INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

UNIT DEAL STATT SHARE DEAL - ZEIT FÜR EINEN SEKUNDÄRMARKT BEI OFFENEN IMMOBILIEN-SPEZIAL-AIF

Heiko Böhnke, Foto: REAX

In den USA fest etabliert, in Deutschland nahezu unbekannt: Der Zweitmarkt zum Handel institutioneller Fondsanteile bei offenen Immobilien-Spezial-AIF fristet hierzulande ein Schattendasein. Dabei lassen die Zahlen von BVI und Bundesbank aufhorchen: Bei einem aktuellen Gesamtvolumen von 106 Milliarden Euro wurden allein in den vergangenen drei Jahren zwölf Milliarden Euro Abflüsse aus offenen Immobilien-Spezial-AIF registriert. Der Autor erörtert, wie aus einer Übertragung der Fondsanteile (Unit Deal) schlanke Transaktionskosten entstehen und sich dabei Blind-Pool-Risiken vermeiden lassen. Angesichts zunehmender Volumina, Objektknappheit und auslaufender strategischer Fondslaufzeiten sei der Handel im Sekundärmarkt für institutionelle Anleger eine sinnvolle prüfenswerte Alternative zur Fondsauflösung oder Rückgabe von Anteilen. Red.

Das Fondsgeschäft in Deutschland boomt. Institutionelle Anleger in Deutschland verfügen in Summe über Finanzaktiva in Höhe von 2,8 Billionen Euro. Rund 37 Prozent beziehungsweise knapp 1,04 Billionen Euro davon befinden sich in der Form indirekter Anlagen in Investmentfonds. Allein Pensionskassen ließen seit 2005 ihre Anlagequote in Investmentfonds von 35 auf 61 Prozent anwachsen, wie das Beratungsunternehmen Kommalpha in seiner diesjährigen Studie zu institutionellen Finanzanlagen ermittelte.

Direkter Zugriff auf das Immobilienportfolio

Unter den verschiedenen Fondstypen verzeichnet die Assetklasse Immobilien eine der höchsten Nachfragen. Seit 2010 verzeichnen nur Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapierfonds laut Angaben der Bundesbank steigende Fondsvolumina. Dabei investieren institutionelle Anleger vornehmlich in Immobilien-Spezialfonds. Sie bieten, anders als Publikumsfonds, über den Anlegerausschuss direkten Zugriff auf das Portfolio. Gerade für Versicherungen ergeben sich bei Spezialfonds-Anlagen auf Basis standardisierter Anlagebedingungen Vorteile durch ihre Konformität mit dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG).

Darüber hinaus erlauben sie gemäß den Solvency-II-Richtlinien eine vergleichsweise geringe Eigenkapitalquote der Versicherungen in Höhe von 25 Prozent. Bei Aktienfonds hingegen gilt es, 39 Prozent Eigenkapital vorzuhalten. Dementsprechend steigt die Immobilienquote der deutschen Versicherer stetig: Sie wuchs innerhalb von zehn Jahren von 6,1 auf aktuell 10,3 Prozent, wie die Assekuranz-Studie von EY ermittelte.

Neben Versicherern zählen Pensionskassen und Versorgungswerke zu den größten institutionellen Anlegern im Immobiliensegment. Eine repräsentative Umfrage des Research-Unternehmens Scope von März 2018 konstatierte bei den befragten Pensionskassen eine Immobilienquote von elf Prozent. Immobilien-Spezialfonds profitieren folglich von einer zunehmenden Auslagerung des Immobilienmanagements seitens institutioneller Investoren auf Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs). Gemäß Statistik des Fondsverbandes BVI stieg der Anteil des extern verwalteten Eigenkapitalvolumens in offenen Immobilien-Spezial-AIF seit 2012 von 21 auf aktuell 59 Prozent.

