Schwerpunkt

Blühendes Wachstum im feindlichen Sturm der Gesetzgebung

Mit einem Nettomittelaufkommen von 72 Milliarden Euro in 2012 haben die Wertpapier-Spezialfonds den bisherigen Rekordwert von 2010 (69,4 Milliarden Euro) nochmals überbieten können. Das verwaltete Spezialfondsvermögen belief sich Ende 2012 auf 945 Milliarden Euro, auch das ist zum vierten Mal in Folge eine neue Rekordmarke. Rechnet man das außerhalb von Fonds verwaltete Vermögen im Betrag von inzwischen 326 Milliarden Euro hinzu, ergibt sich ein insgesamt verwaltetes Volumen von 1,3 Billionen Euro (Abbildung 1).

KAGB

Durch das am 22. Juli 2013 in Kraft getretene KAGB ändert sich aus Sicht der Anleger klassischer Spezialfonds recht wenig. Sucht man diesen klassischen Spezialfonds jetzt im Gesetz, wird man bei der bisherigen Bezeichnung "Spezial-Sondervermögen" noch nicht fündig; diese Bezeichnung umfasst nämlich eine Vielzahl weiterer Erscheinungsformen. Wäre es nach dem Bundesfinanzministerium gegangen, wäre der Spezialfonds über die Ausweitung des Begriffs auch abgeschafft worden. Die Branche konnte jedoch erreichen, dass eine zusätzliche Fondskategorie geschaffen wurde, um den Spezialfonds auch künftig eine Heimat zu geben. Diese lautet: "offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen". In der Systematik des neuen Gesetzes mag dieser Begriff korrekt gewählt sein, handlicher ist er nicht geworden.

"Offen" sind Spezialfonds, weil die Anleger das Recht zur Rückgabe der Anteilscheine gegen Auszahlung des tatsächlichen Marktwertes, das heißt des Nettoinventarwertes haben. Nicht mehr "offen", sondern "geschlossen" ist ein Fonds, wenn das Rückgaberecht seltener als einmal jährlich besteht. Im KAGB wird dieses Unterscheidungskriterium immer ausdrücklich genannt, während das alte Investmentgesetz historisch bedingt von offenen Fonds ausging und lediglich die erst 2002 eingefügten geschlossenen Investmentaktiengesellschaften entsprechend kennzeichnete.

"Inländisch" ist ein Begriffsbestandteil, auf den das Gesetz früher verzichtete. In diesem Zusammenhang ist nochmal die Möglichkeit hervorzuheben, über den Manager-Passport Vehikel grenzüberschreitend, das heißt nach fremdem Recht aufzulegen. So können "inländische" Fonds auch von ausländischen Verwaltungsgesellschaften aufgelegt werden, was im Bereich der Publikumsfonds von Luxemburg aus bereits mehrfach durchexerziert worden ist. Neu ist, dass dies jetzt auch bei Spezialfonds möglich ist, sowie bei Nicht-OGAW-Fonds im Vertrieb an professionelle Kunden. So könnten Spezialfondsgesellschaften jetzt in Luxemburg, Frankreich oder England Spezial-AIFs nach dortigem Recht anbieten. Ob diese Möglichkeit den Vertrieb inländischer Asset-Management-Dienstleistungen in diese Länder erleichtert, wird sich erweisen.

Zulässiger Anlegerkreis neu geregelt

"Spezial" deutet auf den eingeschränkten Anlegerkreis hin. Entwickelt haben sich die ersten Fonds, die ausschließlich an einen oder mehrere institutionelle Anleger verkauft werden, bereits in den sechziger und siebziger Jahren. Damals wurden sie noch "Individualfonds" genannt, weil sie "individuell" für die jeweiligen Anleger aufgelegt wurden. 1990 wurde dann der gesetzliche Begriff des "Spezialfonds" eingeführt, der maximal zehn nicht-natürliche Personen als Anleger haben durfte. Die Begrenzung der Anlegerzahl wurde später schrittweise aufgehoben und lebt heute nur noch in steuerlicher Hinsicht in Form einer eher theoretischen Begrenzung auf 100 Anleger fort. Die Mehrheit der Spezialfonds hat nur einen einzigen Anleger.

