Gespräch des Tages

Private Banking - Margenwachstum gegen den Trend?

Die St. Galler Kantonalbank, achtgrößte Schweizer Bank, ist hierzulande vor allem aus regulatorischen Gründen angetreten: Um einen EU-Bankenpass zu erhalten, musste und muss sie eine Tochter innerhalb der EU, in diesem Falle in Deutschland, betreiben. Aus dieser strategischen Notwendigkeit heraus, so die Erläuterungen von Christoph Lieber, Vorstandsvorsitzender des Deutschland-Zweiges, ist sie vor fünf Jahren in München an den Markt gegangen und seit zwei Jahren auch mit einer Niederlassung in Frankfurt vertreten. Aus der Notwendigkeit ist aber offenbar Positives erwachsen: Entgegen der von Lieber hierzulande wahrgenommenen Verlautbarungen, dass die Margen im Private Banking deutlich sinken, seien diese im eigenen Haus in der zurückliegenden Zeit jedes Jahr "dramatisch" gesteigert worden.

Dass das Haus daher eine Wachstumsstrategie fährt, ist unter solchen Vorzeichen verständlich. Allerdings will man die Expansion jederzeit unter Kontrolle behalten. So sollen in den kommenden Jahren maximal drei bis fünf neue Standorte in Deutschland eröffnet werden, jeweils immer erst dann, wenn die zuletzt eröffnete Stelle den Breakeven erreicht hat. Unter anderem damit möchte die Bank Fehler vermeiden, die sie bei eidgenössischen Konkurrenten im deutschen Markt wahrgenommen hat. Diese haben nach Einschätzung von Lieber, der hierzulande jahrelang für die Großbank UBS tätig war, tendenziell in Deutschland mit zu vielen Standorten begonnen, hohe IT-Kosten für ganze Systemlandschaften in Kauf genommen und generell (zu) hohe Beträge in zentrale Einheiten investiert. Zudem hätten die Banken geglaubt, man könne Assets einkaufen, indem man Kundenberater (über hohe Gehälter) anwirbt. Das jedoch funktioniert nach Ansicht von Lieber nur in begrenztem Maße.

Anders will daher die St. Galler Kantonalbank vorgehen. Neben der beschriebenen eher vorsichtigen Expansion betont sie, insbesondere von den Empfehlungen zufriedener Kunden zu leben. Und legt besonders starkes Gewicht auf die Kostenseite. Alle Leistungen, die den Kunden keinen wahrnehmbaren Mehrwert bieten, werden von Externen zugekauft. Dabei verlässt sich das Institut unter anderem auf die Dienstleister des genossenschaftlichen Finanzverbundes - eine Ausrichtung, die ausdrücklich als erfolgreich gewertet wird. Das verwaltete Vermögen von Kunden, die ihr Domizil in Deutschland haben, beträgt - wohlgemerkt im gesamten Konzern, nicht nur bei dem Deutschland-Ableger - zwei Milliarden Euro. Abgänge von deutschen Kunden in der Schweiz werden überkompensiert durch Zugänge in Deutschland. Genauere Zahlen werden nicht herausgegeben.

Eine Besonderheit, die die Konkurrenten in Deutsch land als durchaus ärgerlich empfinden dürften, ist ein "länderübergreifendes" Angebot der Bank: Wertpapierhandelsgesetz-konforme Beratung in Deutschland, aber Buchung der Mittel in der Schweiz sind möglich. Das Vermögen der Kunden ist dann dem staatlichen Zugriff in Deutschland zumindest vorläufig entzogen. Unter dem Stichpunkt der "Diversifizierung des Rechtsrahmens" weist die Bank auf diese Dienstleistung hin, bei der es durchaus die Intention der Kunden sein dürfte, sich auf legalem Wege ein Stück weit der Jurisdiktion in Deutschland zu entziehen. Zwar wird diese Option derzeit nur für rund zehn bis 15 Prozent des deutschen Anlagevolumens gewählt, die Möglichkeit dürfte aber im Kundengespräch gut ankommen. Und auch der Hinweis auf die EU-Regelung zur Einlagensicherung beziehungsweise die mit der Schuldenkrise der Euroländer verbundenen Unsicherheiten in diesem Bereich sind in dieser Hinsicht von Belang. Die Überlegungen der Deutschen Bundesbank (Monatsbericht aus dem Januar dieses Jahres) zur Einbeziehung der Mittel vermögender Anleger bei nationalen Schuldenkrisen dürften der St. Galler Kantonalbank noch weiteren Auftrieb bescheren.

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