BAUSPAREN UND BAUSPARKASSEN 2021

"ALLEIN DIE BANK VOR ORT ENTSCHEIDET, WAS SIE ANBIETET"

Peter Magel, Foto: Schwäbisch Hall

Mit viel Lob werden die Mitarbeiter in Bankvertrieben dieser Tage bedacht. Zu Recht, denn die Vertriebler sahen sich vor rund zwölf Monaten urplötzlich mit völlig veränderten Rahmenbedingungen konfrontiert. Das vielerorts trotzdem respektable Neugeschäfts -zahlen erzielt werden konnten, ist nicht zuletzt ihrer schnellen Anpassungsfähigkeit zu verdanken. Auch die Bausparkasse Schwäbisch Hall ist diesbezüglich bislang gut durch die Corona-Krise gekommen. Im Interview mit "Immobilien & Finanzierung" diskutiert Vertriebsvorstand Peter Magel die Auswirkungen der Pandemie, die Zusammenarbeit mit den genossenschaftlichen Primärinstituten sowie den zunehmenden Einfluss von digitalen Plattformen. Mit Blick auf Letztere erachtet er insbesondere den im Jahr 2018 gemeinsam mit Hypoport aufgebauten Vermittlermarktplatz Baufinex als große Chance für die genossenschaftliche Finanzgruppe. Red.

Herr Magel, die Corona-Pandemie hat viele Dinge auf den Kopf gestellt. Wie stark hat sie den Vertrieb der Bausparkasse Schwäbisch Hall beeinflusst?

Wegen der Pandemie haben viele Bankfilialen geschlossen und unsere Außendienstmitarbeiter können auch weniger Kunden zu Hause beraten. Daher hatte und hat Corona natürlich einen Einfluss auf unsere vertrieblichen Aktivitäten.

Enorm geholfen hat uns aber, dass wir schon im März 2020 schnell reagiert haben: Innerhalb von vier Wochen haben wir rund 3 300 Außendienstler in Videoberatung geschult und entsprechend technisch ausgestattet. Bis heute haben unsere Berater rund 12 000 Baufinanzierungsberatungen per Video geführt und abgeschlossen.

Mit rund 23,4 Milliarden Euro lag das eingelöste Bausparneugeschäft von Schwäbisch Hall 2020 rund 12 Prozent unter dem Vorjahreswert. Wie viel ist davon auf die Krise zurückzuführen?

Corona hat in vielen Branchen zu Kurzarbeit oder sogar Entlassungen geführt. In solch unsicheren Zeiten denken die Menschen nachvollziehbarerweise weniger an das Thema Vorsorge. Daher wurde das Bauspargeschäft von Corona mehr beeinflusst als die Baufinanzierungen. Dennoch haben wir unsere Marktführerschaft im Bausparen nicht nur gehalten, sondern sogar auf einen Anteil von 30,1 Prozent ausgebaut.

Welche Rolle kann die angepasste Wohnungsbauprämie bei der Neukundengewinnung spielen?

Sie ist ein starkes Signal für das gezielte Sparen auf Wohneigentum trotz niedriger Zinsen. Zudem unterstreicht sie, dass Bausparen ein wichtiger Baustein einer Immobilienfinanzierung ist. Einmal, um das notwendige Eigenkapital aufzubauen und die niedrigen Zinsen langfristig zu sichern, aber auch, um Vorsorge für spätere Modernisierungen zu treffen.

Auf Wachstum stehen die Zeichen derweil unverändert im Baufinanzierungsgeschäft von Schwäbisch Hall. Was sind die wesentlichen Treiber dafür?

Das Baufinanzierungsgeschäft läuft tatsächlich trotz Corona hervorragend. Dabei zahlt sich aus, dass wir den Kunden das gesamte Spektrum anbieten: Von der Ansparphase über die Finanzierung im eigentlichen Sinne bis hin zur Vorsorge für Modernisierungen und Renovierungen. Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist dabei das enge Zusammenspiel mit den genossenschaftlichen Banken. Mit Baufinex haben wir außerdem einen weiteren Vertriebskanal etabliert, der für die genossenschaftliche Finanzgruppe zusätzliche Erträge generiert.

Stichwort Primärinstitute: Zuletzt soll es da bei einigen Instituten Unmut gegeben haben, weil der BSH-Außendienst verstärkt Baufinanzierungen in das eigene Buch akquiriert. Sind die Wogen inzwischen geglättet?

Es ist und bleibt unser Weg, dass wir nur gemeinsam mit den Banken subsidiär wachsen können und wollen. Die Sache ist eigentlich ganz einfach: Allein die Bank vor Ort entscheidet, was sie anbietet. Wir stellen beispielsweise fest, dass viele Banken die Laufzeiten bis zehn Jahre aus dem eigenen Buch bedienen wollen. Kunden wollen aber oft längere Zinsbindungen.

Die Lösung sieht so aus: Die Bank bietet ein attraktives Vorausdarlehen und nutzt für die Laufzeiten jenseits der zehn Jahre unser Bausparangebot per Kombidarlehen. Das ist ein Modell, von dem der Kunde, die Bank und wir als subsidiärer Baufinanzierungspartner profitieren. Das belegen auch die Zahlen: Mehr als die Hälfte des abgeschlossenen Baufinanzierungsvolumens durch unseren Außendienst fließt in die Bücher der Genossenschaftsbanken. Hinzu kommen die Kombikredite, also Tilgungsaussetzungsdarlehen über 6,5 Milliarden Euro, bei denen ein Teil die Bank, den anderen Teil Schwäbisch Hall als unterlegten Bausparvertrag beisteuert.

