Aufsätze

Risikomanagement für Unternehmen als neues Geschäftsfeld von Kreditinstituten

Obwohl sich die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute nach den Krisenjahren 2001 und 2002 wieder sichtbar erholt hat, mahnte unter anderem die Deutsche Bundesbank weitere erfolgssteigernde Maßnahmen an, um den Rückstand gegenüber anderen europäischen Ländern aufzuholen.1) Da sich die Zinsspannen bereits wieder verschlechtern, die bestehenden Kostensenkungspotenziale in den letzten Jahren weitgehend ausgeschöpft wurden und sich die Risikovorsorge bereits auf einem niedrigen Niveau befindet, rückt die Forcierung des Dienstleistungsgeschäfts in den Fokus. Innerhalb des Firmenkundengeschäfts bietet es sich an, dass Banken Unternehmen auf Provisionsbasis bei der Konzeption und Durchführung des Risikomanagements unterstützen. Schließlich weisen Kreditinstitute in diesem Bereich ein umfangreiches Know-how auf, während bei vielen Unternehmen ein erheblicher Nachholbedarf konstatiert wird.

Der Begriff Risikomanagement

So stuften gemäß einer Studie des Lehrstuhls für Finanz- und Bankmanagement an der Universität Siegen 90,7 Prozent der deutschen Unternehmen im Jahr 1999 die Absicherung identifizierter Risiken als wesentliches Element der Unternehmensstrategie ein. Ein - nach eigener Einschätzung - aktives Risikomanagement nahmen dagegen nur 70,5 Prozent der befragten Unternehmen vor. Im folgenden Beitrag wird daher erörtert, ob und in welcher Ausgestaltung Banken das Risikomanagement für Unternehmen in ihr Leistungsangebot aufnehmen können, um neue Ertragsquellen zu generieren.

Unter dem Begriff "Risikomanagement" sollen im Folgenden sämtliche Maßnahmen, die zur planmäßigen und zielgerichteten Analyse sowie Beeinflussung (Steuerung) und Kontrolle der Risikopositionen eines Unternehmens dienen, verstanden werden.2) Somit umfasst das Risikomanagement nach dieser Definition den gesamten Risikomanagementkreislauf (Abbildung 1). Dabei ist zu beachten, dass die einzelnen Phasen des Risikomanagements keinesfalls immer schematisch aufeinander folgen müssen. Vielmehr ist eine zeitliche oder inhaltliche Überlagerung unterschiedlicher Abschnitte möglich.

Die Beratung zum Risikomanagement als Dienstleistung kann systematisch dem Bereich der Unternehmensberatung zugeordnet werden. Da weder die Betätigung "Unternehmensberater" Berufsbezeichnungsschutz genießt noch eine gesetzlich fixierte Berufsordnung für diese Branche existiert, kommt grundsätzlich eine Reihe von Anbietern für die externe Risikoberatung von Unternehmen in Frage. Solche Unternehmen wären dann gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 KWG Finanzunternehmen und unterlägen weder der Erlaubnispflicht nach § 32 KWG noch einer Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Ba Fin).

Externe Anbieter von Risikomanagement

Geht die Dienstleistung allerdings über die Beratung hinaus und bezieht auch den Vertrieb von eigenen Produkten zur Risikosteuerung mit ein, so fallen die Anbieter gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG unter den Institutsbegriff des KWG, für die die Zulassungsvoraussetzungen in § 32 KWG festgelegt sind. Werden keine selbst erstellten Produkte genutzt, erfordert die Tätigkeit als Anlage- und Abschlussvermittler gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 und 2 sowie § 33 KWG eine Lizenz der Ba Fin, soweit sie die Vermittlung von Finanzinstrumenten gemäß § 1 Abs. 11 KWG betrifft. Nicht erlaubnispflichtig ist dagegen unter anderem die Vermittlung von Versicherungsverträgen, Finanzierungen, Girokonten und Einlagen. In Abbildung 2 werden ausgewählte Anbieter aus dem Finanzsektor aufgeführt und näher charakterisiert. Dieser Beitrag fokussiert Kreditinstitute, die in der Lage sind, Risikomanagement als externe Dienstleistung anzubieten.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass externe Dienstleister Unternehmen nur bei einem Teil der auftretenden Risiken unterstützen können. Bestimmte Branchen bergen sehr spezielle Risiken auf den Ebenen Beschaffung, Absatz und Produktion, sodass ein Risikomanagement in diesen Bereichen für externe Anbieter aufgrund des erforderlichen Aufbaus von Produkt- beziehungsweise Branchen-Know-how sehr schwierig und kostenintensiv wäre. Zudem entziehen sich einige Risiken aufgrund der Sicherheitsrelevanz einer Übertragung auf Dritte. Kreditinstitute mit ihrem Know-how im Bereich des Managements finanzwirtschaftlicher Risiken sind jedoch prädestiniert dafür, Unternehmen beim Management ebensolcher Risiken zu unterstützen.