Im KAGB wird der zulässige Anlegerkreis des Spezialfonds neu geregelt und auf "professionelle" und "semiprofessionelle" Anleger begrenzt. Dieser Begriff ist durch die europäische Richtlinie über Märkte in Finanzinstrumenten (MiFID) definiert und umfasst eine längere Aufzählung, die zum Beispiel Kreditinstitute und Regierungen enthält. Andere Anleger können auf eigenen Antrag hin unter bestimmten Voraussetzungen (unter anderem muss der Anbieter den Sachverstand des Anlegers sowie den Umfang der vom Anleger getätigten Geschäfte beurteilen) als professionelle Anleger eingestuft werden. Das Verfahren einer solchen Einstufung wird übrigens genau beschrieben, und Mindestwert des Finanzportfolios des Anlegers liegt bei einer halben Million Euro. Bei den meisten Spezialfondsanlegern, die ohnehin professionelle Anleger sind, ist dies unproblematisch. Für Stiftungen, Kirchen und ähnliche Anleger, bei denen die beruflichen Fachkenntnisse nicht ohne Weiteres dokumentierbar sind, und die auch nicht mindestens zehn relevante Geschäfte pro Quartal abschließen, war die Aufnahme der semiprofessionellen Anleger wichtig.

Die Zulassung semiprofessioneller Anleger stellt im Übrigen - zumindest theoretisch - eine erhebliche Erweiterung des möglichen Anlegerkreises von Spezialfonds dar. Hier genügt die Verpflichtung des Anlegers, mindestens 200 000 Euro zu investieren, wenn er sich - in dokumentierter Form - über die Risiken bewusst ist, die Verwaltungsgesellschaft - in dokumentierter Form - Sachverstand, Erfahrungen und Kenntnisse des Anlegers bewertet und zum Ergebnis kommt, dass der Anleger eigene Entscheidungen treffen kann, die Risiken versteht und dass die Investitionsverpflichtung für den betreffenden Anleger angemessen ist. Theoretisch kommt jetzt also auch jede natürliche Person als Spezialfondsanleger in Frage, die 200 000 Euro investieren möchte. Bisher waren natürliche Personen ausgeschlossen, um sogenannte "Millionärsfonds" zu verhindern.

Die Öffnung für Privatanleger soll auch Waffengleichheit mit den Luxemburger SIF (Special Investment Fund) herstellen. Der SIF, 2007 als direkte Konkurrenz zum deutschen Spezialfonds geschaffen, hat einigen Erfolg. Wurden vor der Neuregelung gerade 217 institutionelle Fonds gezählt, sind inzwischen über 1 500 SIFs gegründet worden. In 2012 wuchs ihre Zahl um 111 und im 1. Quartal 2013 um weitere 20 Fonds an. Über die Zusammensetzung der Anleger ist leider nichts bekannt.

Ob Spezialfonds auch in der Praxis in größerem Umfang an natürliche Personen verkauft werden, ist eher unwahrscheinlich. Zunächst ist unklar, in welchem die Verwaltungsgesellschaften für die von ihnen bestätigte Angemessenheit haften müssen. Vor allem werden natürliche Anleger nicht vom Steuerregime profitieren, sondern auch die steuerliche Behandlung anderer, im gleichen Fonds investierter Anleger beeinflussen.

Nach den bewährten Mustern

"AIF", also Alternative Investmentfonds, sind Spezialfonds nur, weil sie seit ihrer erstmaligen gesetzlichen Definition im Jahr 1990 wegen teilweise relativ unbedeutender Details als nicht OGAW-konform gelten. Die praktischen Unterschiede zu Publikumsfonds waren lediglich bei den Veröffentlichungsvorschriften (Sind die Anleger bekannt? Braucht man die Anteilpreise nicht in der Zeitung zu veröffentlichen?) und beim Vertrieb (ein Spezialfonds wird eben de facto nicht dem Publikum öffentlich angeboten) zu finden. Im Übrigen waren die Anlagevorschriften und aufsichtsrechtlichen Regelungen bis 2004 identisch. Mit nur wenig gutem Willen hätte man zumindest die "richtlinienkonformen" Spezialfonds, das heißt solche Fonds, die die für OGAW geltenden Erwerbs- und Streuungsregelungen beachten, den regulierten Fonds und nicht den AIFs zuordnen können. Offenbar war das aber nicht gewünscht.

Durch den Zusatz "mit festen Anlagebedingungen" wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich um einen klassischen Spezialfonds handelt, der den Grundsatz der Risikomischung beachtet und seine Anlagemöglichkeiten auf die schon bisher nach dem Investmentgesetz zulässigen Vermögensgegenstände begrenzt.

