FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

NACHHALTIGKEIT - NEUE MESSLATTE FÜR DAS PROPERTY MANAGEMENT

Christian Kypke, Foto: C. Kypke

Die Negativszenarien einer ungebremsten Erderwärmung sind alarmierend. Einen substanziellen Beitrag zur Eindämmung klimaschädlicher Treibhausgase können und müssen dabei vor allem auch die gebäudenahen Dienstleister erbringen. Darauf lassen nicht zuletzt die derzeit in der Mache befindlichen Regulierungsvorschriften auf europäischer Ebene schließen. Der Autor des vorliegenden Beitrags beleuchtet unter Zuhilfenahme konkreter Praxisbeispiele potenzielle Lösungsansätze im Bereich Property Management. Einmal mehr wird dabei deutlich, dass das Thema Nachhaltigkeit längst mehr als ein bloßes "Nice-to-Have" ist. Red.

ESG wird weitreichende Folgen für die Immobilienwirtschaft haben. Die drei Bausteine Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) werden unsere Branche in allen Disziplinen elementar verändern. Auch im Property Management lässt sich das Setzen neuer Maßstäbe bereits erkennen. Die Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung von Normen und Regularien schreitet dynamisch voran.

Nachhaltige Gebäudebewirtschaftung als übergeordnetes Ziel

Und schon bald dürfte das Thema ESG in Handelskammern und Universitäten als Ausbildungsstandard einziehen. Dabei dienen alle Veränderungen im Property Management dem übergeordneten Ziel, Bestandsimmobilien nachhaltig zu bewirtschaften. Von besonderer Bedeutung sind der Klimaschutz und ein modernes Energiemanagement mit konsequenten Energieeffizienzmaßnahmen.

So lassen sich einige der tiefgreifenden Veränderungen zusammenfassen, die mit ESG und nachhaltigem Wirtschaften im Immobiliensektor verbunden sein werden. Seit dem Pariser Klimaabkommen und der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2015 ist es im Property Management längst keine Frage mehr "ob", sondern nur "wie" Nachhaltigkeit im Gebäudebestand umgesetzt wird. Im Vordergrund stehen aktuell die CO2-Risikoanalyse und die Erreichung von CO2-Minderungszielen.

ESG-Maßnahmen zentral steuern

In der HIH-Gruppe beschäftigt sich ein interdisziplinäres Projektteam intensiv mit den Bausteinen der Nachhaltigkeit. Eine Kernaufgabe ist dabei die Steigerung der Environmental-Performance. Im Property Management wurden entsprechend neue Verantwortungsbereiche eingerichtet, um die zahlreichen ESG-Maßnahmen zu steuern. Das unterstreicht die hohe Bedeutung der Nachhaltigkeitsanstrengungen, die in Objektbeständen zu bewältigen sind. Trotzdem wird zum jetzigen Zeitpunkt noch kein Immobilienunternehmen von sich behaupten können, es habe ESG-Kriterien komplett implementiert, denn die Herausforderungen sind immens.

Dabei steht die komplexe und zeitaufwendige ESG-Regulierung erst am Anfang. Es wird noch dauern, bis die vielfältigen ESG-Kriterien in der täglichen Praxis des Bestandsmanagements angekommen sind und sich zugunsten einer nachhaltigen Immobilienbewirtschaftung eingespielt haben. Aber, Vermieter und Mieter haben längst verstanden: früher war Nachhaltigkeit freiwillig, künftig wird sie verpflichtend sein.

Pflichten: drei relevante Verordnungen

Wesentlich für die neuen Pflichten sind die Taxonomie-Verordnung, die Benchmark-Verordnung und die Offenlegungsverordnung. 2018 hatte die EU einen entsprechenden Aktionsplan zur Förderung des nachhaltigen Wachstums beschlossen, der nun auf europäischer Ebene sukzessive in Gesetzesform gegossen wird. Die Offenlegungsverordnung hat das Ziel, die Nachhaltigkeit transparent zu machen. Sie wird als erste der drei Verordnungen bereits am 10. März 2021 in Kraft treten. Die Taxonomie legt Kriterien fest, wie die Nachhaltigkeit messbar gemacht werden soll und das Ziel der Benchmark-Verordnung ist es unter anderem, Mindeststandards für Klima-Benchmarks einzuführen.