Eine Systematisierung der finanzwirtschaftlichen Risikoarten kann anhand verschiedener Kriterien erfolgen. Nach ihrer Wirkungsweise lassen sich Risiken in Erfolgs- und Liquiditätsrisiken unterteilen.4) Diese im Folgenden verwendete Unterteilung (Abbildung 3) wurde gewählt, da die Verantwortungszuordnung im Unternehmen hieran vorzunehmen ist und auch die Unterteilung der in Banken üblichen Kategorisierung entspricht. Da jede Einteilung von Risiken in bestimmte Rubriken von Natur aus unvollständig beziehungsweise unpräzise sein muss, ist zu beachten, dass innerhalb oder zwischen den genannten Risikoarten Verbundwirkungen und Korrelationen bezüglich ihrer Ursache-/Wirkungsbeziehungen festzustellen sind.5)

Mögliche Ausgestaltung des unternehmerischen Risikomanagements

Die Analyse möglicher Ansatzpunkte für Banken, beratend oder steuernd tätig zu werden, wird im Folgenden auf Basis der Phasen des Risikomanagementprozesses für die genannten Risikoarten vorgenommen.

Im Rahmen der Risikoanalyse im weiteren Sinne sind zunächst die Risiken im Unternehmen zu bestimmen. Ziel dieser Risikoidentifikation ist es, bestehende, potenzielle und latente Risiken des Unternehmens vollständig, aktuell, wirtschaftlich, systematisch und laufend zu erfassen. Hierzu können sich Banken verschiedener, teils methodengestützter (zum Beispiel Analyse von betriebswirtschaftlichen Dokumenten), teils kreativer (zum Beispiel Mitarbeiterbefragung, Brainstorming) Verfahren und Konzepte bedienen.6) Gerade die methodengestützten Verfahren, hier insbesondere die Analyse von betriebswirtschaftlichen Dokumenten und Unterlagen, bieten Banken Ansatzpunkte, um für den Kunden Risikoquellen zu identifizieren. Kreditinstitute können dabei von ihren Kernkompetenzen im Bereich der finanziellen Risiken und vom Know-how ihrer Mitarbeiter auf bestimmten Gebieten der Bilanzanalyse oder Vertragsgestaltung profitieren.

Am Beispiel der Wechselkursrisiken als Teilbereich der Marktrisiken in Unternehmen kann die inhärent vorhandene Kompetenz von Kreditinstituten besonders gut aufgezeigt werden. Speziell Transaktions- und Translationsrisiken lassen sich mit Hilfe von Banken effektiv identifizieren, da diese dabei auf die Erfahrungen ihrer Mitarbeiter zum Beispiel im Devisenhandel und auf das Research der volkswirtschaftlichen und statistischen Abteilungen zurückgreifen können.7)

Entscheidend ist beim Schritt der "Risikosammlung", dass dieser strukturiert abläuft und alle entscheidenden Unternehmensbereiche mit einbezogen werden. Als neutrale Instanz und erfahrene Experten können Bankmitarbeiter hierbei als Projektleiter fungieren und mit der internen Revision eines Unternehmens zusammenarbeiten, in deren Tätigkeitsbereich diese Aufgabe grundsätzlich fällt.

