Gespräch des Tages

Derivate-Kodex - Nur ein erster Schritt

Als das Derivate Forum, heute bestehend aus BNP Paribas, Deutscher Bank, Dresdner Bank, DZ Bank, Goldman Sachs, Hypovereinsbank, Sal. Oppenheim, WestLB und seit Beginn dieses Jahres auch ABN Amro, im Oktober 2005 angekündigt hatte, im Laufe des Jahres 2006 einen Verhaltenskodex zu präsentieren, stieß das auf interessiertes Gehör. Denn die Branche plagt (aus Anlegersicht) insbesondere eines: das Fehlen von Transparenz - und damit letztlich von Vertrauen. Die bestehende aufsichtsrechtliche Regulierung ist, anders als etwa bei den Investmentgesellschaften, für Derivate-Emittenten bislang schließlich nicht sehr ausgeprägt. Und die Wohlverhaltensregeln des BVI Bundesverbands Investment und Asset Management haben seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 2003 bei den deutschen Fondsproduzenten gezeigt, dass eine solide Selbstregulierung nicht nur das Image bei den Anlegern untermauert, sondern auch der Branche als Ganzes gut tut und damit nicht zuletzt Solidität verleiht. Auf den ersten Blick sind die vom Derivate-Forum gerade zur Jahresfrist vorgelegten sechs Leitlinien zur Darstellung des Emittentenrisikos, zur Transparenz des Basiswerts, zur Produktklarheit, zur Darstellung der Rendite- und Risikopotenziale sowie zum Handel also uneingeschränkt zu loben.

Nun haben bekanntlich dort, wo es viele verschiedene Interessen (und -vertreter) gibt, Kompromisse - denn nichts anderes kann eine solche Selbstregulierung schließlich sein - leidlich oft die Eigenschaft, lediglich ein Minimum der erhofften Ziele umzusetzen. Genau diesen Eindruck vermittelt auch der Derivate-Kodex an einigen Stellen beim genaueren Hinsehen. Zum Ersten fehlt eine konkrete Festlegung von Maßnahmen: Wie werden die relevanten Kosten im Einzelnen dargestellt? Warum wurde die Transparenz von Provisionen nicht von Anfang an nach eigenen Maßstäben geregelt, statt sich auf die zukünftigen Vorgaben der noch nicht finalisierten MiFID zu beschränken? Zum Zweiten spiegelt das ebenfalls eingeführte Gütesiegel zunächst eigentlich nur die Unterzeichnung des Kodex durch den jeweiligen Emittenten wider, nicht aber seine Einhaltung. Und damit verbunden: Zum Dritten ist keine "neutrale" Stelle vorgesehen, sei es denn ein Ombudsmann oder ein externes Gremium, die die Einhaltung des Kodex überhaupt überwachen könnte. Zwar droht der Vorstand bei mehrmaligem nachgewiesenem Fehlverhalten mit Ausschluss aus dem Forum, für den (insbesondere privaten) Anleger gleichwohl dürfte das Fehlen einer übergeordneten Instanz leicht nach möglichem "Gemauschel" riechen. Klare Strukturen jedenfalls lässt das Regelwerk hier und da vermissen.

Soll der Kodex eine gewisse Signifikanz im Markt erzielen, gilt es für die Branche also nun, ihn zu konkretisieren und bei den Anlegern zu etablieren. Motivation dafür dürfte sie genug haben. Denn zum einen steigt im wachsenden, aber auch hart umkämpften Markt für Derivate der Druck auf die einzelnen Wettbewerber. Anlagetransparenz kann hier sicherlich gut als Marketinginstrument benutzt werden. Und zum anderen erhöht nicht zuletzt die MiFID die generellen Anforderungen an die Informationsverfügbarkeit in der Finanzbranche. Dieser Entwicklung werden sich auch die Derivateemittenten nicht entziehen können. Intern baut man beim Derivate Forum nicht zuletzt darauf, so wird angemerkt, dass sich die Banken die Einhaltung des Kodex zumindest durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften attestieren lassen. Im Hinblick auf den Vertrieb dürfte dies ebenfalls ein Verkaufsargument sein. Dass das Leitwerk kein "Endprodukt" ist, sondern fortwährend ergänzt werden soll, hat das Derivate-Forum bereits angekündigt.

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