Aufsätze

Neue Eigenkapitalanforderungen - Auswirkungen auf Sparkassen

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat deutliche Schwächen in den bestehenden Vorgaben der Bankenaufsicht gezeigt, die zu einer Vielzahl von neuen Regelungen geführt haben. Eines der wesentlichen Elemente bildet dabei die Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der Institute in qualitativer und in quantitativer Hinsicht. Ziel ist dabei unter anderem, dass der Bankensektor weniger stark auf staatliche Kapitalzuführungen angewiesen ist und zukünftige Krisensituationen aus sich selbst heraus bewältigen kann. Die Vorgaben hierzu wurden Ende Dezember 2009 durch das Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) als Bestandteil des Konsultationspapiers "Strengthening the resilience of the banking sector" veröffentlicht.1)

Nach der Konkretisierung der Bestimmungen im September 2010 erfolgte die Beschlussfassung auf dem G20-Gipfel in Seoul im November 2010. Die Einführung dieser auch als Basel III bezeichneten Vorgaben wird seit Monaten in der Kreditwirtschaft kontrovers diskutiert, wobei oftmals auch vor dem Entstehen einer Kreditklemme, also einer drastischen Verknappung und Verteuerung von Krediten an Unternehmen und Privatpersonen, gewarnt wird.

Eigenmittel von Sparkassen vor Umsetzung von Basel III

Vor diesem Hintergrund befasst sich der Beitrag mit den Auswirkungen der Reform der Eigenkapitalanforderungen auf deutsche Sparkassen. Da diese Institutsgruppe traditionell maßgeblich zur Kreditversorgung in Deutschland beiträgt, lassen sich hieraus auch Erkenntnisse bezüglich der Möglichkeit einer Kreditklemme gewinnen. Zunächst wird dafür ein knapper Überblick über die heutigen Bestandteile des Eigenkapitals in Sparkassen gegeben. Anschließend werden die themenrelevanten Bestandteile von Basel III vorgestellt und die Ergebnisse einer für 25 Sparkassen durchgeführten Auswirkungsanalyse präsentiert.

Das KWG enthält im § 10 eine abschließende Aufzählung (Enumerationsprinzip) aller als Eigenmittel geltenden Instrumente und berücksichtigt dabei auch rechtsformspezifische Besonderheiten. Es werden drei unterschiedliche Eigenmittelkategorien definiert, die sich qualitativ in ihrer Eignung zur Deckung laufender Verluste aus dem Bankgeschäft und zur Verlustdeckung im Falle einer Insolvenz oder Liquidation unterscheiden.

Für öffentlich-rechtliche Sparkassen2) sind primär die folgenden Eigenmittelbestandteile relevant:

- Kernkapital: Rücklagen, Sonderposten für allgemeine Bankrisiken nach § 340g HGB, Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter.

- Ergänzungskapitel 1. Klasse: Vorsorgereserven nach § 340f HGB, Genussrechtsverbindlichkeiten, anteilige nicht realisierte stille Reserven.

- Ergänzungskapital 2. Klasse: Langfristige nachrangige Verbindlichkeiten.

Um eine hohe Qualität der Eigenmittel sicherzustellen, sieht das KWG zusätzlich Abzüge von den Eigenmitteln sowie die Einhaltung bestimmter Verhältnisse zwischen den Eigenmittelkategorien vor. Dies galt bislang als Garant dafür, dass die Eigenmittel eine ausreichende Mindestqualität aufweisen.

Qualität und Zusammensetzung

Die Erfahrungen aus der Finanz- und Wirtschaftskrise haben zu einem breiten politischen Konsens darüber geführt, dass eine stärkere Regulierung des Bankensektors notwendig ist, um zukünftig vergleichbare Krisen zu vermeiden. Einen wesentlichen Schritt zur Umsetzung dieser Forderungen stellt das Konsultationspapier "Strengthening the resilience of the banking sector" des BCBS vom 17. Dezember 2009 dar. Der inhaltliche Schwerpunkt ist die Neudefinition der qualitativen Anforderungen an Eigenmittel von Kreditinstituten. Übergeordnete Zielsetzungen der neuen Vorgaben ist, dass als Kernkapital anerkannte Instrumente eine Fortführung der Bank durch die Deckung laufender Verluste ermöglichen sollen, dass Abzüge von der qualitativ hochwertigsten Kapitalkategorie erfolgen sollen, dass es sich um eine einfache, international anwendbare Definition handeln soll und dass eine umfassende Offenlegung der als Eigenmittel genutzten Instrumente erreicht werden soll. Bei den genannten Punkten handelt es sich auch gleichzeitig um die seitens des BCBS identifizierten wesentlichen Schwächen der bisherigen Eigenmittelvorschriften.

