Digitaler werden, Kunden begeistern, Sparkasse bleiben

Andreas Schelling, Foto: 2020 Finanz Informatik GmbH & Co. KG

Der Autor sieht den Markt für Finanzdienstleistungen in einem tiefgreifenden Umbruch. Vor allem die vier großen US-Tech-Giganten Google, Amazon, Facebook und Apple greifen mit ihrem perfektionierten Plattformkonzept etablierte Finanzdienstleister an. Bei den amerikanischen Unternehmen stehe stets der Kundennutzen und eine einfache Bedienbarkeit im Fokus. Daher ist Schelling davon überzeugt, dass es für die Banken und Sparkassen von entscheidender Bedeutung sei, den digitalen Wandel und die Automatisierung im Banking und Zahlungsverkehr konsequent voranzutreiben. Für den zentralen IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe stehen dabei bei der Digitalisierung des Verbunds vier Ziele im Mittelpunkt: Eine Stärkung der Nähe zum Kunden, die Verteidigung des Kundenzugangs, eine Generierung von Mehrwerten und bedarfsgerechte App-Angebote. Damit würden Sparkassen digitaler werden können und im Kern dennoch Sparkassen bleiben. (Red.)

Der Markt für Finanzdienstleistungen befindet sich in einem tiefgreifenden Umbruch. Technologie-Unternehmen wie die US-amerikanischen GAFA (Google, Amazon, Facebook und Apple) oder auch die chinesischen Alibaba und Tencent bieten immer mehr Dienstleistungen an, mit denen sie etablierten Finanzdienstleistern das Geschäft streitig machen oder sie zumindest an der Kundenschnittstelle verdrängen wollen. Sie nutzen dabei die gleichen Strategien, mit denen sie bereits in ihren angestammten Geschäftsfeldern sehr erfolgreich sind. Im Mittelpunkt stehen dabei eine konsequente Fokussierung auf den Kundennutzen und die Kundenbindung. Alle digitalen Anwendungen und Produkte werden unter dieser Prämisse entwickelt. Sie sind einfach zu bedienen und zu nutzen.

Gleichzeitig gelingt es den Bigtechs in vorbildlicher Weise, die Nutzer sehr eng an ihre Plattformen und Ökosysteme zu binden. Diese Grundidee adaptieren auch Fintechs sowie die ehemals reinen Bezahldienstleister wie Paypal, die ebenfalls das Geschäftsmodell der Banken und Sparkassen durch spezifische Finanzlösungen angreifen. Um die marktführende Stellung der Sparkassen in Deutschland zu stärken und weiter auszubauen, unterstützt die Finanz Informatik (FI) als zentraler IT-Dienstleister die Institute dabei, digitaler zu werden, ihre Kunden zu begeistern und bei alldem auch Sparkassen zu bleiben. Denn die Sparkassen-Idee, mit ihrer Gemeinwohlorientierung und dem Anspruch, Finanzdienstleistungen einfach und für jeden zugänglich zu machen, ist auch im digitalen Zeitalter so aktuell wie seit 200 Jahren. Das zeigt sich gerade auch in der Corona-Pandemie, in der die Sparkassen schnell und unbürokratisch ihre Kunden unterstützen.

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Aus der heutigen Position heraus ist es für die Institute von entscheidender Bedeutung, den digitalen Wandel und die Automatisierung im Banking und Zahlungsverkehr konsequent zu gestalten und strategisch voranzutreiben. Die FI wird sukzessive das gesamte Angebot der Sparkassen-Finanzgruppe auf der Digitalen Finanzplattform der Sparkassen-Finanzgruppe bündeln und damit für alle finanziellen Belange der Sparkassenkunden eine zentrale Anlaufstelle etablieren. Dabei stehen vier Kernziele im Fokus:

Stärkung der Nähe zum Kunden: Bigtechs wie Amazon haben das Konzept der Plattformökonomie perfektioniert. Über ihre Plattformen lässt sich praktisch von jedem Ort der Welt rund um die Uhr von mobilen wie auch stationären Endgeräten über das Internet auf ein umfassendes Portfolio zugreifen. Das Finanzangebot der Sparkassen ist gleichermaßen rund um die Uhr, an jedem Tag im Jahr für die Kunden verfügbar. Dabei geht es bei den Sparkassen nicht nur um Produkte wie in einem Onlineshop, sondern viel häufiger um komplexe bankfachliche Prozesse, die unter anderem hohen regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügen müssen. Eine wesentliche Rolle kommt dabei dem Front end der Digitalen Finanzplattform zu, welches über alle Kanäle für die verschiedenen Produkt- und Serviceprozesse unabhängig vom genutzten Endgerät ein einheitliches Nutzererlebnis ermöglicht.

