Aufsätze

Liquiditätsrisikomanagement in kleineren Kreditinstituten: noch Handlungsbedarf!

"Die Liquidität folgt der Rentabilität beziehungsweise der Bonität."1) Sofern diese auf Stützel zurückgehende und in Kreditinstituten allgemein verbreitete These Gültigkeit besitzt, stellt die Sicherstellung jederzeitiger Zahlungsbereitschaft für ertragreiche Kreditinstitute ein tendenziell zu vernachlässigendes Problem dar. Voraussetzung hierfür ist indes, dass ausreichende Liquidität jederzeit extern über einen funktionierenden Geld- und Kapitalmarkt verfügbar ist und das Institut seine Bonität glaubwürdig signalisieren kann.

Erhöhte Aufmerksamkeit für das Liquiditätsmanagement

Die jüngsten Ereignisse an den internationalen Finanzmärkten zeigen auf, dass die Voraussetzungen für Stützels These aktuell nicht zweifelsfrei erfüllt sind. So sind sowohl der Geldmarkt aufgrund des gestörten Vertrauens der Banken untereinander als auch Teile des Kapitalmarktes, speziell der Markt für Asset Backed Securities und für Kredite an Private-Equity- Gesellschaften, nur eingeschränkt funktionsfähig. Zudem hat die Bonität einiger Institute aufgrund bereits aufgedeckter oder noch vermuteter Notwendigkeit zur Risikovorsorge gelitten.2)

Bereits vor den aktuellen Turbulenzen an den Finanzmärkten war das Liquiditätsrisiko wieder stärker in den Fokus der Bankenaufsicht geraten. Nach der grundlegenden Neufassung des Grundsatzes II der BaFin im Jahr 19983) folgte Ende 2006 die Umwandlung in eine Rechtsverordnung (LiqV), durch die erstmals auch bankinterne Modelle zur Bestimmung der ausreichenden Zahlungsfähigkeit zugelassen wurden. Hinzu kommt, dass spätestens ab dem 1. Januar 2008 die neu gefassten Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) für alle Kreditinstitute verbindlich einzuhalten sind, die detaillierte Vorgaben für das Management von Liquiditätsrisiken enthalten.4)

Für Kreditinstitute ergibt sich aus den beschriebenen Entwicklungen die Notwendigkeit, dem Liquiditätsrisikomanagement eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Im Folgenden werden Ausgestaltung und Ergebnisse einer diesbezüglichen Umfrage bei kleineren Kreditinstituten präsentiert.

Die Beurteilung des Status quo zum Liquiditätsrisikomanagement in kleineren Kreditinstituten basiert auf einer Umfrage unter Kreditinstituten in Norddeutschland aus allen drei Bankengruppen.5) Die Anteile der jeweiligen Sektoren entsprechen dabei in etwa den realen Gegebenheiten in Gesamtdeutschland, wodurch die Ergebnisse - wenn auch mit Einschränkungen - als repräsentativ für Deutschland gelten können.

Als Erhebungsmethode wurde ein Fragebogen gewählt, der in acht Fragenkomplexen einzelne Aspekte des Liquiditätsrisikomanagements der Institute behandelte.6) Darunter fallen Angaben zur Risikoeinschätzung, zu Aufgaben des Liquiditätsrisikomanagements sowie zu den verwendeten Verfahren und eingesetzten risikopolitischen Steuerungsinstrumenten. Darüber hinaus sollte eine Frage nach der Bilanzsumme Hinweise auf mögliche Korrelationen zwischen den Antworten und der Größe der Kreditinstitute liefern. Neben der sektoralen Unterscheidung wurden die Kreditinstitute in fünf Größenklassen (Abbildung 1) eingeteilt. Die Verteilung der einzelnen Sektoren innerhalb der Größenklassen kann aus Anonymitätsgründen nicht veröffentlicht werden. Dennoch ist festzuhalten, dass die Konzentrationsprozesse im Sparkassensektor fortgeschrittener sind und sie demzufolge tendenziell die höheren Größenklassen besetzen.7) Diese Tendenz ist bei der weiteren Auswertung zu berücksichtigen, um Fehlinterpretationen hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen Sektoren und Größenklassen zu vermeiden.

