Baulandentwicklung: sozialverträglich, aber nicht gerecht

Marie-Louise Roßmy

Der Wohnraummangel in deutschen Metropolregionen erscheint allgegenwärtig. Fakt ist: Egal ob im unteren oder mittleren Preissegment - es gibt derzeit zu wenige bezahlbare Wohnungen im Bestand und die Neubauaktivitäten decken nicht ansatzweise den Bedarf. Um diesem Dilemma entgegenzuwirken, haben viele Großstädte individuelle Modelle zur sozialverträglichen Baulandentwicklung verabschiedet, die neben infrastrukturellen Auflagen Quoten zur Realisierung von gefördertem Wohnungsbau beinhalten. So gibt es beispielsweise in Berlin das "Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung", in Hamburg das "Hamburger Bündnis für Wohnen" oder in München die "Sozialgerechte Bodennutzung". Diese Modelle greifen meist dann, wenn im Rahmen eines neuen Wohnbauvorhabens ein Bebauungsplan aufgestellt oder verändert werden muss. Somit verpflichten immer mehr Städte in Deutschland Projektentwickler und Bauträger durch vorgeschriebene Quoten zum Bau von Sozialwohnungen.

In der Theorie klingt das vielversprechend. Doch stellt sich die Frage, welche Konsequenzen die Umsetzung hat und ob dadurch tatsächlich mehr bezahlbarer Wohnraum entsteht. Die Ergebnisse einer Online-Umfrage unter bundesweit aktiven Bauträgern zeigen erste Trends auf. Demnach führen die verschiedenen Baulandentwicklungsmodelle in der Praxis dazu, dass zusätzliche Investitionskosten anfallen, die wiederum eine Erhöhung der Kaufpreise zur Folge haben. Bezahlbarer Wohnraum wird damit zum Großteil über höhere Kauf- und Mietpreise der restlichen Wohneinheiten subventioniert. An der von dem Kommunikationsunternehmen Rueckerconsult durchgeführten Trend-Umfrage beteiligten sich rund 90 Immobilienexperten - darunter namhafte Projektentwickler wie Buwog Bauträger GmbH, formart GmbH & Co. KG und Kondor Wessels Holding GmbH.

Ohne Kita keine Baugenehmigung

Neben einem vorgeschriebenen Anteil an Sozialwohnungen müssen Bauträger und Projektentwickler im Rahmen von städtebaulichen Verträgen meist noch weitere Auflagen erfüllen. Am häufigsten handelt es sich dabei um die Errichtung von Kindertagesstätten, die von 78 Prozent der Befragten genannt wurden.

Diese werden meist in dem Mietwohnungsanteil integriert und oftmals findet sich ein Träger für die Übernahme. Direkt danach folgen mit Nennungen von jeweils 71 Prozent die Kostenübernahme für die Gestaltung öffentlicher Grünflächen und Wege beziehungsweise für Erschließungs- und Immissionsschutzanlagen.

Kaufpreise subventionieren bezahlbaren Wohnraum

Mehr als die Hälfte der Bauträger subventionieren die durch die Baulandentwicklungsmodelle und den vorgeschriebenen Anteil an Sozialwohnungen verursachten zusätzlichen Kosten über höhere Kaufpreise beziehungsweise 39 Prozent über die Mietpreise der übrigen Wohneinheiten - je nach Geschäftsmodell. 49 Prozent der Befragten nannten eine Finanzierung über Wohnbaufördermittel, wobei Projektentwickler, die keinen eigenen Bestand halten, aufgrund dieser Tatsache meist schon durch die Fördervoraussetzungen fallen. 37 Prozent gaben an, geringere Gewinne in Kauf zu nehmen. Diese Antwort stammte jedoch zum Großteil von kommunalen Wohnungsgesellschaften sowie Wohnungsbaugenossenschaften.

Bis zu 15 Prozent mehr Kosten

Die im Rahmen der Baulandentwicklungsmodelle von Bauträgern und Projektentwicklern verlangten Maßnahmen führen bei der Hälfte von ihnen zu einem Anstieg der Investitionskosten um 6 bis 15 Prozent. Bei 14 Prozent beliefen sich die Kostensteigerungen sogar auf 16 bis über 25 Prozent. 16 Prozent verbuchten Kostensteigerungen von bis zu 5 Prozent und lediglich 20 Prozent der Befragten sahen keine Auswirkungen auf die Investitionskosten.

Die Käufer von Eigentumswohnungen finanzieren somit im Endeffekt den Anteil der sozialen Wohnungen und die immer höher werdenden Einstiegspreise erschweren die Eigentumsbildung für die Mittelschicht. Neubau heißt heute Wohnen für Arm und Reich, denn dazwischen bleibt nicht viel. Haushalte im mittleren Einkommensbereich können sich weder hochpreisige Eigentumswohnungen leisten noch sind sie berechtigt, in Sozialwohnungen einzuziehen. Thema Gentrifizierung rückt damit in ein neues Licht. Es werden nicht mehr allein Menschen mit geringem Einkommen aufgrund von Sanierungsmaßnahmen aus dem Altbaubestand der Innstädte verdrängt, sondern auch Gutverdienenden wird das Wohnen in der City verwehrt.

Rendite Adieu - Baulandmodelle tun weh

Die steigenden Investitionskosten wirken sich auch auf die Rentabilität aus: Insgesamt verzeichnen 49 Prozent der Befragten zumindest eine leichte Abnahme der Rentabilität ihrer Projekte, bei weiteren 14 Prozent kam es sogar zu einem starken Rückgang. Lediglich zwei Prozent berichten von einer höheren Rentabilität. Unter den aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten sind viele Kapitalanleger und Selbstnutzer noch bereit die angestrebten Preise zu zahlen. Zum einen bietet das niedrige Zinsniveau günstige Finanzierungsmöglichkeiten und zum anderen gibt es derzeit kaum bessere Anlagealternativen hinsichtlich der Renditeerwartungen. Doch ändert sich dieses Umfeld, müssen Bauträger die Gewinnspanne bald noch enger schnallen. Für diese Aussichten sind jedoch nicht allein die Baulandentwicklungsmodelle verantwortlich. Würde die Politik den Bauträgern an anderer Stelle entgegen kommen - zum Beispiel bei der Energieeinsparverordnung, Stellplatzverordnung, Grundstückssteuern - könnten Wohnungen wesentlich schneller und günstiger errichtet werden. Vielleicht ist die geplante Novellierung des Bauplanungsrechts ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Bei der Frage, ob die Baulandentwicklungsmodelle maßgeblich zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum beitragen, sind sich die Umfrageteilnehmer uneinig: 44 Prozent glauben, dass die Modelle zur Erreichung der damit verbundenen Ziele beitragen können. 38 Prozent sind dagegen nicht davon überzeugt. Doch wären sie nicht erlassen worden, würde kaum ein Bauträger freiwillig Sozialwohnungen errichten. Aufgrund der Summe an Vorschriften, Regulierungen und Bürokratie ist es nahezu absurd Wohnungen für 6,50 Euro pro Quadratmeter rentabel zu bauen. Zwar zwingen die Baulandentwicklungsmodelle dazu, doch scheint es angesichts des hohen Bedarfs wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

Autorin: Marie-Louise Roßmy, RUECKERCONSULT GmbH, Berlin

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