Neue Kriterien faktisch gültig

Die Inhalte der neuen regulatorischen Vorgaben lassen sich wie folgt zusammenfassen: Kernkapital setzt sich künftig aus hartem und ergänzendem Kernkapital zusammen, wobei der überwiegende Teil aus hartem Kernkapital bestehen muss. Die Definition von Ergänzungskapital wird vereinheitlicht und die bisherige Einteilung in mehrere Unterkategorien aufgegeben. Gleichzeitig soll die Begrenzung des anrechenbaren Ergänzungskapitals abgeschafft werden. Drittrangmittel werden abgeschafft, damit auch Marktpreisrisiken mit qualitativ hochwertigen Eigenmitteln unterlegt werden. Die Anerkennung als Eigenmittel setzt das Erfüllen eines umfassenden Kriterienkatalogs voraus. Die Offenlegungsanforderungen zur Zusammensetzung der Eigenmittel werden verschärft. Die Mindestkapitalquoten und der Mindestanteil des harten Kernkapitals am gesamten Kernkapital werden auf Basis der Ergebnisse einer Auswirkungsstudie neu festgesetzt.

Die Vorgaben für die Mindestkapitalquoten, den Mindestanteil des harten Kernkapitals und einen Kapitalerhaltungspuffer wurden im September 2009 vom BCBS konkretisiert.3) Gleichzeitig wurden auch die Übergangsfristen für die Veränderungen bei den Abzugspositionen und den Umgang mit aktuell vorhandenen Eigenkapitalinstrumenten definiert, die nicht mehr den neuen Kriterien für ergänzendes Kern- beziehungsweise Ergänzungskapital genügen. Die Abbildung 1 verdeutlicht die Entwicklung der vorgesehenen Mindestkapitalquoten in den kommenden Jahren.

Die Mindestgröße für den Solvabilitätskoeffizienten bleibt mit 8 Prozent unverändert, unter Berücksichtigung des Kapitalerhaltungspuffers sind ab dem 1. Januar 2019 jedoch 10,5 Prozent Eigenmittel erforderlich. Die nationalen Aufsichtsbehörden haben die Möglichkeit, die Einführung des Kapitalerhaltungspuffers, der zu mindestens einem Prozentpunkt aus hartem Kernkapital bestehen soll, zu beschleunigen. Ein zusätzlicher antizyklischer Puffer von bis zu 2,5 Prozentpunkten kann eingeführt werden, wenn die nationalen Umstände dies zum Beispiel aufgrund eines übermäßigen Kreditwachstums erfordern.

Übergangsfrist

Die Abzugspflicht bestimmter Positionen vom harten Kernkapital wird ab dem 1. Januar 2014 in fünf Schritten von jeweils 20 Prozent eingeführt. Ab dem 1. Januar 2018 besteht dann eine ausschließliche Abzugsverpflichtung vom harten Kernkapital. Für diejenigen Instrumente, die nach aktueller Rechtslage als Eigenmittel anrechenbar sind, aber die Kriterien an Kapitalbestandteile gemäß Basel III nicht mehr erfüllen, wurde eine zehnjährige Übergangsfrist definiert. Für Sparkassen in der Rechtsform der Aktiengesellschaft ergibt sich dabei die Verschärfung, dass bereits ab dem 1. Januar 2013 nur noch Stammaktien und Gewinnrücklagen als Kernkapital anerkannt werden.

