Aufsätze

Verbriefungen für den Mittelstand - Wohin geht die Reise?

Bis zum Ausbruch der Subprime-Krise lagen Mittelstandsverbriefungen in Europa, vor allem auch in Deutschland, im Aufwind. Immer mehr Banken in immer mehr Ländern nutzten Verbriefungen, um Eigenkapital freizusetzen oder um sich günstig zu refinanzieren. Gleichzeitig wurden nicht mehr nur "klassische" Mittelstandskredite verbrieft, sondern auch risikoreichere Finanzierungen wie Mezzaninekapital. Zudem gewann die Verbriefung von Handelsforderungen von Unternehmen an Attraktivität. Entsprechend akzeptiert war die Verbriefung als ein innovatives und verlässliches Instrument zur Verbesserung der Kreditversorgung des Mittelstands.

Vom Desaster der Subprime-Krise wurden dann aber nahezu alle Verbriefungsprodukte gleichermaßen in Mitleidenschaft gezogen. Auch der deutsche Markt für Mittelstandsverbriefungen konnte sich den Folgen der Krise nicht entziehen, obwohl die bis dahin durchgeführten Transaktionen sich - mit Ausnahme einiger kleiner Teilsegmente - durch eine gute Performance auszeichnen und die Erwartungen der Investoren erfüllen. Neben der Sub-prime-Krise verändern auch Basel II sowie neue Reformvorschläge die Motivation und die Struktur von Verbriefungen. Die Frage ist: Wohin geht die Reise?

Mittelstandsverbriefungen bis zur Subprime-Krise

Im Gleichschritt mit dem Aufschwung der Verbriefungsmärkte insgesamt gewann auch die Verbriefung von Mittelstandskrediten in Europa und insbesondere in Deutschland an Bedeutung. Seit dem Jahr 2000 gab es in Europa rund 170 KMU-Verbriefungen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von knapp 228 Milliarden Euro. Insbesondere im Zeitraum 2004 bis 2007 wuchs der Markt kräftig, und sowohl bei der Anzahl der Transaktionen als auch beim Volumen wurden jeweils neue Höchstwerte erreicht.

Selbst in dem durch die Finanzmarktkrise geprägten Jahr 2007 konnte europaweit ein Zuwachs erzielt werden: in 36 Transaktionen wurden Mittelstandskredite in Höhe von 69,3 Milliarden Euro (2006: 49,6 Milliarden Euro) verbrieft, und im ersten Halbjahr 2008 gab es immerhin 16 KMU-Verbriefungen in Höhe von 14,6 Milliarden Euro. Spanien (Marktanteil 33 Prozent) und Deutschland (Marktanteil 32 Prozent) waren dabei im Zeitraum von 2000 bis 2008 die beiden mit Abstand wichtigsten europäischen Märkte. Mit zunehmender Reife des Gesamtmarktes entdeckten in den letzten Jahren weitere europäische Länder die Mittelstandsverbriefung, so zuletzt Griechenland, Polen und Tschechien (Abbildung).

Das erste deutsche Mittelstandsportfolio wurde 1998 verbrieft. Ein aktiver Verbriefungsmarkt entwickelte sich jedoch erst ab dem Jahr 2000. Seitdem wurde in Deutschland in 51 Transaktionen ein Volumen von 72 Milliarden Euro an Mittelstandskrediten verbrieft. Dass neben "klassischen" Mittelstandskrediten zunehmend auch komplexere beziehungsweise riskantere Finanzierungen wie Genussrechte am Markt platziert wurden, war ein Trend, der den Markt in den letzten Jahren prägte. Auch die Verbriefung von Handelsforderungen gewann an Bedeutung. Diese Entwicklung hin zu einer Ausdifferenzierung der Assetklasse wurde jedoch durch den Ausbruch der Finanzmarktkrise im Sommer 2007 gestoppt.

Verbriefte Kredite aus dem Bestandsgeschäft

Eine besonders gute Performance zeigten in der Vergangenheit sogenannte granulare "Balance-Sheet-Transaktionen". Bei Balance-Sheet-Transaktionen werden - im Unterschied zu Off-Balance-Sheet-Transaktionen - Kredite aus dem Bestandskredit der Banken verbrieft. Auf sie entfällt in Deutschland nahezu das gesamte Marktvolumen. Bei Off-Balance-Sheet-Transaktionen hingegen werden Finanzierungen systematisch zur anschließenden Verbriefung eingeworben und die Kredite nicht über die Bankbilanz finanziert. Dies war beispielsweise bei deutschen Mezzanine- und Genussrechtstransaktionen der Fall.

Sie bilden allerdings ein kleines und volumenmäßig eher unbedeutendes Segment der Mittelstandsverbriefungen. Die Performance dieser letztgenannten Verbriefungen war in der Vergangenheit deutlich schlechter; sie haben aus verschiedenen Gründen (Überschneidungen in den verbrieften Portfolios, aggressives Pricing, Betrugsfälle, sehr frühzeitige Ausfälle) die Erwartungen der Marktteilnehmer vielfach nicht erfüllen können. Einen wichtigen Beitrag zum Aufbau des deutschen Marktes der Mittelstandsverbriefung hat die KfW mit der von ihr im Jahr 2000 etablierten Verbriefungsplattform Promise (Promotional Mittelstands Loan Securitisation) geleistet.