In kleineren Kreditinstituten von untergeordneter Bedeutung

Die Ergebnisse der Erhebung belegen, dass Liquiditätsrisiken bei der Mehrheit kleinerer Kreditinstitute bislang eine untergeordnete Bedeutung beigemessen wird (Abbildung 2). Dabei wurden die Bewertungskriterien "wesentlich", "weniger relevant" und "unwesentlich" vorgegeben, von denen eine auszuwählen war. Die Formulierung entspricht den MaRisk, woraus ein Rückschluss auf die derzeitige oder zukünftige Anwendung der aufsichtsrechtlichen Regelungen abgeleitet werden kann.

Demnach stufen insgesamt acht Institute (10 Prozent) das Liquiditätsrisiko als wesentlich, 24 (30 Prozent) als weniger relevant und 48 (60 Prozent) als unwesentlich ein. Auffällig ist dabei, dass der relative Anteil der Institute, die das Risiko als wesentlich beurteilen, mit steigender Größe zunimmt: Während der Anteil aller Institute, die das Liquiditätsrisiko als wesentlich einschätzen, in Größenklasse eins bei null Prozent liegt, entwickelt sich dieser auf 37,5 Prozent in der Größenklasse fünf. Demgegenüber reduziert sich der Anteil derer, die das Risiko als unwesentlich einschätzen von 81 Prozent in Größenklasse eins auf 37,5 Prozent in Größenklasse fünf.

Eine weitere Frage beschäftigte sich mit der Entwicklung der Bedeutung des Liquiditätsrisikomanagements in den letzten Jahren. Hierfür waren fünf Antwortmöglichkeiten vorgegeben, wobei sich die Teilnehmer wiederum auf eine festzulegen hatten. Die Auswertung dieser Frage ergab, dass 1,25 Prozent der Teilnehmer die Bedeutung als "stark gestiegen", 50 Prozent als "gestiegen", 41,25 Prozent als "unverändert", fünf Prozent als "zurückgegangen" und 2,5 Prozent als "stark zurückgegangen" einschätzen. Wie schon bei Frage eins ist die Tendenz erkennbar, dass vorwiegend größere Institute eher dazu neigen, eine steigende Bedeutung festzustellen (Abbildung 3). Auffällig ist dabei, dass primär Sparkassen und Privatbanken diese Auffassung vertreten.

Gründe für veränderte Bedeutung

Als nächstes sollten mögliche Gründe für die veränderte Bedeutung des Liquiditätsrisikomanagements benannt werden, wobei Mehrfachnennungen zulässig waren. Insgesamt führten 55,3 Prozent der Teilnehmer "regulative Anforderungen" als einen Grund an, 34,3 Prozent nannten "betriebswirtschaftliche Gründe/Wettbewerb" und 10,4 Prozent entschieden sich für "andere Gründe". Signifikante Abweichungen ergeben sich auch bei dieser Frage erneut aus einer sektorspezifischen Analyse. Der Anteil der Kreditgenossenschaften, die betriebswirtschaftliche Gründe für eine Veränderung verantwortlich machen, beträgt 44,4 Prozent gegenüber 25 Prozent und 22,2 Prozent bei Sparkassen und privaten Banken.

Eine zusätzliche größenabhängige Analyse zeigt, dass speziell kleinere Kreditgenossenschaften häufiger (47,9 Prozent) betriebswirtschaftliche Gründe angeben, wohingegen regulative Anforderungen weniger bedeutsam sind (30,7 Prozent). Dieses Verhältnis dreht sich mit zunehmender Größe, sodass betriebswirtschaftliche Gründe (40 Prozent) hinter regulativen Anforderungen (62,5 Prozent) zurückfallen.