Eine Ausnahme von dieser Regelung gibt es nur für Nicht-Aktiengesellschaften, wenn das jeweilige Instrument heute als Eigenkapital gemäß den gültigen Bilanzierungsstandards angesehen und als Kernkapital anerkannt wird. Da nur solche Instrumente von den Übergangsvorschriften profitieren sollen, die vor dem 12. September 2010 emittiert worden sind, gelten für die Beschaffung weiteren Kapitals damit faktisch ab sofort die vom BCBS neu formulierten Kriterien für die verschiedenen Kapitalbestandteile.

Anforderungen an Kern- und Ergänzungskapital

Die Anerkennung als hartes beziehungsweise ergänzendes Kernkapital setzt zukünftig das Erfüllen von 14 Kriterien voraus. Auch für Ergänzungskapital wurde ein neun Punkte umfassender Kriterienkatalog erarbeitet. Es müssen jeweils sämtliche aufgeführten Kriterien erfüllt werden, damit eine Anerkennung als Kapitalbestandteil möglich ist. In den formulierten Kriterien drückt sich der Wechsel zu einer prinzipienbasierten Kapitaldefinition aus, der einen wesentlichen Unterschied zum heutigen Verfahren darstellt. Abgesehen davon, dass für alle drei Kapitalbestandteile auch weiterhin das heute bereits gültige Prinzip der effektiven Kapitalaufbringung erfüllt sein muss, wurden unter anderem die in der Abbildung 2 skizzierten Anforderungen formuliert.

Aufbauend auf der neuen Kapitaldefinition sind zukünftig drei Solvabilitätskoeffizienten unter ausschließlicher Verwendung des harten Kernkapitals, des gesamten Kernkapitals und der Summe aus Kern- und Ergänzungskapital zu berechnen. Neben den Veränderungen bei der Kapitaldefinition enthält das Konsultationspapier deutlich verschärfte Offenlegungsanforderungen zur Zusammensetzung der Eigenmittel sowie Veränderungen bei den Abzugspositionen.

Das BCBS hat die neuen Standards den G20 auf dem Gipfeltreffen im November 2010 in Seoul vorgelegt und im Anschluss daran die endgültige Fassung des Konsultationspapiers Ende 2010 veröffentlicht. Die Überführung in EU-Recht ist im laufenden Jahr durch Änderungen der Banken- und Kapitaladäquanzrichtlinie absehbar, wobei lediglich kleinere Modifikationen zu erwarten sind.

Es steht zudem noch nicht fest, ob es bei der noch ausstehenden Umsetzung in nationales deutsches Recht zur Berücksichtigung nationaler Besonderheiten kommen wird. Substanzielle Änderungen sind indes nicht zu erwarten, sodass im Folgenden auf Basis des vorliegenden BCBS-Vorschlags analysiert wird, welche Auswirkungen die Reform auf Sparkassen voraussichtlich haben wird.

Für die Analyse der Auswirkungen auf Sparkassen wurde eine Stichprobe von 25 Instituten gebildet. Um eine bundesweite Abdeckung zu erreichen, wurden Sparkassen aus fast allen Verbandsgebieten zufällig ausgewählt. Die Anzahl der Sparkassen je Verbandsgebiet wurde über den Anteil der jeweiligen Summe der Bilanzsumme im Verbandsgebiet im Verhältnis zur Summe aller 431 Sparkassen zum Jahresende 2009 ermittelt. Für die ausgewählten Sparkassen wurden die Offenlegungsberichte gemäß Solvabilitätsverordnung sowie die Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2009 herangezogen.

Aus Praktikabilitätserwägungen wurden bei der Untersuchung folgende vereinfachenden Annahmen verwendet: Im Offenlegungsbericht ausgewiesene Abzugspositionen gemäß § 10 Absatz 2b Satz 2 und Absatz 6 KWG wurden in unveränderter Höhe vom harten Kernkapital abgezogen. Die geänderten Vorgaben für die Ermittlung des unterlegungspflichtigen Marktpreisrisikos wurden nicht berücksichtigt, da diese auf Grundlage der verwendeten Daten nicht ermittelt werden können. Die weiteren im Rahmen der Umsetzung von Basel III angekündigten Anpassungen bei der Ermittlung der risikogewichteten Aktiva wurden ebenfalls nicht berücksichtigt.

