Aufsichtsrat und Vorstand - das problematische Duo

Hartmut Glenk, Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft e. V. (IGB), Siegen/Berlin, Sachverständiger für Organhaftungsfragen, Lehrbeauftragter für Unternehmensrecht und Unternehmensrechtsschutz - Der Autor trägt in gewohnter Weise durchaus pointiert zur Diskussion um die Rolle von Vorständen und Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsräten und deren Verzahnung bei - insbesondere im Hinblick auf die Pflicht der Mitgliederförderung bei Genossenschaftsbanken und den öffentlichen Auftrag bei Sparkassen. Er fordert Aufsichtsräte auf, sich stetig und institutionalisiert mit wesentlichen Kernüberlegungen und Handlungen der Vorstände zu beschäftigen. Als Beispiel für einen zu prüfenden Vorgang nennt er die Verlagerung von Aufgaben, Risiko und Kapital in Tochtergesellschaften, welche vorrangig der Gewinnerzielung dienen und weniger der Erfüllung des genannten Auftrags. Kopfzerbrechen bereiten dem Autor unter anderem auch der zu wenig konkrete Nachweis des Förderzwecks in den Primärbanken beider Verbünde und eine teilweise als problematisch empfundene Kreditvergabe an die Aufsichtsräte. Der Text ist als zweiter Teil einer Trilogie zu den Aufgaben, Rechten und Pflichten von Bankvorständen und Aufsichtsräten konzipiert (Teil eins siehe ZfgK 07-2015). (Red.)

Meist wird erst bei bankaufsichtlichen Maßnahmen, Fusionen und Regressüberlegungen hinterfragt, wie es zu einer beanstandungswürdigen Situation des Kreditinstitutes kommen konnte. Die vordergründig "Schuldigen" sind schnell ausgemacht: entweder der Vorstand oder sein Aufsichts- oder Verwaltungsrat. Diese Offenkundigkeit verführt zu raschen Lösungen. Sie ist aber trügerisch: Gravierende Fehlentscheidungen basieren auf mangelndem Pflichtbewusstsein und den Verflechtungen zwischen Vorstand und Aufsichtsbeziehungsweise Verwaltungsrat, dessen faktische Mitgeschäftsführung zwangsläufig zur Mitverantwortung führt. Turnusmäßige Aufsichtsratssitzungen, in der Regel nur mit Routinegeschäften befasst, vernachlässigen ein stetes, institutionalisiertes Abfragen von wesentlichen Vorgängen, Kernüberlegungen, das Hinterfragen von Überzeugungen und Einfordern von Handlungen.

Beschließen von Mustern

Kreditinstitute lösen sich so aus den Bindungen ihres gesetzlichen Auftrags, je unstrukturierter sich die Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat vollzieht. Die Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsratsmitglieder trifft die Pflicht, ein Informations- und Überwachungskonstrukt zu schaffen, das die Wahrnehmung ihrer Aufsichtstätigkeit als Treuhänder für die Anteilseigner mit zumutbarem Aufwand ermöglicht. Die Geschäftsordnung des Aufsichtsrates und die Geschäftsanweisung für den Vorstand reichen als Einführung von Standardformularen, nicht aus. Das Gleiche gilt für die Geschäftsordnung des Vorstandes und den Geschäftsverteilungsplan.

Allen ist bei genauer Betrachtung eines gemeinsam: Es fehlen Festschreibungen von individuellen, auf das jeweilige Institut bezogenen Pflichten. Deshalb bedarf es einer Reflexion der Vorstandsaufgaben und der des Aufsichts- oder Verwaltungsrates, der seine Amtsgeschäfte mit fundierter Kritik nur auf der Basis hinreichender interner und externer Informationen wahrnehmen kann. Dem Vorstand wiederum ist am ehesten mit einem sachkundigen, empathischen Sparringspartner gedient. Beides ist im Interesse der Bank, auch bei der gemeinsamen Vertretung gegenüber Dritten, zum Beispiel Bankenaufsicht und Prüfung.

