Erstellung und Prüfung des Lageberichts im Mittelstand

nwb-Brennpunkt: Klaus Wiechers, Erstellung und Prüfung des Lageberichts im Mittelstand. XIII, 126 Seiten, nwb-Verlag. 1. Auflage 2013.

ISBN 978-3-482-64751-2; inklusive Online-Version 32,90 Euro

Diese immer noch aktuelle und rundherum nützliche Schrift empfiehlt sich als Ergänzung des Nomos HGB-Kommentars: Der Verfasser verfolgt den Ansatz, die Erstellung des Lageberichts als Einheit aus dem Jahresabschluss heraus zu entwickeln, zu betrachten und damit der Informationspflicht gegenüber den Adressaten Genüge zu tun. Ein Schwerpunkt der Schrift sind die Pflichtinhalte des Lageberichts nach § 289 Abs. 1 HGB: Darstellung und Analyse des Geschäftsverlaufs mit den bedeutsamsten Leistungsindikatoren; Kennzahlen ermöglichen die unmittelbare Anwendung auf die Dokumente des Kreditkunden; das gilt für den gesamten Band. Wichtig für die Bankpraxis sind die Ausführungen zum Risiko- und Chancenbericht mit Hinweisen zum Umfang der Berichtspflicht, dem Verbot der Saldierung von Chancen und Risiken. Zahlreiche Beispiele, so etwa zu Wertverfalls-, Beteiligungs- und latenten Rechtsrisiken, sind eingearbeitet.

Für den eigenen Lagebericht der Bank dürften die Hinweise zum "Prognosebericht" hilfreich sein: Der Autor hebt den hohen Informationswert, hier für Anteilseigner der Genossenschaftsbanken beziehungsweise kommunale Aufsichtsgremien der Sparkassen, hervor und verweist zutreffend auf die Entscheidung des OlG Frankfurt/M., dass bei Verzicht auf den Prognosebericht, das heißt auch vollständigen Lagebericht, ein "wesentlicher Fehler der Rechnungslegung" vorliegt (OLG Frankfurt/M., Beschl. vom 24. November 2009 - WpÜP 11 und 12/2009). Der Rezensent hat in seiner Bankberatungspraxis wiederholt Vorstände eingehend informiert, dass sie den Mitgliedern zu einer vollständigen und eindeutigen Berichterstattung aufgrund Gesetz, Satzung und Dienstvertrag verpflichtet sind. Sie verletzen ihre Obliegenheiten, wenn sie bei der Erstattung des Lageberichts erhebliche Umstände verschweigen, was insbesondere bei Fusionen im Hinblick auf Regresse problematisch werden kann.

Wiechers benennt auch die Schwierigkeiten bei Berichtspunkten mit hohem Unsicherheitsfaktor bezüglich der künftigen Entwicklung und verlangt dann wenigstens komparative Prognosen oder "die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der wesentlichsten zur internen Steuerung verwendeten finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren in verschiedenen Zukunftsszenarien." Auch dazu werden Beispiele und Musterformulierungen geliefert. Auf das "Überschreiten der Grenze" zwischen interpretationsfähigen und nicht mehr vertretbaren Aussagen weist der Verfasser ausdrücklich hin und widmet sich den Auswirkungen einer kritischen Going-Concern-Betrachtung für Anhang und Lagebericht: Beachtliche Punkte der Fortführungsprognose und Fortbestehensprognose werden tabellarisch gegenübergestellt. Für die eigenen Angelegenheiten der Bankorgane hat auch das Kapitel 8 zur "Prüfung des Lageberichts" Relevanz, insbesondere zur "Einklang-Prüfung": Übereinstimmung des Lageberichts mit dem Jahresabschluss und den prüferischen Erkenntnissen.

Anregungen zu einem offenen Diskurs mit dem Prüfer

Dabei befasst sich der Autor mit den beim Prüfungsteil "Risikoberichterstattung" auftretenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Unternehmensleitung aufgrund subjektiv empfundener Risikobeurteilung. Hier liegen Gefahren für den Vorstand, wenn er entgegen prüferischen Annahmen unrichtig und pflichtwidrig berichtet. Dieser Herausforderung gilt es sich jedes Jahr und fortlaufend zu stellen, trotz der Gewohnheit, den Lagebericht quasi vor "Toresschluss" zu erarbeiten, während die Prüfung des Jahresabschlusses parallel erfolgt, so zutreffend Wiechers zur "fast close" Lageberichterstellung.

Mit der Anschaffung dieses Buches können Banker "zwei Fliegen mit einer Klappe" schlagen, denn der kleine Band hat es in sich: Zum einen hilft es der Kreditabteilung bei der Durchleuchtung der hereingereichten Jahresabschlussunterlagen und Beurteilung bankseitiger Risiken. Zum anderen ist das Buch ausgesprochen nützlich zur Vorbereitung des eigenen Lageberichts und der Analyse, inwieweit der Entwurf des Vorstands noch Schwächen enthält. Wiechers arbeitet die Risiken eines unvollständigen Lageberichts heraus, liefert überzeugende Lösungsansätze und gibt Anregungen zu einem offen geführten Diskurs mit dem Prüfer.

Hartmut Glenk, Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin

Hartmut Glenk , Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin
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