Aufsätze

CCP für OTC in der Sparkassen-Finanzgruppe

Als eine Reaktion auf die dramatischen Auswirkungen der Finanzkrise haben nationale und internationale Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden seit dem G20-Treffen im September 2009 zahlreiche neue und zum Teil weitreichende Regularien entwickelt. Restriktionen und krisenresistentere Marktstrukturen sollen künftig Verwerfungen verhindern, die Finanzmärkte stabilisieren sowie mehr Transparenz im außerbörslichen Geschäft und eine effizientere Risikoallokation schaffen. Für die europäischen Märkte sind die wesentlichen Regulierungsmaßnahmen in der European Market Infrastructure Regulation (EMIR) festgelegt, für die US-Amerikanischen Märkte im sogenannten Dodd-Frank Act (Übersicht 1).

Transaktionsregister und Clearingpflicht

Kerninhalte von EMIR sind zum einen die Pflicht zur elektronischen Bestätigung von OTC-Derivatetransaktionen und die Meldung an ein zentrales Register, das sogenannte Transaktionsregister. Zum anderen unterliegen Finanzmarktteilnehmer bei OTC-Derivatekontrakten grundsätzlich der Clearingpflicht. Die Clearingpflicht beinhaltet kein Wahlrecht, das heißt, die Marktteilnehmer können sich bei clearingfähigen Kontrakten nicht durch freiwillige höhere Eigenkapitalunterlegungen befreien. Jedoch sollen Derivate, die nicht clearingfähig sind, gemäß Basel III einer höheren Eigenkapitalunterlegung unterworfen werden. Details legt die neue europäische Aufsichtsbehörde ESMA (European Securities and Markets Authority) fest.

Noch können Finanzmarktteilnehmer unmittelbar untereinander "Over-The-Counter" (OTC) Derivategeschäfte abschließen (Abbildung 1). Bei den bisherigen Marktusancen in bilateralen Derivate-Geschäften hatte das jedoch beim Ausfall einer Bank gegebenenfalls zur Folge, dass viele Marktteilnehmer betroffen waren. Das konnte wiederum weitere, teilweise "lawinen artige" Auswirkungen auf andere Marktteilnehmer haben, bis hin zu Systemverwerfungen.

Mit dem Inkrafttreten von EMIR müssen Geschäfte mit OTC-Derivaten über einen zentralen Kontrahenten (Central Counter Party, CCP) laufen (Abbildung 2). In der Praxis bedeutet das für Finanzmarktteilnehmer, die auch weiterhin OTC-Derivate abschließen möchten, dass sie sich voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2013 einem zentralen Kontrahenten, also direkt einem CCP oder hilfsweise einem sogenannten Clearing Provider, anschließen müssen.

Mit dem Einschalten eines CCP zwischen die Marktteilnehmer in OTC-Geschäften soll zukünftig beim Ausfall einer Bank nur noch der zentrale Kontrahent CCP betroffen sein. Weitere Marktteilnehmer sind geschützt; das Risiko einer Beeinträchtigung des gesamten Systems wird reduziert.

Die neuen Regularien stellen die Finanzinstitute unter großen Umsetzungs- und Kostendruck. Ein konkret bezifferbarer Effekt auf die Bankenlandschaft ist noch nicht bekannt. Die Marktteilnehmer kalkulieren allerdings mit erhöhten Kosten für die Umsetzung der regulatorischen Maßnahmen infolge von Investitionen in Systeme und Ressourcenaufbau. Zudem wird mit einbrechenden Erträgen durch Verteuerung des OTC-Derivategeschäftes und höherer Eigenkapitalhinterlegung gerechnet. Klar ist aber bereits jetzt, dass die neuen Regelungen einen Großteil des OTC-Derivategeschäfts betreffen: Zins- und Kreditderivate stehen aufgrund großer Handelsvolumina im Fokus der Regulierung.