Zielsetzung von Promise

Die KfW hatte sich bereits frühzeitig entschieden, die Kreditverbriefung als Förderinstrument einzusetzen. Im Jahr 2000, als die Verbriefung in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte, wurde deshalb die Verbriefungsplattform Promise entwickelt, über die deutsche und europäische Kreditinstitute Risiken aus Mittelstandskrediten an den Kapitalmarkt transferieren können. Das primäre Ziel war und bleibt es, dem Auftrag entsprechend die Rahmenbedingungen für die Kreditversorgung von Mittelständlern zu verbessern. Promise stellte damit im Wesentlichen eine Ergänzung beziehungsweise Weiterentwicklung des Förderinstrumentariums der KfW dar.

Die Verbriefung verbessert die Kreditversorgung, weil es durch den Risikotransfer zur Eigenkapitalentlastung kommt und damit neue Kredite ausgereicht werden können. Hiervon profitiert auch der Endkreditnehmer, weil er mittelbar Zugang zum Kapitalmarkt erhält. Promise wurde 2001 durch die zweite Plattform Provide (Pro-vide-Residential Mortgage Securitisation) ergänzt, die vorwiegend der Verbriefung von privaten Wohnungsbaukrediten dient.

Mit der Einführung der Promise-Plattform sah die KfW ihre Aufgabe vor allem darin, das Instrument "Mittelstandsverbriefung" weiterzuentwickeln, Standards im Markt zu setzen und Mittelstandsverbriefungen für einen breiten Anwenderkreis zu erschließen. Zudem sollte Banken, die zum ersten Mal verbriefen wollen, der Einstieg in den Verbriefungsmarkt erleichtert werden.

Ein standardisiertes Instrument

Was leistet Promise? Mit der Plattform hat die Bank ein standardisiertes und transparentes Instrument für die synthetische Verbriefung von Mittelstandskrediten geschaffen. Die Ausgestaltung der Plattformen hat insbesondere die Transaktionskosten reduziert und zur Erhöhung der Liquidität im Sekundärmarkt durch einen regelmäßigen "Deal-flow" beigetragen. Von Anfang an waren "Standardisierung" und "Transparenz" zentrale Merkmale der Plattform - dies sind Anforderungen, die nun im Zuge der Finanzkrise sehr große Bedeutung erlangt haben.

Die verschiedenen Standardisierungsmerkmale betreffen unter anderem den Transaktionsrahmen selbst sowie die Art der Informationsbereitstellung über die Entwicklung der Kreditqualität des Portfolios. Die gewährleisteten Informationsstandards erfüllen bereits heute die Empfehlungen des European Securitisation Forum (ESF) zur Erhöhung der Transparenz auf dem europäischen Verbriefungsmarkt.

Die Akzeptanz und der Erfolg von Promise lassen sich mit Zahlen belegen. So wurde über die Plattform in 28 Verbriefungen ein Volumen von rund 48 Milliarden Euro an Mittelstandskrediten verbrieft. Über 15 Banken haben die Plattform genutzt. Neben den niedrigen Verlusten (von weniger als 0,1 Prozent bezogen auf das ausstehende Poolvolumen) ist auch die Ratingstabilität in der Vergangenheit hoch; bisher gab es eine Ratingheraufstufung und keine Ratingherabstufung.

Neben Deutschland, wo Promise einen wichtigen Anstoß für Mittelstandsverbriefungen gegeben hat, ist Spanien der wichtigste Markt für europäische Mittelstandsverbriefungen; beide Länder vereinten im Zeitraum 2000 bis 2008 rund zwei Drittel aller Transaktionen auf sich. Förderlich für den spanischen Markt war, dass dort der Staat mit dem FTPYME-Programm ausgewählte Verbriefungstranchen garantiert und dadurch für die Schaffung eines aktiven Marktes gesorgt hat.

Die Erfahrungen aus Deutschland und Spanien deuten darauf hin, dass staatliche Programme sehr effizient zur Strukturbildung und zur Förderung des Sekundärmarkts beitragen können. Seit 2008 unterstützt auch die EU über ihr CIP-Programm (Competitiveness and Innovation Framework) mittels Garantien europäische Mittelstandsverbriefungen.

Aktuelle Trends und zukünftige Herausforderungen

Mittelstandsverbriefungen stehen - zusammen mit dem Verbriefungsmarkt insgesamt - aktuell vor zwei Herausforderungen. Erstens muss der Vertrauensverlust infolge der Subprime-Krise überwunden werden, zweitens müssen die Strukturen gemäß Basel II angepasst werden.

