und damit Verzugsfolgen ausschließend) unbegründet war.14)

Einreden des Bürgen

Aufgrund des Bürgschaftsvertrages ist der Bürge verpflichtet, für die Verbindlichkeiten der Leasing-Nehmerin aus dem Leasing-Vertrag einzustehen (§ 765 Absatz 1 BGB). Der Bürge kann sich nicht mehr auf vermeintliche Mängel der EDV-Anlage berufen. Zwar kann der Bürge die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen (§ 768 Absatz 1 Satz 1 BGB). Entsprechende Rechte stehen jedoch auch der Leasing-Nehmerin nicht (mehr) zu. Das Recht, die Leasing-Raten vorläufig einzustellen, hat die Leasing-Nehmerin verloren, denn sie ist an den für sie negativen Ausgang der gewährleistungsrechtlichen Auseinandersetzung gebunden, weil die Parteien des Leasing-Vertrages ihre gegenseitigen Ansprüche von der Entscheidung dieses Rechtsstreits abhängig gemacht haben.15) Der leasingtypische Verlust der Einrede wirkt auch gegenüber dem Bürgen.16) Der Bürge kann auch nicht geltend machen, die Hauptforderung sei verjährt (§ 768 Absatz 1 Satz 1 BGB). Dies ist aufgrund der Hemmungswirkung des § 205 BGB nicht der Fall.

§ 768 Absatz 2 BGB, wonach der Bürge eine Einrede nicht dadurch verliert, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet, ist im Streitfall ebenfalls nicht anwendbar. Diese Vorschrift bezweckt den Schutz des Bürgen in Fällen, in denen der Hauptschuldner durch sein rechtsgeschäftliches Handeln ohne Mitwirkung des Bürgen eine neue Verjährungsfrist schafft oder die bestehende Verjährungsfrist verlängert.17) Daran fehlt es hier. Das Recht des Leasing-Nehmers zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasing-Raten, welches gemäß § 205 BGB die Verjährungshemmung des Anspruchs des Leasing-Gebers bewirkt, ist weder als Verzicht des Leasing-Nehmers auf die Einrede der Verjährung im Sinne von § 768 Absatz 2 BGB zu werten noch ist es einer rechtsgeschäftlichen Verlängerung der Verjährungsfrist gleichzustellen. Die Hemmungsfolge des § 205 BGB tritt unabhängig vom Parteiwillen kraft Gesetzes ein. Der Bürge ist daher nicht schutzwürdig, denn er muss, wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, allein schon wegen der leasingtypischen Gegebenheiten mit der Verwirklichung gesetzlicher Hemmungstatbestände rechnen.18)

Auch im Hinblick auf die Bürgschaftsforderung bleibt der Verjährungseinrede des Bürgen der Erfolg versagt (§ 214 Absatz 1 BGB). Die von der Leasing-Geberin am 2. Dezember 2011 erhobene (Bürgschafts-)Klage konnte die Verjährung der Bürgschaftsforderung, die unabhängig von der Verjährung der Hauptforderung der selbstständigen - regelmäßig mit der Fälligkeit der Hauptforderung beginnenden - dreijährigen Regelverjährung nach §§ 195, 199 Absatz 1 BGB unterliegt nach § 204 Absatz 1 Nummer 1 BGB hemmen.19) Denn gemäß § 205 BGB war auch die Verjährung der Bürgschaftsforderung für die Dauer des Rechtsstreits der Leasing-Nehmerin mit der Lieferantin gehemmt. Der selbstschuldnerische Bürge, der für Forderungen aus einem Leasing-Vertrag mit leasingtypischem Gewährleistungsausschluss und Übertragung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche und -rechte auf den Leasing-Nehmer haftet, ist bei interessengerechter Auslegung des Bürgschaftsvertrages ebenfalls vorübergehend, nämlich während der Dauer des auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits, zur Verweigerung der Leistung berechtigt. Denn sein dahingehendes Interesse gleicht demjenigen des Leasing-Nehmers, von dem der Leasing-Geber vor dem rechtskräftigen Abschluss dieser Auseinandersetzung Leasing-Raten auch nicht vorläufig fordern kann.

Erfreuliche Entscheidung

Der Bundesgerichtshof nahm den ihm zur Entscheidung vorgelegten Sachverhalt zum Anlass, seine Rechtsprechung aus den 1980er-Jahren fortzuführen, fortzuentwickeln und Lücken zu schließen. Mit der Entscheidung vom 16. September 2015 wird klargestellt, dass die Verjährung des Anspruchs des Leasing-Gebers auf Zahlung von Leasing-Raten gemäß § 205 BGB während eines auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits des Leasing-Nehmers aufgrund der leasingvertragstypischen Abtretungskonstruktion in jedem Fall gehemmt ist - unabhängig davon, ob und inwieweit weitergehende formularvertragliche Regelungen, insbesondere zu Sicherungszwecken, getroffen wurden. Die Hemmungsfolge des § 205 BGB soll unabhängig vom Parteiwillen kraft Gesetzes eintreten, sowohl im Verhältnis zum Leasing-Nehmer, als auch im Verhältnis zu einem Vertragsbürgen.

