Überrascht nicht: Weniger Baugenehmigungen

Andreas Ibel, Präsident, Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Berlin

Quelle: BFW

Bis in die Sommerpause hinein glaubte so mancher politischer Akteur, eine Trendwende auf dem Wohnungsmarkt auszumachen. In Wahlkampfzeiten müssen den Menschen schließlich Erfolgsmeldungen verkauft werden - seien diese auch noch so konstruiert. Doch spätestens mit der Bekanntgabe der rückläufigen Baugenehmigungszahlen des ersten Halbjahres 2017 wurde deutlich: Die angebliche Trendwende am Horizont war lediglich eine Fata Morgana.

Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum sind die Baugenehmigungen von Januar bis Juni 2017 um sieben Prozent zurückgegangen. Im ersten Halbjahr 2016 waren die Zahlen noch um 22 Prozent angestiegen. Auch die Baugenehmigungen von Neubauwohnungen in Wohngebäuden sind um fünf Prozent gesunken, während sie im Vorjahreszeitraum noch um zwanzig Prozent angestiegen waren.

Überraschen sollte dieser Rückgang niemanden. Schließlich war der Anstieg vom Vorjahr nicht etwa durch bessere Rahmenbedingungen für den Neubau bedingt. Mitnichten!

Der kurzlebige Anstieg des Jahres 2016 und der darauf folgende Rückgang lassen sich auf drei zentrale Faktoren zurückführen:

1. Die Regelungen der verschärften EnEV 2016, die am 1. Januar des Vorjahres in Kraft traten, haben die Baukosten um sieben Prozent in die Höhe getrieben. Deshalb haben nach Rückmeldungen von BFW-Mitgliedern zahlreiche Unternehmen ihre Baugenehmigungsanträge Ende 2015 gestellt, um noch die alten EnEV-Regelungen nutzen zu können. Durch diesen Vorzieheffekt stiegen die Baugenehmigungszahlen Anfang 2016 kurzfristig an, obwohl der tatsächliche Baubeginn für viele Projekte noch ungewiss war.

2. Darüber hinaus muss differenziert werden, in welchem Segment sich die Zahlen verändern. So stiegen die Baugenehmigungszahlen im ersten Halbjahr 2016 bei Wohnungen in Wohnheimen um 174 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Vor dem Hintergrund des großen Flüchtlingszuzugs handelte es sich hierbei jedoch zu einem großen Teil um Flüchtlingsunterkünfte. Diese stehen anderen Wohnungssuchenden auf dem freien Markt vorerst nicht zur Verfügung. Im ersten Halbjahr 2017 sind die Zahlen in diesem Segment um 32 Prozent zurückgegangen und wirken sich entsprechend auf das Gesamtergebnis aus.

3. Ein dritter, ganz zentraler Faktor für die rückläufigen Baugenehmigungszahlen des ersten Halbjahres 2017 sind die derzeitigen politischen Rahmenbedingungen. Das verdeutlicht die aktuelle Konjunkturumfrage unter den BFW-Mitgliedsunternehmen, die für rund 50 Prozent des Wohnungsneubaus in Deutschland zuständig sind. Fast 60 Prozent der Befragten haben festgestellt, dass sich die Rahmenbedingungen für den Neubau seit dem vergangenen Jahr weiter verschlechtert haben. Als Gründe nennen die überwiegend mittelständischen Unternehmen immer größeren Baulandmangel, steigende administrative Hürden und die bauordnungsrechtlichen Kostentreiber. Die Finanzierung - in erster Linie das niedrige Zinsumfeld - ist laut den Befragten der einzige Aspekt unter den Rahmenbedingungen, der Investitionen in den erforderlichen Neubau unterstützt.

Klar ist also: Für einen wirklich nachhaltigen Anstieg der Baugenehmigungs- und Baufertigstellungszahlen müssen Bund, Länder und Kommunen ein ganzes Bündel an Maßnahmen anpacken. Grundstücke sollten nicht mehr nach Höchstpreisen, sondern nach Konzeptqualität mit bundesweit einheitlichen Kriterien vergeben werden, damit keine Investorengruppe benachteiligt wird. Das Planungs- und Genehmigungsverfahren muss dringend vereinfacht und beschleunigt werden. Zudem brauchen wir endlich einen Stopp bei der Steuerspirale und wirksame Maßnahmen zur Senkung von Baukosten. Auf die neue Bundesregierung warten große Aufgaben - und sie sind dringlicher denn je.

Andreas Ibel, Präsident, Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Berlin

Andreas Ibel , Präsident , Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V., Berlin
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