Bausparen und Bausparkassen 2007

Bausparen in Tschechien - Erfahrungen nach 13 Jahren

Das Bausparen wurde in der Tschechischen Republik 1993 mit der Verabschiedung des Gesetzes über das Bausparen und die staatliche Förderung des Bausparens (Gesetz Nr. 96/1993 Gbl.) eingeführt, und noch im selben Jahr nahmen vier, ein Jahr darauf weitere zwei Bausparkassen ihre Tätigkeit auf.

- Marktführer ist die Bausparkasse
- Marktführer ist die Bausparkasse Šeskomoravská stavební spošitelna, an der die deutsche Bausparkasse Schwäbisch Hall mit 45 Prozent und die Bank Šeskoslovenská obchodní banka mit 55 Prozent beteiligt sind.

- Die zur Finanzgruppe der österreichischen Erste Bank gehörende Bausparkasse Stavební spošitelna Šeské spošitelny wurde ursprünglich mit einem Anteil von 39,5 Prozent von der Bayerischen Landesbank gegründet, gegenwärtig ist die Tschechische Sparkasse (Šeská spošitelna) Mehrheitsaktionär, und fünf Prozent der Aktien werden von der Bausparkasse der österreichischen Sparkassen gehalten.

- Die Bausparkasse Modrá Pyramida (Blaue Pyramide), eine einhundertprozentige Tochtergesellschaft der zur Finanzgruppe der Societé Generale gehörenden Bank Komeržní banka war mit einem Anteil von 50 Prozent von der deutschen Bausparkasse BHW gegründet worden, die ihren Anteil jedoch im Jahr 2006 verkaufte.

- Die zur österreichischen Finanzgruppe der Raiffeisenbank Österreich zählende Bausparkasse Raiffeisen stavební spošitelna gehört mit einem Kapitalanteil von 75 Prozent der Raiffeisen Bausparkasse Wien und 25 Prozent der Raiffeisenbank Prag.

- Die Bausparkasse Wüstenrot, bei der 52 Prozent der Anteile der Wüstenrot, Stuttgart, 40 Prozent der Wüstenrot Salzburg und die verbleibenden Anteile vier tschechischen Subjekten gehören.

- Die Bausparkasse Hypo stavební spošitelna wird zu 60 Prozent von der HVB Šeská republika und zu 40 Prozent von der Bausparkasse Vereinsbank Victoria Bauspar AG gehalten, die beide zur italienischen Finanzgruppe Unicredito gehören.

Die ersten drei Bausparkassen vereinen etwa 70 Prozent des tschechischen Bausparmarktes auf sich.

Verlässlichkeit in unruhigen Zeiten

Das Bausparen in der Tschechischen Republik entstand in einer Zeit, in der auf dem Finanzmarkt eine ganze Reihe neuer, für die Kunden bisher unbekannter Produkte auftauchten und eine Vielzahl kleiner Banken mit häufig nicht ganz transparenten Eigentumsverhältnissen gegründet wurden. Leider waren die Erfahrungen der Bürger mit den meisten dieser Banken negativ. Viele Menschen haben Einlagen, die sie diesen Banken anvertrauten - und das waren nicht selten ihre gesamten Ersparnisse -, eingebüßt.

Das Bausparprodukt, das aufgrund der Aktionäre und Beteiligungsverhältnisse der Bausparkassen Sicherheit für die Einlagen der Bürger versprach, fand reges Interesse und bald auch seinen festen Platz auf dem Finanzmarkt. Anfangs wurde das Produkt eher als Sparprodukt verstanden, denn die Bürger der Tschechischen Republik hatten bisher fast keine Erfahrungen mit Investitionen für Wohnzwecke. Erst später, gegen Ende der neunziger Jahre, begann sich dieser Trend deutlich zu ändern und die Nachfrage nach Darlehensprodukten beträchtlich anzusteigen.

Das Bausparen war zur Zeit seiner Entstehung gesetzlich als zweckgebundenes Sparen mit staatlicher Förderung konzipiert. Diese betrug bis zu 25 Prozent des jährlich angesparten Betrages (höchstens jedoch 18 000 Tschechische Kronen; die Höchstsumme der staatlichen Förderung betrug 4 500 Tschechische Kronen). Bei Einhaltung einer Mindestsparzeit von fünf Jahren (Bindungsfrist) entstand für den Kunden der Anspruch auf Auszahlung der staatlichen Förderung.

Bauspardarlehen durften von der Bausparkasse nur für sogenannte Wohnzwecke zur Verfügung gestellt werden, und ebenso vom Kunden nur zu diesen Zwecken, das heißt zum Beispiel für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses beziehungsweise für Reparatur- oder Rekonstruktionsarbeiten an einer Wohnung oder einem Haus oder für den Kauf eines Grundstückes zum Hausbau verwendet werden. In den zurückliegenden 13 Jahren gab es zwei wesentliche Änderungen des Bauspargesetzes.

