Gespräch des Tages

Persönliches I - Zu Eckart van Hooven

Er war durchaus ein besonderer Mann. Denn dass Banker, nein besser: Bankiers, öffentlich Politik machen und den politischen "Wettbewerb" sogar lieben, ist schon sehr ungewöhnlich. Aber Eckart van Hooven brachte sich da immer ausgesprochen gern ein. Ob in Frankfurts Nobelhügeln Königstein, ob im Taunus-Kreistag, ob vor allem in seiner Heimatstadt Hamburg, wo er beinahe, nur um ein paar Hundert Stimmen unterlegen, das CDU-Bundestagsmandat in einem uralten SPD-Wahlkreis gewonnen hätte die Deutsche Bank allein genügte ihm nie.

Dabei ist er dort, noch dazu als promovierter Jurist, in das ungewöhnlichste Ressort der klassischen deutschen Großbank hineingewachsen, in das Privatkundengeschäft. In seinem (im Knapp-Verlag erschienenen) Lebensbericht "Meistbegünstigt" beschreibt er seine Anfänge im Hamburger Zweigstellenbus mit der Beleihung eines alsbald notleidenden Schlachtschweins zwar sehr unterhaltsam. Aber das war sein Alltag in der erlauchten Bank, wo er Oheimb von Hauenschild nachfolgte, keineswegs. Konsumentenkredit, Sparkonten, Privatgiro für fast jedermann, das war nichts, was die Herren Kollegen goutierten. Van Hooven und seine Geschäfte galten ihnen lange als Fremdkörper, sozusagen als unordentlich. Aber gerade dadurch, dass van Hooven in fast jahrzehnteweiter Voraussicht die Emanzipation des "gewöhnlichen" Bürgers zum Bankkunden mitnichten allein Sparkassen und Genossenschaften überlassen wollte, gewann das, was wir heute lässig Retail Banking nennen, das nötige Ansehen. Wenn man es etwas überhöht ausdrückt: Männer wie Eckart van Hooven, wie Günter Schneider bei KKB und später Postbank, wie Helmut Geiger, der Sparkassenpräsident, haben das neue "Mengengeschäft" sehr bewusst auch als ein Geschehen bewertet, mit dem die politische Freiheit "des Volkes" endlich in eine wirtschaftliche mündete. Und so schön nebenbei: Es hat Bilanzjahre in der Deutschen gegeben, in denen der Ergebnisbeitrag der Hooven-Ressorts fast die Hälfte des Ganzen erreichte.

Dennoch, van Hooven hat es gelegentlich erzählt, mochte die Vorstandsmehrheit in das Retail damals mitnichten investieren. Die ganze Düsseldorfer Kundenkreditbank KKB, die dann die Citibank kaufte, hätte die Deutsche schon in den Sechzigern haben können. Und später dann, man glaubt es kaum, wäre American Express zu haben gewesen. Das wäre wahrhaftig eine faszinierende Geschichte geworden. Denn in seinem Bemühen, das Privatkonto zum Schlüssel für die gesamte Kundenbeziehung werden zu lassen, hatte van Hooven samt befreundeten Überzeugungstätern dieses Konto mit einer sehr einfachen Errungenschaft fast allzeit und überall verfügbar gemacht - mit der Erfindung des "eurocheque". Dies war nichts anderes als der alte Bankscheck, aufgewertet durch institutsübergreifende Garantien. In seiner Glanzzeit war er mit den Deutschbankiers van Hooven und Ulrich Weiss auf bestem Wege, Europas führendes unbares Zahlungsmittel zu werden. "Amerikanische" Kreditkartenunternehmen, die mit ihren Instrumenten "deutsche Sparkonten" plündern wollten, avancierten in dieser Zeit zu grässlichen Feindbildern. Aber - die Kreditwirtschaft hielt bekanntlich nicht durch. Die Einbildung, mit dem kartengestützten Zahlungsverkehr im institutsspezifischen Wettbewerb zu siegen, ließen die Fronten brechen. Immerhin: Mit "Eurocard" als eigener deutscheuropäischen Kreditkarte gelang es van Hooven wenigstens, Mastercard zu erheblichen Zugeständnissen für den Anschluss zu bewegen.

Was van Hooven nicht mehr gelang: als Hamburger die ostdeutsche Werftindustrie vor der Zerschlagung zu bewahren - und Mitteleuropa mit Skandinavien per Brücke zu verbinden. Aber zumindest das Zweite konnte er zu seinem 85. Geburtstag doch noch als beschlossene Sache lesen. Unser Mitherausgeber Eckart van Hooven starb am 28. Dezember 2010.

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