Schwerpunkt Bewertung

Die Universität als Faktor bei der Immobilienbewertung

Ob in Freiburg, Jena, Münster oder Potsdam, hier wie in vielen weiteren Universitätsstädten steigen Bevölkerungszahl, Wirtschaftsleistung und Immobilienpreise. Dass die Nähe zur Universität den Wert einer Liegenschaft beeinflusst, kann daher vermutet werden. Doch der Autor schränkt ein: Die Höhe des Studentenanteils an der lokalen Bevölkerung kann, muss aber nicht spürbare Effekte auf die Entwicklung der Miet- und Grundstückspreise haben. Vielmehr lässt sich beobachten, dass die Qualität und das Image der Universität (einschließlich ihres Klinikums) die Attraktivität einer Stadt zum einen für die Studenten und zum anderen für die Ansiedlung technologie- und wissensintensiver Industrien spürbar beeinflusst. (Red.)Üblicherweise wird bei der Immobilienbewertung zwischen harten und weichen Standortfaktoren unterschieden. Harte Faktoren sind beispielsweise die Verkehrsanbindung, weiche das Image. Die Frage, ob Universitäten oder Hochschulen am Standort vorhanden sind - und wie die räumlich-funktionellen Beziehung zum jeweils betrachteten Mikrostandort ausfällt - stellt eine Art Hybrid dar: In der Universitätsfrage vereinen sich harte und weiche Faktoren. Für die Immobilienbewertung muss der Uni-Faktor in jedem Fall berücksichtigt werden. Wohnungssegment besonders beeinflusst Dies gilt vor allem mit Blick auf das Segment Wohnen. Studenten fragen Wohnraum nach. Dies wirkt sich auf das Vermietungsrisiko und unter Umständen auch auf die künftig zu erzielende Miethöhe aus. Das Thema Vermietungsrisiko erklärt sich weitgehend von selbst. Der Zuzug von Studenten kann eine insgesamt positive Bevölkerungsentwicklung unterstützen oder aber eine negative Entwicklung zumindest abmildern - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Wohnungsnachfrage. Zugleich gilt aber auch - Thema Miethöhe -, dass Studenten mobiler sind als beispielsweise Familien oder auch Singles, die bereits im Berufsleben stehen. Sie ziehen also häufiger um, auch innerhalb der Stadt und während des Studiums. Die tendenziell höhere Fluktuation in Universitätsstädten ermöglicht wiederum größere Mietsteigerungen, da im Neuvermietungsfall rechtlich und je nach Standort auch faktisch größere Sprünge möglich sind als während einer länger anhaltenden Vermietungsphase. Der häufig ins Feld geführte Nachteil, Studenten seien weniger zahlungskräftig als Berufstätige, ist dabei nur bedingt wahr: Studenten bilden oft Wohngemeinschaften, die in der Summe dann wieder entsprechend zahlungskräftig sind. Je nach Standort sollten diese Faktoren in die Bewertung einfließen - bekanntlich leitet sich der Wert einer Immobilie aus den (voraussichtlichen) Erträgen ab, beispielsweise über eine Discounted-Cash-Flow-Betrachtung. Im Übrigen zeigt die Vergangenheit hier, dass der Umstand nicht nur theoretische, sondern durchaus auch praktische Relevanz hat. Es gibt eine Reihe von Studentenstädten, in denen die Preissteigerungen im Segment Wohnen deutlich über jenen vergleichbarer Großstädte liegen. Dies gilt mit Blick auf die jüngere Vergangenheit, aber auch auf die stürmische Zeit in direkter Folge der Finanzkrise. Studentenstädte - vor allem die Studentenhochburgen - zeigen eine günstigere Wertentwicklung als Standorte ohne nennenswerten Studentenanteil. Studentenhochburgen statt nur Studentenstädte, nennenswerter Studentenanteil statt nur Studentenanteil - zwei Einschränkungen, die wichtig sind. Denn naturgemäß variiert der Studenteneffekt auf die jeweiligen Wohnungsmärkte je nach Einzelfall. Es gibt Marktteilnehmer, die einen Studentenanteil ab zwölf Prozent gemessen an der Gesamtbevölkerung als ersten Indikator zur Unterscheidung ansetzen, andere einen Anteil ab 15 Prozent - darunter seien die Auswirkungen auf die Märkte gering bis kaum vorhanden. Bei kleineren Städten wie Wismar werden solche Quoten aufgrund der geringeren Gesamtgröße leichter erreicht, teilweise sogar deutlich überschritten. Bei den mittelgroßen Städten - zwei Beispiele seien Mönchengladbach und Freiburg - geht die Schere auseinander. Mönchengladbach liegt deutlich im