Die erste Änderung, die nach zwei Jahren Wirksamkeit der ursprünglichen Gesetzesfassung eintrat, war vor allem auf die Verbesserung der Prozesse gerichtet. Die wichtigste Änderung, die diese Neufassung des Bauspargesetzes mit sich gebracht hat, war die Möglichkeit der Gewährung von Voraus- und Zwischendarlehen.

Gründe für den Boom des Bausparens

Die zweite Neufassung des Gesetzes, die seit 2004 in Kraft ist, hat zu wesentlichen Änderungen geführt, die sich auf die weitere Entwicklung des Bausparens in der Tschechischen Republik deutlich ausgewirkt haben. Die maximale staatliche Förderung wurde auf 3 000 Tschechische Kronen reduziert und die Bindungsfrist auf sechs Jahre verlängert.

Diese Änderung bezüglich der Höhe der staatlichen Förderung bezieht sich allerdings nur auf die Bausparverträge, die nach Inkrafttreten dieser Gesetzesnovelle abgeschlossen wurden - nicht rückwirkend. Die Folge war, dass sich die Kunden mit Bausparverträgen zu den ursprünglichen Bedingungen regelrecht "eindeckten". Diese Situation hat sich sehr stark auf die weitere Entwicklung der Bausparkassen ausgewirkt.

Gegenwärtig hat in der Tschechischen Republik jeder Bürger mit ständigem Aufenthalt in der Tschechischen Republik und zugeteilter Geburtsnummer, das heißt auch Bürger aus Staaten der Europäischen Union, die eine ständige Aufenthaltsgenehmigung auf dem Territorium der Tschechischen Republik haben und denen eine Geburtsnummer zugeteilt wurde, ungeachtet ihres Alters und ihres Einkommens Anspruch auf staatliche Förderung.

Weniger reguliert und kontrolliert

Das System der Zuteilung der Vorschusszahlungen der staatlichen Förderung ist relativ einfach. Die einzelnen Bausparkassen beantragen die staatliche Förderung für ihre Kunden beim Finanzministerium, dieses überweist die staatlichen Förderungsmittel innerhalb einer vorgeschriebenen Frist an die Bausparkassen, und diese schreiben sie unmittelbar danach den Kundenkonten gut. Die Einlagenzinsen sind von der Einkommenssteuer befreit, und die an die Bausparkassen bezahlten Darlehenszinsen können sich die Kunden von ihrer Besteuerungsgrundlage abziehen.

Die Bausparkassen in der Tschechischen Republik sind Banken. Deshalb gelten für sie auch alle legislativen und regulatorischen Vorschriften für die Tätigkeit von Banken. Die Tätigkeit der Bausparkassen unterliegt der Aufsicht der Tschechischen Nationalbank im Rahmen der Bankenaufsicht.

Die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften des Bauspargesetzes, insbesondere der Bedingungen für die Beantragung, Zuteilung und Auszahlung der staatlichen Förderung sowie der zweckentsprechenden Verwendung der von den Bausparkassen zur Verfügung gestellten Darlehen, und ebenso die Genehmigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen dem Finanzministerium. Bei der Konstruktion der einzelnen Tarife jedoch haben die Bausparkassen freie Hand, diese werden weder vorbestimmt noch kontrolliert.

Obwohl die tschechischen Bausparkassen als Banken gelten, sind die Möglichkeiten ihrer unternehmerischen Tätigkeit durch das Bauspargesetz eingeschränkt. Hier ist geregelt, unter welchen Bedingungen die Bausparkassen andere Geschäfte, unter anderem Finanzmarktgeschäfte, ausführen dürfen. Ende des vergangenen und Anfang dieses Jahrhunderts waren die Bausparkassen mit einem rapiden Rückgang der Zinssätze auf dem Interbankenmarkt konfrontiert. Auf diese Situation reagierten sie mit der schrittweisen Senkung der Zinsen und Änderungen ihrer Gebührenpolitik.

Diese Schritte mussten unternommen werden, auch wenn die Bausparkassen gerade in dieser Zeit eine Vielzahl von sogenannten Freundsparern hatten, die das Bausparen als günstige Finanzanlage mit einer durchschnittlichen Einlagenaufwertung von mehr als zehn Prozent nutzten, während die Einlagenrendite in den klassischen Banken bei einem bis zwei Prozent lag. Das war einer der Gründe, warum den Bausparkassen bei der Neufassung des Bauspargesetzes die Möglichkeit eingeräumt wurde, nach Ablauf der Bindungsfrist und bei Ablehnung der Zuteilung der Zielsumme durch den Kunden die Einlagenverzinsung zu ändern.