Die Subprime-Krise hat zu einem beinahe kompletten Erliegen der Verbriefungsmärkte geführt und damit auch deutsche Mittelstandstransaktionen erfasst. Der Ausweg aus der Krise kann nur gelingen, wenn das Vertrauen der Investoren zurückgewonnen wird. Allerdings muss sich der deutsche Markt nicht verstecken, denn deutsche Mittelstandsverbriefungen - zumindest die Balance-Sheet-Transaktionen - sind seit jeher durch eine hohe Qualität der verbrieften Pools und durch Transparenz der Strukturen gekennzeichnet. Mit Promise-Verbriefungen zum Beispiel hat bisher kein Investor Geld verloren. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist die "Rückkehr" des Verbriefungsmarktes äußerst wünschenswert. Denn infolge der anhaltend hohen Spreads auf den Sekundärmärkten ist die Verbriefung für viele Banken unwirtschaftlich geworden, sodass der Verbriefungsmarkt als günstige Refinanzierungsquelle weggebrochen ist. Diese Entwicklung schadet nicht nur den Banken, sondern wird sich spätestens dann beim Endkreditnehmer bemerkbar machen, wenn die hohen Refinanzierungs- und Risikokosten der Banken an ihn weitergegeben werden.

Erholung in Teilsegmenten absehbar

Ein baldiges Ende der Krise ist jedoch so lange nicht zu erwarten, wie die Abwärtsspirale auf den Immobilienmärkten und die damit einhergehenden Wertberichtigungen bei den Banken weitergehen. Gleichzeitig muss sich der Markt darauf einstellen, dass die Investorenbasis nicht nur kurzfristig weggebrochen ist, sondern dass viele Investoren wie SIVs, SIVs-lites oder Arbitrageconduits gar nicht zurückkehren werden.

Umso wichtiger wird es sein, mit attraktiven und durchschaubaren Verbriefungsstrukturen die verbleibenden Anleger zu überzeugen. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass sich insbesondere die jüngeren (sprich riskanteren) Teilsegmente der Mittelstandsverbriefung für absehbare Zeit nicht von der Krise erholen werden. Dies gilt zum Beispiel für die Verbriefung von Genussrechtskapital.

Unter Basel I musste nach dem Grundsatz I KWG das Ausfallrisiko von Krediten pauschal mit acht Prozent Eigenkapital unterlegt werden. Dies machte die Ausplatzierung der ganzen Kapitalstruktur und insbesondere der volumensmäßig sehr bedeutsamen AAA-gerateten Tranche attraktiv. Mit der Umsetzung von Basel II ändert sich der regulatorische Anreiz jedoch, da nun die Eigenkapitalunterlegung nicht mehr pauschal, sondern in Abhängigkeit des Risikogehalts erfolgt. Für Banken ist daher die Ausplatzierung von AAA-Tranchen in der Regel weniger eigenkapitalentlastend und daher nicht mehr notwendig. Vielmehr reicht es aus, nur noch Teile der mezzaninen Tranchen an den Kapitalmarkt zu transferieren. Hier gilt es, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krise, Investoren zu finden, die die Risiken zu wirtschaftlichen Spreads übernehmen wollen.

Gleichzeitig werden infolge der Finanzmarktkrise von vielen Seiten Forderungen laut, die Regulierungsvorschriften, insbesondere im Bereich der strukturierten Finanzierungen, erneut zu überarbeiten. So wird zum Beispiel vorgeschlagen, dass Banken, die ein Portfolio verbriefen wollen, zukünftig zehn Prozent der gesamten Kapitalstruktur beziehungsweise des Risikos einbehalten müssen. Ein anderer Vorschlag zielt darauf ab, die Eigenkapitalhinterlegung für Verbriefungstranchen neu zu justieren. Auch die KfW verfolgt die Diskussion um die Überarbeitung der Regulierungsvorschriften sehr aufmerksam. Ziel bleibt es, weiterhin mit geeigneten Produkten zu einer verbesserten Kreditversorgung des Mittelstands beizutragen.

Im Sog der Krise

Wie alle anderen Assetklassen konnten sich auch Mittelstandsverbriefungen dem Sog der Subprime-Krise nicht entziehen. Mehr als ein Jahr nach Ausbruch der Krise haben sich die Märkte noch längst nicht erholt. Mittelfristig ist jedoch zu erwarten, dass der Trend hin zu einer stärkeren Bedeutung des Kapitalmarkts als Refinanzierungsquelle für den Mittelstand weitergehen wird. Dies gilt zum einen für die Verbriefung von Bilanzkrediten, über die Mittelständler mittelbar Zugang zum Kapitalmarkt erhalten.

Zum anderen wird auch die Verbriefung von Handelsforderungen eine attraktive Refinanzierungsalternative für Unternehmen bleiben. Generell wird davon ausgegangen, dass sich vor allem transparente und einfach strukturierte Verbriefungen in etablierten Assetklassen durchsetzten werden. Hiervon sollten künftig insbesondere granulare Mittelstandsverbriefungen aus Deutschland, die sich weiterhin durch eine gute Performance auszeichnen, profitieren.

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