Gespräch des Tages

Deutsche Bank - Eine schwierige Konstellation

Die Entscheidung ist gefallen. Die Deutsche Bank wird ab der Hauptversammlung im kommenden Jahr wieder von einer Doppelspitze geführt - Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Ein solches Modell ist nicht unbedingt neu, das gab es in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts alles schon einmal. Zum gleichen Zeitpunkt wird der bisherige Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann in den Aufsichtsrat wechseln mit dem Ziel, vom Gremium zu dessen Vorsitzenden gewählt zu werden. All das ist ein gewagtes Spiel und es ist fraglich, ob damit nach Monaten der Kandidatenkür endlich die erforderliche Ruhe in die Bank einkehrt. Wahrscheinlich ist es nicht, auch wenn die Erfahrungen von früher zeigen, dass es funktionieren kann.

Allerdings hat die Bank hiermit kein klares Signal für die Zukunft gesetzt. Die Kombination Jain/ Fitschen ist ganz offensichtlich eine Lösung auf Zeit. Wie anders sonst ist es zu erklären, dass die Vorstandsverträge von Jain und Privatkundenvorstand Rainer Neske vom Aufsichtsrat um weitere fünf Jahre bis 2017 verlängert wurden, der des 62-jährigen Jürgen Fitschen dagegen nur um drei Jahre bis 2015? Neske ist also der Hoffnungsträger für all diejenigen, die langfristig einen starken deutschsprachigen und wohl auch deutschstämmigen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank präferieren. Jürgen Fitschen dagegen soll nun weitere drei Jahre die Kontakte zu inländischen Unternehmen und zur Politik pflegen.

Was aber macht Ackermann dann, der Aufsichtsratsvorsitzende, den sich alle gewünscht haben? Bei allem Respekt für das von dem Schweizer bislang Geleistete - für die eigene Bank wie in der Staatsschuldenkrise und auf politischer Ebene für andere Institute mit - bleibt die Frage, ob er es schaffen kann, vom operativ tätigen Topbanker zu einem kontrollierenden Aufsichtsratschef zu werden und gleichzeitig alle Wünsche, die an ihn von Frau Merkel und anderen herangetragen werden, zu erfüllen. Kann er für die Bank sprechen, wenn es beispielsweise um Wertberichtigungsbedarf und Ähnliches geht? Ist das nicht eher Sache des Vorstands? Wird Ackermann auch weiterhin die internationalen Topbanken einigen können wie bislang als Vorsitzender des internationalen Bankenverbandes IIF?

Wen wird Frau Merkel künftig anrufen - Josef Ackermann oder Jürgen Fitschen oder vielleicht doch schon Rainer Neske? Glaubt man Josef Ackermann, was er über sich selbst sagt, dann ist er ein viel zu ungeduldiger und sich einmischender Aufsichtsratsvorsitzender und damit ein schlechter. Warum er es nun dennoch tut, mag eine Mischung aus Stolz, Eitelkeit und Pflichtbewusstsein sein. Klar ist: Die Bank braucht einen Josef Ackermann und damit bleiben nicht viele Alternativen.

Damit zu wichtigen Corporate-Governance-Fragen, auch wenn man den Eindruck haben kann, dass dieser Kodex zwar eifrig auf dem Papier existiert, doch von niemandem ernsthaft gelebt wird. Wie kann es sein, dass die deutsche Politik, die den Wechsel vom Vorstandsvorsitz in die Leitung des Kontrollgremiums eigentlich vehement ablehnt, in diesem speziellen Fall Deutsche Bank einen solchen Schritt nicht nur toleriert, sondern ihn sogar noch befördert? Zu unüberhörbar sind die Rufe nach Josef Ackermann geworden. Ganz offensichtlich bedarf es in besonderen Fällen einer Ausnahme von der Regel, auch wenn das natürlich den ganzen Kodex in Frage stellt. Das sehen wohl auch die Anteilseigner so, die diesen Wechseln tendenziell ebenfalls eher kritisch gegenüberstehen. Sie machen diesen Schritt gar erst möglich. Schließlich bedarf es dafür nach § 100 Aktiengesetz des Vorschlags von mindestens 25 Prozent der Aktionäre, auf der Hauptversammlung langt dann eine Zustimmung mit einfacher Mehrheit.

Und schließlich, an wen wenden sich künftig die Mitarbeiter? Diese haben nun vier Möglichkeiten: Jain, Fitschen, Neske oder Ackermann, je nachdem, wem sie es am ehesten zutrauen, für ihre Vorhaben nützlich zu sein. Die nun gefundene Lösung lässt mehr Fragen offen als sie beantwortet. Das heißt nicht, dass sie nicht funktionieren kann. Aber es bedarf an sehr vielen Stellen sehr viel Fingerspitzengefühl und Zurückhaltung.

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