Aareal: Befreiungsschlag

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Es sind zweifelsohne spannende Monate, die hinter der Aareal Bank liegen. Zunächst musste man sich öffentlichkeitswirksam gegen die zwar nachvollziehbaren, aber wenig zukunftsfähigen Ideen eines arg gewinnorientierten Investors erwehren, der das Management direkt angriff und den Verkauf der Tochter Aareon forderte. Dann folgte der Ausbruch der Corona-Pandemie, der tiefe Spuren im Portfolio zu hinterlassen drohte. Manch einer begann sich schon zu fragen, ob das alles bei der hohen Gewichtung stark betroffener Assetklassen wie Hotel (34 Prozent), Büro (30 Prozent) und Retail (23 Prozent) und dem regionalen Schwerpunkt USA noch gutgehen kann.

Ja, kann es. Das ist nun im August klar geworden. Denn die Zahlen zum ersten Halbjahr belegen die hohe Portfolioqualität sowie das umsichtige Agieren des Managements. Und mit dem einen Tag nach Bekanntgabe der Zahlen veröffentlichten überraschenden, weil völlig im Stillen vorbereiteten und abgeschlossenen Verkauf eines 30-Prozent-Anteils an der Aareon an den Finanzinvestor Advent International ist den Verantwortlichen um Vorstandschef Hermann Josef Merkens ein echter Coup gelungen. Advent zahlt für den Minderheitsanteil rund 260 Millionen Euro. Damit wird die Aareon mit rund 960 Millionen Euro bewertet (Eigenkapitalwert etwa 860 Millionen Euro). 180 Millionen Euro davon stärken erfolgsneutral direkt das bilanzielle und regulatorische Eigenkapital der Aareal Bank Gruppe. Das jährliche Umsatzwachstum und die Gewinnmarge der Aareon sollen sich bis 2025 durch organisches Wachstum und Zukäufe auf mehr als 40 Prozent erhöhen ("Rule of 40"). Advent bringe als langfristig orientierter Finanzinvestor mit seiner breiten Expertise im Technologiesektor, seiner M&A-Expertise und seiner Finanzkraft alle Voraussetzungen mit, um die Wertsteigerung der Aareon gemeinsam mit uns zu beschleunigen, heißt es dazu von Aareal. Und drittens schließlich dürfte man an der Teleios-Front für Ruhe gesorgt haben. Denn der aufmüpfige Großinvestor lobte den Deal und natürlich auch sich selbst, denn ohne den aufgebauten Druck wäre das alles ja nie passiert.

Darüber hinaus gelang im Juli der Verkauf von NPL in Italien in Buchwerthöhe von 140 Millionen Euro. Dabei fiel zwar ein Verlust von 10 Millionen Euro an. Im Gegenzug hat sich das gesamte NPL-Volumen der Aareal Gruppe aber innerhalb von zwölf Monaten auf unter eine Milliarde Euro halbiert. Die NPL-Quote sank auf unter vier Prozent. Mit Blick auf die sicherlich unfreundlichere Entwicklung in den kommenden Monaten war auch das ein wichtiger Schritt mit Blick auf die Stabilität und Solidität der Bank. Merkens kündigte bei Vorlage der Halbjahreszahlen an, "weitere Möglichkeiten für ein beschleunigtes De-Risking" zu prüfen. Dabei sei ein Abbau von Risikopositionen einem möglichen höheren Gewinnausweis stets vorzuziehen, so der Vorstandschef.

Bleiben die Zahlen: Im ersten Halbjahr konnte ein Abrutschen in die Verlustzone gerade noch verhindert werden, das Betriebsergebnis sank nach 61 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf nun nur noch zwei Millionen Euro. Es ist allerdings geprägt von einer starken Vorwegnahme von Risiken. Zwar musste im zweiten Quartal keine neue Risikovorsorge für neue Kreditausfälle gebildet werden. Allerdings wurden alle weiteren Möglichkeiten der zusätzlichen Vorsorge genutzt, sodass sich die Belastungen auf insgesamt 106 Millionen im ersten Halbjahr addieren. Sie setzen sich zusammen aus einer sogenannten normalisierten Risikovorsorge in Höhe von 25 Millionen Euro sowie 81 Millionen Euro an Covid-19-bezogener Vorsorge. Davon entfallen wiederum 37 Millionen auf bewusste Absicherungsgeschäfte im Rahmen eines Management Overlay, was jetzt zwar Geld kostet, aber die Belastungen in Zukunft senkt. Zusätzlich wurden 13 Millionen Euro auf Kredite im Fair-Value-Portfolio wertberichtigt sowie 13 Millionen Euro für Szenario-basierte Wertanpassungen auf eigene Vermögenswerte im sonstigen betrieblichen Ergebnis verarbeitet. Für das laufende Jahr geht Merkens unverändert von einem deutlich positiven Betriebsergebnis im mittleren bis oberen zweistelligen Millionenbereich aus. Das Portfolio macht ihm derweil keine Sorgen. Deutliche Liquiditätszuschüsse von Kunden und Sponsoren helfen ebenso wie die diversen Regierungsprogramme. Die Tilgungsaussetzungen bewegen sich mit 76 Millionen Euro auf sehr geringem Niveau. Um das angestrebte Neugeschäftsvolumen, dass das Immbilienportfolio von derzeit 26,3 Milliarden Euro bis Jahresende auf über 27 Milliarden Euro anwachsen lassen soll, schaue man sich verstärkt Logistikimmobilien an, deren Anteil im Portfolio unterrepräsentiert sei, so Merkens. Für den Moment ist der Aareal ein Befreiungsschlag gelungen. Und wer Merkens kennt, weiß, dass dieser eher zur Vorsicht denn zu überschwänglichem Optimismus neigt.

P.O.

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