Modernisierungsdarlehen überwiegen

Die durchschnittliche Zielsumme liegt zurzeit bei etwa 225 000 Tschechischen Kronen (etwa 8 000 Euro), die durchschnittliche Darlehenshöhe beträgt rund 330 000 Tschechische Kronen (11 780 Euro). Der auf alle Bausparverträge entfallende Anteil der zur Verfügung gestellten Darlehen beläuft sich auf 35 Prozent, wobei der größte Teil der Darlehen in Form sogenannter Vorausdarlehen zur Verfügung gestellt wird. Das Durchschnittseinkommen in der Tschechischen Republik beträgt aktuell knapp 20 000 Tschechische Kronen, das entspricht in etwa 680 Euro. Mehr als zehn Prozent der Bürger haben jedoch ein Einkommen von mehr als 40 000 Tschechischen Kronen, das sind etwa 1 430 Euro.

Der Anteil der von den Bausparkassen zur Verfügung gestellten Darlehen steigt aufgrund des großen Interesses der tschechischen Bürger, sich eine neue Wohnung anzuschaffen beziehungsweise die bestehende Wohnung renovieren zu wollen, ständig an. In der Tschechischen Republik verwenden die Kunden Bauspardarlehen vor allem für kleinere Reparaturen und Umbauarbeiten, oder sie kombinieren das Bauspardarlehen mit anderen Finanzierungsmöglichkeiten zur Anschaffung einer Wohnung, eines Hauses oder Grundstücks.

Bauspardarlehen versus Hypothekarkredit

Obwohl die durchschnittliche Darlehenshöhe ständig wächst und von allen Bausparkassen Tarife mit langer Fälligkeit der Darlehen angeboten werden, erfolgt die komplexe Wohnfinanzierung in der Tschechischen Republik vorwiegend mit Hilfe von Hypotheken. Die Tabelle 2 zeigt das Verhältnis zwischen der Inanspruchnahme von Hypothekarkrediten und Darlehen der Bausparkassen im Jahr 2005.

Nichtsdestotrotz bemühen sich die Bausparkassen in Anbetracht der ständig steigenden Darlehensnachfrage, Produkte anzubieten, die mit den Hypothekarkrediten der klassischen Bankinstitute vergleichbar sind. Außerdem bieten die Bausparkassen für ihre Kunden eine ganze Reihe von Vorteilen: So können die Darlehen ohne Sanktionen jederzeit zurückgezahlt werden; die mit der Darlehensgewährung verbundenen Gebühren sind - selbst bei relativ kleinen Darlehen - deutlich niedriger als bei klassischen Hypothekarkrediten. Die Bausparkassen bieten ebenfalls Tarife mit relativ langer Zeitdauer bis zur Zuteilung der Zielsumme an (bis zu 15 und mehr Jahren), und Vorausdarlehen werden mit variablen Zinssätzen mit Fixierung für drei bis sieben Jahre zur Verfügung gestellt.

Noch Potenziale für das Bausparen in Tschechien

Wer heute durch die Tschechische Republik reist und ihr aktuelles Aussehen mit dem vor zehn bis 15 Jahren vergleicht, wird feststellen, wie viel sich seitdem getan hat. In der Nähe von Großstädten entstehen ganze Kolonien von Eigenheimen, die architektonische Gestaltung der Städte verändert sich. Doch all diese positiven Erscheinungen können nicht über die zum Teil noch fortbestehende Verwahrlosung des Wohnungsbestandes hinwegtäuschen. Und eben in diesem Bereich liegt das Entwicklungspotenzial des Bausparens.

Das Bausparen hat in der Tschechischen Republik seinen festen Platz gefunden. Obwohl auch hier aufgrund der Überlastung des Staatshaushaltes immer wieder Diskussionen über einige Kennziffern des Bauspargesetzes sowie über verschiedene andere mögliche Formen der Wohnungsbaufinanzierung geführt werden, wird dieses populäre Produkt allgemein nicht nur als Teil des Finanzierungssystems für den Wohnungsbau, sondern auch als Teil des Systems der Altersvorsorge der Bürger verstanden. Das hat dazu geführt, dass das Bausparen in der Tschechischen Republik, gemessen an der Kundenzahl jeder zweite Bürger hat einen Bausparvertrag - gleich hinter der Bundesrepublik Deutschland auf dem zweiten Platz liegt.

In Anerkennung der bisherigen Entwicklung und zur Unterstützung der weiteren Entfaltung des Bausparens in der Tschechischen Republik hat sich die Leitung des Europäischen Bausparkassenverbandes entschieden, im Herbst 2007 in Prag bereits zum zweiten Mal die Jahresversammlung durchzuführen, die diesmal mit einem Kongress zum Thema "Bausparen - mit Sicherheit zum Wohneigentum" verbunden sein wird.

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