Letztlich ermöglicht die Kategorie des "offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen", der hier weiterhin kurz als "Spezialfonds" bezeichnet werden soll, sämtliche bestehenden Spezialfonds unverändert fortzuführen und neue Spezialfonds nach den bewährten Mustern weiterhin aufzulegen. In diesem Rahmen können auch weiterhin Spezialfonds betrieben werden, die sich auf die für richtlinienkonforme Fonds zulässigen Vermögensgegenstände beschränken. Und auf diese Weise ist eine Fondskategorie gesetzlich geregelt, auf die in anderen Vorschriften, wie der für Versicherungsunternehmen geltenden Anlageverordnung, verwiesen werden kann. Zudem gelten für den Fondstyp weiterhin die Erleichterungen für die handelsrechtliche Fondskonsolidierung im Konzernabschluss.

Risiken

Dass der Spezialfonds die Neuregelung weitgehend unbeschadet überstanden hat, ist dem Einsatz der Branche im Allgemeinen und dem deutschen Fondsverband BVI im Besonderen zu verdanken. Hätte sich die Bund-/Länderarbeitsgruppe, die sich mit der generellen Überarbeitung des für Investmentvermögen geltenden Steuerregimes befasste, mit ihrer Idee durchgesetzt, alle Spezialfonds zum Rechtsformwechsel in die "Investment-KG" zu zwingen, oder hätte sich das BMF mit seiner Ansicht durchgesetzt, dass der Spezialfonds überflüssig ist und überhaupt keiner Regulierung bedarf, wäre dies womöglich der letzte Artikel in der Reihe der "Kandlbinder Spezialfonds-Studien" geworden. Wie die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, wird der Existenzkampf auf der regulatorischen wie auch der steuerlichen Ebene mit unverminderter Energie fortgesetzt werden müssen, will die Branche nicht plötzlich durch einen unbedachten Federstrich des Gesetzgebers massiv getroffen werden. Die nächsten dunklen Wolken am Horizont sind die Schattenbankendiskussion und die Finanztransaktionssteuer.

"Das FSB definiert das Schattenbankensystem als 'System der Kreditintermediation, das Entitäten und Aktivitäten außerhalb des regulären Bankensystems einschließt'. Die Definition erfasst somit lediglich Aktivitäten und Entitäten, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der Kreditintermediation stehen und bei denen die Regulierungsstandards des Bankensektors nicht in gleicher Weise oder im gleichen Umfang angewandt werden."

(BaFin Jahresbericht 2012)

Die unkritische Verwendung des Begriffs der "Kreditintermediation" legt allerdings schon den Grundstein zur möglichen Katastrophe. Intermediation bedeutet an sich, dass ein Zwischenmedium irgendetwas vermittelt oder weitergibt. Und in der Tat geben zum Beispiel Fondsvehikel das Geld der Anleger zum Beispiel durch Kauf von Anleihen an Unternehmen weiter, weshalb Investmentfonds auch korrekterweise zum Kreis der Finanzintermediäre gezählt werden. Aufgrund dieser oberflächlichen Betrachtung geraten auch die Investmentfonds ins Visier der "Schattenbanken-Diskussion" und laufen Gefahr, mit kostspieligen Eigenkapitalanforderungen konfrontiert zu werden. Die ersten Überlegungen betreffen Geldmarktfonds mit festem Anteilpreis, doch können die Unterschiede zu anderen Fonds durchaus diskutiert werden - letztlich sind von dieser Diskussion also alle Investmentfonds betroffen.

Eigentliches Ziel der "Schattenbanken-Diskussion" ist es jedoch, die Umgehung bankenaufsichtsrechtlicher Regelungen durch Nutzung nichtregulierter Strukturen einzudämmen. Als Beispiel wird die Gewährung von Krediten durch spezielle Vehikel, wie Private Equity-, Venture Capital- und Hedgefonds genannt, die ihrerseits Fremdkapital aufnehmen und insofern ein ähnliches Geschäftsmodell wie ein Einlagenkreditinstitut verfolgen, das einerseits Sparbücher ausgibt und andererseits Handwerker- und Hausbaukredite vergibt. Da die genannten Vehikel aber zum Beispiel keinen Eigenkapital- oder Großkreditvorschriften unterliegen, bestehen für die Fremdkapitalgeber entsprechend höhere Ausfallrisiken.

Unbedingter Rückzahlungsanspruch

Im Fall der "Kreditintermediation" ist es also gerade nicht so, dass ein Kredit (mit allen daran hängenden Ausfall- und sonstigen Risiken) einfach weitervermittelt wird. Vielmehr gehört es zum Wesen der banktypischen Kreditintermediation, dass das Ausfallrisiko gerade nicht unmittelbar durchgereicht wird, und dass sich genau aus diesem Grund zusätzliche Spannungen im System aufbauen können. Vielmehr hat der Einleger gegenüber der Bank einen unbedingten Rückzahlungsanspruch, sodass die Bank die Ausfallrisiken selbst trägt und diese mit Eigenkapital abpuffern muss.

