Handbuch des Wirtschaftsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts

Christian Müller-Gugenberger (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht - Handbuch des Wirtschaftsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln, 6. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, 2015, CXIII, 3323 Seiten, ISBN 978-3-504-40042-2, 189,00 Euro

Handbücher zum Wirtschafts- und Steuerstrafrecht sind für jeden Verantwortlichen im Bankgewerbe unverzichtbar. Während Kommentare zum StGB eher der Jurisprudenz zugedacht sind, benötigen Vorstände, Aufsichtsräte, leitende Angestellte und Behördenmitarbeiter klare und umfassende Erläuterungen zu Stichworten, wie beispielsweise Betrug, Kapitalanlagebetrug, Kreditbetrug, Untreue, Geldwäsche und Steuerdelikte. Dazu: Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im spezifischen Bereich des Rechnungswesens und der Berichterstattung. Das vorliegende Werk wird diesen Anforderungen mehr als gerecht. Herausgeber und Autorenteam haben einen sicherlich schweißtreibenden Weg gefunden, den Bereich der Wirtschaftskriminalität übersichtlich zu vereinheitlichen und eine Brücke vom StGB zur Flut strafrechtlicher Nebenvorschriften (HGB, AktG, GenG, GewO) zu bauen.

Der einführende Überblick mit Begriffsbestimmungen und Abschnitten zum Europäischen Strafrecht (§ 6: Engelhart), der Grenzüberschreitenden Bekämpfung (§ 8 Bischoff/Nogrady) mit Hinweisen zur Rechtshilfe innerhalb der EU und zur Organisierten Kriminalität ist zur Erweiterung des Verständnishorizonts gelungen und hilfreich. Zum ersten Teil des Buches gehören umfangreiche Ausführungen mit wertvollen Empfehlungen zu: Ermittlungs- und Gerichtsabläufen sowie den Konsequenzen für den Betroffenen (§§ 11, 12, 13: Niemeyer). Die Bearbeiter der einzelnen Themen haben das Problem gemeistert, dem Leser Begriffe, Bedeutung und Risiken der Verfahrensstadien nahezubringen.

Dazu gehören auch die Themen der Strafvoraussetzungen, von Irrtum und Versuch (§ 18: Niemeyer), Täterschaft und Teilnahme (§ 19: Häcker). Das ist schon deshalb bedeutsam, weil sich Banker häufig des Verdachts der Anstiftung oder Beihilfe, etwa zu Betrug, Untreue, Steuerhinterziehung oder Geldwäsche, ausgesetzt sehen. Neben den umfangreichen Ausführungen dazu, die mit zirka 600 Seiten bereits eine eigene Schrift gerechtfertigt hätten, hat der Herausgeber einen bemerkenswerten Weg zur Darstellung der speziellen Wirtschaftsstraftaten gefunden: Er folgt dem Aufbau des Unternehmens von der Gründung über die Praxis des Unternehmens als Betrieb und Rechtsform bis zur Sanierung beziehungsweise Beendigung. Wesentlich für ein Kreditinstitut sind bei Gründungsbegleitung und/oder Eingehen einer Geschäftsbeziehung die Erfüllung von Anmelde- und Erlaubnispflichten (§§ 24, 25: Dittrich).

Die Autoren haben dann einen ausgezeichneten Schwerpunkt bei der Anlage des Rechnungswesens (§ 26 A-E: Wolf; F: Wagenpfeil), Kapitalbeschaffung (§ 27: Wagenpfeil) und Kapitalanlagen (§ 28: Wagenpfeil/Muhler) gesetzt. Für Kreditinstitute von hohem Nutzen: Die Übersicht der IFRS mit Synopse zum HGB, Darstellung der Konsequenzen fehlerhafter Ansätze und Bewertungen in der Eröffnungsbilanz insbesondere in Verbindung mit Überlegungen zum Betrug und Kreditbetrug. Die umfassende Darstellung der Betrugstatbestände erfolgt unter den Kapiteln "Schutz fremden Vermögens", Warenkredit- und Lieferantenbetrug (§§ 47, 48: Hebenstreit) wobei sich der Autor dieses bedeutenden Teils mit den Delikten gemäß § 263 StGB und § 265 StGB (Kreditbetrug) nochmals in Kapitel "§ 50 "Kapitalbeschaffung" auseinandersetzt. § 49 (Trück) befasst sich mit dem "bargeldlosen Zahlungsverkehr" von der Scheck- und Wechselreiterei über Missbrauchs varianten bei Lastschriften, Überweisungen und Kartenzahlung. Lesenswert sind die Ausführungen zu "Strohmann- und Scheingeschäften" (§ 29 Schmidt/Ludwig).

Dieses sonst vernachlässigte Thema spielt gerade bei Kreditbeschaffung und Weiterfinanzierung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Der Praktiker wird auch die Erörterung der Geldwäsche (§ 51: Wahl), des Subventionsbetrugs (§ 52: Retemeyer) und der Korruption (§ 53: Ludwig) begrüßen. Dem Verfasser ist aus eigener langjähriger Berufserfahrung als Gutachter für Justiz und Versicherungen bekannt, dass Verantwortlichen von Kreditinstituten nicht selten Vorteilsannahme bei prekären Finanzierungen vorgeworfen wird. Deshalb ist es erfreulich, in dem Werk sowohl ein Kapitel zur "Compliance" (§ 31: Alexander/ Winkelbauer) als auch eine komplexe Abhandlung der Treuebruchtatbestände (§ 32: Hadamitzky), bis ins Detail, zu finden. Die Darstellungen zur Unternehmenskrise und Sanierung, der Abgrenzung von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, vervollständigen den Band, dessen inhaltliche Gesamtdarstellung den Rahmen des Möglichen sprengen würde; die Leis tung jedes Autors/Autorin ist hoch respektabel.

Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass dem Steuerstrafrecht mit zirka 120 Seiten weiter Raum gewidmet wurde und die Hinweise zur Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen auch für Banker erhellend sein und den etwaigen Umgang mit Strafjuristen erheblich erleichtern dürften. Das Werk bietet kompetente Hilfestellung für die persönlichen Fragestellungen und zur Bewertung des Verhaltens von Geschäftspartnern, es ist von einem erstklassigen Autorenteam eingängig verfasst und unmittelbar anwendbar. Ein komplexes Schrifttums- und Stichwortverzeichnis rundet das Kompendium ab. Der "Müller-Guggenberger" überzeugt deshalb als ausgezeichnetes und immer noch aktuelles Handbuch des gesamten Wirtschaftsstrafrechts, das in keinem Kreditinstitut fehlen sollte.

Hartmut Glenk, Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin

Hartmut Glenk , Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin
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