Sichere Anlageform mit externer Expertise

Zugleich bietet der deutsche Immobilienmarkt in der Niedrigzinsphase eine sichere Anlageform mit steigenden Mietpreisentwicklungen. Auf Anbieter- wie auch auf Anlegerseite herrscht nationale Homogenität vor. So lassen beispielsweise die Versicherungen in Deutschland ihre Immobilienanlagen zu 86 Prozent durch einheimische KVGs administrieren, wie Kommalpha für 2019 berechnete. Ausländischen Investoren wird der Zugriff auf indirekte Immobilienanlagen durch den hohen Regulierungsgrad in Deutschland mit seinen spezifischen Anlageformen wie dem Sondervermögen oder deutschen Club-Deal-Strukturen erheblich erschwert. Denn ein Einstieg erfordert profunde Kenntnisse der gesetzlichen Lage.

Die vielfältigen Gründe für die Attraktivität des Produktes Immobilien-Spezialfonds schlagen sich in steigenden Volumina nieder. Im ersten Quartal 2019 umfassten die offenen Immobilien-Spezialfonds laut Kapitalmarkstatistik der Bundesbank ein Gesamtvermögen von 106,2 Milliarden Euro - ein Plus von 460 Prozent gegenüber 2006. Noch im Jahr 2017 betrug das Gesamtvolumen erst 88,2 Milliarden Euro. Allein 2018 flossen laut Bundesbank knapp über acht Milliarden weitere Euro in die Töpfe der Immobilien-Spezialfonds. Eine Kommalpha-Umfrage von 2017 unter 100 institutionellen Anlegern bescheinigte dem Immobiliensegment Platz zwei unter den wesentlichen Treibern des Spezialfondsgeschäfts, direkt nach alternativen Investments wie Private Equity oder Debt Funds.

Alternativen innerhalb der Immobilien-Fondsanlagen

Die Entwicklung der Immobilien-Spezialfonds zeigt zwar auch für die kommenden Jahre eine Aufwärtsbewegung. So schätzen sämtliche in einer Scope-Studie von Juni 2018 befragten Fondsmanager die aktuelle Lage für Immobilien-Spezialfonds als gut oder sehr gut ein. 84 Prozent rechnen mit moderaten beziehungsweise deutlichen Mittelzuflüssen für die kommenden Jahre. Doch über 82 Prozent der Fondsmanager nennen zugleich den Objektmangel als größtes Risiko der Entwicklung (siehe Abbildung 1).

Die aufziehenden dunklen Wolken geben institutionellen Immobilieninvestoren Anlass, alternative Anlageformen ins Blickfeld zu nehmen. Hierbei gilt es allen voran, die Illiquidität der Assetklasse Immobilien zu umgehen. Denn langfristige Kapitalbindungen, Renditeausschüttungen im Jahrestakt und Fondslaufzeiten von durchschnittlich zehn Jahren erschweren über eine lange Zeit den Zugriff des Anlegers auf sein Kapital. In dieser Situation rückt der Sekundärmarkt für den Handel institutioneller Immobilienfondsanteile in den Fokus. Anders als in den USA ist dieser Markt hierzulande intransparent und steckt daher noch in den Kinderschuhen. Neu ist er hingegen nicht: 2006 bereits platzierte die US-Investmentgesellschaft Fortress Fondsanteile in Höhe von 1,8 Milliarden Euro um. Im Jahr 2018 meldeten DIC und die Helaba Umplatzierungen, sogenannte Unit Deals, in Höhe von 700 Millionen Euro.

Zahlreiche Hürden beim Exit

Ein Exit aus einer einmal getätigten Fondsanlage ist mit zahlreichen Hürden behaftet. Verkäufe aufgrund kurzfristig benötigter liquider Mittel werden bei einer erfolgreichen Performance des Fonds in der Regel auf Ablehnung im Anlegerausschuss stoßen. Eine Auszahlung der Anteile durch die jeweilige KVG verlangt beträchtliche, in der Regel nicht vorhandene Liquidität des Fondsadministrators. Zugleich gibt es jedoch angesichts des wachsenden Marktvolumens eine ausreichend hohe Zahl interessierter Anleger, die aus benannten Gründen ein indirektes Investment in einen Fonds bevorzugen.

