Ihr Kreditwesen-Weintipp von Ralf Frenzel

NEW GENERATION - Die 111 besten deutschen Jungwinzer präsentiert von Stuart Pigott Weingut Dr. Siemens

Jochen Siemens

Jochen Siemens (Jahrgang 1948) war sichtlich baff, als ich ihm erklärte, auch er würde in diesem Heft zum Thema "New Generation im deutschen Weinbau" vorgestellt. Denn seine Vita wie sein silberlockiges Haupt zeugen doch eher von einer würdig gereiften Persönlichkeit als von einem Jungwinzer. Aber als er merkte, dass es sich nicht um einen Pigott-Scherz handelte, war er sehr glücklich. In der Tat ist es so, dass sich der ehemalige Chefredakteur der Frankfurter Rundschau spät einen Lebenstraum erfüllt hat. Und wenn er das Geschehen im Weinberg während des Herbstes 2011 schildert, kann leicht der Eindruck entstehen, er müsse sich noch ein wenig in die Tiefe der Materie einfinden. Andererseits lassen seine Weine aus diesem Jahrgang keinen Zweifel daran: Jochen Siemens gehört inzwischen zur ersten Liga an der Saar. Und das nicht nur mit seinen Spitzenweinen aus den Monopollagen Herrenberg und Würtzberg. Schon für deutlich weniger als zehn Euro gibt es den tollen Scivaro, einen trocknen Riesling mit feiner Pfirsichnote, und die weit cremigeren trocknen Auxerrois- und Pinot-Blanc-Weine mit ihren Wiesendüften - allesamt ungewöhnlich weiche Weißweine für die Saar. Etwas teurer, aber sehr erstaunlich für die zumindest auf dem Papier kühlste Weinbaugegend Deutschlands ist sein Pinot-noir-Rotwein. Dann unterhielten wir uns über Jim Morisson und die Doors, und nun ich war ganz sicher, bei einem Jungwinzer zu sein.

Ein Quereinsteiger par excellence ist der Historiker und Journalist Jochen Siemens. "Leidenschaft und Hybris" seien die Beweggründe für den Kauf des von Baron von Schorlemmer Ende des 19. Jahrhunderts gegründeten Weinguts gewesen, das im Jahr 2005 vom Weinberg bis zum Keller vollkommen heruntergewirtschaftet war. Die Kelterhalle musste neugestaltet, die veraltete Technik für die Traubenannahme, die Traubenverarbeitung und den Keller musste umgerüstet, das gesamte Gut umfassend erneuert werden. Das bedeutete große Investitionen und jede Menge Arbeit. Doch schon 2006 konnte der frischgebackene Weingutsbesitzer seinen ersten eigenen Jahrgang präsentieren.

Auf zwölf Hektar wachsen Weiß- und Spätburgunder sowie etwas Auxerrois, den Jochen Siemens 2006 neu anpflanzen ließ, vor allem aber Riesling, der zwei Drittel der Rebfläche - Steilstlagen mit Schieferböden - einnimmt. Im Keller wird auf hundert Prozent Spontanvergärung gesetzt. Die Weine finden nicht nur bei der wachsenden Kundschaft im In- und Ausland Anerkennung, auch von der Fachwelt werden sie gepriesen: Den Ersten Platz beim Riesling Spätlese Reitercup konnten sie erringen und den Zweiten beim Challenge Deutscher Riesling. Der 2012er Scivaro Riesling ist derzeit der Favorit von Jochen Siemens. Scivaro steht für Schiefer, der dem Qualitätswein von der Saar seine spezifische Mineralität verleiht.

Weintipp aus der Zeitschrift: FINE Das Weinmagazin - Special No. 2

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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