Gespräch des Tages

Regulierung - Übergangsfristen gefordert

Jonathan Hill ist dieser Tage nach zwei Anhörungen vom EU-Parlament in seiner neuen Funktion als EU-Kommissar bestätigt worden. Er wird künftig für das Ressort "Financial Stability, Financial Services and Capital Markets Union" zuständig sein, dem der die Finanzmärkte betreffende Teil des alten Ressorts Binnenmarkt zugeschlagen wurde und in dem auch die Bankenaufsicht verortet ist. Über die Einstellung von Hill zum Thema Finanzmarktregulierung ist wegen seiner Herkunft aus Großbritannien viel spekuliert worden. Aus Sicht der Unternehmen bleibt trotz gewisser Bedenken der kleineren regionalen Banken nach seiner Bestätigung zunächst die Hoffnung, dass er der Finanzbranche insgesamt eher wohlgesonnen gegenübersteht. Die Sorge aber, dass sich die Behörden auf der darunter angesiedelten Ebene verselbstständigen und über ihre Vorgaben hinausschießen, bleibt der Branche erhalten. Zur Erinnerung: Zwar fassen EU-Kommission, EU-Parlament und Europäischer Rat die politischen Beschlüsse (Level I), doch diesen wird von Behörden wie ESMA, EIOPA oder EBA in Form von technischen Verordnungen erst das entsprechende Leben eingehaucht (Level II).

Bedenken betreffen beispielsweise auch Prips und MiFID II, die sich auf deutscher Ebene mit dem geplanten Kleinanlegerschutzgesetz überschneiden, so führte es neulich der Deutsche Derivate Verband (DDV) aus. Auf politischer Ebene wurde beispielsweise im Rahmen von Prips beschlossen, dass in Produktinformationsblättern für private Kleinanleger sowohl ein Kosten- als auch ein Risikoindikator angegeben werden soll. Wie sich dieser freilich genau errechnen soll und welche Datenreihen den Angaben zugrunde liegen, steht damit noch lange nicht fest. Bei der Risikobewertung von Anlagen plädiert etwa der DDV für eine Verwendung der Kennzahl Valueatrisk. Die dem Verband zugehörigen Emittenten nutzen sie seit etwa neun Jahren für die Bewertung ihrer Zertifikate. Auf europäischer Ebene scheinen die Sympathien jedoch eher der Kennzahl SRRI zu gelten. Der Synthetic Risk Reward Indicator, so die Stimmen aus dem DDV, stamme jedoch ursprünglich aus der Versicherungswirtschaft und lasse sich nur schwer auf andere Anlageklassen wie Fonds oder Aktien übertragen. An dieser und vielen anderen Stellen sind fachliche Diskussionen nötig und noch nicht abgeschlossen.

Gleichzeitig, und das ist vor allem aufgrund der zeitlichen Überschneidungen für die Branche ärgerlich, ist auf deutscher Ebene das Kleinanlegerschutzgesetz unter anderem als Reaktion auf den Fall Prokon beschleunigt vorangetrieben worden. Es wird am 1. November im Parlament beraten und könnte schon im Mai 2015 in Kraft treten. Ganz gleich wie dessen konkrete Ausgestaltung letztlich aussieht, einige der Regeln dürften nur solange in Kraft bleiben bis MiFID II und Prips national umgesetzt werden. Das kann die Marktteilnehmer viel Geld kosten. Forderungen nach Übergangsfristen in der deutschen Gesetzgebung bis die Diskussionen auf Level II beendet sind, machen daher durchaus Sinn.

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