Investmentfonds beteiligen ihre Anleger dagegen unmittelbar an sämtlichen, auch an den Ausfallrisiken der Anleihen in ihrem Portfolio. Der Anleger steht als Miteigentümer des gesamten Fondsvermögens unter Risikogesichtspunkten genauso da, als hätte er die Anleihen unmittelbar erworben. Anders als eine Bank bei einem Private Equity- oder Hedgefonds gibt der Anleger dem Sondervermögen keinen Kredit; so ist auch ausgeschlossen, dass ein Investmentfonds seine Verpflichtungen gegenüber seinen Anlegern nicht bedienen könnte.

Bei Investmentfonds findet gerade keine Fristentransformation statt. Rückgabewünsche brauchen nur bedient zu werden, wenn der Fonds über ausreichende Liquidität verfügt. Das haben zwar einige Anleger erst im Fall der Offenen Immobilien-Publikumsfonds sowie einiger ABS-Fonds gelernt, bekannt war diese Regelung jedoch schon immer. Auch die Finanzaufsicht kennt diese Regelung, denn für die Anlage von Banken und Versicherungen in Investmentfonds gibt es umfassende Solvabilitäts-, Großkredit- und Liquiditätsvorschriften, durch die die in Spezialfonds enthaltenen Risiken wie unmittelbar eingegangene Risiken zu behandeln sind.

Regelungsflut

Früher, als es noch Faxgeräte und keine Smartphones gab, brauchte die Investmentbranche nur das Gesetz und die BaFin-Regelungen zu beachten. Inzwischen haben diverse politische Interessen zur Gründung einer Vielzahl weiterer Institu tionen geführt, die ihre Arbeitsnachweise durch Herausgabe von Regelungen, Richtlinien, FAQs erbringen:

Europäische Institutionen

- ESMA - Wertpapiere und Märkte (früher: CESR)
- EIOPA - Versicherungen und Altersvorsorge (früher: CEIOPS)

- EBA - Banken (früher: CEBS)

- ESRB - Systemrisiken (bei der EZB)

- Europäische Kommission

Internationale Institutionen

- Basler Ausschüsse (bei der BIZ)

- FSB

- IOSCO

Die Liste ist nicht abschließend. Jede Institution wird weiterhin Regelungen formulieren, die die Investmentbranche teils unmittelbar betreffen, teils Auswirkungen auf wichtige Anleger, wie Banken und Versicherungsunternehmen, haben und wegen dieser mittelbaren Bedeutung beachtet und umgesetzt werden müssen. Das Aufkommen aus der französischen Finanztransaktionssteuer entspricht ungefähr der deutschen Hundesteuer. Natürlich formulieren viele dieser Regelungen lediglich, was der normale Menschenverstand und die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes jedem verantwortungsbewussten Marktteilnehmer ohnehin aufgeben würde. Aber schon solche - an sich vernünftigen - Regelungen steigern den Aufwand und lenken Zeit und Kraft der Verantwortlichen auf Prozesse und Dokumentationspflichten, die im Moment vielleicht weniger wichtig sind als andere, größere Risiken.

Hinzu kommen Regelungen, die am grünen Tisch ersonnen und häufig ohne genaue Praxis- und Branchenerfahrung ausformuliert werden. So sinnvoll diese Regelungen auf den ersten Blick auch sein mögen, erzeugen sie in der Praxis ausschließlich Aufwand und verschaffen weder dem Finanzsystem noch einzelnen Anlegern irgendwelche Vorteile. Ein Beispiel ist etwa, dass bei einer Fondsverschmelzung den Anlegern des aufnehmenden Fonds ein (teurer) Brief geschrieben werden muss, auch wenn sich wirtschaftlich für diese Anleger überhaupt nichts ändert.

Beispiel AIFM-Richtlinie

Ein anderes Beispiel ist die Regulierung der Spezialfonds durch die AIFM-Richtlinie. Für Spezialfondsanleger hat diese Regulierung keine besonderen Nachteile, außer dass die hierdurch gebundenen Kräfte in der Kapitalanlagegesellschaft sicherlich sinnvoller eingesetzt werden könnten, dass er künftig Verkaufsdokumente und andere Unterlagen erhält, die ihm in der Regel nicht weiterhelfen, und dass ihm außerhalb der EU ansässige Portfoliomanager, die sich die Zulassung nach der AIFM-Richtlinie sparen, nicht mehr ohne Weiteres zur Verfügung stehen. Dem stehen mögliche Vorteile, wie mehr Sicherheit, mehr Transparenz, eine bessere Rendite oder wenigstens ein stabileres Finanzsystem nicht gegenüber.