Klassifikation der Risiken

Im Anschluss an die Risikoidentifikation folgt die Analyse der Risiken im engeren Sinne. Diese beinhaltet zunächst die Klassifikation der Risiken danach, ob eine Quantifizierung zweckmäßig ist. Die letztendliche Einstufung als relevantes oder nicht relevantes Risiko muss von der Leitung des beratenen Unternehmens vorgenommen werden. Nach dieser Entscheidung hat die Messung und Bewertung der Risiken für das Unternehmen zu erfolgen. Sie stützt sich vor allem auf die Bewertung von Eintrittswahrscheinlichkeit und potenzieller Schadenshöhe. Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist dabei entweder durch Mitarbeiter (des Unternehmens oder der beratenden Bank) einzuschätzen oder anhand historischer Werte zu prognostizieren. Dabei kann vor allem bei letzterer Methode das Hinzuziehen externer Daten oder Experten erforderlich sein.

Die Beurteilung der Schadenshöhe aus einem bestimmten Risiko kann in Form einer Relation des Schadens zu seiner Auswirkung auf eine Vermögens-, Finanz- oder Erfolgsgröße des Unternehmens beziehungsweise eine Kombination daraus erfolgen.8) Unterstützend kann weiterhin die sogenannte Mark-to-Market-Methode, also der Vergleich betrieblicher (Finanz-)Positionen mit aktuellen Marktwerten, hinzugezogen werden. Andere verbreitete Methoden zur Messung von betrieblichen Risiken sind die Sensitivitätsanalyse oder das Value-at-Risk Konzept (VaR).9)

Abschließend ist eine Dokumentation der wesentlichen Risiken vorzunehmen. Diese dient einerseits mit einer möglichst detaillierten und umfassenden Visualisierung der Vorbereitung von Risikosteuerung und -kontrolle. Andererseits eignet sie sich aber auch als Nachweis gegenüber Gesellschaftern, Wirtschaftsprüfern und gegebenenfalls zuständigen Aufsichtsbehörden.

Im Gegensatz zur Risikoanalyse im weiteren Sinne, bei der durch Banken vor allem eine Beratungsleistung erbracht wird, bietet die Risikosteuerung10), also die Gesamtheit aller Maßnahmen zur Bewältigung von Einzel- und (Unternehmens-)Gesamtrisiken, Kreditinstituten die Möglichkeit, Hilfestellung in Form von eigenen oder vermittelten Produkten anzubieten. Sind aus der vorangegangenen Analyse Handlungsbedarfe für Einzelrisiken oder Risikogruppen festgestellt worden, sind die passenden Steuerungsinstrumente auszuwählen. Für die zu steuernden Risiken bietet es sich an, eine Kategorisierung der jeweiligen Beeinflussungsmöglichkeiten vorzunehmen (Abbildung 4).

Risikovermeidung

Die Risikovermeidung bezeichnet die Umgehung von bestimmten Risiken, indem beispielsweise risikobehaftete Geschäfte nicht oder nur bis zu einem bestimmten Volumen eingegangen werden. Die Steuerung erfolgt hier zumeist über interne und externe Limite. Banken können hier beratend zur Seite stehen und in diesem Zusammenhang Hinweise und Einschätzungen zu Kontrahenten, zum Umfeld von Geschäften sowie zur Gestaltung von Limiten geben.

Im Rahmen der Risikoverminderung ist einerseits eine an den Risikoursachen orientierte Reduzierung der Eintrittswahrscheinlichkeit vorzunehmen; andererseits kann auch eine wirkungsbezogene Begrenzung des Schadensausmaßes, zum Beispiel durch die Einholung von Sicherheiten oder Garantien, erfolgen. Weiterhin bietet sich die Risikokompensation durch den Abschluss zusätzlicher, vom Grundgeschäft losgelöster Geschäfte an. Diese können zur Risikominderung, aber auch zur (kompletten oder teilweisen) Risikoabwälzung auf andere Marktteilnehmer dienen. In diesen Bereichen können Kreditinstitute mit Beratung, insbesondere aber auch mit konkreten Produkten steuernde Maßnahmen anbieten (Abbildung 5).