Multikanalansatz der Sparkassen stärken

Sparkassenkunden können in der Internet-Filiale und S-App einen Produktkauf oder Serviceprozess jederzeit unterbrechen und später wieder mobil oder zuhause am PC fortführen. Auch die Übergabe an einen Berater oder die Fortführung am Telefon mit dem Servicecenter ist möglich. Die OSPlus-neo-Technik des Vertriebs- und Servicefrontends stellt sicher, dass keine Eingabedaten verloren gehen und der Prozess auf dem letzten Bildschirm vor der Unterbrechung fortgesetzt wird. Das Beherrschen des Multikanals inklusive der Einbindung des weiterhin relevanten stationären Vertriebs und für ein umfassendes Leistungs- und Serviceportfolio ist damit ein entscheidender Unterschied zwischen den Sparkassen und den neuen Akteuren auf dem Finanzmarkt, die in der Regel nur einzelne oder wenige Finanzprodukte digital anbieten und im Fall der Fälle häufig nur schwer für ihre Kunden erreichbar sind.

Der integrierte Multikanal vereint die Internet-Filiale, die Sparkasse-App, das Servicecenter per Telefon sowie die etablierten stationären Angebote der Sparkassen in den Filialen. Über die medialen Zugangskanäle der Digitalen Finanzplattform können Kunden all ihre Finanzangelegenheiten bequem managen. Neue Angebote, wie der tief integrierte Berater-Chat, ermöglichen auch spontane Face-to-Face-Beratungsgespräche in einer persönlichen Atmosphäre. Unabhängig davon, ob der Kontakt digital oder physisch erfolgt, erlaubt dies den Sparkassen eine im Branchenvergleich herausragende Nähe zu ihren Endkunden.

Die FI stärkt den Multikanalansatz der Sparkassen, etwa indem sie Mobile Banking und Mobile Payment weiter ausbaut. Immer mehr Kunden bevorzugen zudem das einfache, sichere und schnelle Bezahlen mit dem Smartphone. Sparkassenkunden aktivieren diese Funktion, indem sie ein Häkchen in der Sparkassen-App markieren. Anschließend brauchen sie nur noch die Autorisierung über Fingerabdruck beziehungsweise Gesichtserkennung, um Zahlungen in wenigen Sekunden auszuführen. Ebenfalls beliebt ist Kwitt für das mobile Überweisen von Handy zu Handy.

Zentraler medialer Anlaufpunkt

Mit dem Ausbau des digitalen Bankings bedient die FI die Bedürfnisse und Erwartungen der Sparkassen und deren Kunden gleichermaßen. Sparkassenkunden profitieren von neuen, einfach zu nutzenden Lösungen für ein digitales Banking, Sparkassen von einem neuen Preis- und Servicemodell der FI, das für die Institute die Kosten für die Nutzung digitaler Abfragen und Auskünfte drastisch senkt. Ein weiteres Plus: Durch die Digitalisierung von Standardleistungen und deren erhöhte fallabschließende Nutzung durch die Kunden, können die Berater der Sparkassen den Fokus ihrer Tätigkeit auf das wichtige Beratungsgeschäft in den Filialen richten.

Verteidigung des Kundenzugangs: Portale wie Check24 bauen ihre Plattform zu einem attraktiven digitalen Ökosystem aus, indem sie unterschiedliche Dienste, wie etwa Konto und Kredit, Strom und Gas, Reisen und anderes mehr, in ihr Angebotsportfolio einbinden. Kunden werden so zu häufigeren Besuchen auf der Plattform und zu einer längeren Verweildauer animiert und beziehen immer mehr Dienste von dort. Die Sparkassen verfolgen das Ziel, ihren Kunden in der Internet-Filiale und Sparkassen-App möglichst viele finanzielle Dienstleistungen und Services anzubieten, um diese damit zu einem zentralen medialen Anlaufpunkt auszubauen. Mit einem umfassenden Multibanking-Angebot können Kunden der Sparkassen über die Digitale Finanzplattform nicht nur ihre Sparkassenkonten und Depots verwalten, sondern sie können auch eventuell bestehende Fremdbankkonten und Depots in einen ganzheitlichen Blick auf die Finanzen vollständig integrieren. Damit entfällt für die Kunden das Anmelden auf den medialen Plattformen der Fremdbanken, da auch die täglichen Geschäfte, wie das Überweisen von einem Fremdbankkonto, direkt aus der Oberfläche der Sparkassen Internet-Filiale/Sparkassen-App heraus möglich sind.