Insgesamt konzentriert sich die Analyse damit auf die Ermittlung des modifizierten verfügbaren Eigenkapitals gemäß Basel III und vernachlässigt die zeitgleich oder bereits im Vorwege eintretenden Veränderungen bei der Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen.

Aktuelle Eigenkapitalausstattung ausgewählter Sparkassen

Die Auswertung der aktuellen Kernkapitalquoten und Gesamtkennziffern der untersuchten Sparkassen zeigt, dass die aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Mindestkapitalquoten zum Teil deutlich überschritten werden: So liegt die Kernkapitalquote zwischen 6,3 Prozent und 15,8 Prozent, der einfache arithmetische Mittelwert bei 9,8 Prozent. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Gesamtkennziffer, die zwischen 9,8 Prozent und 30,3 Prozent bei einem einfachen arithmetischen Mittelwert von 15,7 Prozent liegt. Bei der Zusammensetzung des modifizierten verfügbaren Eigenkapitals ist festzustellen, dass zwischen 51 Prozent und 87 Prozent durch Kernkapital aufgebracht werden; der arithmetische Mittelwert liegt hier bei 63 Prozent.

Mindestvorgaben

Die Mindestquote für das Kernkapital von 4 Prozent beziehungsweise 4,4 Prozent (sofern Neubewertungsreserven berücksichtigt werden sollen) wird damit um das 1,6-fache bis vierfache beziehungsweise das 1,4-fache bis 3,6-fache überschritten. Bezogen auf die Gesamtkennziffer ergibt sich eine Übererfüllung der aufsichtsrechtlichen Mindestvorgaben um das 1,2-fache bis 3,8-fache. Insgesamt werden die aktuellen Eigenmittelanforderungen also übertroffen, sodass von einer soliden Eigenmittelausstattung der betrachteten Sparkassen gesprochen werden kann. Abbildung 3 zeigt die jeweiligen Einzelwerte für die Kernkapitalquote und die Gesamtkennziffer.

Für die Aufbringung der Eigenmittel werden neben eingezahltem Kapital beziehungsweise offenen Rücklagen unterschiedliche Instrumente verwendet. Abbildung 4 stellt hierzu die Anzahl und den Prozentanteil der das jeweilige Instrument nutzenden Sparkassen dar. Die Sortierung der Instrumente richtet sich dabei nach der Möglichkeit diese als Kern- beziehungsweise Ergänzungskapital anzurechnen. Die Angaben basieren zum Teil auf freiwillig offengelegten Daten der Institute zum Beispiel bei der Nutzung von Vorsorgereserven nach § 340f HGB.

Künftige Anrechenbarkeit

Ausgehend von den oben skizzierten Anforderungen an die künftigen Bestandteile des harten und ergänzenden Kernkapitals sowie des Ergänzungskapitals können folgende Aussagen zur künftigen Anrechenbarkeit abgeleitet werden:

- Eine weitere Anerkennung des Sonderpostens nach § 340g HGB als hartes Kernkapital dürfte möglich sein, da es sich lediglich um eine andere Ausweisform der Gewinnrücklagen handelt.

- Bei den zwei öffentlich-rechtlichen Sparkassen, die stille Beteiligungen als Eigenmittel verwenden, wird eine Anpassung der Bedingungen der stillen Beteiligung erforderlich sein, wenn diese (nach Ablauf der Übergangsfrist) weiterhin als ergänzendes Kernkapital anerkannt werden soll. Zu nennen sind hier beispielhaft der Wegfall einer Laufzeitbeschränkung oder gewinnunabhängiger Verzinsungsansprüche. Der Wegfall der Anrechenbarkeit einer stillen Beteiligung bei einer privatrechtlich organisierten Sparkasse in der Rechtsform der Aktiengesellschaft stellt ein einzelfallbezogenes Problem dar und kein für den Sparkassensektor insgesamt bedeutendes Thema.

- Die Vorsorgereserven nach § 340 f HGB sollten auch weiterhin mindestens als Ergänzungskapital anrechenbar sein. Eine Umwandlung in offene Rücklagen und damit hartes Kernkapital wäre ebenfalls denkbar. Bei den als Ergänzungskapital genutzten Genussrechten und nachrangigen Verbindlichkeiten ist eine weitere Anerkennung grundsätzlich möglich.