Obwohl die regulatorischen Maßnahmen ineinandergreifen, sind sie teilweise unkoordiniert und nicht konsistent aufeinander aufgebaut. Das macht deren Umsetzung im Property Management schwierig. Dazu ein Beispiel: Die Offenlegungsverordnung tritt vor der Taxonomie in Kraft, dabei macht die Taxonomie erst ab dem 1. Januar 2022 Vorgaben, die für die Offenlegung schon notwendig sind.

Pragmatische Lösungen sind gefragt

Abwarten ist jedoch keine Lösung. Im Bestandsmanagement geht die HPM daher mit pragmatischen Lösungen voran. Ziel ist es, trotz noch vorhandener Unsicherheiten die Mandanten bestmöglich betreuen und beraten zu können. Erste wichtige ESG-Etappenziele wurden für die Investoren und Eigentümer der von uns betreuten Portfolios bereits erreicht. Weitere Meilensteine sind anvisiert und befinden sich in der Umsetzung.

Seit dem 1. Juni 2020 beziehen 51 Objekte CO2-neutrales Erdgas. Das entspricht einer jährlichen bilanziellen Einsparung von durchschnittlich 2 161 Tonnen CO2. Damit nutzen über 50 Prozent der von der HPM gemanagten Immobilien Ökostrom beziehungsweise klimafreundliches Gas. Der klimafreundliche Effekt überzeugt und auch die wirtschaftlichen Auswirkungen sind positiv. In fünf Jahren ergibt sich eine Einsparung von insgesamt 577 000 Euro im Vergleich zu den bisherigen Gasversorgungsverträgen.

Durch den deutschlandweiten Ausschreibungsprozess und die gebündelte Vergabe konnten wir als Großabnehmer - trotz des prinzipiell teureren Ökogases - deutliche Kosteneinsparungen erzielen. Im vergangenen Jahr war bereits ein Großteil des Portfolios auf Ökostrom umgestellt worden und die Abnahmestellen für den Bezug von Allgemeinstrom erhöhten sich um 152 auf insgesamt 405.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung gehen Hand in Hand

In einem nächsten Schritt wird im Bestand die Smart-Metering-Technik eingeführt. Vorausgegangen ist eine Ausschreibung, die für einen Teil des Portfolios durchgeführt worden ist. In rund 160 Objekten werden nun in Kürze mehr als 240 Allgemeinstromzähler in Smart-Metering-fähige Geräte ausgetauscht und an eine Onlineplattform angeschlossen.

Zählerstände und Verbrauchsdaten werden fortan online erfasst und automatisch ausgewertet. Damit werden die digitalen Voraussetzungen für ein ESG-konformes Reporting sowie die Analyse und letztlich die Optimierung und Reduzierung des Energieverbrauchs geschaffen.

Automatische Aufbereitung erfordert erhebliche Vorarbeiten

Für die Datenerfassung der verschiedenen Verbräuche sind viele Besonderheiten zu beachten und in externen und internen Softwarelösungen abzubilden. Die HPM rechnet in den nächsten 24 Monaten mit mindestens vier bis sechs unterschiedlichen Erfassungssystemen. Außerdem müssen die Daten über passgenaue Schnittstellen zusammengeführt und intern an eine übergeordnete, intelligente Datenbank übertragen werden. Derzeit befinden wir uns in einem Auswahlverfahren für ein solches zentrales ESG-Management-Tool und favorisieren einen angelsächsischen Anbieter. Aktuell durchlaufen wir hier die Schnittstellenprüfung.