Als Risikodiversifikation wird die bewusste Streuung von Geschäften und Positionen über verschiedene Teilmärkte oder Kontrahenten bezeichnet. Besonders effizient ist die Diversifikation bei sehr vielen und untereinander möglichst negativ korrelierten Transaktionen. Banken können auch in diesem Feld sowohl beratend (bei Kenntnissen über bestimmte Korrelationswerte) als auch mit konkreten Produktangeboten und Diversifikationsmöglichkeiten tätig werden. So haben Kreditinstitute zum Beispiel Zugang zu bestimmten Finanzmärkten, die andere Unternehmen nicht erreichen können.

Die Risikoübernahme als sogenannte "passive Steuerung" bietet für Kreditinstitute kaum Ansatzpunkte für Dienstleistungen, da das bewusste Eingehen von Risiken die Schaffung und Feststellung der Risikotragfähigkeit des Unternehmens voraussetzt. Banken haben in diesem Kontext allenfalls die Möglichkeit, bei der notwendigen Risikovorsorge beziehungsweise bei der marktgerechten Kalkulation von Risikoprämien zu beraten.

Die Risikokontrolle umfasst sowohl die Überwachung der identifizierten Risiken in Form eines Soll-Ist-Vergleichs nach der Phase der Risikosteuerung als auch ein Controlling des gesamten Risikomanagementprozesses. Da die Verantwortlichkeit über das Risikomanagement letztendlich bei der Unternehmensführung liegt und diese die Parameter für die einzelnen Phasen des Risikomanagementprozesses vorgibt, obliegt ihr auch die Risikoüberwachung. Die Prozessüberwachung hat jedoch durch möglichst neutrale Personen wie interne Revision, Aufsichtsräte oder Jahresabschlussprüfer zu erfolgen.11) Banken können im gesamten Bereich der Risikokontrolle nur unterstützende Tätigkeiten erbringen, indem sie Informationen liefern, Verfahren erläutern und Erfahrungen weitergeben.

Anhand des Ergebnisses der Risikokontrolle sind die Phasen des Prozesses, einzelne Instrumente und die organisatorische Einbindung in das Unternehmen gegebenenfalls anzupassen. Anschließend sollte der Prozess neu begonnen und fortlaufend weitergeführt werden.

Abschätzung des Bedarfs von Unternehmen

Entscheidend für die Erfolgsträchtigkeit eines Angebots im Bereich Risikomanagement ist zum einen die Auswahl derartiger Dienstleistungen. Zum anderen ist zu prüfen, ob das Angebot in überzeugender Qualität zu einem Preis abgesetzt werden kann, der neben einer Abdeckung der entstehenden Kosten auch einen Gewinnbeitrag entstehen lässt. Dementsprechend ist zunächst zu klären, welche Vorteile Unternehmen aus der Inanspruchnahme von Risikomanagementdienstleistungen ziehen können und welche Firmenkunden als Zielgruppe in Frage kommen.

Zunächst ist das Vorhandensein eines grundsätzlichen Risikobewusstseins in den Unternehmen notwendig. Sollte dies nicht aktiv vorgebracht werden, kann es durch das Kreditinstitut zum Beispiel in Form eines "Risiko-Checks" abgefragt werden. Zu beachten ist aber, dass die notwendige Risikokultur und -kommunikation nicht durch die Bank, sondern nur durch die Unternehmensleitung geschaffen werden kann.12) Banken können vor allem durch die genannten Know-how-Vorteile einen Zusatznutzen für das Unternehmen generieren. So sind - zumindest in den größeren Kreditinstituten - volkswirtschaftliche und statistische Abteilungen vorhanden, von deren Research und Erfahrungen das zu beratende Unternehmen indirekt profitieren kann. Diese Erfahrungen schließen ebenfalls Geschäfte des Kreditinstituts mit bestimmten Branchen und Ländern ein, aus denen Vergleichsmöglichkeiten und Benchmarks (zum Beispiel für Länderlimite) gewonnen werden.