Im Kern geht es bei der AIFM-Richtlinie und ihrer Umsetzung im KAGB darum, die Staatsschuldenkrise als Finanzmarktkrise darzustellen und die angeblichen Schuldigen stärker zu regulieren. Vorbild dürfte der chinesische General gewesen sein, der einst einen Feldzug gegen den Rat seines Proviantmeisters ohne ausreichende Vorräte fortsetzte und seine später vor Hunger murrenden Soldaten besänftigte, indem er den am Mangel völlig unschuldigen Proviantmeister öffentlich hinrichten ließ. Ob die neue Regulierung sinnvoll ist, ob Private Equity- und Hedgefonds oder Spezial- und Offene Immobilienfonds von ihr getroffen werden, ist nach dieser Logik unerheblich - zwar können sie alle ihre Unschuld an der Krise beweisen, aber als Sündenböcke eignen sie sich hervorragend.

Auch die nächste Gefahr, die Finanztransaktionssteuer, dient dem gleichen Zweck, die Verantwortung für die Krise geeignet erscheinenden Sündenböcken zuzuschieben. Dabei wird verkannt, dass die Kosten, die durch die Steuer entstehen, nicht den im Ziel stehenden Kreditinstituten verbleiben, sondern an die Kunden weitergegeben würden. Bei Fonds würde die Steuer sogar automatisch durchgereicht werden. Nur eigengeschäftliche Tätigkeiten von Instituten, die in der Regel einen im Vergleich zu den Geschäften mit unmittelbarem oder mittelbarem Kundenbezug einen verschwindenden Umfang ausmachen, würden im Sinne der gesetzlichen Intention getroffen. Auch hier können die Auswirkungen auf diejenigen, die eigentlich nicht im Fokus der Zielsetzung der neuen Steuer stehen, jedoch im Verhältnis sehr viel größer sein:

"Teure" Finanztransaktionssteuer

Nach den bisher vorliegenden Plänen würde jede Umschichtung von Wertpapieren zusätzliche Kosten von mindestens 0,4 Prozent auslösen (bei Kauf und Verkauf jeweils 0,1 Prozent bei beiden Kontrahenten). Erster Nachteil etwa für einen Fondsanleger wäre eine Reduzierung der Anzahl der Transaktionen innerhalb der Investmentvermögen, mit entsprechenden Folgen für viele Anlagestrategien. Umsatzrückgänge bei Brokern und Handelsplattformen wären die Folge, ebenso vergrößert sich die Gefahr, dass risikoreichere Vermögensgegenstände bei beginnenden Abwärtsbewegungen nicht oder nicht rechtzeitig veräußert werden. Sehr schnell würde bei allen relevanten Marktteilnehmern der Wunsch aufkommen, die "Zone" der Länder zu verlassen, die eine solche Steuer erheben. Hierfür stellt das europäische Investmentrecht inzwischen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. So können inländische Fonds auf ausländische Fonds verschmolzen werden. Oder der inländische Fonds wird in einen Feederfonds umgewandelt, der ausschließlich in Anteile eines ausländischen Masterfonds1) investiert. In beiden Fällen können von der Finanztransaktionssteuer unbelastete Umschichtungen vorgenommen werden. So würden sich Wege finden lassen, die neue Belastung zu minimieren, und das Finanzministerium würde feststellen müssen, dass die Erträge in keinem vernünftigen Verhältnis zum Einführungs- und Umsetzungsaufwand stehen.

Noch besteht allerdings berechtigte Hoffnung, dass dieser Kelch an Finanzplatz, Marktteilnehmern und Anlegern vorbeigehen wird. Das deutsche Konzept, das aus Verfassungsgründen für eine Steuerpflicht an den Sitz des handelnden Unternehmens anknüpfen muss, und das bereits laufende französische, das auf den Sitz des Wertpapieremittenten abstellt, werden sich kaum zu einer einheitlichen europäischen Regelung harmonisieren lassen.

