Aufsätze

Sind Dach-Hedge-Funds überdiversifiziert?

Seit Anwendung der modernen Portfolio-Theorie gilt Diversifikation als Grundpfeiler der Portfoliokonstruktion. Studien zufolge sollten Hedge-Fund-Portfolios zwischen zehn und 15 Fonds umfassen, um das Risiko signifikant zu mindern. In der Praxis jedoch setzen sich Dach-Hedge-Funds meistens aus 20 bis 40 Fonds zusammen.

Diese Praxis wurde von Lhabitant und Learned (2004) heftig kritisiert - und zwar mit der Begründung, eine Überdiversifikation führe zu einer unerwünschten Schiefe (Skewness) in der Renditeverteilung. Insbesondere stützen sie sich dabei auf die Ergebnisse einiger Arbitrage-Strategien, bei denen die durchschnittliche Skewness mit steigender Anzahl der im Portfolio enthaltenen Fonds deutlich zurückgeht.

Bessere Abbildung durch Dach-Hedge-Funds

Die empirischen Beweise für die von Lhabitant und Learned vertretenen Argumente liegen zum größten Teil in der Methode der naiven (zufälligen) Diversifikation begründet. Darunter wird die Zusammensetzung eines Portfolios mit gleicher Gewichtung der darin enthaltenen Fonds verstanden. Um zu aussagefähigen Ergebnissen zu kommen, werden 1 000 Portfolios einer vorgegebenen Größe durch die zufällige Auswahl der Fonds aus einer großen Datenbank zusammengesetzt. Dabei wird ein durchschnittliches Risikomaß über die simulierten Portfolios hinweg errechnet.

Allerdings weist diese Vorgehensweise signifikante Verzerrungen (Biases) auf, die bei Hedge Funds systeminhärent sind. So können beispielsweise datenbankspezifische Verzerrungen wie der Instant-History-Bias (nur gute historische Renditen sind in der Datenbank dokumentiert), der Survivorship Bias (schlecht rentierende/bankrotte Fonds

werden nicht berücksichtigt) und der Selection Bias (freiwillige Berichterstattung der Hedge-Fund-Manager kann zur Über- oder Unterschätzung der Renditen führen) die Ergebnisse stark beeinflussen. Darüber hinaus sind die durch die naive Diversifikation generierten Portfolios unter Umständen nicht investierbar: Möglicherweise sind die Hedge Funds geschlossen, zu klein oder verfügen über unzureichende Kapazitäten, um in ein Portfolio aufgenommen zu werden.

Empirische Prüfung

Dach-Hedge-Funds weisen die vorgenannten Biases überwiegend nicht auf. Sie bilden die Welt der Hedge Funds besser ab (siehe zum Beispiel Fung und Hsieh - 2002), so dass sich die Vorteile einer Diversifikation durch die direkte Analyse von Dach-Hedge-Funds zuverlässiger beurteilen lassen. Sollten Dach-Hedge-Funds, wie von Lhabitant und Learned behauptet, tatsächlich überdiversifiziert sein, dürften

Portfolios von Dach-Hedge-Funds keine Verbesserungen der Risikoeigenschaften aufweisen.

Zur Prüfung dieser These werden die durch die naive Diversifikation erzielten Ergebnisse unter Verwendung der Daten von 340 Dach-Hedge-Funds und 1 422 Hedge Funds analysiert, die zwischen Januar 2001 und Dezember 2003 an die TASS-Datenbank gemeldet worden sind. (Die für den Zeitraum Januar 1998 bis Dezember 2000 erzielten Ergebnisse wichen kaum davon ab.)

Abbildung 1 zeigt das Verhalten der Standardabweichung bei den Portfolios von Dachfonds. Ganz klar zeigt sich, dass die durchschnittliche Standardabweichung sowie das 90. Perzentil bei einer zunehmenden Anzahl von Dachfonds sinken. Bei Betrachtung der Standardabweichung scheinen Dachfonds nicht überdiversifiziert zu sein.

Ergebnisvergleich

Darüber hinaus werden die Ergebnisse bei den Dachfonds mit den Ergebnissen naiv diversifizierter Hedge-Fund-Portfolios verglichen. Dazu sei angenommen, dass Dachfonds sich durchschnittlich aus 20 Einzelfonds zusammensetzen. Es zeigt sich, dass die durchschnittliche Standardabweichung von Portfolios von Dachfonds niedriger als die von Portfolios von einzelnen Hedge Funds ist.

Der Unterschied kann auf zwei Ursachen basieren: Entweder auf dem Selection-Bias der Datenbank oder auf dem Mehrwert von Dachfonds. Überraschenderweise ist das 90. Perzentil der Standardabweichung bei den Dachfonds größer. Die Ursache hierfür könnte der Fremdkapitaleinsatz einer kleinen Anzahl von Dachfonds sein.