Zu beachten ist dabei allerdings die nur noch teilweise Anerkennung der Instrumente während der letzten fünf Laufzeitjahre sowie die Notwendigkeit, schon heute bei Neuemissionen die Bedingungen an die geänderten Anforderungen für Ergänzungskapital anzupassen. Der Kriterienkatalog für Ergänzungskapital gemäß Basel III dürfte einer weiteren Anrechnung stiller Reserven entgegenstehen. Sparkassen, die dieses Instrument nutzen, werden demnach mit einem zusätzlichen Eigenmittelbedarf konfrontiert sein.

Der vollständige Wegfall der Drittrangmittel dürfte kein besonderes Problem für Sparkassen darstellen, da sie nur in wenigen Fällen als Eigenmittelbestandteil genutzt werden und zudem der Anteil der damit heute unterlegungsfähigen Marktrisikopositionen gering ist.5)Die Auswirkungen, die sich aufgrund der Veränderungen bei den anrechenbaren Eigenmittelbestandteilen ergeben, werden im nächsten Abschnitt anhand von ausgewählten Szenariorechnungen aufgezeigt.

Erforderliche Mindestkapitalausstattung für Sparkassen

Um die voraussichtlichen Auswirkungen der Basel-III-Umsetzung auf Sparkassen abschätzen zu können, ist zunächst zu diskutieren, welche Mindestkapitalausstattung für diese Institute künftig tatsächlich erforderlich sein wird. Schließlich ist aktuell festzustellen, dass alle untersuchten Institute deutlich mehr als nur die aufsichtsrechtlichen Mindestvorgaben an die Eigenmittelausstattung erfüllen. Dieser Tatbestand dürfte auch für die neuen Mindeststandards weiterhin gelten. Unklar ist gleichwohl, welches Ausmaß der Übererfüllung künftig von Sparkassen erwartet wird.

Eine Möglichkeit diesen Aufschlag zu bestimmen, bestünde in der Übertragung aktueller Kapitalmarkterwartungen auf die Sparkassen mit Hilfe des Verbundratings.6) Maßgeblich wären in diesem Fall die Kernbeziehungsweise Gesamtkapitalquoten von börsennotierten Instituten mit vergleichbarer Bonität und deren Übererfüllung der aufsichtsrechtlichen Standards.

Wenn diese Vergleichsgruppe beispielsweise das 1,2-fache des mindestens notwendigen harten Kernkapitals vorhielte, ließe sich dieser Faktor auch auf Sparkassen anwenden. Dieses Vorgehen vernachlässigt allerdings das im Vergleich zu den meisten kapitalmarktorientierten Banken andersartige Geschäftsmodell der Sparkassen, das grundsätzlich als weniger risikoreich gilt und damit auch mit geringerer Eigenmittelausstattung betrieben werden dürfte.

In einem weiteren, aus der aktuellen Ist-Situation abgeleiteten Ansatz, wäre es vorstellbar, dass die dargestellten Faktoren bei der Überschreitung der Mindestkapitalanforderung in unveränderter Höhe auch nach Umsetzung von Basel III vorgehalten werden müssen. Für einzelne Institute würde sich hierbei allerdings die Frage stellen, warum mehr als das zwei- bis dreifache der aufsichtsrechtlich notwendigen Eigenmittel verfügbar sein sollen. Insgesamt muss es zurzeit offen bleiben, welches Mehr an Eigenmitteln gegenüber den aufsichtsrechtlichen Vorgaben von Sparkassen zukünftig erwartet wird. Daher fokussieren die folgenden Berechnungen zunächst auf das Einhalten der neuen Mindeststandards.

Veränderungen der Eigenkapitalausstattung durch Basel III

Um die Auswirkungen der Neureglungen der Eigenkapitalbestimmungen abschätzen zu können, ist es zweckmäßig drei unterschiedliche Stufen zu betrachten: die ab 2015 beziehungsweise ab 2019 geltenden Mindestkapitalquoten und die mögliche Einführung zusätzlicher antizyklischer Puffer durch die nationale Bankenaufsicht.