Interne Verfahren kaum verbreitet

Die folgende Frage sollte eine Einschätzung der derzeitig verwendeten und zukünftig geplanten Risikoanalyseverfahren ermöglichen. An dieser Stelle wurden den Teilnehmern vier verschiedene Alternativen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus konnten auch interne Verfahren benannt werden, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Die Auswertung ergab, dass das Standardverfahren der LiqV in nahezu jedem Institut verwendet wird. Der Anteil ist jedoch mit zunehmender Institutsgröße rückläufig, wohingegen Liquiditätsablaufbilanzen häufiger zur Anwendung kommen. Abbildung 4 zeigt die sektorunabhängigen relativen Anteile der Verfahren innerhalb der Größenklassen: Demnach verfügen nur wenige Institute über interne Verfahren, wobei mathematisch-statistische Modelle sogar nur in einem Institut existieren. Szenarioanalysen kommen in jeder Größenklasse zur Anwendung, hinsichtlich des Anteils ergibt sich aber ein gemischtes Bild.

Insgesamt (unter Herausrechnung der Abbildung Mehrfachnennungen) ist festzustellen, dass 93,8 Prozent aller Institute das Standardverfahren verwenden, 18,8 Prozent Szenarioanalysen, 41,3 Prozent Liquiditätsablaufbilanzen, 1,25 Prozent mathe-matisch-statistische Modelle sowie 6,25 Prozent interne Verfahren.

Interessant ist ein Blick auf die Institute, die derzeit ausschließlich eins der möglichen Verfahren verwenden und deren Anteil immerhin 48,8 Prozent beträgt. An dieser Stelle liefert eine sektorspezifische Analyse weitere Erkenntnisse (Abbildung 5). Es zeigt sich, dass die ausschließliche Anwendung des Verfahrens erheblich von der Zugehörigkeit zum jeweiligen Sektor abhängig ist. So verwenden 59,6 Prozent aller genossenschaftlichen Institute ausschließlich ein Verfahren, gegenüber 33,3 Prozent im Sparkassensektor.8) Sofern lediglich ein Verfahren genutzt wird, verwenden 92,3 Prozent das Standardverfahren, darunter 96,7 Prozent der jeweiligen Kreditgenossenschaften und 75 Prozent der Sparkassen. Liquiditätsablaufbilanzen kommen bei 7,7 Prozent zur ausschließlichen Anwendung. Alle anderen Möglichkeiten kommen isoliert nicht vor. Der hohe relative Anteil des Standardverfahrens in den unteren Größenklassen ist demzufolge eher auf den Anteil der darin enthaltenen Kreditgenossenschaften als auf die Institutsgröße zurückzuführen.

Auch hinsichtlich der zukünftigen Anwendung ist eindeutig eine sektorspezifische Unterscheidung erkennbar. Während Kreditgenossenschaften am bisherigen Vorgehen festhalten, tendieren Sparkassen zu einer vermehrten Anwendung von Liquiditätsablaufbilanzen zulasten des Standardverfahrens.9)

Risikoquantifizierung

In der nächsten Frage sollten die teilnehmenden Kreditinstitute die vorhandenen Verfahren hinsichtlich ihrer Eignung zur Risikoquantifizierung bewerten. Insgesamt standen hierzu fünf Möglichkeiten (von "sehr genau" bis "gar nicht") zur Verfügung, von denen eine auszuwählen war. Insgesamt waren zwei Institute (2,5 Prozent) der Meinung, das Risiko "sehr genau" quantifizieren zu können. "Ausreichend genau" wählten 61 Teilnehmer (76,25 Prozent), sieben (8,75 Prozent) entschieden sich für "weniger genau" sowie ebenfalls sieben (8,75 Prozent) für "nur sehr ungenau" und drei (3,75 Prozent) für "gar nicht". Eine Unterscheidung nach Größenklassen liefert an dieser Stelle erneut detaillierte Erkenntnisse (Abbildung 6).

Dies zeigt deutlich, dass speziell größere Kreditinstitute die zur Verfügung stehenden Verfahren kritischer beurteilen. Unabhängig von der Größe wird auch diese Tendenz stark von den Sparkassen geprägt. So sind von den insgesamt 17 Instituten (21,25 Prozent), die eine Beurteilung mit "weniger genau" oder schlechter abgaben, zwölf (70,6 Prozent) aus dem Sparkassensektor. Als "ausreichend genau" oder besser beurteilten 63 Institute (78,75 Prozent) die Verfahren, wobei hiervon 76,2 Prozent aus dem genossenschaftlichen Sektor stammen. Die Kreditgenossenschaften der Gruppe fünf hingegen urteilten wie die Sparkassen sehr kritisch.