Auswirkungen der Regulierung auf die Sparkassen-Finanzgruppe

Während die US-amerikanische CCP-Regulierung (insbesondere der Dodd-Frank Act) auf die sparkassenübliche Geschäftsstruktur nur in wenigen Fällen Anwendung finden dürfte, sind von der europäischen Regelung (EMIR) alle Mitglieder der Sparkassen-Finanzgruppe betroffen. Deshalb müssen auch die Sparkassen ab Inkrafttreten der neuen Regularien für ihre OTC-Derivategeschäfte - außerhalb ihres eigenen Haftungsverbundes - einen CCP nutzen. Zwar ist der Sparkassensektor im Vergleich zu den Universal- und Privatbanken in Deutschland gut durch die Krise gekommen: Kundeninduziertes Geschäft, gute Vernetzung vor Ort und Optimierung der Prozesse der angegliederten Institute haben einen wichtigen Beitrag innerhalb des Sparkassen-Verbundes geleistet. Auch haben die Sparkassen nicht zu den Verwerfungen auf den Finanzmärkten beigetragen. Da aber neben der Erhöhung der Systemstabilität ein wesentliches Ziel der Regulatoren die Schaffung von mehr Transparenz im außerbörslichen Geschäft ist, sind auch die Sparkassen von der EMIR-Regulation und teilweise auch von den neuen Clearingpflichten betroffen.

Alle Sparkassen gehören einem Haftungsverbund an. Dieser umfasst aktuell 423 Sparkassen, acht Landesbanken und zehn Landesbausparkassen, die in einem Notfall füreinander einstehen. Durch diesen Sparkassen-Finanzgruppen-internen Haftungsverbund sind sämtliche Anlagen vollumfänglich geschützt, auch die der gewerblichen Anleger. Dem haben die Regulatoren Rechnung getragen: Geschäfte, die Mitglieder der Sparkassen-Finanzgruppe untereinander, also innerhalb des Sparkassen-Haftungsverbunds tätigen, müssen nicht über einen CCP laufen. Diese Geschäfte sind von der Clearingpflicht befreit. Eine elektronische Bestätigung der OTC-Geschäfte sowie die Meldung an das zentrale Transaktionsregister müssen trotzdem erfolgen. Bei einem Abschluss eines OTC-Derivats mit einem Kontrahenten außerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe und damit außerhalb des Haftungsverbundes sind die Marktteilnehmer aus der Spar kassen-Finanzgruppe jedoch verpflichtet, dieses Geschäft über einen CCP zu clearen.

Sparkassen nutzen OTC-Derivategeschäfte vor allem zur Steuerung ihrer Aktivseite - das sogenannte Depot A-Management - oder zur Absicherung von Zinsänderungsrisiken aus der Fristentransformation. Details hierzu sowie weitere Informationen über Gründe für das OTC-Geschäft in Sparkassen finden sich in Übersicht 2.

Von den 423 Sparkassen tätigen rund 280 Institute OTC-Geschäfte. Etwa 40 Sparkassen, davon überwiegend größere Institute, bewegen sich in ihren Geschäftsabschlüssen auch außerhalb des Haftungsverbundes.

Anbieter und Nachfrager von CCP-Dienstleistungen und -Infrastruktur

Das CCP-Geschäft in der Sparkassen-Finanzgruppe findet im Dreieck Sparkassen, Zentralinstitute und Finanzinformatik (FI, zentrales Rechenzentrum der Sparkassen-Finanzgruppe) statt. Einige Zentralinstitute treten als Anbieter von Clearing-Dienstleistungen und -Infrastruktur auf, einige auch als Nachfrager. Ein deutschlandweites Angebot bietet vor allem das zentrale Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe, die Deka-Bank. Die Bank trägt mit dem Aufbau dieses neuen Infrastrukturund Dienstleistungsspektrums den Wünschen ihrer Eigentümer, den deutschen Sparkassen, Rechnung. Auch einige Landesbanken bieten CCP-Funktionalitäten an. Die Sparkassen treten fast ausschließlich als Nachfrager von Clearingdienstleistungen auf. Selbst große Sparkassen haben sich zwischenzeitlich für eine Anbindung an einen zentralen Clearing Provider und damit gegen eine eigenständige Lösung entschieden. IT-seitig wird das neue Clearing deutschlandweit von der FI ausgerollt.

Abgestimmt wird die Arbeit unter dem Dach des DSGV. Hier treffen sich Vertreter der Sparkassen, der Regionalverbände, von FI, Deka-Bank und einigen Landesbanken, um für die Sparkassen-Finanzgruppe optimale Lösungen zu finden. Die Deka-Bank ist einer der Thementreiber in den Gremien und Arbeitskreisen. So sind beispielsweise von der FI und der Bank die regulatorischen Anpassungen auf die neuen Clearingfelder für das bei den meisten Sparkassen genutzte Front-Office-System "Sim-Corp-Dimension" gemeinsam entwickelt worden.