Kostendegressionen durch Größenvorteile

Weiterhin können die Erkenntnisse der Bank aus dem Kreditgeschäft, insbesondere den Frühwarnsymptomen, kritischen Werten und Hintergründen von Kreditausfällen, auf das Management des Risikos in anderen Unternehmen übertragen werden. Es wurde aus dem bankeigenen Risikomanagement ein besonderes Know-how bezüglich Analyse- und Messmethoden sowie Maßnahmen zur Steuerung von finanzwirtschaftlichen Risiken entwickelt, das zumindest in Teilbereichen auch für die Kunden genutzt werden kann.

Über die Bank können vor allem kleinere Unternehmen Zugang zu Steuerungsinstrumenten und Märkten (zum Beispiel zur Diversifikation) erlangen, der ihnen sonst verwehrt bliebe. Gerade wenn in größeren Kreditinstituten ein Geschäftsbereich Risikomanagement geschaffen wird, können dort durch Größenvorteile Kostendegressionen generiert und an den Kunden weitergegeben werden. Diese Kostenersparnisse können noch dadurch ausgedehnt werden, dass aus Sicht des Kunden fehlende personelle und räumliche Ressourcen zum effektiven Management von Risiken, durch die Bank bereitgestellt werden.13) Durch die Einbindung von externen Experten wird zudem eine neutrale, distanzierte Sichtweise in das Unternehmen eingebracht, die gegebenenfalls Risiken identifizieren kann, welche internen Mitarbeitern oder der Unternehmensführung sonst verborgen geblieben wären. Hier kommt ebenfalls zum Tragen, dass das Risikomanagement zwar die Kernbereiche eines Unternehmens betrifft, aber in der Regel nicht dessen Kernkompetenz darstellt.

Gegenüber dem beratenden Kreditinstitut können Unternehmen durch verbessertes Rating die Kreditvergabechancen erhöhen und bessere Konditionen aushandeln. Von einer Intensivierung und Verbesserung der Beziehung zwischen Bank und Kunde kann auch das Unternehmen zum Beispiel durch eine ganzheitliche Beratung profitieren. So wird das Management aller im Unternehmen zum Tragen kommender Risiken zusammengefasst und mögliche Wechselwirkungen berücksichtigt.

Zielgruppen für Dienstleistungen im Risikomanagement bei Banken

Weiterhin trägt ein durch Kreditinstitute verbessertes Risikomanagement zur Erfüllung der Auflagen gemäß Kon TraG bei und schützt das Unternehmen und die Unternehmensführung vor möglichen rechtlichen Konsequenzen.14) Schließlich dient das Risikomanagement vor allem der Existenzsicherung des Unternehmens und der Arbeitsplätze, sodass eine Optimierung im Interesse von Mitarbeitern und Unternehmensführung liegen sollte.

Obwohl viele Unternehmen objektiv einen Optimierungsbedarf im Bereich Risikomanagement aufweisen, zielt das Angebot externer Risikomanagementdienstleistungen nur auf bestimmte Unternehmen ab. Grundsätzlich dürfte sich der Umfang, in dem eine externe Beratung zum Risikomanagement herangezogen wird, nach der Unternehmensgröße richten. So ist bei Kleinstunternehmen der Umfang des zu messenden und zu steuernden Risikos absolut gesehen sehr gering, was einen aufwendigen, individualisierten Beratungsprozess aus Sicht eines externen Anbieters nicht lukrativ erscheinen lässt. Hier könnten lediglich standardisierte Verfahren und einfache Versicherungsprodukte zum Einsatz kommen.

Gründe zur Aufnahme des Risikomanagements in das Angebot

Größere und große Unternehmen können das Risikomanagement dagegen selbst effektiv durchführen, so dass sie als potenzielle Nachfrager eher ausscheiden. Zu prüfen ist aber, ob alle Risiken erfasst werden, ob alle notwendigen Messverfahren und Steuerungsinstrumente zur Verfügung stehen und ob sich aus Kostengründen das Outsourcing von Teilbereichen des Risikomanagements oder das zeitweise Hinzuziehen von externen Experten (anstatt einer Schulung oder dem Recruiting eigener Mitarbeiter) lohnt. Als Nachfrager nach Risikomanagement als individualisierte externe Dienstleistung kommen damit primär kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) in Frage, für die eine Selbsterstellung des kompletten Risikomanagementprozesses nicht möglich oder sehr kostenintensiv ist.

