Finanzmarktforscher: Europas Banken fehlt Eigenkapital zur Bewältigung der Corona-Krise

Laut dem Leibniz-Institut Safe verfügen europäische Banken über zu wenig Eigenkapital, um der Wirtschaft eine rasche Erholung von den Folgen der Corona-krise zu ermöglichen. Je nach Ausmaß und Schwere der Krise können demnach bei den Kreditinstituten Kapitallücken in Höhe von 143 Milliarden Euro bis 600 Milliarden Euro entstehen. Die vergleichsweise größten Verluste mit Blick auf Eigenkapital und Marktkapitalisierung müssen demnach Banken in Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien hinnehmen.

Ein ausreichend kapitalisierter Bankensektor sei allerdings eine wichtige Voraussetzung, die drohende Rezession für den Europäischen Wirtschaftsraum durchzustehen. Für eine nachhaltige Rekapitalisierung der Geldhäuser, mit dem Ziel, der Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen, biete sich das bislang ungenutzt Potenzial des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) an. Diese Schlüsse ziehen Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung Safe, der Frankfurt School of Finance & Management sowie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn aus ihren Untersuchungen in einem gemeinsamen Safe White Paper.

Um die Kreditinstitute zu unterstützen, sprechen sich die Wissenschaftler dafür aus, vorsorgliche Rekapitalisierungsmaßnahmen auf europäischer Ebene über den ESM zu organisieren. „Der Vorteil dabei ist, dass keine neuen regulatorischen Strukturen aufgebaut werden müssen, sondern die in der Krise bislang ungenutzten finanziellen Ressourcen des ESM als gesamteuropäische Auffanglösung dienen“, sagt Safe-Wissenschaftler Tobias Tröger, einer der Autoren des Papiers.

Zum einen wären keine sogenannten „bad banks“ zur Abwicklung maroder Geldhäuser auf nationaler oder europäischer Ebene nötig. Zum anderen könnte der Teufelskreis aus klammen Banken und überschuldeten Staaten aufgebrochen werden. „Der ESM ist die einzige existierende europäische Institution, die finanziell zu einer Lösung in der Lage ist“, fasst Tröger zusammen.

Für ihre Beobachtungen haben die Forscher demnach einen Bankenstresstest mit verschiedenen Szenarien durchgespielt. Die Simulationen fuße auf Daten der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zu insgesamt 79 Kreditinstituten der Eurozone, von denen 42 börsennotiert sind. Das Gesamtvermögen der Finanzhäuser aus dieser Stichprobe liege bei etwa 22 Billionen Euro. Um die Auswirkungen der Corona-Rezession für Europas Banken abzubilden, wurde eine systemische Krise simuliert, bei der die weltweiten Aktienmärkte innerhalb der nächsten sechs Monaten um 40 Prozent einbrechen. Dabei würden die Fehlbeträge der Banken je nach Verhältnis von tatsächlich vorhandenem Eigenkapital zu Gesamtaktiva schwanken.

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