Ein Baustein aus dem Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe

Bereits seit Anfang des Jahres 2011 bereitet sich die Deka-Bank auf die neuen regulatorischen Vorschriften in einem konzernweiten Projekt vor. Schon bei der Projektaufstellung war von vorneherein klar, dass nicht nur für die Derivategeschäfte, die im Konzern - beispielsweise im Fondsmanagement der konzerneigenen Asset Managementgesellschaften, oder dem Eigengeschäft der Bank - anfallen, eine Clearinglösung aufgebaut werden sollte. Da auch die Sparkassen ihre Derivategeschäfte über einen CCP abwickeln müssen, wurde das Projekt nicht zuletzt für deren Interessen ausgelegt. Seitdem die Sparkassen die alleinigen Eigentümer der Deka-Bank sind, entwickelt die Bank sich vom zentralen Asset Manager zum zentralen Wertpapierhaus der Sparkassen-Finanzgruppe. Das bedeutet unter anderem auch die sukzessive Übernahme von Aufgaben im Umfeld des Kapitalmarkt geschäfts für die Gruppe.

So liegt die Federführung des CCP-Projektes im Kapitalmarktbereich der Bank. Aus diesem Bereich werden Produkte, Lösungen und In frastruktur für die Sparkassen und deren Kunden ebenso wie für die Deka-eigenen Fonds angeboten. In seiner Rolle als Innovationstreiber hat der Kapitalmarktbereich der Bank die Bündelung der Aktivitäten für viele Sparkassen übernommen und erzeugt so Synergie-Effekte für die Sparkassen-Finanzgruppe.

Auf der einen Seite betreibt die Bank die Anbindung an die CCPs. Für Europa sind das die beiden europaweit tätigen, zentralen Clearinghäuser LCH (London Clearing House, das derzeit führende OTC-Clearing-Haus) und Eurex. Die Bank ist bereits seit Sommer 2012 "Direct Clearing Member" bei LCH und kann seitdem die Vorteile und Sicherheit für ihr eigenes Geschäft und das der bereits angeschlossenen Sparkassen nutzen. Die Anbindung an die Eurex als CCP ist geplant. Das Clearing von Kreditderivaten (CDS) kann nur über die amerikanischen Märkte CME und ICE (beides CCPs) erfolgen. Hierbei bedient sich die Deka-Bank des Providers Deutsche Bank (Abbildung 3).

Anbindung der Sparkassen

Auf der anderen Seite werden in der Bank die notwendigen fachlichen, prozessualen und technischen Voraussetzungen für das Clearing der Sparkassen aufgebaut. Sparkassen werden mit der Anbindung an die Deka-Bank "Client". Das geschieht in enger Zusammenarbeit mit den Sparkassen vor Ort. Seit Anfang des Jahres 2013 bietet die Bank diesen Clearing-Service für die Sparkassen und die Fonds an.

Betreut werden die Sparkassen von einem sogenannten "Onboarding-Team". Dieses Team kümmert sich um alle Themen rund um die Sparkassen-Anbindung, beantwortet rechtliche, fachliche sowie technische Fragestellungen und ist zentraler Ansprechpartner für die Sparkassen. Auch das operative Vorgehen sowie den Einsatz der Spezialisten für die Umsetzung vor Ort steuert das Onboarding-Team. Somit ist sichergestellt, dass den individuellen Anforderungen der Sparkassen Rechnung getragen wird.

Voraussichtlich vom 3. Quartal 2013 an tritt in Europa für OTC-Geschäfte die Pflicht zum Clearing über einen CCP und zur Meldung an ein zentrales Transaktionsregister in Kraft. Eine elektronische Meldebestätigungspflicht gilt bereits seit dem 1. Januar 2013. Insgesamt wird mit einem Rückgang des OTC-Geschäfts und der Verteuerung für die Endkunden gerechnet.

Auch die Mitglieder der Sparkassen-Finanzgruppe sind von dieser Regulierung betroffen. Die Deka-Bank, das zentrale Wertpapierhaus der Gruppe, hat sich federführend dieses Themas angenommen. Sie versteht sich als der zentrale Anbieter von Produkten, Infrastruktur und Dienstleistungen rund um das Kapitalmarktgeschäft, für die Sparkassen und deren Kunden, ebenso wie für die eigenen Fonds. Gemeinsam mit den Sparkassen, der FI, den Verbänden und weiteren Betroffenen werden zur Zeit die CCP-Anbindungen für die Sparkassen implementiert. Bislang werden rund 150 Sparkassen vom Deka-Bank-Onboarding-Team betreut.

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