Gespräch des Tages

Öffentliche Versicherer - Vertraute Debatte

Dass der öffentlich-rechtliche Bankensektor in Deutschland einen gruppeneigenen Versicherungsbereich aufweist, ist in der Wahrnehmung der potenziellen Kunden längst nicht so deutlich ausgeprägt, wie sich viele Verantwortliche im Sparkassenlager das wünschen. Allenfalls bei der SV Sparkassen Versicherung im Südwesten sowie in Sachsen erleichtert schon die Namensgebung die Marken- und Imagebildung unter dem gut eingeführten Sparkassen "S". Weder die Versicherungskammer Bayern noch die Provinzial Nordwest Versicherungsgruppe, Münster, die Provinzial Rheinland oder die VGH Versicherungen, Hannover, die zu den großen fünf Versicherungsunternehmen der S-Gruppe rechnen, noch die kleineren Einheiten wie die öffentlichen Versicherungen Braunschweig, Oldenburg und Sachsen-Anhalt, der Badische Ge-meinde-Versicherungs-Verband oder die Ostfriesische Landschaftliche Brandkasse verraten auf Anhieb ihren Bezug zur Sparkassenfamilie.

Insofern ist die Bewertung des Verbandes der öffentlichen Versicherer zur Geschäftsentwicklung 2011 der elf öffentlichen Erstversicherungsgruppen überraschend stark vom Zusammengehörigkeitsgefühl mit der Sparkassen-Finanzgruppe geprägt. Sowohl in der Pressemitteilung als auch im Statement des seit Frühjahr dieses Jahres amtierenden Vorsitzenden des Verbands, Ulrich-Bernd Wolff von der Sahl, wird auf die besonderen Verbindungen verwiesen. Da ist von der mehrheitlichen Verankerung in der S-Finanzgruppe und von einem Erfolgsfaktor für die Träger und Eigentümer die Rede. Die "dauerhaft soliden Ergebnisse" werden als direkte Folge gut funktionierender Geschäftsmodelle regional orientierter Versicherungsunternehmen gelobt, die die Öffentlichen zu einem stabilisierenden Faktor in der Sparkassen-Finanzgruppe machen. Und flankierend dazu werden im aktuellen Jahresbericht des Verbandes die Konzentration auf die regionalen Geschäftsgebiete, die dezentrale Markt-, Ergebnis- und Vertriebsverantwortung sowie die starken Marken und der hohe Bekanntheitsgrad hochgehalten.

Ob das mit 680 Millionen Euro um knapp zehn Prozent rückläufige Vorsteuerergebnis 2011 der öffentlichen Versicherer unter diesen Vorzeichen als Erfolg einzustufen ist, wird im Sparkassenlager einmal mehr unter einem besonderen Blickwinkel betrachtet. Dabei wird durchaus registriert, dass auch die hiesigen Versicherungen unter der Verunsicherung an den Märkten leiden. Angefangen bei den Kunden, die im unklaren Umfeld kaum verlässlich kalkulieren können, welche Eigeninitiative elementare Dinge wie etwa die Altersvorsorge künftig verlangen werden, bis hin zu den schwierigen Entscheidungen der Versicherer hinsichtlich ihrer Kapitalanlage und der anstehenden Regulierung reichen die in Rechnung gestellten Widrigkeiten. Gleichwohl wird das Abschneiden der eigenen Versicherungsgruppe weniger im Vergleich zu den Wettbewerbern gemessen, denn an den ungenutzten Möglichkeiten der gemeinsamen Marktbearbeitung. Würden die öffentlichen Versicherer das Potenzial der Gruppe von der Technik über die Produktgestaltung bis zur Markenbildung konsequenter nutzen, so die typische These der Sparkassenseite, könnte der gemeinsame Erfolg wesentlich gesteigert werden.

Gemessen wird das gemeinhin an den Marktanteilsquoten. Zwar sehen sich die öffentlichen Versicherer mit einem Marktanteil von 10,2 Prozent im deutschen Erstversicherungsmarkt als zweitgrößte Gruppe. An den Beitragseinnahmen gemessen werden für 2011 in der Sachversicherung 23,7 Prozent Marktanteil genannt, in der Lebensversicherung immerhin zehn Prozent. Und bei Letzterer wird den Sparkassen mit 70 Prozent ebenso ein erheblicher Vermittlungsanteil bescheinigt wie in der Schaden- und Unfallversicherung mit rund 26 Prozent. Doch die Erwartungen auf Sparkassenseite orientieren sich eben an den deutlich höheren Quoten in vielen Segmenten des Einlagen- und Kreditgeschäftes. Die Debatte um eine weitere Konsolidierung der öffentlichen Versicherer wird damit auch unter dem neuen DSGV-Präsidenten weitergehen.

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