Unterschiedlicher Einsatz von Steuerungsinstrumenten

Im Mittelpunkt einer weiteren Frage standen Strategien zur Steuerung von originären Liquiditätsrisiken. Insgesamt wurden 16 Einzelmaßnahmen vorgegeben und die Teilnehmer um Angabe gebeten, ob und in welchem Ausmaß sie diese nutzen. Die Ergebnisse sind der folgenden Abbildung 7 zu entnehmen.

Die Ergebnisse zeigen, wie unterschiedlich die verschiedenen Maßnahmen in den Instituten zur Anwendung kommen. So wird beispielsweise deutlich, dass Versicherungen oder die Ablehnung von Geschäften in der Regel nicht als Risikosteuerungsmaßnahme für Liquiditätsrisiken gesehen werden oder in Frage kommen. Im Gegensatz dazu ist die Risikovorsorge durch Bildung von Liquiditäts- und Eigenkapitalreserven ein mehrheitlich genutztes Instrument.

Aufgabe des Liquiditätsrisikomanagements

In der abschließenden Frage sollte der Zweck des Liquiditätsrisikomanagements in den Kreditinstituten erhoben werden. Hierzu wurden die drei Aussagen: "dient überwiegend zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit", "ist ein wesentlicher Bestandteil zur Erwirtschaftung von Erträgen" und "dient hauptsächlich zur Erfüllung aufsichtlicher Anforderungen" vorgegeben, welche mit "stimme voll zu", "stimme zu", "stimme weniger zu" oder "stimme nicht zu" zu bewerten waren (Abbildung 8).

Es wird deutlich, dass eine große Mehrheit der Institute die Aufgabe des Liquiditätsrisikomanagements in der Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit sieht. Die Erwirtschaftung von Erträgen oder die Erfüllung regulativer Anforderungen werden als wesentliche Aufgaben häufiger verneint. Hauptsächlich zwischen Kreditgenossenschaften und Sparkassen existieren sektorspezifisch erhebliche Differenzen hinsichtlich der Beurteilung der letzten beiden Aussagen. So sehen 68,6 Prozent aller Kreditgenossenschaften in der Erwirtschaftung von Erträgen eine wesentliche Aufgabe des Liquiditätsrisikomanagements. Demgegenüber stehen lediglich 20,8 Prozent im Sparkassensektor und 25 Prozent im privaten Bankensektor. Die Erfüllung regulativer Anforderungen wird hingegen von 55,1 Prozent aller Kreditgenossenschaften als hauptsächliche Aufgabe betrachtet. Im Sparkassensektor liegt der entsprechende Wert bei 91,3 Prozent. Größenspezifische Unterschiede bestehen darüber hinaus nicht.

Keine Wahrnehmung als Ertragsbringer

Liquiditätsrisiken sind im Vergleich zu Marktpreis- und Ausfallrisiken im Risikomanagement kleinerer Kreditinstitute von untergeordneter Bedeutung. Einige Institute bezeichneten sie sogar als nicht existent. Begünstigt wird diese Risikowahrnehmung hauptsächlich durch bestehende Verbundstrukturen, die vereinfachte Möglichkeiten der Liquiditätsbeschaffung bieten. Das Liquiditätsrisiko beschränkt sich daher in der Wahrnehmung häufig auf ein Erfolgsrisiko. Liquidität gilt als jederzeit verfügbar, fraglich ist lediglich zu welchem Preis.11)

In der Tat mag diese Einschätzung im Regelfall zutreffen. Die jüngsten Ereignisse an den Finanzmärkten zeigen jedoch, dass berechtigte Zweifel an dieser Einschätzung angebracht sind. Ein Liquiditätsrisikomanagement, das sich auf Gegebenheiten stützt, die nicht im Autonomiebereich des Kreditinstitutes liegen, birgt die Gefahr, dass das Institut krisenanfällig ist. Im Falle einer allgemeinen Liquiditätskrise kann eine Kettenreaktion entstehen, die das gesamte System belastet. Auch für die Schaffung eines angemessenen Risikobewusstseins ist eine derartige Risikowahrnehmung hinderlich, was sich in der Regel negativ auf die Qualität des gesamten anschließenden Risikomanagementprozesses auswirkt.