Stufe I - ab 2015 geltende Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung: Hier ergeben sich für die untersuchten Sparkassen die in Abbildung 5 dargestellten Kennziffern. Die aufsichtsrechtlichen Mindestvorgaben von 4,5 Prozent für die harte Kernkapitalquote, 6 Prozent für die Kernkapitalquote und 8 Prozent für die Gesamtkapitalquote werden von allen Sparkassen erfüllt, sodass ein Kapitalbedarf nicht hergeleitet werden kann.

Stufe II - ab 2019 geltende Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung inklusive des Kapitalerhaltungspuffers: Hier ergibt sich eine andere Situation. Die Gesamtkapitalquote von 10,5 Prozent wird von neun Sparkassen nicht erfüllt (entspricht 36 Prozent), die Kernkapitalquote von 8,5 Prozent wird von zwölf Sparkassen nicht erfüllt (entspricht 48 Prozent) und die harte Kernkapitalquote wird von fünf Sparkassen nicht erfüllt (entspricht 20 Prozent).

Bei den zwölf Sparkassen, die die Mindestanforderung an die Kernkapitalquote nicht erfüllen, ergibt sich ein Bedarf an zusätzlichem Kernkapital von rund 354 Millionen Euro unter der Annahme, dass die Eigenkapitalanforderung per 31. Dezember 2009 in unveränderter Höhe bestehen bleibt. Dieser Kapitalbedarf erhöht sich noch, wenn wie bisher auch von Sparkassen ein über das aufsichtsrechtliche Mindestmaß hinausgehendes Eigenkapital vorgehalten werden muss. Bei einer Kernkapitalquote von neun Prozent wären rund 481 Millionen Euro zusätzliches Kernkapital bei 14 Instituten erforderlich, bei 9,5 Prozent rund 610 Millionen Euro für ebenfalls 14 Institute.

Abbildung 6 zeigt den Kapitalbedarf auf Einzelinstitutsebene und die Relation zum vorhandenen Kernkapital. Enthalten sind die Sparkassen, die heute nicht über mindestens 8,5 Prozent Kernkapital verfügen. Die Abbildung wurde um die Höhe des letzten Jahresüberschusses als Indikator für die Machbarkeit des notwendigen Kapitalaufbaus ergänzt.

Teilweise Kapitalzuführungen und/oder Risikoabbau notwendig

Die Darstellung zeigt unterschiedliche Relationen zwischen dem letzten Jahresüberschuss und dem bis 2019 zusätzlich erforderlichen Kernkapital. Sieben Sparkassen (58 Prozent) wären in der Lage durch die Thesaurierung künftiger Jahresüberschüsse die neuen Kapitalanforderungen zu erfüllen. Eine Sparkasse (8 Prozent) hat 2009 einen Jahresfehlbetrag ausgewiesen, sodass ohnehin von weiteren Restrukturierungsmaßnahmen auszugehen ist; allerdings ist bei dieser Sparkasse der Kapitalbedarf mit rund 1,5 Millionen Euro (rund 8 Prozent des vorhandenen Kernkapitals) vergleichsweise gering. Bei den verbleibenden vier Sparkassen (34 Prozent) ist jeweils mehr als das neunfache des letzten Jahresüberschusses zur Deckung des Kapitalbedarfs notwendig. Diese Institute wären entweder auf weitere Kapitalzuführungen angewiesen oder müssten ihre Eigenmittelanforderung durch einen Risikoabbau reduzieren. Diese Reduktion liegt bei allen vier Sparkassen unter 10 Prozent; während der Einführungsfrist bis Ende 2018 wäre also auf Jahresbasis nur eine vergleichsweise moderate Einschränkung der Eigenmittelanforderung und damit des Kreditvolumens notwendig.7)

Stufe III - Einführung antizyklischer Puffer: Sollte sich die deutsche Bankenaufsicht für die Einführung antizyklischer Puffer entscheiden, würde der Kapitalbedarf der Sparkassen weiter ansteigen. Um beispielsweise eine Kernkapitalquote von 11 Prozent einzuhalten, müssten 17 Sparkassen (entspricht 68 Prozent) insgesamt rund 1,058 Milliarden Euro Kernkapital aufbringen. In diesem Fall wären nur noch drei Sparkassen in der Lage den Kapitalbedarf durch Gewinnthesaurierung zu decken. 13 Sparkassen wären auf zusätzliche Kapitalzuführungen angewiesen.