Marktanteile

In diesem turbulenten regulatorischen Umfeld haben die Marktteilnehmer ihre eigentlichen Aktivitäten, Vertrieb und Betreuung institutioneller Anleger sowie Erbringung von Portfoliomanagement- und Administrationsdienstleistungen konsequent weiterverfolgt. Die Darstellung "Marktanteile" enthält wie in den Vorjahren sowohl die Spezialfonds als auch die außerhalb von Investmentfonds verwalteten Vermögen (Abbildung 2). Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit wurden beide Themen einfach addiert. Dies ist sachlich gerechtfertigt, denn in beiden Fällen handelt es sich ausschließlich um institutionelle Mandate. Und in beiden Fällen handelt es sich im Kern um die gleiche Dienstleistung, einmal eben in der Darbietungsform des Spezialfonds und einmal als freie Vermögensverwaltung, sei es mit einer Vollmacht für ein Wertpapierdepot, sei es im Rahmen eines sonstigen (das heißt nicht eines Spezialfonds) Vehikels.

Unterschieden wird zwischen der reinen Administration (Master-KAG, Service-KAG), der reinen Portfolioverwaltung (externer Manager/Advisor, einschließlich Risikomanagement) und der klassischen umfassenden Dienstleistung (beides aus einer Hand). Um die Verteilung der Marktanteile wirklich gerecht darzustellen, müsste man dem Volumen, für welches die umfassende Dienstleistung erbracht wird, eigentlich ein größeres Gewicht beimessen. Denn wo die Wertschöpfungskette aufgebrochen ist, taucht ein- und dasselbe Volumen zwei Mal auf. Auf eine entsprechende Gewichtung wurde hier jedoch verzichtet, zumal man sich dann folgerichtig Gedanken machen müsste, ob die Administration und das Portfoliomanagement gleich oder unterschiedlich zu gewichten wären.

Weitgehend unveränderte Reihenfolge

Die Darstellung bleibt daher gegenüber den Vorjahren unverändert und zeigt für jeden Anbieter im mittleren Teil der Säule das Volumen, das sowohl administriert als auch gemanagt wird. Nach links ist die reine Portfolioverwaltung und nach rechts die reine Administration abgetragen. Die Sortierung erfolgt nach der Gesamtsumme aller drei Bereiche.

Auf den ersten neun Plätzen hat sich 2012 die Reihenfolge nicht verändert. Mit weitem Abstand führt weiterhin die Allianz und verwaltet auf die eine oder andere Weise insgesamt 471 Milliarden Euro. Ein Drittel dieses Volumens, 154 Milliarden Euro, kann die zweitplazierte, jetzt unter der Bezeichnung Deutsche Bank - Asset & Wealth Management firmierende Gruppe vorweisen, zu der unter anderem weiterhin die Marke DB Advisors sowie die DWS Investments gehören. Auf Platz drei liegt die Universal Investment mit 133 Milliarden Euro knapp vor Generali mit 130 Milliarden Euro. In die Top Ten hat sich die LBBW vorgearbeitet, indem sie ihr Volumen auf 45 Milliarden Euro steigern und so drei Plätze aufsteigen konnte. Damit hat sie die Meag auf den elften Platz verdrängt (42 Milliarden Euro).

Zwei Plätze weiter vorn als im vergangenen Jahr steht die Bayern Invest. Neben 25 Milliarden Euro im klassischen Spezialfondsgeschäft und sieben Milliarden Euro beim ingesourcten Portfoliomanagement kann die Gesellschaft auf neun Milliarden Euro verweisen, die sie als Master-KAG administriert. In der Übersicht des vergangenen Jahres fehlte dieses administrierte Volumen.

Marktteilnehmer - starke Konzentration

Während es bei den Immobilen-Spezialfondsgesellschaften mit sechs Neugründungen und einer Geschäftsaufgabe erneut größere Bewegungen gab, kann im Bereich der Wertpapiergesellschaften nur von der Gründung von drei "Investmentaktiengesellschaften mit Teilgesellschaftsvermögen" berichtet werden, der Fidus Capital, Düsseldorf, der Optinova Investmentaktiengesellschaft mit Teilgesellschaftsvermögen, Frankfurt am Main, und der Enercon, Aurich, Ostfriesland, die hiermit einen neuen Standort für Investmentgesellschaften eröffnet. Zu vermerken ist die Umbenennung der WestLB Mellon Asset Management in Meriten Investment Management. Die Gesellschaft war 2006 als Joint Venture von BNY Mellon und der damaligen WestLB, der heutigen Portigon AG, gegründet worden. Zum Oktober 2012 übernahm BNY Mellon die Anteile komplett und dokumentierte dies durch die Namensänderung zum Jahresende.