Vernachlässigung der Kernaufgaben

Der Vorstand ist bei seiner Tätigkeit strikt an den Förderauftrag des § 1 GenG beziehungsweise den öffentlichen Auftrag der Sparkassen gemäß Sparkassengesetzen der Länder gebunden. Im Gegensatz zu Geschäftsbanken sind diese Institutsgruppen nicht in erster Linie der Gewinnerzielung, sondern der Unterstützung ihrer Anteilseigner/ihres Trägers verpflichtet. Der Verfasser hatte bereits kritisiert, dass das entsprechende Bewusstsein verloren gegangen und an dessen Stelle ein den Managern von Geschäftsbanken vergleichbares Selbstverständnis getreten ist. Entsprechende Negativbeispiele sind die folgenden:

a) P-Konten: Sparkassen sind verpflichtet Pfändungsschutzkonten einzurichten (öffentlicher Auftrag: Versorgung auch der sozialschwachen Bevölkerung mit Konto und Finanzmitteln), die Genossenschaftsbanken verhalten sich ähnlich. Die Praxis: Inhaber von P-Konten erhalten nach Recherchen des IGB grundsätzlich keine Kredite. Sie seien als P-Konto-Inhaber automatisch kreditunwürdig. Das Vorfinanzieren auch sicherer Forderungen, zum Beispiel Erbschaftsvermögen, wird verweigert, mit der Konsequenz, dass der Kunde auf die Sozialbehörde verwiesen wird. Diese gewährt gegebenenfalls ihrerseits Darlehen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Damit verletzt das Kreditinstitut seinen öffentlichen Auftrag und die Pflicht zur Einzelfallprüfung und bürdet stattdessen seinem Träger die Übernahme finanzieller Lasten auf. Vorstand und Verwaltungsrat haben Richtlinien aufzustellen, um Bearbeitungsweisen, die der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen, entgegenzuwirken.

b) Sparkassen und Genossenschaftsbanken betätigen sich zum Teil als Bauträger, indem sie durch eigens dafür gegründete Tochtergesellschaften Wohn- und Geschäftshäuser, ganze Einkaufszentren ("Malls") oder Parkhäuser errichten. Die fertiggestellten Flächen werden veräußert, verpachtet oder vermietet, teils wiederum mittels eigens dafür gegründeter Töchter.

c) Unternehmensberatung: Aus der Grundfunktion der Beratung von Existenzgründern und Gewerbekunden in Unternehmenskrisen wird die Berechtigung abgeleitet, eigene Unternehmensberatungsgesellschaften zu gründen, die in Konkurrenz zu am Markt agierenden Freiberuflern agieren oder mit diesen vernetzt sind.

Im zweiten und dritten Beispiel maßen sich die Unternehmen Funktionen an, die nicht zum Kernbereich gehören, und diese werden mit Kapital ausgestattet und ausgelagert. Vermögensabsaugung, Investitionen für repräsentative Geschäftsräume und Personalaufwendungen sind nur erste der sich aus diesen Fehlkonstellationen ergebenden Geschäftstätigkeiten. Dass diese Unternehmen gewinnerwirtschaftend tätig sein dürfen und sollen, liegt auf der Hand.

Das hier beschriebene Fehlverhalten kann sich nur bei Missachtung der Kernaufgaben durch den Vorstand und mit formeller oder informeller Billigung des Aufsichtsoder Verwaltungsrates entwickeln. Die Beaufsichtigung des Vorstandes durch den Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrat vollzieht sich häufig routinemäßig und planlos, was die wesentlichen Funktionen ihres Kreditinstitutes betrifft.

