Im Blickfeld

LBS West: auf Finanzierer eingestellt

Es ist gern gelebte Sitte, einen ehrenvoll in den Ruhestand zu verabschiedenden Vorstandsvorsitzenden zum Schluss mit einem aufgehübschten Geschäftsergebnis zu belohnen. In der Folge muss der Neue dann zwar nicht selten mit schlechteren Zahlen starten, doch kann ihm dies die willkommene Gelegenheit geben, sich mit den eigenen strategischen Vorstellungen zu profilieren - manchmal auch zu emanzipieren. Anders Gerhard Schlangen, der als neuer Chef der LBS West beim Rück- und Ausblick auf die Geschäftsentwicklung vor allem die Verdienste und strategische Weitsicht seines Vorgängers, Christian Badde, hervorhob.

Tatsächlich kann sich das Erreichte sehen lassen: Vom Zeitpunkt, als Badde im Jahr 2001 die Leitung der LBS übernahm, bis 2011 erhöhte sich das Bruttoneugeschäft um 25 Prozent auf 9,2 Milliarden Euro, der Vertragsbestand um 26 Prozent auf 62,3 Milliarden Euro, die Bauspareinlagen um 52 Prozent auf 9,4 Milliarden und der Geldanlagebestand um 192 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Allerdings offenbart die Zehn-Jahres-Rückschau auch, dass der Bestand an Kollektivdarlehen - dem Herz des Bausparens - in Baddes Ära von 3,2 Milliarden Euro um beachtliche 43 Prozent auf nur noch 1,8 Milliarden Euro sank, gleichzeitig jedoch das betreute Volumen an außerkollektiven Finanzierungen um 65 Prozent von 10,8 auf 17,8 Milliarden Euro zunahm.

Gerade im Darlehensgeschäft spiegeln sich die grundlegenden Veränderungen des Bauspar- und Baufinanzierungsmarktes wider, die in einer Dekade des Dauerzinstiefs unausweichlich sein mussten. Badde hatte diese Entwicklungen mit erkannt und sein Haus darauf eingestellt. Es galt sich zu entscheiden, ob Bausparen als Geldanlage- oder als Finanzierungsprodukt zu positionieren ist, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Für die LBS West liegt der Kernnutzen des Bausparens im zinsgünstigen Darlehen - entsprechend haben die Münsteraner ihre Produkte gestaltet.

Diese Ausrichtung muss aber auch im Vertrieb um- und durchgesetzt werden. Im Jahr 2011 machten Finanzierertarife immerhin mehr als 80 Prozent des Bruttoneugeschäfts aus. Mit rund 360000 Verträgen blieb die Stückzahl zwar um 5,0 Prozent unter dem Vorjahr, doch erhöhte sich die Bausparsumme um 1,4 Prozent auf 9,2 Milliarden Euro. Dabei steigerten die Sparkassen ihre Vermittlungsleistung um 1,8 Prozent und der LBS-eigene Außendienst um 1,1 Prozent. Insgesamt entfallen auf die Sparkassen 57 Prozent des Abschlussvolumens und 43 Prozent kommen von den freien Handelsvertretern. Damit hat die LBS ihren Marktanteil in Nordrhein-Westfalen auf etwa 43 Prozent gehalten.

Dass geringe Guthabenzinsen nicht abschrecken, zeigt sich am Anstieg des Einlagenbestandes um 4,4 Prozent auf 9,4 (2010: 9,0) Milliarden Euro. Mit 436 Millionen Euro erhöhten sich die Kollektivdarlehen um 6,8 Prozent, während die Vorfinanzierungen um 50,2 Prozent auf 443 Millionen stiegen. Dabei verdoppelten sich die Riester-Vorfinanzierungen auf 244 Millionen Euro und sonstige Vorfinanzierungen stiegen um 16,5 Prozent auf 200 Millionen Euro, von denen wiederum 42 Millionen Euro auf die 2010 eingeführten standardisierten Modernisierungskredite entfielen. Anfang 2012 ist der KfW-Kombikredit hinzugekommen, der KfW-Darlehen und Bausparen zu einem langfristigen Festzinsdarlehen verbindet.

Auch bei Wohn-Riester hat die LBS in den vergangenen Jahren vieles richtig gemacht. Im Jahr 2011 entfielen von den rund 88000 in Nordrhein-Westfalen abgeschlossenen Eigenheimrentenverträgen 54000 Policen mit einer Bausparsumme von 1,74 Milliarden Euro (plus 5,5 Prozent) auf die LBS. Dadurch stieg der Marktanteil von 58 auf 61 Prozent. Mit den präsentierten Geschäftszahlen will der neue Vorstandsvorsitzende vor allem Kontinuität dokumentieren. So soll das Bruttoneugeschäft auch 2012 weiter um zwei bis fünf Prozent wachsen. L. H.

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