Die Marktverteilung zeigt eine sehr starke Konzentration. Die Top-4-Anbieter von Administrationsdienstleistungen decken über 50 Prozent des Marktes ab, sodass sich die anderen 21 Anbieter den restlichen Markt teilen müssen. Noch stärker ist die Konzentration im Portfoliomanagement, wo bereits die Top-3-Anbieter die Hälfte des Marktes abdecken. Der Vergleich zu den Publikumsfonds, die zu 47,8 Prozent von nur einem Anbieter, den Fondsgesellschaften der Allianz, verwaltet werden, deutet an, dass auch im institutionellen Bereich eine weitere Konzentration möglich und zu erwarten ist.

Segmentierung

Die Darstellung "Segmentierung von Wertpapier-Spezialfonds" zeigt die Fortsetzung der bisherigen Trends (Abbildung 3). Die Anzahl der Spezialfonds geht weiterhin zurück, auch wenn der Rückgang in 2012 nur noch 44 auf 3 615 Spezialfonds betrug und sich weiter zu verlangsamen scheint. In den sechs Jahren zuvor belief sich der Rückgang durchschnittlich 140 Fonds per annum. Gleichzeitig stieg die Anzahl der innerhalb von Spezialfonds eingerichteten Segmente weiter an: mit 4 149 Segmenten Ende 2012 ist die Zahl der gesondert vergebenen Beratungs- und Managementmandate um 338 angestiegen. Offenbar wird hier nicht nur an der weiteren - vertikalen - Aufspaltung der Wertschöpfungskette gearbeitet, indem zum Beispiel bei Neuauflagen hauptsächlich segmentierte Fonds geschaffen werden. Sondern es werden auch bei bestehenden Mandaten immer feiner differenzierte Segmente mit genauer definierten Anlagethemen geschaffen. In diesem Rahmen erhalten auch kleinere und Nischenanbieter von Portfoliomanagementleistungen regelmäßig ihre Chance auf einen Teil des Kuchens.

Seit 2009 unterscheidet die Bundesbank bei Aktien und Renten nicht nur zwischen in- und ausländischen Wertpapieren, sondern differenziert zwischen Emittenten in anderen Ländern der EWU2) und Ländern außerhalb der EWU (Abbildung 4). Die plötzliche Zunahme der in den Spezialfonds enthaltenen Vermögensgegenstände in 2009 entsteht durch Umstellung der Darstellung, die seither nicht nur die Wertpapier-Sondervermögen sondern auch alle anderen Spezialfonds, also etwa Gemischte Sondervermögen, Sonstige Sondervermögen umfasst, mit Ausnahme nur der Immobilien-Spezialfonds. Gleichwohl bleiben die bereits in den Vorjahren beobachteten Tendenzen unverändert.

Besonders auf fällig ist die dynamische Zunahme der Nutzung von Zielfonds. Legten die Spezialfonds vor zehn Jahren gerade mal ein Prozent des Vermögens in Zielfonds an, ist heute fast ein Fünftel auf diese Weise investiert. Dabei dürfte auch die Nutzung von ETFs als kostengünstiges Instrument zur Marktallokation eine große Rolle spielen. Interessant ist dabei, dass Dach-Spezialfonds, die 44 Milliarden Euro Zielfonds im Bestand haben, nur ein Viertel des gesamten Zielfondsbestandes von 171 Milliarden Euro besitzen. Die Verwendung von Zielfonds ist also auch bei anderen Spezialfonds wie den Richtlinienkonformen oder den Sonstigen Sondervermögen weit verbreitet.

Bei der Aktienanlage ist 2012 nur ein leichter Zuwachs zu erkennen, wobei die Aktien von Ländern außerhalb der Eurozone etwas beliebter zu sein scheinen als die inländischen beziehungsweise die eurozonalen Aktien. Im Rentenbereich setzt sich ebenfalls die Bevorzugung ausländischer Papiere fort. Die Bedeutung inländischer Anleihen geht langsam, aber eindeutig zurück; bei ex-EWU-Anleihen ist dagegen ein klarer Zuwachs zu erkennen. Das gilt auch für den größten Block, die Anleihen anderer Euro-Länder. Im Jahre 2011 hatte diese Assetklasse eine leichte Einbuße hinnehmen müssen, in 2012 wurde diese Entwicklung jedoch wieder zurückgedreht.

Zunehmende Anlage in einigen Euro-Krisenländern

Interessant ist, dass die Anlage in den Euro-Krisenländern (PIIGS) wieder zunimmt (Abbildung 5). Seit 2009 fragt die Bundesbank die Anlage der Wertpapierfonds nach einzelnen Ländern ab. Aus dieser Datenbasis wurde die Darstellung "Wertpapiere in Krisenländern" entwickelt. Auf eine Unterscheidung zwischen Aktien, Unternehmens- und Staatsanleihen wurde dabei verzichtet, da im Falle eines Falles alle im entsprechenden Land angesiedelten Vermögensgegenstände höchstwahrscheinlich hoch korreliert reagieren werden.