Grundsätzlich bestehen mehrere Beweggründe für Banken, Risikomanagement nicht mehr wie bisher implizit als Bestandteil der üblichen Produktberatung im Firmenkundengeschäft oder für die Risiken ausgewählter Geschäftsbereiche für Unternehmen, sondern als eigenständiges Produkt anzubieten. Zunächst ergibt sich für Banken, die sich in diesem Markt etablieren, zumindest kurzfristig ein Alleinstellungsmerkmal. Entsprechend können das Angebot und die Vermarktung von Risikomanagement als explizit ausgewiesene Dienstleistung und innovatives Produkt sowohl das Interesse von Bestandskunden wecken als auch über entsprechendes Marketing zur Neukundengewinnung genutzt werden.

Im Bereich der Bestandskunden kann die Übernahme des Risikomanagements ein bedeutsames Kundenbindungsinstrument sein, da der Risikomanagementprozess über einen längeren Zeitraum und permanent wiederkehrend zu vollziehen ist. Zudem besteht die Möglichkeit, Kunden stärker an das Kreditinstitut zu binden, da aus der notwendigerweise engen Zusammenarbeit zwischen der Bank als "Risikomanager" und dem Unternehmen eine Intensivierung der Kundenbeziehung resultiert. Weit greifende Cross Selling-Ansätze ergeben sich nicht allein im Zusammenhang mit den zum Risikomanagement notwendigen Produkten, Beratungen und Maßnahmen, da sich im Umfeld des Risikomanagements in der Regel weitere Verkaufsanlässe im Konten- oder Kreditgeschäft ergeben. Insgesamt erscheint es daher möglich, über das neue Produkt oder Geschäftsfeld Risikomanagement und die damit verbundenen Verkaufsanlässe neue Ertragsquellen zu erschließen beziehungsweise bestehende auszuweiten.

Gleichzeitig führt eine durch die Bank begleitete Verbesserung des Risikomanagements bei einem Kreditnehmer zu einer besseren Bonität und damit zu einem geringeren Risiko für die Bank. Aufgrund der so im Durchschnitt verbesserten Kreditratings ist für das Kreditinstitut nach Basel II eine geringere Eigenkapitalunterlegung möglich.15) Weitere Kostenersparnisse für das Kreditinstitut ergeben sich aufgrund einer geringeren Anzahl an Kreditausfällen durch ein optimiertes Risikomanagement (und dadurch bedingt auch gegebenenfalls höhere Erträge) des Kunden. Zu diskutieren ist auch ein möglicher Vorteil der Bank aus einer erhöhten Früherkennungsquote durch den vertieften Einblick in die Geschicke der Risikomanagementkunden. Dieser wird jedoch in der Regel aufgrund der zu errichtenden "Chinese Walls", also einer strikten organisatorischen und räumlichen Trennung zwischen dem Geschäftsbereich Risikomanagement für Unternehmen und der Kreditanalyse stark eingeschränkt.

Problemfelder aus Bankensicht

Den Vorteilen aus der Aufnahme des Risikomanagements in das Leistungsangebot stehen aus Bankensicht allerdings auch verschiedene Problemfelder gegenüber. Diese resultieren zunächst aus den entstehenden Kosten, die unter anderem davon abhängig sind, wie und in welcher Tiefe das Risikomanagement als Dienstleistungsprodukt in die Geschäftsfeldstrategie der Bank eingebunden wird. Chancen und Risiken steigen mit der Implementierung eines eigenständigen Geschäftsfeldes "Risikomanagement", da hierbei die Gefahr besteht, dass das Produkt von den Kunden nicht angenommen wird und getätigte Investitionen sich nicht rentieren. Notwendige Investitionen umfassen vor allem die Qualifikation von Mitarbeitern, die Schaffung von Organisationsstrukturen und die Produktentwicklung.