einstelligen Prozentbereich, Freiburg hingegen deutlich im zweistelligen. Für Großstädte wie Berlin können Studenten trotz relativ kleiner Anteile an der Gesamtbevölkerung dennoch eine Rolle spielen - die Studentenzahlen sind im absoluten Vergleich groß, und Großstädte sind für Studenten grundsätzlich attraktiv. Die Großstadt in Verbindung mit dem universitären Angebot wirkt somit implizit imagefördernd. Je nach Art, Lage und Beschaffenheit der zu bewertenden Wohnimmobilie muss dies in die Überlegungen des Bewerters einfließen. Studenten als Nachfrager für Wohnen und Einzelhandel Hinzu kommt: Es gibt Projekte, die in besonderem Maße auf Studenten abzielen. Studentenapartments beispielsweise stehen längst in den Fokus der immobilienwirtschaftlichen Akteure. Es gibt darüber hinaus aber auch Projekte, die auf das Selbstverständnis vieler Studenten abzielen. Ein Beispiel ist der Stadtteil Vauban in Freiburg. Ausgangspunkt war hier eine ehemalige französische Kaserne. Weite Teile des Areals sind autofrei und stark durchgrünt, die Gebäude sind aus energetischer Sicht vorbildlich - Konzepte, die bei vielen Studenten auf Gegenliebe stoßen. Zudem gibt es auf dem umgenutzten (und erweiterten) ehemaligen Kasernengebäuden eine gewisse Zahl an Studentenzimmern des Studentenwerks Freiburg. Der Faktor Student infolge des Faktors Hochschulstandort sollte bei einer Bewertung eines solchen Projekts entsprechend besonders berücksichtigt werden. Nicht nur das Wohnungssegment, auch die Einzelhandelsimmobilie und - zumindest teilweise - sonstige gewerblich genutzte Gebäude können durch eine Universität oder Hochschule positive wertverändernde Effekte erfahren. Für die Einzelhandelsimmobilie gilt, dass - ähnlich wie beim Thema Wohnen - die Nachfrage steigt: Der Lebensmitteleinzelhandel, aber auch andere Segmente profitieren von einer positiven demografischen Entwicklung, die Kaufkraft steigt. Folglich sind die Einzelhandelsmieter an entsprechenden Flächen eher interessiert als an demografisch schwachen Standorten. Hierbei kommt es natürlich wie immer auch auf die Mikrolage an: Ist das Fachmarktzentrum, das eher peripher gelegen ist, der bevorzugte Einkaufsort für Studenten? Oder eher die innerstädtisch integrierte Fläche? Für sonstige gewerblich genutzte Flächen wie beispielsweise Büros gilt, dass sich Ausgründungen aus den Universitäten positiv auf die Nachfrage auswirken können. Die Universitäten selbst sind im Übrigen oft auch Nachfrager von Flächen. Auch Ansiedlungen von außen werden unter Umständen befeuert - vor allem wissensintensive Unternehmen schätzen die Nähe zu Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Die Qualität der Universität Wie sich dies in der Bewertung konkret abbildet, ist jedoch wiederum vom Einzelfall abhängig. Gleiches gilt für Gebäude, die unterschiedliche Nutzungen beherbergen, die jeweils vom Standortfaktor Universität profitieren. Tendenziell gilt hier, dass durch eine zusätzliche Risikostreuung infolge mehrerer Nutzungsarten positive Effekte zu vermuten sind. Neben den genannten Faktoren spielt die Qualität der Universität oder Hochschule eine wichtige Rolle. Der Faktor Wissen wird - auch im internationalen Vergleich - immer mehr zu einem zentralen Wettbewerbs- und Standortfaktor. Wissen kann dazu beitragen, die Konjunkturanfälligkeit eines Standorts zu reduzieren, sie kann eine solide Basis für langfristiges Wachstum sein. Aber: Nicht jede Hochschule verfügt über das hierfür erforderliche Standing. Es gilt also auch hier zu differenzieren. Während die international renommierte Universität mit angeschlossener Uni-Klinik die Dynamik eines Standorts durchaus positiv beeinflussen kann, dürfte die regional ausgerichtete Fachhochschule eher stabilisierende Effekte als Wachstumsimpulse zur Folge haben. Zumal die deutsche Bildungspolitik der Hochschullandschaft in den vergangenen Jahren nicht immer nur gut getan hat. Die Umstellung der Diplom- und Magister-Studiengänge auf das Bachelor- und Mastersystem hat dem Bildungsstandort Deutschland viel genommen, aber bislang doch eher wenig gebracht.

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