Aufsätze

Green Bonds - ein neues Anleihesegment etabliert sich

Im Juli 2014 hat mit der KfW Bankengruppe erstmals ein deutscher Emittent einen Green Bond begeben. Damit setzt sich die jüngste Erfolgsgeschichte eines Finanzierungsinstruments fort, das 2007 von der Weltbank zusammen mit der SEB entwickelt wurde. Kurz gesagt sind Green-Bonds-Anleihen, deren Erlöse einer Zweckbindung für klimabezogene Projekte unterliegen und die Investoren eine Transparenz der Mittelverwendung bieten (Green Use of Proceeds Bonds).

Green Bonds von Unternehmen

In den ersten sechs Monaten 2014 wurden bereits annähernd 20 Milliarden US-Dollar an Green Bonds platziert. Nachdem das Emissionsvolumen von rund drei Milliarden US-Dollar im Jahr 2012 auf elf Milliarden US-Dollar im Jahr 2013 angestiegen war, setzt sich das rasante Wachstum dieses Marktsegments auch im bisherigen Jahresverlauf fort. Für 2014 erwartet die Climate Bond Initiative insgesamt ein Neuemissionsvolumen von 40 Milliarden US-Dollar. Und ein weiter interessanter Trend zeichnet sich ab: Dieses Jahr wurde die Hälfte der Green Bonds von Unternehmen begeben. Bis 2012 setzten das Instrument ausschließlich supranationale Organisationen wie die Weltbank, die IFC oder die EIB ein. Später nutzten es auch Gebietskörperschaften und seit Ende 2013 auch Unternehmen. Per Juni 2014 beläuft sich das ausstehende Gesamtvolumen auf über 35,8 Milliarden US-Dollar (Abbildung 1).

Was ist ein Green Bond? Das finanzwirtschaftliche Prinzip eines Green Bonds ist recht einfach: Er ist eine Anleihe wie andere Anleihen auch. Er nutzt bestehende Emissionsprogramme und Dokumentationen, das finanzielle und strukturelle Risikoprofil ist identisch mit klassischen Anleihen und das Pricing entspricht den üblichen Fundinglevels der Emittenten. Daher kann ein Green Bond grundsätzlich von jedem Investor gekauft werden, der auch sonst an dem Emittenten interessiert ist. Er bietet nicht nur institutionellen Investoren mit entsprechenden ESG1) Mandaten die Möglichkeit, sich in einem explizit klimabezogenen Anlageprodukt zu engagieren, sondern ist auch für Standardportfolios attraktiv.

Die besondere Charakteristik wird dadurch erreicht, dass die Anleiheerlöse für qualifizierte "grüne" Projekte vorbehalten sind und die Mittelverwendung im internen Accounting nachgehalten wird. Die Kriterien der qualifizierten "grünen" Projekte werden in einer Rahmenvereinbarung mit dem Emittenten definiert (dem Green Bond Framework) und in den Anleihebedingungen dokumentiert. Zu diesem Rahmen wird von einer unabhängigen Institution eine Zweitmeinung erstellt. Diese Aufgabe übernehmen Zertifizierungsgesellschaften wie Cicero, Vigeo oder DNL. Während der Anleihelaufzeit ist die Transparenz durch ein jährliches Reporting mittels der Veröffentlichung eines kurzen Investorenbriefs gewährleistet.

Leitprinzipien

Die Leitprinzipien für Green Bonds sind nach diesem Verständnis:

- Transparenz - offene Kommunikation,

- Nachverfolgbarkeit - Zweckbindung der Mittelverwendung,

- Governance - "Good Governance"-Rahmen für die Projektauswahl,

- Überprüfung - unabhängige Zweitmeinung zum Green Bond Framework,

- Kooperation - enge Zusammenarbeit der verschiedenen Stakeholder und das Commitment, den Markt für klimabezogene Anleihen zu fördern.

Warum Green Bonds? Der grüne Investmenttrend ist zunächst von der Anlegerseite getrieben. Als Antwort auf die Nachfrage von Investoren mit designierten Fonds für nachhaltige Produkte beziehungsweise ESG-Mandaten wurde das Instrument entwickelt. Neben Versicherungen und Pensionsfonds mit originärem ökologischem Anlagebedarf stellen insbesondere Asset Manager, die entsprechende Portfolios/Mandate für Endinvestoren verwalten, eine zunehmend wichtige Anlegergruppe dar. So ist der Anteil von Asset Managern bei Zeichnungen von Neuemissionen von 5 Prozent auf rund 50 Prozent gestiegen.