Neben den Erträgen aus dem Verkauf und der Vermittlung von Risikosteuerungsinstrumenten ist die Bepreisung der Beratungsleistung selbst zu diskutieren. Fraglich ist insbesondere, ob und in welcher Höhe ein Entgelt berechnet werden kann und beim Kunden durchsetzbar ist. Denkbar wäre beispielsweise ein Modell, das vorher für Beratungsleistungen erbrachte Zahlungen des Kunden mit den Provisionen

für den Einsatz von Steuerungsinstrumenten verrechnet.

Weitere Risiken resultieren insbesondere aus der Haftung für Beratungsfehler. Diese können im Fall des Risikomanagements für das zu beratende Unternehmen existenzgefährdende Folgen haben. Die Haftungsfragen beim Angebot von Risikomanagementdienstleistungen sind allerdings analog zu der Haftung bei Beratungsfehlern in Anlagefragen zu sehen, also auf Vorsatz und Fahrlässigkeit beschränkt. In jedem Fall ist sicherzustellen, dass die notwendigen Vorgaben bezüglich der Ziele, Schwellenwerte und Kosten grundsätzlich von der jeweiligen Unternehmensleitung (orientiert an der Risiko- und damit der Unternehmensstrategie) zu treffen sind. Auch sind die endgültigen Entscheidungen bei richtungsweisenden Transaktionen im Risikomanagement (wie beispielsweise der Abschluss bestimmter Sicherungsgeschäfte) durch die Führung des Unternehmens zu bestätigen und die Risikokontrolle durch die Unternehmensleitung auszuüben.

Um das Vertrauen der Kunden in die organisatorische Trennung von Risikomanagementberatung und Kreditanalyse zu bestärken, ist die Installation von "Chinese Walls" vorzunehmen und ausdrücklich zu kommunizieren. Dies stellt jedoch einen weiteren Kostenfaktor dar und schließt die Möglichkeit der verbesserten Früherkennung von Kreditausfällen aus.

Zusatzerträge und Kundenbindung

Die Erschließung neuer Geschäftsfelder und das Angebot innovativer Produkte werden, vor allem in Zeiten ausgeschöpfter Kostensenkungspotenziale, die Hauptquellen von Ergebnisverbesserungen für Kreditinstitute sein. In diesem Zusammenhang ist auch die Einführung von Risikomanagement als Dienstleistungsangebot für Unternehmen zu erwägen. Es wurde aufgezeigt, dass es keine rechtlichen Hinderungsgründe gibt, die gegen ein entsprechendes Angebot sprechen, und eine Nachfrage nach externem Risikomanagement latent vorhanden ist. Sofern Kreditinstitute ihren Vertrauensvorsprung, ihre Beratungsqualität und ihr Know-how in geeigneter Form einsetzen, kann davon ausgegangen werden, dass sie sich in diesem Geschäftsfeld erfolgreich etablieren.

Banken sind in der Lage, Unternehmen in vielen Phasen des Risikomanagementprozesses einen Zusatznutzen anzubieten, wobei die jeweilige Ausgestaltung der Dienstleistung stark von den Ansprüchen beider Vertragspartner abhängt. Unternehmen erlangen durch die Nutzung des Angebots Vorteile insbesondere durch den Zugang zu Analyse- und Messmethoden, Research-Abteilungen und Steuerungsinstrumenten. Auch für die Kreditinstitute kann das Risikomanagement profitabel sein. Es lassen sich einerseits Erträge aus der Beratung und dem Verkauf der Risikosteuerungsprodukte generieren; andererseits sind indirekte Vorteile wie Kundenbindung und Neugewinnung sowie Bonitätsverbesserungen gleichzeitiger Kreditnehmer zu erwarten.

Ingo Schmuckall , Transformation Director, Deloitte Consulting, Hamburg
Prof. Dr. Stephan Schöning , Professor für ABWL/Finance, SRH Hochschule Heidelberg
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