Erwarten Sie Corona-bedingt dauerhafte Veränderungen für den Markt und damit den Absatz Ihrer Produkte?

Dafür sehen wir keine Anzeichen. Corona hat eher dazu geführt, dass sich die Menschen mehr Gedanken um ihre Wohnsituation machen. Ein eigener Garten oder ein extra Zimmer für das Homeoffice haben zusätzlich an Wert gewonnen. Der Wunsch nach Wohneigentum hält also unvermindert an. Hinzu kommt, dass die Baufinanzierungszinsen auf niedrigem Niveau verharren und sich der Immobilienmarkt sehr robust zeigt.

Sie haben den digitalen Vermittlermarktplatz Baufinex bereits erwähnt, den Sie 2018 gemeinsam mit Hypoport aufgebaut haben. Wie genau funktioniert dieser und wie zufrieden sind Sie mit dessen Entwicklung bislang?

Bereits heute werden knapp 30 Prozent der Baufinanzierungen in Deutschland über freie Finanzberater abgeschlossen. Prognosen zufolge wird es schon 2025 fast jede zweite Immobilienfinanzierung sein. Plattformen sind dabei ein ganz wesentlicher Treiber. Baufinex ist für die genossenschaftliche Finanzgruppe eine große Chance, an diesem größer werdenden Kuchen angemessen zu partizipieren.

Die Plattform richtet sich insbesondere an freie Baufinanzierungsvermittler, die über den Marktplatz direkten Zugang zu relevanten Kreditanbietern in Deutschland erhalten. Vermittler schätzen an Baufinex neben dem vielfältigen Produktangebot verschiedener Institute und attraktiven Konditionen vor allem den persönlichen Ansprechpartner der genossenschaftlichen Bank vor Ort. Mit dem können auch anspruchsvollere Kundenwünsche erfüllt werden. Außerdem profitieren die Vermittler in vielen Fällen von einer schnellen Kreditzusage durch die Bank.

Mit der Entwicklung sind wir sehr zufrieden: Beim Transaktionsvolumen, das heißt, dem Finanzierungsvolumen, das von den Vermittlern an Baufinex herangetragen wird, haben wir die Fünf-Milliarden-Euro-Grenze geknackt und das Ergebnis von 2019 um das mehr als Zweieinhalbfache übertroffen. Der Großteil ging auch hier in die Bücher der teilnehmenden Genossenschaftsbanken. Außerdem haben wir die Zahl der Vertriebspartner und der Banken, die ihre Produkte auf Baufinex anbieten, kräftig ausgebaut.

Besteht eine Gefahr nicht darin, die Kundenschnittstelle zu verlieren und zum bloßen Produktlieferanten degradiert zu werden?

Genau das war ein wesentlicher Faktor für Schwäbisch Hall beim Aufbau des Marktplatzes - die wichtige Kundenschnittstelle für die genossenschaftliche Finanzgruppe zu sichern. Mit Baufinex können sich Genossenschaftsbanken im wachsenden Vermittlergeschäft positionieren und damit zum regionalen Marktplatzbetreiber werden.

Wie können Ihrer Einschätzung nach vor allem kleinere Primärinstitute bei einem fortgesetzten Siegeszug der Plattformen die drohenden Einbußen im Provisionsgeschäft kompensieren?

Alle Banken - und gerade die kleinen - profitieren gleich dreifach von Baufinex: (1) Die freien Vermittler sind ein zusätzlicher Vertriebskanal, (2) durch eine exzellente Vermittlerbetreuung können sie ihre Marktposition ausbauen und (3) die Kundenschnittstelle besetzen und im Nachgang Folgegeschäft generieren.

Ein ganz anderes Thema: Als zäh gestaltet sich bislang die Energiewende bei Bestandsimmobilien in Deutschland. Wie können Bausparkassen mehr Kunden zu Sanierungen animieren?

Eines ist klar: Ohne Wohngebäude erreichen wir die von der Bundesregierung gesetzten Klimaziele nicht. Es muss ein Bewusstsein geschaffen werden bei Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und jedem einzelnen Immobilieneigentümer, welche Bedeutung der Gebäudesektor bei der Klimawende hat. Denn mehr als ein Drittel des Energieverbrauchs und rund 30 Prozent der CO2-Emissionen in der Bundesrepublik Deutschland gehen auf das Konto von Immobilien.

Wir bei Schwäbisch Hall unterstützen durch günstige Konditionen und kompetente Beratung: Für Maßnahmen zur energetischen Sanierung erhalten Kunden bei einem Darlehen einen Zinsabschlag von 0,25 Prozent. Unsere Außendienstmitarbeiter beraten zudem bei Fördermitteln und geben praktische Tipps.

Auch die Politik hat das Thema grundsätzlich erkannt: Das Klimapaket mit der Kombination von Förderungen auf der einen und einem stetig steigenden CO2-Preis auf der anderen Seite schafft Anreize, damit Immobilieneigentümer schnell geeignete Maßnahmen ergreifen. Insgesamt gilt: Wer jetzt handelt, profitiert von einer sehr attraktiven Förderung. Wer dagegen abwartet, verliert durch die zunehmend höheren Energiepreise.

ZUR PERSON PETER MAGEL, Mitglied des Vorstands, Bausparkasse Schwäbisch Hall AG
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