Auf Käuferseite ergeben sich bei einem Unit Deal vielfältige Vorteile. Der Direkteinstieg in etablierte Fonds erfolgt ohne Blind-Pool-Risiko. Anleger reduzieren Transaktionskosten und Performance-Gebühren für den Fondsmanager durch den Erwerb eines Fondsanteils. Zeitliche Flexibilität bezüglich des Verbleibs im Fonds kombiniert sich mit einer jederzeit möglichen Anpassung der Asset-Allokation. Verkäufer erreichen bei einer Umplatzierung neben liquiden Mitteln einen sofortigen Ausstieg aus dem Fonds, motiviert beispielsweise durch eine Änderung der Investitionsstrategie oder auch Unzufriedenheit mit der KVG. Nicht zuletzt ist Unstimmigkeit im Anlegerausschuss ein Motiv für einen Exit. In diesem Fall kann der Vermittler für den Fondsanteilhandel auch eine neutrale Moderationsfunktion zwischen den einzelnen Anlegern und der KVG wahrnehmen.

Für die Etablierung des in Deutschland noch unbekannten Sekundärmarktes lohnt ein Blick in die Vereinigten Staaten. Dort werden jährlich Umplatzierungen im institutionellen Immobilienhandel von rund zehn Milliarden US-Dollar verzeichnet. Fondszeichnungen geschehen in der Regel auf Quartalsbasis, für bestehende Fondsanteile gibt es Wartelisten potenzieller Abnehmer. Die vergleichsweise geringe Regulierungsdichte auf dem US-amerikanischen Fondsmarkt begünstigt schnelle Transaktionen zwischen alten und neuen Anteilseignern. Damit kontrastieren die regulierten deutschen Fondsstrukturen, wobei Luxemburger Fondsvehikel hierbei eine gewisse Gestaltungsfreiheit in Anlehnung an ihr angelsächsisches Pendant zulassen.

Angesichts der bestehenden Verhältnisse in Deutschland verlangt der Fondsanteilhandel einen Markt kompetenter Vermittler. Die dort tätigen Akteure müssen neben Immobilienexpertise profunde Kenntnisse in Regulatorik und Bewertung aufweisen. Da es sich bei der Umplatzierung eines Fondsanteils um ein Wertpapiergeschäft handelt, ist eine einfache Maklerlizenz nicht ausreichend. Der Vermittler benötigt nach Kreditwesengesetz (KWG) eine Anerkennung als Finanzdienstleistungsinstitut durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Eine seiner Hauptaufgaben liegt in der Bewertung des Fondsanteilsscheins. Sie setzt sich zusammen aus dem Cashflow der im Fonds befindlichen Objekte und den Kapitalströmen auf Fondsebene wie beispielsweise Managementgebühren oder Steuern.

Der Gesetzgeber setzt Vermittlern im Fondsanteilhandel durch die Erfahrungen mit der Finanzkrise anspruchsvolle rechtliche Hürden. Dies ist angesichts der Fondsvolumina institutioneller Anleger nur folgerichtig. Über die Regulierung hinaus ist Transparenz ein entscheidender Faktor für die Etablierung eines Sekundärmarktes. So sind zwar Ab- und Zuflüsse in Immobilien-Spezial-AIF bekannt: Sie betrugen allein nach Angaben der Kapitalmarktstatistik der Bundesbank zwischen 2016 und 2018 über 41 Milliarden Euro an Zuflüssen, während zugleich 12,5 Milliarden Euro aus den Fonds entzogen wurden (siehe Abbildung 2).

Sekundärmarkt als logische Entwicklung

Doch Motive hierzu sind ebenso wenig bekannt wie der mögliche Handel dieser Summen auf dem Sekundärmarkt. Vermittler können hierbei durch ihre Bewertungskriterien und Transaktionsdaten eine Benchmark für Fondsanteilspreise und geordnete Exit-Verfahren bilden. So kann der bislang hierzulande kaum bekannte Sekundärmarkt erst seine eigentliche Dynamik entfalten.

DER AUTOR HEIKO BÖHNKE Mitglied des Vorstands, Real Exchange AG, Hamburg
Heiko Böhnke , Mitglied des Vorstands, Real Exchange AG, Hamburg

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