Aufsätze

Die künftige Bargeldversorgung des Handels

Die Bundesbank hat entschieden, sich aus der Bargeldlogistik zu großen Teilen zurückzuziehen. Ziel sei es, die bislang angebotenen Dienstleistungen privaten Anbietern zu überlassen. Es wird ausdrücklich erklärt, dass eine Steigerung der Effizienz der internen Abläufe angestrebt wird. Im Klartext heißt dies: Die Bundesbank will sparen und Lasten auf den privaten Markt verteilen. Gleichzeitig greift die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie, für die zum 30. April 2011 Übergangsfristen auslaufen, sodass bestimmte Zulassungen für die Fortführung des Geschäftsbetriebs bei privaten Anbietern erforderlich sein können.

Anforderungen des Handels gefährdet

Es ist daher von herausragender Bedeutung für alle Bargeldakteure, dass die Versorgung von Bargeld ebenso wie die Entsorgung der Bestände weiterhin effizient erfolgen kann. Grundsätzlich darf es aus Sicht des Handels, egal ob Ver- oder Entsorgung, nicht zu einer Verschlechterung des Leistungsangebotes der Bundesbankfilialen kommen.

Für den Einzelhandel stehen die zuverlässige Versorgung mit Münzgeld, die flexible Entsorgung von Banknoten und Münzgeld sowie die sichere und zeitnahe Gutschrift auf dem Händlerkonto unter Nutzung der Bundesbankfilialen im Vordergrund. Im Unterschied zur Bundesbank sieht der Handel auch die Entsorgung der Banknoten der Wirtschaftsakteure zumindest teilweise unter hoheitlicher Aufsicht.

Eine Kernforderung aus Handelssicht ist daher, dass das von den Handelshäusern eingesammelte Bargeld von den Geldtransportunternehmen (GTU) auch künftig direkt zugunsten der Bankkonten der Handelsunternehmen eingezahlt werden kann. Auch die kosteneffiziente Versorgung mit Münzgeld ist von herausragender Bedeutung und erfordert eine genaue Betrachtung, sollte das Bundesbankangebot eingestellt werden. Der HDE sieht diese Anforderungen an eine effiziente Bargeldlogistik aktuell als gefährdet.

Neuregelungen im Jahr 2011

Die Bundesbank gibt im Münzgeldbereich seit dem 1. Januar 2011 grundsätzlich nur noch sogenannte Normcontainer aus. Wenn alle Münzsorten benötigt werden, sind demnach acht Normcontainer mit einem Gewicht von fünf Tonnen und einem Wert von 314 000 Euro erforderlich. Dies geht an den Marktbedürfnissen vorbei und erfüllt in keiner Weise die Gegebenheiten im Einzelhandel. Eine bedarfsgerechte Portionierung der erforderlichen Münzbestände wird von der Bundesbank nur noch für einen Übergangszeitraum zur Verfügung gestellt. Allerdings werden für diesen Service nun Gebühren von 25 Euro je Bestellung und je Sorte erhoben. Bei Bestellung aller Münzsorten ergibt dies einen Betrag von 200 Euro je Bestellung.

Weiterhin greift ab 1. Mai 2011 die Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie. An diesem Tag endet eine Übergangsfrist für Unternehmen, die Zahlungsdienste anbieten. GTU, die weiterhin ihre Leistungen am Markt in gewohnter Weise anbieten wollen, benötigen dann eine Zulassung als Zahlungsinstitut, die auf Antrag von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vergeben wird. Von dem Erfordernis einer Zulassung als Zahlungsinstitut ist lediglich der reine Transport der Beträge ausgenommen. Zwischenzeitlich hat die Bundesbank mit der BaFin jedoch auch klargestellt, dass weitere Dienstleistungen freigestellt sind. Dies betrifft beispielsweise den Bartausch von Banknoten gegen Münzen.

Auswirkungen auf die Bargeldlogistik

Zur Abwicklung von Zahlungsdiensten ist nach Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) eine Zulassung als Zahlungsinstitut erforderlich. Die Zulassung wird nach Antragstellung bei der BaFin erteilt. Wenige Wochen vor dem 1. Mai 2011 ist jedoch nicht absehbar, dass ein GTU die Zulassung erhält. Auch wenn berücksichtigt wird, dass die BaFin mit der Zulassung vor neuen Aufgaben steht und eine gewisse Einarbeitung in das Thema erforderlich ist, muss damit gerechnet werden, dass dauerhaft kein GTU mit einer entsprechenden Genehmigung arbeiten kann. Der Einzelhandel befürchtet, dass sich diese Situation auf mittlere Sicht nicht ändert.

Es wird damit bereits heute deutlich, dass es mittelfristig keinen effizienten Markt für Zahlungsdienste geben wird. Kein GTU ist bislang in der Lage, die erforderlichen Auflagen zu erfüllen um damit das gewohnte Leistungsangebot aufrechterhalten zu können. Nur wenige GTU kommen überhaupt in Betracht, auch künftig als Zahlungsinstitut zu agieren. Die zur Lizenzerteilung notwendigen Gegebenheiten wie beispielsweise erforderliche Kapitalausstattung führen zudem zu einer Verteuerung der Angebote, ohne eine zusätzliche Sicherheit zu garantieren.