Aufgaben- und Risikoverlagerung

Bei Investitionen in und von Tochterunternehmen handelt es sich um Kapital, das den Kernaufgaben genossenschaftlicher und kommunaler Kreditinstitute entzogen wird und das somit der Förderung der eigenen Anteilseigner nicht mehr zur Verfügung steht. Es handelt sich dabei um eine Grauzone, da es regelmäßig an Sonderberichten in Bezug auf ausgelagerte Tätigkeiten, Tochtergesellschaften wie überhaupt an einer Berichterstattung bezüglich der Wahrnehmung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Aufgaben fehlt. Nach Angaben des Hessischen Rechnungshofes ("Zusammenfassender Bericht für 2012, Ziff. 9.6") waren bei fast allen geprüften hessischen Sparkassen die Träger über die Tätigkeit und Prüfung ihrer "Hausbank" nicht orientiert.

Besonders bedenklich ist die Auslagerung von Risikoobjekten auf 100-prozentige Tochtergesellschaften, was ohne enge Abstimmung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat nicht möglich ist. Dabei kann es sich um von der Bank finanzierte Großimmobilien oder Schiffe handeln, bei denen mitunter versucht wird, für das Sanierungsobjekt, teils nach Umbenennung, Beteiligungskapital hereinzunehmen, ohne dass das Kreditinstitut in den Vordergrund tritt. Gelingt das Vorhaben nicht, kann sich auch hier die Frage nach der finanziellen (Bank als 100-prozentiger Anteilseigner) und strafrechtlichen Verantwortung (Vorstand, Aufsichtsratsmitglieder eventuell als Mittäter) stellen.

Information des Trägers

Ein näheres Hinsehen bei den Genossenschaftsbanken zeigt, dass auch hier die Realisierung des Förderzwecks nicht konkret nachweisbar ist. Die gesetzliche Prüfung begnügt sich in ihren Berichten allenfalls mit Worthülsen zum Auftrag des § 1 GenG, ähnlich wie die meisten Geschäfts- und Lageberichte der Organe anlässlich der jährlichen General- oder Vertreterversammlung. Diese sind meist nur Fortschreibungen der Vorjahresberichte und benennen nicht einmal tatsächlich relevante und riskante Vorkommnisse. Geschweige denn, dass sie diese in die Zukunft fortschreiben und von ihrem Träger Handlungsanweisungen durch Beschluss erbitten - was ihre Pflicht wäre.

Insbesondere der Aufsichts- oder Verwaltungsrat hat sich präzise zu seiner Zusammenarbeit mit dem Vorstand zu äußern, zur Frage, welche Herausforderungen gemeinsam (noch) nicht gelöst worden sind. Relevante Prüfungsfeststellungen gehören zur Aufklärung der Eigner ebenso wie bankaufsichtliche Maßnahmen, seien es auch nur "Aufsichtsgespräche" mitsamt geäußerten Kritiken und angedachten Lösungswegen.

Bei Sparkassen geben sich die Kommunen, trotz der Nöte ihrer Kämmerer mit Ermessensspenden an Einrichtungen anstatt angemessener Gewinnabführung an die Stadtkasse zufrieden, obwohl sie doch die Träger sind, woran auch die Abschaffung der "Gewährträgerhaftung" nichts geändert hat. Verwaltungsräte und Vorstände schotten ihre Kommunalbank von den Interessen des Trägers weitgehend ab. Auf der anderen Seite kommt der Niedersächsische Landesrechnungshof zu dem Ergebnis, dass viele Kommunen ihre Sparkassen weder kontrollieren noch ihnen nachweisliches Interesse entgegenbringen.

Von 24 Kommunen hätten nur sieben das gesellschaftliche Engagement ihrer Sparkasse genau beziffern können, drei überhaupt nicht. Von den 46 untersuchten Sparkassen hat zwischen 2009 und 2012 nur ein Drittel überhaupt Gewinne an ihre Träger überwiesen. In dieser Zeit hätten aber insgesamt 393 Millionen Euro an die Kommunen ausgeschüttet werden können. Tatsächlich flossen nur knapp 14 Prozent des Betrags direkt an die Träger (Niedersächsischer Landesrechnungshof, Kommunalbericht 2015, Ziff. 5.11. "Wie 'kommunal' sehen Kommunen ihre Sparkassen?")

