SPECIAL BUNDESTAGSWAHL

NEUE LEGISLATURPERIODE - POSITIONEN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT

Höchste Zeit für Entlastungen

Präsident, Haus & Grund Deutschland, Berlin
Quelle: Die Hoffotografen

Am 26. September endet die 16-jährige Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel. Dann sind die Bundesbürger aufgerufen, eine neue Regierung zu wählen. Sicherlich wird es dann auch von den wohnungspolitischen Konzepten der Parteien abhängen, wo die Wahlberechtigten ihr Kreuzchen machen, schließlich bewegt das Thema Wohnen schon seit Jahren die Gemüter und hat entsprechend hohe Bedeutung für die Politik. Enorme Bürokratie, steigende Baukosten, Energiewende, Digitalisierung, Klimaschutz, Mieten- und Preisentwicklung, Baulandengpässe, höhere Neubautätigkeit, Förderung von Eigentumserwerb, Innenstadtplanung und -belebung, Enteignungsfantasien - es ist eine ganze Menge, was die Vertreter der Immobilienwirtschaft bewegt. Die I&F-Redaktion hat die Führungspersönlichkeiten von acht immobilienwirtschaftlichen Verbänden um die Darlegung ihrer Wünsche für die kommende Legislaturperiode gebeten. Zusammengekommen ist ein bunter Strauß von Vorschlägen, der die aktuellen Problemlagen gut umreißt. Red.

Die vergangenen beiden Wahlperioden waren davon geprägt, lokal stark steigenden Mieten mit immer mehr Regulierungen zu begegnen. Warnungen, dadurch würden keine neuen Wohnungen entstehen und Anbieter vom Markt ferngehalten, wurden in den Wind geschlagen. Hier muss sich in den kommenden vier Jahren dringend etwas ändern.

Der nächste deutsche Bundestag muss zu einer ausgewogenen Wohnungspolitik in Deutschland zurückkehren. Privatpersonen müssen wieder ermuntert werden, Mietwohnungen anzubieten. Private Kleinvermieter bilden seit Jahrzehnten das Rückgrat des Wohnungsmarktes in Deutschland. Sie bieten zwei Drittel aller Mietwohnungen in Deutschland an. Sie sorgen dafür, dass das Wohnen in Mietwohnungen bei uns so populär ist.

Um diesen Zustand zu erhalten und ein Stück wiederherzustellen, ist ein grundsätzliches Regulierungs- und Kostenmoratorium für private Einzeleigentümer und Kleinvermieter notwendig. Jeder zusätzlichen Anforderung oder Belastung von privaten Eigentümern muss eine Entlastung an anderer Stelle gegenüberstehen. Zudem sollten bei jeder Rechtsänderung die Auswirkungen für private Vermieter mitgedacht und überprüft werden.

Um unverhältnismäßige Belastungen für private Vermieter zu verringern, bedarf es im Einzelfall Ausnahmen oder auch abweichender Regelungen. Dies betrifft insbesondere Anforderungen an klimaschützende und altersgerechte Umbaumaßnahmen sowie datenschutzrechtliche Anforderungen rund um ein Mietverhältnis. Mietpreiseingriffe müssen zumindest für private Kleinvermieter umgehend abgeschafft werden. Sie können die Mindereinnahmen oder gar Verluste nicht – wie große Gesellschaften und Konzerne – mit der Vermietung in anderen Regionen und Ländern ausgleichen.

Der Klimaschutz ist ohne Zweifel eine Herausforderung, der sich auch die privaten Haus- und Wohnungseigentümer stellen müssen. Bislang hat es die Politik versäumt, hierfür die Weichen in Richtung effizienter und wirksamer Lösungen zu stellen. Hier ist der neue Bundestag an mehreren Stellen gefordert. Die CO2-Bepreisung im Wärmebereich wird das Heizen mit Öl und Gas
für Mieter und Selbstnutzer zunehmend verteuern. Die CO2-Bepreisung wird ihren klimaschützenden Effekt aber nur dann ­entfalten, wenn die Mieter weiterhin vollständig für ihre Heizkosten aufkommen müssen. Die Mieter sind es, die sich für oder gegen eine Wohnung entscheiden. Die Mieter geben dem Vermieter das Signal, ob seine Wohnung (noch) marktfähig ist oder nicht.

Für einen sozialen Ausgleich kann und ­sollte der Staat sorgen, indem er die Ein­nahmen aus der CO2-Bepreisung als Pro-Kopf-Klimageld an die Bürger zurückgibt. Zusätzlich sollte ein Teil der Einnahmen dafür verwendet werden, dass der Staat einen im Laufe der Zeit abschmelzenden Teil einer Modernisierungsmieterhöhung übernimmt.

Ergänzend muss die Förderung von Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebestand bereits fördern, was an gesetzlichen Klimaschutzstandards durch das Gebäudeenergiegesetz gefordert ist. Da in Zukunft die Wärmeversorgung und auch die Mobilität nur mit Strom aus erneuerbaren Quellen sichergestellt werden wird, muss im oder auf dem Haus erzeugter Ökostrom künftig unbürokratisch von den Mietern genutzt werden können. Dafür müssen die regulatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, dass Vermieter diesen Teil des Stroms über die Betriebskosten mit ihren Mietern abrechnen können.

Damit die Eigentümer aber überhaupt klimaschützende Maßnahmen an ihren Gebäuden planen können, braucht jeder Eigentümer bis 2025 das Angebot für einen kostenlosen Sanierungsfahrplan. Und dieser kann nur dann sinnvoll erstellt werden, wenn Eigentümer über einen verbindlichen Versorgungsatlas ihrer Kommune verfügen. Der Versorgungsatlas muss für jedes Wohngebäude Zeitpunkt und Art der klimaneutralen Wärme- und Energieversorgung verbindlich ausweisen. Ohne diese Planungsvoraussetzung sind Klimaschutz und bezahlbares Wohnen nicht in Einklang zu bringen.

Dr. Kai H. Warnecke , Präsident , Haus & Grund Deutschland
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