Marktsituation 2011 Die Situation am Markt der Bargelddienstleistungen im Jahr 2011 stellt sich daher aller Voraussicht nach wie folgt dar:

- Es werden keine oder nur wenige GTU als Zahlungsinstitut am Markt auftreten können (Modell Zahlungsinstitut). Die Leistungsangebote dieser Unternehmen werden dem heute bereits üblichen Umfang entsprechen. Eine zusätzliche Sicherheit durch die Aufsicht der BaFin ist derzeit nicht absehbar. Eine Insolvenzsicherheit der überlassenen Bargeldbeträge ist aus HDE-Sicht nicht gegeben. Durch erhöhte Anforderungen an die Unternehmen ist die Aufrechterhaltung der heutigen Marktpreise nicht möglich.

- GTU ohne Lizenz sind auf die Partnerschaft mit Banken angewiesen, um ihren Kunden die bisherigen Dienstleistungen weiter anbieten zu können. Die bislang bekannten Angebote über derartige "Bankmodelle" werden zu erheblich höheren Preisen führen, als bislang üblich, erste Preiserhöhungen zeichnen sich aktuell bereits ab. Zwar werden den Handelsunternehmen Angebote über Dienstleistungen zur Hartgeldversorgung angeboten. Es ist allerdings oft nicht eindeutig, ob diese Modelle tatsächlich keine Zulassung benötigen, es besteht das Risiko eines Verbotes durch die BaFin. Es ist daher zum Jahresbeginn 2011 eine Situation entstanden, bei der nicht geprüfte und nicht bewährte Versorgungsverfahren angeboten werden.

- Vorgenannte Modelle führen zu einer Änderung des Marktes. Die heutige Marktstruktur mit einer großen Anzahl mittelständiger Unternehmen wird sich hin zu monopolartigen oder doch zumindest oligopolistischen Strukturen entwickeln. Bei gleichzeitigem Rückzug der Bundesbank aus dem Markt ist mit Preissteigerungen in erheblichen Umfang zu rechnen. Es wird bereits heute deutlich, dass sich die bislang veröffentlichten Angebote im Münzgeldbereich an den Preisen der Bundesbank-Übergangslösung orientieren oder diese sogar übertreffen. Es findet also keine Marktpreisbildung statt.

- Kleine und mittelständische Handelsunternehmen, die ihre Bargeldver- und Entsorgung über die Hausbank abwickeln, droht gleichfalls eine erhebliche Mehrbelastung. Es ist absehbar, dass auch Banken zur Versorgung ihrer Filialen und damit im Nachgang ihrer (Geschäfts-)Kunden neue Wege der Bargeldbeschaffung gehen müssen. Dabei kann anders als bei Handelsunternehmen der Umstand genutzt werden, dass bei der Bundesbank ein eigenes Konto besteht, über das eine Bargeldbeschaffung abgewickelt werden kann. Der Eigenbedarf der Kreditinstitute ist somit durchaus einfacher darstellbar.

Forderungen des HDE

Mit der beschriebenen Situation kann der Einzelhandel nicht einverstanden sein. Daher sind folgende Forderungen an die Bundesbank zu richten:

- Die Übergangsfrist zur Ausgabe von Münzgeldbestellungen außerhalb des Normcontainers in Abstimmung mit den Nutzern muss so lange aufrechterhalten werden, bis sich ein effizienter Markt gebildet hat, der ein akzeptables, nach Wettbewerbsgesichtspunkten gerechtfertigtes Preisniveau der angebotenen Leistungen bietet. GTUs haben nicht für alle Kunden die Transport- und Lagerkapazitäten, um getrennt für jeden Kunden die sortenreinen Normcontainer abzuwickeln. Diese Situation wird sich zum 1. Mai 2011 verschärfen, da voraussichtlich die allermeisten GTUs ohne ZAG-Zulassung aktiv sein werden. Der sortenreine Normcontainer sollte daher ausgesetzt werden, solange das private Cash Recycling (siehe dazu die weiteren Ausführungen unten) sich nicht voll umfänglich am Markt etabliert hat. Erst mit einem vorhandenen Cash Recycling unter Einschluss aller Akteure kann die Abwicklung mittels sortenreiner Normcontainer funktionieren.

- Die Konditionen für die Ausgabe von Münzgeld außerhalb des Normcontainers sind auszusetzen. Das heutige Preisniveau ist aufrechtzuerhalten.

- Die Bundesbank muss gestatten, dass Bundesbankkonten für (relevante) Handelshäuser eingerichtet werden können. Diese Konten sind ausschließlich zur Abwicklung der Bargeldver- und-entsorgung zu nutzen. Die Einrichtung derartiger Konten würde große Handelsunternehmen in die Lage versetzen, ähnlich wie Banken die eigene Versorgung mit Bargeld sicherzustellen.