Des Weiteren stellt der Bundesgerichtshof klar, dass der Anspruch des Leasing-Gebers auf Zahlung von Leasing-Raten - rückwirkend - insgesamt begründet ist und nicht etwa zeitweilig unbegründet war, soweit sich der Rücktritt des Leasing-Nehmers als unberechtigt erweist. Mit der Entscheidung vom 16. September 2015 wurden erfreulicherweise etwaig noch bestehende Unsicherheiten hinsichtlich der Verjährung eines Anspruchs des Leasing-Gebers auf Zahlung von Leasing-Raten während eines auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits des Leasing-Nehmers ein für alle Mal ausgeräumt.

1) OLG Koblenz; LG Koblenz.

2) Fortführung und Fortentwicklung der BGH-Urteile vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135; vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 317/09, NJW 2010, 2798).

3) Fortführung von BGH-Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135, 145.

4) BGH-Urteil vom 19. Oktober 2005 - VIII ZR 217/04, BGHZ 164, 347, 350 ff.

5) BGH-Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 91/85, BGHZ 97, 135, 141 ff.; Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 317/09, NJW 2010, 2798 Rn. 19 f., 24 ff.; Urteil vom 13. November 2013 - VIII ZR 257/12, NJW 2014, 1583 Rn. 16).

6) Zum Streitstand: BeckOGK/Ziemßen, Stand: 1. Juni 2015, § 535 BGB Rn. 909 ff.

7) Ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BGH-Urteil vom 3. Dezember 2014 - VIII ZR 224/13, WuM 2015, 80 Rn. 16; Urteil vom 9. April 2014 - VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 25 mit weiteren Nachweisen.

8) Vgl. BGH-Urteil vom 14. Februar 1985 - IX ZR 76/84, NJW 1986, 1038 unter 2.

9) BGH-Urteil vom 10. Dezember 2004 - V ZR 340/03, NJW-RR 2004, 712 unter II 2 b cc.

10) BGH-Urteil vom 13. November 2013 - VIII ZR 257/12, a.a.O., Rn. 15; Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 317/09, a.a.O., Rn. 21; Urteil vom 13. März 1991 - VIII ZR 34/90, BGHZ 114, 57, 61; Urteil vom 25. Oktober 1989 - VIII ZR 105/88, BGHZ 109, 139, 142 f.; jeweils mit weiteren Nachweisen.

11) BGH-Urteil vom 13. März 1991 - VIII ZR 34/90, a.a.O., S. 65; vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 91/85, a.a.O., S. 143; Urteil vom 27. Februar 1985 - VIII ZR 328/83, BGHZ 94, 44, 48; Urteil vom 16. September 1981 - VIII ZR 265/80, BGHZ 81, 298, 305 f.

12) BGH-Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 91/85, a.a.O., S. 145 f.

13) BGH-Urteil vom 13. November 2013 - VIII ZR 257/12, a.a.O., Rn. 15 f.; siehe auch Münch-KommBGB/Koch, a.a.O., Leasing Rn. 114; anders Beckmann in Beckmann/Scharff, a.a.O., § 15 Rn. 21).

14) Vgl. BGH-Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 91/85, a.a.O., S. 145.

15) BGH-Urteil vom 7. Oktober 1992 - VIII ZR 182/91, NJW 1993, 122 unter II 1 b bb; Urteil vom 19. Februar 1986 - VIII ZR 91/85, a.a.O.,S. 146.

16) Vgl. MünchKommBGB/Habersack a.a.O., § 768 Rn. 4, 9; Staudinger/Horn, BGB, Neubearbeitung 2012, § 768 Rn. 4).

17) BGH-Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 18; Urteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 22.

18) BGH-Urteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, a.a.O., Rn. 23, zu § 203 BGB; Palandt/Sprau, BGB, 74. Auflage, § 768 Rn. 9.

19) BGH-Urteil vom 11. November 2014 - XI ZR 265/13, BGHZ 203, 162 Rn. 21 mit weiteren Nachweisen.

DER AUTOR: Alexander Kruse, Mannheim, ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Steuerrecht und Sozius der bundesweit tätigen Anwaltskanzlei Hengerer & Niemeier, die unter anderem auf Leasing-, Factoring- und Bankenrecht spezialisiert ist.E-Mail: a.kruse[at]rae-hengerer-niemeier[dot]de
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