Generell sind IT-Lösungen für die ESG-Umsetzung das entscheidende Thema. Im Ergebnis sollen in einem ESG-Management-Tool alle Verbräuche für Strom, Gas/ Fernwärme, Wasser und auch Abfall digital zusammengeführt und automatisch für das Reporting bereitgestellt und aufbereitet werden. Das erfordert wiederum erhebliche Vorarbeiten in der Gebäudeausstattung, in der IT und in der Prozesslandschaft.

Dazu ein Beispiel: Übernimmt das HIH Property Management ein neues Objekt in die Verwaltung, stellen unsere neuen Prozesse sicher, dass das Gebäude spätestens einen Monat nach Übernahme des Mandates automatisch auf Ökostrom beziehungsweise Ökogas umgestellt wird.

Im ersten Quartal 2021 wird die HPM in die nächste Projektphase eintreten und in einem Teilportfolio mit der ESG-Beratung der Mieter beginnen. Dann werden erstmals auch Single-Tenant-Objekte in die ESG-Maßnahmen einbezogen. Auf der Agenda steht die Partizipation der Mieter an den Rahmenverträgen für Ökostrom und CO2-neutrales Erdgas und die Implementierung von Smart Metering in den Mietflächen.

Grüne Mietverträge binden den Mieter mit ein

Dreh- und Angelpunkt wird das Angebot von Green-Lease-Verträgen sein. Der Eigentümer hat eine Klausel zur nachhaltigen Nutzung und Bewirtschaftung des Mietobjektes in den Mietvertrag eingearbeitet und in einer Anlage zum Mietvertrag konkretisiert. Sämtliche neuen Mietverträge und alle Vertragsverlängerungen werden für diesen Mandanten bereits als "grüne" Mietverträge abgeschlossen. Allen Altverträgen werden die Umstellung auf Green Lease angeboten.

Im Wesentlichen handelt es sich bei diesem Green-Lease-Zusatz um eine gegenseitige Absichtserklärung, in der wichtige ESG-Kriterien behandelt werden. Verpflichtend ist es für beide Partner lediglich, Nachhaltigkeitsinformationen beispielsweise aus Messeinrichtungen auszutauschen. Damit behält der Mieter ausreichend Spielraum, in eigener Verantwortung und im eigenen Tempo die nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung seiner Mietfläche voranzutreiben.

Gleichzeitig werden die mieterrelevanten Verbrauchsdaten zugänglich gemacht und damit nicht nur die bisherige Datenschutzproblematik gelöst, sondern im Reporting können künftig erstmals auch Potenziale im Mieterbereich sichtbar gemacht werden zugunsten einer nachhaltigen Gebäudenutzung.

Akzeptanz ist von Unternehmensgröße abhängig

Nach Erfahrung von HPM ist die Akzeptanz von Green-Lease-Verträgen von der Unternehmensgröße der Mieter abhängig. Große Konzerne sind für ESG-Aspekte wesentlich offener und begrüßen das Thema ausdrücklich, während kleinere Unternehmen für die Thematik bisher weniger sensibilisiert sind und häufig den damit verbundenen Aufwand noch scheuen.

In der ESG-Beratung versteht sich HPM daher nicht nur als Anbieter von Property-Management-Dienstleistungen, sondern darüber hinaus auch als Wissensträger und Wissensteiler. Denn alle Beteiligten stehen erst am Anfang einer nachhaltigen Immobilienwirtschaft. HPM ist überzeugt, dass ein konsequenter ESG-Ansatz Immobilien nicht nur umweltfreundlicher macht, sondern auch moderner und effizienter und damit attraktiver für Nutzer und Eigentümer.

DER AUTOR CHRISTIAN KYPKE Mitglied der Geschäftsleitung, HIH Property Management GmbH, Berlin
Christian Kypke , Mitglied der Geschäftsleitung, HIH Property Management GmbH, Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X