Insgesamt bleibt außerdem festzuhalten, dass derzeit keines der an der Umfrage teilnehmenden Institute über ein Liquiditätsrisikomanagement verfügt, das betriebswirtschaftliche Qualitätskriterien in vollem Umfang erfüllt. Zukünftig werden insgesamt drei Kreditinstitute (3,75 Prozent) über mathematisch-statistische Verfahren verfügen. Hiervon sieht allerdings lediglich ein Institut die Aufgabe des Liquiditätsrisikomanagements in der Erwirtschaftung von Erträgen, sodass eine ertragsorientierte Anwendung weiterhin überwiegend unrealistisch bleibt. Die Erkenntnis, dass Liquiditätsrisikomanagement durchaus einen Beitrag zum Unternehmensgewinn leisten kann, ist im genossenschaftlichen Sektor bei 68,6 Prozent der Institute zwar prinzipiell vorhanden, eine praktische Umsetzung scheitert jedoch an methodischen Schwächen.

Vertrauen auf verbundinterne Refinanzierungsmöglichkeiten

Aus aufsichtsrechtlicher Perspektive hinterlässt vor allem die alleinige Anwendung des Standardverfahrens in Kreditgenossenschaften erhebliche Zweifel hinsichtlich der Sicherstellung jederzeitiger Zahlungsfähigkeit. Das Standardverfahren vermag weder strukturelle Liquiditätsengpässe aufzuzeigen noch sind kurzfristige Liquiditätsanforderungen abschätzbar. Institute, die allein dieses Verfahren nutzen, verlassen sich oftmals auf verbundinterne Refinanzierungsmöglichkeiten. Sie verfügen, zumindest nach den Angaben in der Befragung, über keinerlei Analysen, die Auskunft darüber geben, wie lange im Krisenfall ohne externe Liquidität gewirtschaftet werden kann, ohne Vertrauensschäden zu erleiden.

Vor allem mit Blick auf die Anforderungen der MaRisk ist festzuhalten, dass diese derzeit von der Hälfte der Kreditgenossenschaften nicht erfüllt werden können. Hintergrund hierfür ist die Auffassung, dass die in BTR 3 geforderten Liquiditätsübersichten und Szenarioanalysen durch die Verbundstrukturen entbehrlich seien und eine laufende Überwachung über die Kennziffern der LiqV ausreichten.12) Entsprechend ist zu erwarten, dass die Mehrheit der Kreditgenossenschaften erwägt, das Liquiditätsrisiko als unwesentlich zu bewerten und sich dadurch den Anforderungen der MaRisk in AT 2.2 Tz. 1 zu entziehen. Sparkassen sind auf diesem Gebiet mit den bestehenden Verfahren deutlich besser aufgestellt und methodisch wie kognitiv besser darauf vorbereitet, die Anforderungen des besonderen Teils der MaRisk erfüllen zu müssen.

Positiv hervorzuheben ist, dass über 60 Prozent aller Institute regelmäßig Eigenkapital für liquiditätsinduzierte Verluste reservieren, auch wenn unklar ist, wie die Höhe der Eigenkapitalreserven bemessen wird. Allerdings ist es vor diesem Hintergrund wiederum verwunderlich, warum die Mehrheit dieser Institute die dabei entstehenden Eigenkapitalkosten nicht adäquat in der Preiskalkulation berücksichtigt. Eine mögliche Begründung hierfür ist möglicherweise der zunehmende Preiswettbewerb und ohnehin geringe Margenspielräume.13) Im Vergleich zu Risikokosten für Kreditausfälle sollte die Einbeziehung von Liquiditätsrisiken allerdings kaum wettbewerbsrelevante Größenordnungen erreichen, was möglicherweise auch ein Grund dafür ist, dass diese als entbehrlich angesehen wird.