Aufsichtsverletzungen

Diese Pflichtversäumnisse der Verwaltungsräte, die sich aus den Eignervertretern, das heißt Kreis- oder Stadtverordneten/Gemeinderatsherren, zusammensetzen, sind nichts anderes als schwerwiegende Aufsichtsverletzungen. Die negative Wirkung auf die Vorstände bürgert das Laisser-faire-Prinzip ein, anstelle wacher Kontrolle, Kritik der Vorstände und Einfordern von fristgegebenen Verbesserungsmöglichkeiten. Vor die Selbstbeschäftigung von Sparkassen mit internen, aber unternehmensüblichen "Problemen" (außer Krisensituationen), hat die Befassung mit der Aufgabe als Kommunalbank zugunsten des Trägers und seiner Bürger, insbesondere auch der Nöte derjenigen, die um ihre Zukunft fürchten, zu treten. Und zwar konkret und nachweislich.

Hilfreich: Der Aufsichtsrat beziehungsweise Verwaltungsrat beschließt ein Eckpunkteprogramm in Bezug auf Erfüllung der Förderpflicht beziehungsweise des öffentlichen Auftrags, über das der Vorstand halbjährlich zu berichten hat, zwecks Weiterinformation der Anteilseigner/des Trägers.

Fehlendes Interesse der Eigner?

Wie bereits der Hessische Landesrechnungshof wiederholt beanstandet hat (23. zusammenfassender Bericht 2012, Ziff. 9. Vergleichende Prüfung "Betätigung bei Sparkassen"), seien sich die meisten Kommunen ihrer Informationsrechte und Einflussmöglichkeiten gar nicht bewusst. Wenn sie sich allerdings mit ihren Rechten und Pflichten als Träger der Sparkassen und den Fragen der Vermögensverwendung befassen, kann ihnen nur schwerlich bekannt sein, nach welchen Kriterien Aufwandsposten, Erträge, Bilanzgewinn zustande kommen und ob sich ein ausschüttungsfähiger Betrag ergibt.

Ähnliches gilt für die Genossenschaftsbanken: Bei ihnen ist der Träger allerdings nicht ein kompetentes Gremium von Kommunalpolitikern, sondern die Vielzahl von Anteilseignern - meist ohne spezifische Kenntnisse - die deshalb der besonderen Sachwaltung des Aufsichtsrates als ihrem Vertrauensgremium gegenüber dem angestellten Vorstand bedürfen.

Beschlussvorlagen und Mitgeschäftsführung - Organkredite

Konfliktpotenzial bieten in der Praxis immer wieder die von dem Vorstand vorgelegten Sitzungsunterlagen. Häufig lassen sich die Mitglieder des Kreditausschusses oder Hauptgremiums darauf ein, umfangreiches Aktenmaterial mehr oder weniger ungeprüft zu akzeptieren und dem Entscheidungsvorschlag des Vorstandes zu folgen. Der Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrat sollte stets hinterfragen - und dokumentieren - wie eilbedürftig die vorgelegte Angelegenheit ist, das heißt bis wann sie ohne Nachteile für die Bank entschieden sein muss. Oft werden Papiere bewusst kurzfristig vorgelegt, um dem Aufsichtsrat die Entscheidung abzunötigen und die Kontrolle zu unterlaufen. In diesen Fällen sollte sich der Aufsichtsrat mit der Auskunft zur Fristigkeit, einem Kurzvortrag begnügen, dem Vorstand die unumgänglichen Handlungsanweisungen geben und den Punkt protokollieren.