Handlungsbedarf für einige Sparkassen

In diesem Szenario wäre auch eine deutlichere Reduzierung der Eigenmittelanforderung notwendig; sie müsste zwischen 5 Prozent und 30 Prozent betragen. Da allerdings die Einführung genereller antizyklischer Puffer in Deutschland als wenig wahrscheinlich eingestuft wird, dürfte auch die Eintrittswahrscheinlichkeit für dieses Szenario vergleichsweise gering sein.

Die Untersuchungsergebnisse belegen exemplarisch, dass sich aus der Neuregelung der Eigenkapitaldefinition für einige Sparkassen ein Handlungsbedarf ergibt. Innerhalb der untersuchten Stichprobe sind allerdings nur vier Institut nicht in der Lage, die zusätzlichen Kapitalanforderungen durch die Thesaurierung von Gewinnen zu decken. Aufgrund der langen Übergangsfristen bestehen jedoch ausreichende Möglichkeiten, den erkennbaren Herausforderungen zu begegnen. So könnten weitere Maßnahmen zur Steigerung der Ertragskraft eingeleitet werden, eventuell bestehende stille Reserven gehoben oder weiteres Kapital aus dem Eigentümerkreis aufgenommen werden, das den Anforderungen von BaselIII an Kernkapital genügt.

Reduzierung von Kreditrisiken

Alternativ wäre eine Reduzierung von Kreditrisiken (ohne Berücksichtigung der Kapitalanforderungen aus antizyklischen Puffern) ebenfalls vorstellbar. Sollten sich einige Institute für diesen Weg entscheiden, wird die Kreditversorgung zumindest in einzelnen Regionen moderat eingeschränkt werden müssen, was indes nicht als Kreditklemme bezeichnet werden kann. Deutlich gravierender wären die Folgen einer Einführung eines antizyklischen Puffers. Dies würde die Fähigkeit der Sparkassen zur Aufrechterhaltung der Kreditversorgung zum Teil spürbar einschränken.

Fußnoten

1) Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht: Strengthening the resilience of the banking sector - Consultative Document, Basel 2009, http://www.bis.org/publ/bcbs164.pdf.

2) Bei den am 31. Dezember 2009 bestehenden sechs in der Rechtsform der Aktiengesellschaft organisierten Sparkassen werden im Kernkapital zusätzlich das durch Aktien gebildete Grundkapital sowie entsprechende Kapitalrücklagen berücksichtigt.

3) BCBS, Press Release vom 12. September 2010, http://www.bis.org/press/p100912.htm.

4) Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind unter Basel II die aus der Umsetzung der CRD II resultierenden Veränderungen bei der Zusammensetzung des Hybridkapitals nicht enthalten.

5) Der Anteil der Eigenmittelanforderung für Marktpreisrisiken liegt bei den betrachteten Sparkassen zwischen null Prozent und rund 2,1 Prozent bei einem Mittelwert von 0,3 Prozent. Eine Erhöhung der Eigenmittelanforderung wirkt sich also nur eingeschränkt aus.

6) Da nur wenige Sparkassen über ein eigenes externes Rating verfügen, müsste das Floor- (Fitch: A+) beziehungsweise Gruppenrating (DBRS: A(high)) der S-Finanzgruppe verwendet werden, auch wenn dies zu leichten Unschärfen in der Betrachtung führt.

7) Bei den betrachteten Sparkassen entfallen im Mittel 90 Prozent der Eigenmittelanforderung auf Adressrisiken, sodass der größte Effekt bei der Reduzierung der Eigenmittelanforderung durch eine Einschränkung des Kreditvolumens erzielt werden könnte.

Prof. Dr. Stephan Schöning , Professor für ABWL/Finance, SRH Hochschule Heidelberg
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