Spezialfonds hatten ihre Anlagen in den bezeichneten Krisenländern von über 18 Prozent im Herbst 2009, als die Bundesbank mit ihrer Abfrage begann, auf 10,3 Prozent im Sommer 2012 sehr deutlich abgesenkt. Mit dem bisherigen Ausbleiben der ganz großen Katastrophe scheint aber nicht nur das Vertrauen in die Aktienmärkte, sondern auch in die Zahlungsfähigkeit von Italien, Spanien und Irland wieder erstarkt zu sein; möglicherweise ist auch nur das Zutrauen in den unbedingten Eurorettungswillen der EZB weiter gewachsen, und die eine oder andere Bestandsanleihe mag auch Kursverluste ein wenig aufgeholt haben. Jedenfalls sind die Spezialfonds in Wertpapieren aus den drei genannten Ländern wieder mehr investiert, zusammen mit 12,4 Prozent ihres gesamten Wertpapiervermögens.

Die Anlagen in den drei anderen Krisenländern Portugal, Griechenland und Zypern, sind dagegen unbedeutend geblieben. Die Anlagen in Portugal betragen mit 2,0 Milliarden Euro nur noch ein Drittel ihres ursprünglichen Wertes, die in Zypern haben sich von ursprünglichen 160 Millionen Euro halbiert. Besonders stark sind jedoch die griechischen Anlagen zurückgegangen, die nur noch 100 Millionen Euro anstelle der ursprünglich knapp acht Milliarden Euro betragen.

Im Vergleich zu den Spezialfonds waren die Publikumsfonds in den vergangenen Jahren von vornherein weniger stark in den Krisenländern engagiert.

Zusammensetzung der Anleger

Bei der Zusammensetzung der Anleger gibt es auch 2012 keine Überraschungen. Aus der Bundesbankstatistik, die jetzt eine deutlich größere Zahl von Anlegergruppen ausweist, gehen unverändert die Versicherungsgesellschaften als größte und wichtigste Anlegergruppe hervor (Abbildung 6). Hervorzuheben ist dabei, dass die Lebensversicherungen mit 95 Milliarden Euro nicht einmal für ein Drittel der Versicherungsanlagen insgesamt (332 Milliarden Euro, jeweils per Ende 2012) verantwortlich sind. Zu den "anderen VU" zählen allerdings auch die Rückversicherungen, die erheblichen Kapitalanlagebedarf haben. Auf der Seite der Mittelzuflüsse ist die Relation noch größer, hier erbrachten die Lebensversicherungen in 2012 mit sechs Milliarden Euro nur ein Sechstel der von den Versicherungen insgesamt getätigten Neuanlagen von 35 Milliarden Euro. Kreditinstitute hatten 2011 noch knapp drei Milliarden Euro aus ihren Spezialfonds zurückgegeben, in 2012 investierten sie jedoch netto 360 Millionen Euro neue Mittel und kamen auf insgesamt 130 Milliarden Euro.

Andere von der Bundesbank jetzt als Anlegergruppe ausgewiesene Kategorien, wie Bund, Länder und Gemeinden sowie Kredit- und Versicherungshilfsinstitutionen, sind weder im Volumen noch bei den Mittelzuflüssen erkennbar. Natürlich wäre es schön, wenn sich das einmal ändern würde - der Spezialfonds eignet sich unverändert für alle Anlegergruppen als ideales Anlagevehikel. Unabhängig davon spricht die aktuelle Nachfrage nach Spezialfonds dafür, dass 2013 das fünfte Jahr in Folge wird, in welchem ein Rekordvolumen vermeldet werden kann. Und es wird diesmal mit dem Überschreiten der 1-Billion-Euro-Marke ein ganz besonderer Wert sein.

Fußnoten:

1) Unterscheide: Masterfonds = normaler Investmentfonds, in welchen ein Feederfonds unter Nutzung einer Ausnahme vom Grundsatz der Risikostreuung sein gesamtes Vermögen investiert. - Master-KAG = KAG, die Administration von meist segmentierten Spezialfonds anbietet, während das Portfoliomanagement durch externe Manager beziehungsweise Berater durchgeführt wird.

2) Mit EWU sind die Länder der Eurozone (im Sinne von "Europäische Währungsunion") gemeint, die ihre nationale Währung durch den Euro ersetzt haben.

Till Entzian , Rechtsanwalt und Notar, Frankfurt am Main
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