Dem Vorstand ist zu empfehlen von dieser Praxis Abstand zu nehmen. Den Aufsichtsrat kann er allenfalls dann in die gemeinsame Haftung hineinnehmen und sich möglicherweise exculpieren, wenn den Mitgliedern des Kontrollorgans ausreichend Zeit zur Verfügung stand, den unterbreiteten Sachverhalt nachzuvollziehen und ohne Zeitnot zu entscheiden. Wiederholen sich der Zusammenarbeit abträgliche Vorgänge, so kann über eine schriftliche Verwarnung des Vorstands nachgedacht werden. Bei unaufschiebbaren und existenziellen Angelegenheiten muss der Aufsichtsrat in der Lage sein, umgehend zu beraten und zu entscheiden. Kurz nacheinander einzuberufende Sitzungen, auch bis in die Nachtstunden, sind dem Aufsichtsratsmitglied eines Kreditinstitutes zuzumuten. Dem Vorstand obliegt die gestraffte, auf das wesentliche bedachte Vorbereitung und die jederzeitige Auskunftsbereitschaft und -fähigkeit.

Unabhängigkeit der Organe voneinander

Trotz der Einbindung des Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrates in die wichtigsten Entscheidungen des Instituts muss er auf die Einhaltung seiner Unabhängigkeit bedacht sein. Diese wird durch Vergabe von Krediten an Organmitglieder dann unterlaufen, wenn sie nur irgendwie risikobehaftet ist. Es gilt der Grundsatz, dass die Kreditvergabe an Mitglieder des Aufsichtsrates strengeren Kriterien unterliegen sollte, als die Ausleihung an Vorstandsmitglieder.

Vorstandsmitglieder stehen aufgrund ihres Dienstvertrages bereits in einem strengen Abhängigkeitsverhältnis zum Aufsichtsrat der Bank. Unregelmäßigkeiten bei der Kreditbedienung können weitreichende Konsequenzen haben. In der Praxis werden Unregelmäßigkeiten vom Aufsichtsrat "aufgefangen", unter anderem durch Prolongation, Leistungsaussetzung, Aufstockung statt Rückführung, Kreditierung des Partners, Neubewertung von Sicherheiten.

Problematisch sind solche "Schönheitsoperationen", wenn sie auf Weisung, wegen freundschaftlicher Verbundenheit oder in vorauseilendem Gehorsam im Mitarbeiterbereich und allenfalls mit Wissen des nicht betroffenen Vorstandskollegen vorgenommen werden. Das Außenvorlassen des Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrates ist grobe Sorgfaltspflichtverletzung und im Hinblick auf die strafrechtliche Relevanz grenzwertig. Für solche Fälle mag der Aufsichtsrat einen Grundsatzbeschluss fassen, dass das involvierte Vorstandsmitglied dem Vorsitzenden des Aufsichts- oder Verwaltungsrates - anstelle des Gesamtgremiums - Aufklärung zu geben hat. Erledigt sich die Sache nicht rechtzeitig vor der nächsten Verbandsprüfung, muss das Gesamtgremium informiert und beiderseits tragbare Lösungen gefunden werden.

Gefälligkeitscharakter der Kreditvergabe

Die Kreditvergabe an Mitglieder des Aufsichtsrates ist problematisch, wenn sie Gefälligkeitscharakter (von Vorstands- und Aufsichtsratkollegen) hat. Bei den Begutachtungen des IGB in 2014 waren sieben Kreditinstitute auffällig: die Mehrheit der jeweiligen Aufsichtsrats- beziehungsweise Verwaltungsratsmitglieder hatten sich kreditieren lassen, wobei die Sicherheitenlage und übliche Risikobewertungen hintangestellt wurden.

In zwei Fällen wurden Kredite an die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder und an beide Vorstände aus gereicht jeweils in Höhe von mehr als 300 000 Euro; in einem Fall hatten der Leiter der Marktfolge und der Innenrevisor positiv votiert - sie waren ebenfalls mit erheblichen Darlehen im sechsstelligen Bereich ausgestattet: Eine auf die Spitze getriebene Überkreuzverflechtung zum wirtschaftlichen Vorteil der "Teilnehmer" dieses Verteilungszirkels. Keine der Prüfungen hielt den üblichen Grundsätzen stand; die gegenseitig abgegebenen positiven Voten und Beschlussfassungen waren ebenso bedenklich wie das Aufstocken von Gehältern über ein vertretbares Maß hinaus, offenkundig zu dem Zweck die Kapitaldienstfähigkeit rechnerisch darzustellen.