Anlass zur kritischen Reflexion

Bei der Auswertung und Beurteilung ist jedoch darauf zu verweisen, dass es sich um eine Durchschnittsbetrachtung handelt. Dies beinhaltet zweifellos die Möglichkeit, dass sich einzelne Institute sowohl positiv, aber auch negativ von anderen Vergleichsinstituten abheben. Insgesamt sind dennoch größen- und hauptsächlich sektorspezifische Entwicklungen erkennbar, die den betroffenen Kreditinstituten ausreichend Anlass zur kritischen Reflexion des eigenen Liquiditätsrisikomanagements bieten. Inwieweit ein Umdenken erforderlich ist, hat jedes Kreditinstitut unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten und Möglichkeiten selbst zu entscheiden.

Literatur

Best, S. (2007): Gute Noten dank hoher Liquidität, in: Handelsblatt vom 21. Februar 2007, Seite B4. Deutsche Bundesbank (Hrsg.) (2007): Bankenstatistik - Statistisches Beiheft zum Monatsbericht 1, Juni 2007.

Hagedorn, D. (2007): Turbulenzen an den Finanzmärkten, in: Die Bank, o. Jg. (2007), H. 12, Seiten 20 bis 26.

Meyer zu Selhausen, H. (2001), Liquiditätspolitik der Banken und Liquiditätsgrundsätze, in: W. Gerke/M. Steiner (Hrsg.), Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, 3. Aufl., Stuttgart, Spalten 1503 bis 1515.

Moch, N. (2007): Liquiditätsrisikomanagement in Kreditinstituten, Lohmar/Köln.

Ramke, T./Schöning, S. (2006): MaRisk: Einbeziehung von Liquiditätsrisiken in das Risikomanagement, in: ZfgK, 13/2006, Seiten 681 bis 685.

Schneider, E./Sternberg, C. (2006): Kein Problem: MaRisk-Einführung wird den Banken leichter gemacht, in: BI, 33. Jg. (2006), H. 5, Seiten 47 bis 51. Schöning, S. (2004): Der Grundsatz II der BaFin eine kritische Beurteilung (Teil I), in: KuK, 37. Jg. (2004), Seiten 383 bis 417.

Schulte, J./Schneemann, U./Markus, D. (2006): Interessante Projektergebnisse zum Liquiditätsrisiko: Liquiditätsrisikosteuerung mit der Zahlungsstrombilanz, in: BBl, 55. Jg. (2006), Seiten 411 bis 417.

Stützel, W. (1983): Bankpolitik - heute und morgen, 3. Aufl., Frankfurt am Main.

Fußnoten

1) Vgl. Stützel (1983), Seiten 33 f.; vgl. auch Meyer zu Selhausen (2001), Spalte 1506.

2) Vgl. Hagedorn (2007), Seiten 20 ff.

3) Zu den Inhalten vgl. Schöning (2004), Seite 390 ff.

4) Vgl. Ramke/Schöning (2006), Seiten 681 ff.

5) Angeschrieben wurden insgesamt 379 norddeutsche Kreditinstitute, darunter 241 Kreditgenossenschaften und 113 Sparkassen aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Meck- lenburg-Vorpommern und Brandenburg. Hinzu kommen 25 Banken des privaten Sektors aus Schles-wig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen. Insgesamt beantworteten 80 Institute den Fragebogen (Rücklaufquote rund 21 Prozent).

6) Der komplette Fragebogen ist in Moch (2007), Seiten 134 f. abgedruckt.

7) Die Konzentration lässt sich sowohl an der Zahl der Institute als auch an der realen Grö ßenverteilung ablesen. Vgl. hierzu Deutsche Bundesbank (2007), Seiten 104 f.

8) Teilnehmende private Banken nutzen jeweils mindestens zwei Verfahren.

9) Dieses Ergebnis steht im Einklang mit veröffentlichten Bestrebungen innerhalb des Sparkassensektors. Vgl. hierzu Schulte et al. (2006), Seiten 411 ff.

10) Nicht alle Teilnehmer machten Angaben zu jeder Maßnahme. Die Berechnung der jeweiligen Anteilswerte basiert daher auf der tatsächlichen Anzahl der Antworten.

11)Vgl. Schulte et al. (2006), Seite 411.

12) Vgl. Schneider/Sternberg (2006), Seite 51. 13) Vgl. Best (2007), Seite B4.

Prof. Dr. Stephan Schöning , Professor für ABWL/Finance, SRH Hochschule Heidelberg
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