Bankenchronik Ausgabe 14/2020

25. Juni bis 3. Juli 2020

Das Amtsgericht München hat mit Beschluss vom 29. Juni 2020 im vorläufigen Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard einen Gläubigerausschuss eingesetzt. Der vom Amtsgericht München eingesetzte Insolvenzverwalter erstattete in der mehrstündigen Sitzung einen ersten Bericht. Demnach haben sich bereits zahlreiche Interessenten weltweit für den Erwerb von Geschäftsbereichen gemeldet. Der vorläufige Gläubigerausschuss gab daraufhin grünes Licht für einen internationalen Investorenprozess unter Einschaltung von Investmentbanken. Die Wirecard Bank sei weiterhin nicht insolvent, Auszahlungen an Händler und Kunden der Wirecard Bank würden ohne Einschränkungen ausgeführt.

Die Europäische Kommission hat die europäische Wertpapieraufsicht ESMA eingeschaltet, um ein mögliches Aufsichtsversagen in Deutschland im Fall des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard aufzuklären. Sollte die vorläufige Untersuchung der ESMA Mängel bei der Durchsetzung der EU-Vorschriften zur Finanzberichterstattung durch die deutsche Finanzaufsicht BaFin aufdecken, solle die EU bereit sein, Konsequenzen einzufordern.

Einige Groß- und Landesbanken, darunter die Deutsche Bank, DZ Bank, Helaba und LBBW, haben sich auf einen gemeinsamen KYC-Standard zur Erhebung und zum Austausch von Unternehmensdaten für die Geldwäscheprävention geeinigt. Zurzeit starte laut dem Dienstleister BFS Finance die Pilotphase von "Cinfoni" (Customer Information Network Intelligence), einer Blockchainbasierten Plattform. Die BaFin hat das Projekt datenschutzrechtlich geprüft und ihr Einverständnis erteilt. Die nordischen Banken haben bereits 2019 einen KYC-Standard im Rahmen eines Joint Venture zwischen Danske Bank, DNB, Handelsbanken, Nordea, SEB und Swedbank gegründet. Dort laufen bereits erste Pilotprojekte, kommerzielle Tätigkeiten sind ab dem ersten Halbjahr 2021 geplant.

Die öffentlichen Versicherer Provinzial Nordwest und Provinzial Rheinland fusionieren. Die Landtage in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stimmten dem Zusammenschluss beziehungsweise der Änderung des Staatsvertrags zur Provinzial Rheinland zu. Die Eintragung ins Handelsregister muss bis zum 31. August 2020 erfolgen, um die Fusion rückwirkend zum 1. Januar 2020 umsetzen zu können. Über die Inhalte der wirtschaftlichen Einigung wurde Stillschweigen vereinbart.

Das Bankhaus Lampe zieht sich aus dem Aktiengeschäft zurück. Das Düsseldorfer Institut hat vorbehaltlich der Verhandlungen mit dem zuständigen Betriebsrat zum Ende des Jahres 2020 entschieden, den Bereich Equities und Equity Capital Markets zu schließen. Die verschärften regulatorischen Anforderungen, der steigende Wettbewerbsdruck und eine hohe Zyklizität bei den Transaktionen erschweren das Equity-Geschäft der Bank. Die Corona-Krise hat diesen Einfluss nochmals verstärkt, weshalb das Bankhaus Lampe für diesen Bereich keine wirtschaftlich tragbare Perspektive mehr sieht.

Die Augsburger Aktienbank (AAB), eine hundertprozentige Tochter der LVM Versicherung, Münster, überträgt ihr Wertpapiergeschäft an die Münchner European Bank for Financial Services (ebase). Wertpapierbestände in Höhe von rund 17 Milliarden wechseln somit von der Wertach an die Isar. Die Augsburger Aktienbank agiert bis dato als Spezialist für die Abwicklung von Wertpapieren für rund 180 000 Depotkunden. Diese Rolle übernimmt zukünftig die deutlich größere ebase. Der Verkauf sieht darüber hinaus vor, dass rund die Hälfte der Mitarbeitenden der Augsburger Aktienbank am Standort Augsburg eine langfristige Perspektive mit beruflichen Aufgaben rund um das Wertpapierbusiness geboten wird.

Die Deutsche Bundesbank hat im Rahmen des TIBER-DE-Testsverfahrens (Threat Intelligence-based Ethical Red-Teaming) bereits zum Jahresbeginn mit einer deutschen Bank einen simulierten Cyberangriff durchgeführt, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber Cyberattacken zu überprüfen. Nun soll ein weiteres Institut dem Verfahren unterzogen werden, die Bundesbank verrät allerdings aus Sicherheitsgründen nicht welches. Ergebnisse der Tests sollen Ende 2020 veröffentlicht werden.

Die am 26. Juni 2019 veröffentlichte Allgemeinverfügung zur Erteilung einer Rückkauferlaubnis hat die BaFin durch eine erneute Allgemeinverfügung um ein halbes Jahr bis einschließlich 28. Dezember 2020 verlängert. Als Abwicklungsbehörde kann die BaFin Instituten vorab eine allgemeine Erlaubnis erteilen, Kündigungen, Tilgungen beziehungsweise Rückzahlungen oder Rückkäufe von Instrumenten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten vor deren vertraglicher Fälligkeit vorzunehmen.

Die Nord-LB kommt bei dem im Zuge der Umstrukturierung beschlossenen Personalabbau auf 2 800 Mitarbeiter ohne betriebsbedingte Kündigungen aus. Der Mitarbeiterabbau soll vollständig auf freiwilliger Basis erfolgen. Ende 2023 soll das Ziel von 2 800 Mitarbeitern erreicht werden, nach zuletzt 5 300.

Der Zusammenschluss der Sparkasse Göttingen und der Sparkasse Münden wurde rückwirkend zum 1. Januar 2020 beschlossen. Die technische Zusammenführung aller Daten wird vom 18. bis 20. September 2020 erfolgen. Mit rund 800 Mitarbeitern an mehr als 50 Standorten wird die fusionierte Sparkasse Göttingen eine der größten Sparkassen Niedersachsens.

Die Fusion der Sparkassen Südliche Weinstraße und Germersheim-Kandel wurde am 30. Juni durch die Unterschrift des öffentlich-rechtlichen Vertrags besiegelt. Die Zusammenführung der beiden Institute, die als die Sparkasse Südpfalz über rund 800 Mitarbeiter und eine Bilanzsumme in Höhe von fünf Milliarden Euro verfügen wird, soll am 1. Januar 2021 erfolgen.

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