Dass Verbandsprüfern, die sonst auch nur kleinste Regelverstöße ahnden, solche Konstellationen nicht auffallen, mag daran liegen, dass sie mit üblichen Standardprogrammen nicht zu ermitteln sind.

Maßnahmen zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrags

Damit bei den Organen genossenschaftlicher und kommunaler Kreditinstitute die Befassung mit den Kernaufgaben wieder in den Vordergrund tritt und umgesetzt wird, empfehlen sich nachstehende Maßnahmen des Aufsichtsrates beziehungsweise Verwaltungsrates:

1. Erarbeitung einer Förderrichtlinie, wie der § 1 GenG genannte Förderzweck in Verbindung mit der Satzung konkret umgesetzt werden soll; gegebenenfalls durch Kreditleitlinien, gegliedert nach Mitgliedergruppen und individuellen Merkmalen (privat, selbstständig, in Ausbildung, Rente, erkrankt beziehungsweise erwerbsgemindert), die auch Stundungs- und Abwicklungskriterien enthalten könnten. Stützungsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen bei Liquiditätsengpässen. Bei Sparkassen: Richtlinien analog zum Auftrag, die sozialschwache Bevölkerung zu versorgen.

2. Prüfung von Tochtergesellschaften durch die interne Revision mit Vorlage an den Vorsitzenden des Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrates, Hinterfragen der Notwendigkeit im Hinblick auf die regionale Wirtschaftsstruktur. Ergänzend: Prüfung der Notwendigkeit von quotalen Unternehmensbeteiligungen und: kritische Prüfung des Einstellens von Überschüssen in die Rücklagen - sowohl bei der Bank selbst als auch bei den Tochtergesellschaften.

Häufig lassen sich Positionen auflösen, dem Kommunalhaushalt oder Förderzweck zuführen, und weitere Aufblähungen der Aufwandsseite, teils bewusst zur Rechtfertigung weiterer "Investitionen", vermeiden.

3. Richtlinie zur Zusammenarbeit mit wichtigen kommunalen Gremien: Wirtschaftsförderungsausschuss - Dezernent der Wirtschaftsförderung, Sozialausschuss - Dezernent der Sozialverwaltung; Halbjahreskonferenz zwecks Meinungsaustausch, um die "Bodenhaftung" in Bezug auf die Kernaufgaben wiederzuerlangen.

4. Anweisung an die interne Revision, über die Erfüllung des Förderauftrags beziehungsweise des "öffentlichen Auftrags" nach Gesetz und Satzung gesondert zu berichten, Defizite zu benennen und Abhilfemaßnahmen vorzuschlagen. Vorlage und Beratung des Compliance-Berichtes.

5. Anweisung an die interne Revision und den Compliance-Beauftragten bei Organkrediten die Werthaltigkeit der Sicherheiten und die votierenden Personen in Bezug auf eigene Verbindlichkeiten zu prüfen. Erforderlich ist die ausdrückliche Feststellung der Unbedenklichkeit und Banküblichkeit der Darlehensvergabe. Sind die mit der Prüfung betrauten Personen selbst Kreditnehmer der Bank, ist ein externer - außerhalb des Verbundes stehender - Sachverständiger mit einer Kurzexpertise zu beauftragen.

Wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Vorstand und Aufsichtsrat bergen ein hohes Potenzial der Täuschung und Schädigung der Anteilseigner, auch durch unsachlich motivierte Beschlüsse zur Personal- und Geschäftspolitik. Dem kann durch die Ausgestaltung von Satzung, Verträgen und internen "Ordnungen" begegnet werden. Diese sollen Gegenstand des dritten Teils dieser Aufsatzreihe sein.

Der Autor dankt Tim Hofmann, Vorstandsassistent des IGB, für die Mitarbeit an diesem Text.

Hartmut Glenk , Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin
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