Kombinierte Ein- und Auszahlungsgeräte

Auch der Kreditwirtschaft kommt eine besondere Bedeutung der Bargeldversorgung ihrer Geschäftskunden zu. In der Vergangenheit konnte man beobachten, wie die Banken sich weitgehend vom Bargeldhandling zurückgezogen haben, oftmals bis zur komplett bargeldfreien Filiale. Hier ist ein Umdenken nötig:

- Die Aufstellung von kombinierten Einzahlungs- und Geldauszahlungsgeräten ist zu forcieren. Insbesondere kleinere Handelsunternehmen sind auf die unkomplizierte Entsorgung ihrer Tageseinnahmen angewiesen. Hier ist die eigene Hausbank aufgefordert, entsprechende Lösungen zu bieten.

- Die Kreditwirtschaft muss eine aktive Rolle in der Prozessgestaltung übernehmen. Zwar wird gewürdigt, dass die Institute nicht zur Wahrung hoheitlicher Prozesse verpflichtet werden können. Doch immerhin war es die Branchenvertretung ZKA, die sich mit der Bundesbank im Jahr 2007 zur nationalen Umsetzung des europäischen Handlungsrahmens für das Bargeldrecycling verständigt hat. Die daraus erwachenden Verpflichtungen müssen nun verantwortlich und für alle Akteure wirtschaftlich effizient umgesetzt werden.

Keine Beteiligung am Cash Recycling

Der HDE macht deutlich, dass der Einzelhandel die Angebote etwaiger bestehender Zahlungsinstitute zum privaten Bargeldrecycling nicht wahrnehmen wird, solange die entstehenden Risiken nicht ausgeschlossen werden können. Der Rückzug der Bundesbank aus der Bargeldlogistik sollte eine wesentliche Folge aus der Etablierung des privaten Cash Recycling sein. Keinesfalls sollte die Etablierung des privaten Cash Recycling erzwungen werden. Es ist daher zunächst vordringlich, ein Cash Recycling zu ermöglichen, dass den Ansprüchen der Marktteilnehmer genügt, bevor eine Rückführung des Bundesbankangebotes erfolgt.

Für die Nutzung des privaten Cash Recyclings fehlen jedoch bislang die Voraussetzungen, da kein GTU die ZAG-Zulassung erhalten hat und möglicherweise nicht erhalten wird. Selbst nach Erhalt der Zulassung muss sich das Unternehmen bewähren und zunächst weitere Sicherheiten bieten, bevor der Handel entsprechende Prozesse nutzen wird. Dies sind Lehren aus vergangenen Betrugsfällen und der Finanzkrise.

Zudem hat die Versicherungswirtschaft bislang kein Produkt für die Versicherung eines nicht bestimmbaren Buchhaltungssaldo angeboten und wird dies möglicherweise auch nicht anbieten (Versicherungsschutz wird derzeit nur dann gewährleistet, wenn das physische Geld des GTU-Kunden nicht mit anderen Geldern vermischt wird, sondern eine klare Zurechenbarkeit besteht). Aus diesen Gründen wird sich der Handel nicht an Cash Recycling beteiligen und weiterhin den direkten Weg zur Bundesbank wählen.

Anhaltende Bedenken

Der HDE macht ausdrücklich seine Bedenken geltend, dass die Versorgung und Entsorgung von Bargeld im Einzelhandel zu effizienten Marktbedingungen gefährdet ist. Die Nutzung eines privaten Cash Recyclings im Handel wird zu den derzeit absehbaren Bedingungen nicht akzeptiert.

Die Bundesbank hat es in der Hand, für eine geordnete Überführung eines staatlichen Angebotes in die Hand privater Anbieter zu sorgen. Diese Aufgabe sollte verantwortungsbewusst wahrgenommen werden. Die Abstimmung der angekündigten Maßnahmen zum Rückzug sollte daher den entsprechenden Marktgegebenheiten angepasst werden. Die Umsetzung der genannten Anforderungen des Handels - insbesondere die Aussetzung der Pläne der Bundesbank über eine Einschränkung der Dienstleistungen - kann den Gefahren eines Marktversagens vorbeugen und eine effiziente Versorgung der Akteure aufrechterhalten. Gleichzeitig wird die private Kreditwirtschaft aufgefordert, ihre Aufgabe wahrzunehmen und effiziente Lösungen zur Bargeldlogistik anzubieten.

Der HDE ist bereit, sich in die Entwicklung von Lösungen einzubringen. Die Sicherheit der übergebenen Bargeldbestände muss durch geeignete Maßnahmen zu jeder Zeit gesichert sein. Die Entwicklung geeigneter Versicherungslösungen und wirkungsvolle Überwachung der Akteure sind Ansatzpunkte hierfür.

Ulrich Binnebößel , Referent , Handelsverband Deutschland - HDE e. V., Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X