Green Bonds bieten jedoch auch Emittenten einen Mehrwert, indem sie das Nachhaltigkeitsprofil des Unternehmens schärfen: sowohl extern durch einen intensiveren Dialog mit den Investoren sowie die Publizität und die Kommunikation der Nachhaltigkeitsstrategie als auch intern durch eine Verzahnung von Nachhaltigkeits-, Finanz-, und Unternehmensstrategie. Der engere Investorendialog stärkt vielfach Loyalität und Verständnis. Auch deshalb erreichen Green Bonds oft einen höheren Anteil an Buyand-Hold-Investoren. Neben der Bindung bestehender Investoren spielt auch die Erweiterung des Investorenkreises eine Rolle. So wurden über 80 Prozent des Debut-Green-Bonds der Weltbank bei neuen Investoren platziert.

Neue Quellen für grüne Investitionen

Bei einer breiteren Betrachtung haben Green Bonds zudem das Potenzial, eine neue Qualität an Mehrwert zu generieren. Sie erschließen finanzielle Ressourcen, um weltweite Klimastressfaktoren zu mildern. Um dieses übergeordnete gesellschaftliche Ziel zu erreichen, sollte Performance nicht mehr nur auf quantifizierbarer Basis betrachtet werden. Vielmehr sollte dieses Ziel von Investoren wie Emittenten als Wert an sich gesehen werden. Indem Green Bonds auf der bestehenden Infrastruktur des Anleihemarktes aufbauen, ermöglichen sie die Erschließung neuer Quellen für grüne Investitionen auch bei traditionellen Investoren. Gleichzeitig bieten sie Wirtschaftsführern die Gelegenheit, ihre Unternehmensorganisation umfassend auf diese neuen gesellschaftlichen Herausforderungen auszurichten - und das auf Basis der bestehenden Infrastruktur.

Wann ist ein Green Bond grün? "Grüne" Projekte sind Projekte, die zum Klimaschutz oder zur Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels beitragen (climate mitigation and adaption). Beispiele für entsprechende Mittelverwendung sind zertifizierte nachhaltige Bauprojekte, Investitionen in erneuerbare Energien und saubere Technologien, der Aufbau einer energieeffizienten Infrastruktur und Logistik, nachhaltige Abfall- und Wasserwirtschaftsprojekte, nachhaltige Landnutzung und Bewahrung der Biodiversität oder auch eine "grüne" IT.

Es gibt jedoch durchaus eine Debatte, welche Standards ein Green Bond erfüllen soll beziehungsweise muss. So sind beispielsweise laut Climate Bonds Initiative 2013/14 knapp 40 Prozent der Green Bonds ohne eine unabhängige Zweitmeinung begeben worden. Es wird daher ein gemeinsamer Rahmen von Regeln und Prozessen benötigt, innerhalb dessen die verschiedenen Stakeholder maßgeschneiderte Green-Bond-Konzepte umsetzen können - manche mehr, manche weniger "grün", je nach Ziel und Bedarf.

Green Bond Principles

Im Januar 2014 haben 13 Banken die Green Bond Principles (GBP)2) entwickelt und vorgestellt. Bis Jahresmitte haben sich rund 50 Banken verpflichtet, diese Richtlinien zu beachten. Diese freiwilligen Richtlinien setzen den Rahmen für die Mittelverwendung, den Prozess der Projektevaluation und -auswahl, das Management der Erlöse und das Reporting. Um die GBP weiter zu entwickeln und zu einem akzeptierten Marktstandard zu machen sowie den Informationsaustausch zu fördern, wurde im April ein Statut vorgestellt, welches die Zusammenarbeit der Marktpartner regelt. Zudem wurde zur Koordinierung ein Sekretariat eingerichtet, das von der ICMA betrieben wird.