Wie von Brooks und Kat (2002) nachgewiesen, sind Hedge-Fund-Renditen nicht normal verteilt. Die Standardabweichung ist daher kein ausreichendes Maß, um das Investitionsrisiko zu erfassen. Insbesondere stellten Lhabitant und Learned (2004) fest, dass bestimmte Arbitrage-Strategien ungünstige Eigenschaften wie zum Beispiel eine zurückgehende Skewness bei zunehmender Anzahl der Fonds in einem Style-Portfolio aufweisen.

Skewness geht mit steigender Fondszahl nicht zurück

Abbildung 2 zeigt einen Vergleich des Skewness-Verhaltens zwischen Hedge Funds und Dachfonds. Entgegen den von Lhabitant und Learned (2004) gemachten Aussagen geht die Skewness von Hedge-Fund-Portfolios mit steigender Anzahl der Fonds nicht zurück. Weitere Untersuchungen, die über unterschiedliche Zeiträume durchgeführt wurden, sind vom Verhaltensbild her ähnlich.

Es wurden allerdings alle Hedge-Fund-Strategien in der TASS-Datenbank untersucht und nicht nur Arbitrage-Strategien. Die Verteilung der Skewness bei Dachfonds ist generell niedriger als die bei den Portfolios von Hedge Funds. Möglicherweise sind auch hierbei die genannten Verzerrungen die Ursache. Aufgrund der Sensivität der Skewness bezüglich des gewählten Zeitraumes sollte sie mit Vorsicht betrachtet werden.

Da es zwischen Standardabweichung und Skewness (siehe zum Beispiel Bacmann und Pache - 2004) Substitutionseffekte geben kann, werden die Diversifikationsergebnisse unter Verwendung des modifizierten "Value-at-Risk"-Ansatzes analysiert. Die von Signer und Favre (2002) entwickelte Kennzahl weist eine Abhängigkeit nicht nur von der Standardabweichung, sondern auch von der Skewness und der Kurtosis auf.

Abbildung 3 zeigt einen Vergleich des modifizierten Value-at-Risk von Hedge-Fund-Portfolios gegenüber dem von Dachfonds. Wie bei der Standardabweichung scheint auch hier das Risiko der Dachfonds mit der Größe des Portfolios zurückzugehen. Darüber hinaus liegt der durchschnittliche modifizierte Value-at-Risk bei Dachfonds niedriger als bei einem naiven Portfolio von Hedge Funds. Das ist ein deutlicher Beweis dafür, dass Dachfonds nicht überdiversifiziert sind.

Niedrigere Korrelation bei Dachfonds

Schließlich analysieren wir auch das Verhältnis zwischen der Größe des Portfolios und dessen Korrelation mit dem MSCI World Index. Wie in Abbildung 4 zu erkennen, wächst mit der Anzahl der Fonds in beiden Fällen (bei Hedge-Fund-Portfolios und Dachfonds) auch die durchschnittliche Korrelation. Allerdings fällt die bei Dachfonds ermittelte Korrelation wesentlich niedriger aus als im Falle der Hedge Funds.

Dieser Unterschied ist ein klarer Hinweis darauf, dass es bei der Zusammensetzung eines Dach-Hedge-Funds nicht einfach darum geht, Fonds nach dem Zufallsprinzip auszusuchen und sie auf der Basis einer Gleichgewichtung in einem Portfolio zusammenzustellen. Im Gegenteil: Dach-fonds-Investments erzielen deutliche Erfolge im Vergleich zu zufälligen Hedge-Fund-Portfolios und den Aktienmärkten.

Entgegen den Behauptungen von Lhabitant und Learned (2004) sind Dachfonds ganz offensichtlich nicht überdiversifiziert. Es kann sich sogar als Fehler erweisen, im Rahmen der Diversifizierung die Größe des Portfolios zu reduzieren.

Investitionen in die Portfolios von Dachfonds

Ergänzend stellt sich nach der Analyse die Frage, ob Anleger in die Portfolios von Dachfonds investieren sollten. Dagegen sprechen allerdings verschiedene Gründe: Erstens sind Investitionen in einem Fonds von Dachfonds, auch F3s genannt, eine kostspielige Angelegenheit, denn es kommt noch eine weitere Gebührenebene hinzu.

Zweitens sind Direktinvestitionen in unterschiedlichen Dachfonds schwierig, da sich Fondsmanager überschneiden, die Einstufung der Fondsmanager unterschiedlich ist und es Unterschiede in der Asset-Alloca-tion-Methodik gibt. Dagegen bietet eine einzelne Dachfonds-Lösung einen einheitlichen Ansatz der Asset Allocation sowie eine klar definierte Diversifikationsstrategie. Entsprechende Lösungsansätze gibt es allerdings nur von großen Dachfonds-Anbietern.

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