Emittentenkreis ausgeweitet

Bleibt die Frage, was "grüne" Projekte sind. Hier geben die GBP keine abschließende Definition. Sie sollen vielmehr zu einer transparenten Kommunikation des Mittelverwendungszweckes anhalten, sodass die Investoren eine informierte Auswahl in Übereinstimmung mit ihrer Anlagestrategie treffen können. Dem liegt das Verständnis zugrunde, dass es nicht die Aufgabe der Banken, Emittenten, NGOs und der Wissenschaft ist, diese Festlegung zu treffen. Vielmehr obliegt sie letztendlich dem einzelnen Investor. Nichtsdestotrotz ist eine von allen Stakeholdern akzeptierte skalierbare, einheitliche und systematische Kategorisierung von "grünen" Assets erforderlich. Auf dieser Basis können Banken maßgeschneiderte Finanzierungslösungen anbieten und Investoren ihre Anlagestrategien definieren.

Wer emittiert Green Bonds? Ursprünglich haben internationale Förderbanken das Primärgeschäft dominiert. Sie verwenden die eingesammelten Mittel für Finanzierungen klimabezogener Förderprojekte. In einer zweiten Phase kamen quasi staatliche Institutionen wie die koreanische Kexim sowie Kommunen und Länder wie Göteborg und Massachusetts hinzu. Ende 2013 hat mit der schwedischen Vasakronan das erste Unternehmen einen Green Bond emitiert. Seitdem haben zunehmend mehr Unternehmen, insbesondere aus Sektoren, die sich für qualifizierte grüne Mittelverwendung anbieten, dieses neue Marktsegment für sich entdeckt. So gehören Adressen aus dem Utility-Sektor wie EDF, Iberdrola und GDF Suez, aus dem Immobilien- und Baubereich wie Unibail-Rodamco, Skanska und Acciona sowie Toyota aus dem Automobil-/Transportsektor und SCA aus dem Wald- und Papiersegment zu den Pionieremittenten.

Die Transaktionsvolumina reichen dabei von 500 Millionen SEK (umgerechnet rund 55 Millionen Euro) bei der Stadt Göteborg bis zu 2,5 Milliarden Euro bei der bisher größten Einzelemission durch GDF Suez. Ein weiterer wichtiger Meilenstein für die Etablierung des Marktes war die erfolgreiche Platzierung einer Ein-Milliarden-US-Dollar-Anleihe für die IFC im ersten Halbjahr 2013. Der Beweis, dass auch Benchmark-Volumina platzierbar sind, rückte das Produkt Green Bonds bei einer neuen Klasse von Investoren, Emittenten und Banken in den Blickpunkt.

Neben den dominierenden Währungen US-Dollar und Euro bieten sich - nicht zuletzt investorenbedingt - auch Opportunitäten in SEK und anderen Nischenwährungen.

Ein stark wachsendes Marktsegment

Wohin geht die CO2-neutrale Reise? Der allgemeine Anlagedruck bei Investoren stützt auch die Nachfrage seitens Mainstream-Investoren nach Green Bonds. Aber auch die Anzahl und das verwaltete Vermögen von ESG-Investoren steigt - und dieser Trend dürfte dank anhaltender gesellschaftlicher Fokussierung auf die Herausforderungen von Klimawandel und Nachhaltigkeit sowie mit fortschreitender Etablierung des Marktsegments Green Bonds weiter an Bedeutung gewinnen. 36 Milliarden US-Dollar ausstehendes Green-Bond-Emissionsvolumen mögen im Vergleich zum gesamten Anleihe-Marktvolumen noch gering erscheinen - aber das Potenzial und die Wachstumsraten sind beachtlich. Für 2015 rechnet die Climate Bonds Initiative bereits mit 100 Milliarden US-Dollar Neuemissionsvolumen bei Green Bonds.

Gleichzeitig werden immer mehr potenzielle Emittenten auf das Instrument aufmerksam - auch aus Deutschland und anderen Ländern des Euro-Währungsraums. Mit dem größer werdenden Investorenwie Emittentenpool dürften im Jahre 2020 schätzungsweise etwa 10 bis 15 Prozent der Corporate Bond Neuemissionen "grün" sein.

Fußnote

1) ESG=Environmental, Social & Governance; Über 1 250 Investoren mit einem verwalteten Vermögen von über 45 Billiarden US-Dollar haben sich mittlerweile der Principles for Responsible Investment-Initiative (PRI) angeschlossen, einer investorengetriebene Initiative in Kooperation mit UNEP Finance Initiative und UN Global Compact zur Einbeziehung von ESG-Kriterien in den Anlageprozess (www.unpri.org).

2) http://www.ceres.org/resources/reports/greenbondprinciples-2014-voluntaryprocessguidelines-for-issuing-green-bonds

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