Sofern der Kunde zustimmt, können die Sparkassen die Multibanking-Daten auch für die Data-Analytics-Verfahren nutzen und dem Kunden durch eine zielgerichtete Ansprache alternative Angebote machen. Die intelligenten Lösungen der FI übernehmen dabei Aufgaben, die von der automatisierten Selektion relevanter Kunden über das automatisierte Ansteuern der passenden Ansprachekanäle bis hin zum ebenfalls automatisierten Ausspielen der Handlungsempfehlungen reichen. Die Kundenansprache und die entsprechenden Reaktionen werden darüber hinaus synchronisiert und gehen in eine Erfolgsmessung ein.

Generierung von Mehrwerten: Digitalbanken und Fintechs schaffen neue Erlebniswelten im Banking, indem sie etwa durch die Transparenz über sämtliche finanzielle Angelegenheiten Zusatznutzen generieren und Mehrwertfunktionen, wie etwa Konten mit inkludierter Versicherung, bieten. Die über die Digitale Finanzplattform gebündelten Angebote der Sparkassen adaptieren diesen Mehrwert-orientierten Ansatz und bieten den Nutzern attraktive Lösungen aus dem gesamten Spektrum des Allfinanz-orientierten Sparkassengeschäfts.

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Ein weiteres gutes Beispiel ist das Persönliche Finanzmanagement (PFM). Es ermöglicht den Sparkassenkunden durch zahlreiche Servicefunktionen in der Digitalen Finanzplattform eine ganzheitliche Sicht auf die Finanzen. Dazu bietet ein Finanzplaner die Möglichkeit zum Kategorisieren und Auswerten von Umsätzen auf den Sparkassenkonten und auch auf Fremdbankkonten. Die Umsätze werden auf den für das PFM ausgewählten Konten analysiert und kategorisiert. Kategorien sind etwa Steuern und Gebühren, Einkommen, Reisen, Wohnen und Garten. Diese können manuell erweitert werden, sodass Benutzer ihre Finanzen immer schnell und unkompliziert im Blick behalten können.

Was sie monatlich für Einkäufe ausgegeben haben, ob sie in den vergangenen Monaten mehr ausgegeben als eingenommen haben oder wie teuer eine Reise nun wirklich war, müssen sie nicht mehr errechnen, sondern können es im Digitalen Finanzportal ihrer Sparkasse nachvollziehen.

Technische Integration von Drittanbietern mit Banking-App

Weitere Mehrwerte lassen sich durch Kooperationen mit Drittanbietern generieren. So können Online-Banking-Kunden über die Internet-Filiale oder Sparkassen-App beispielsweise einen Vertragskündigungsservice oder einen Vertragswechselservice für DSL- und Mobilfunkverträge nutzen. Grundlage für die technische Integration entsprechender innovativer Lösungen von Drittanbietern ist die Banking-API der Finanz Informatik. Diese enthält verschiedene fachliche Dienste mit ihren Schnittstellen und ermöglicht es zum Beispiel Start-ups und Fintechs sicher und konform mit geltenden Regularien auf Daten zuzugreifen.

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Darüber hinaus bieten die Sparkassen ihren Kunden auch in den medialen Kanälen der Internet-Filiale und Sparkassen-App ein breites Produkt- und Serviceangebot der Partner im Verbund. Die Kunden können online Depots eröffnen, Wertpapiere und Fonds kaufen beziehungsweise verkaufen, regelmäßig sparen und Geld anlegen, Karten bestellen, Versicherungen abschließen oder sich auch mit wenigen Klicks online über eine Finanzierung zusätzliche Freiräume für ihre Wünsche erfüllen.

Diese und weitere Angebote bieten den Sparkassenkunden viele Mehrwerte und erhöhen damit die Chance, dass Kunden das Sparkassen-Girokonto als Hauptbankverbindung auch in der Zukunft halten.

Bedarfsgerechte App-Angebote: Tech-Konzerne wie Google bieten ihren Kunden ein breites Portfolio von Produkten und Dienstleistungen an. Dieses reicht vom Kartendienst über Kommunikations- und Businesstools bis hin zu Bezahl- und Cloud-Lösungen. In der Praxis hat es sich unter dem Gesichtspunkt der Nutzerfreundlichkeit bewährt, die Vielzahl derartiger Angebote nicht in einer App oder auf einem Portal zu bündeln, sondern es in Einzelanwendungen zu splitten und über ein zentrales Login zu verbinden.

Diese Strategie verfolgt auch die Sparkassen-Finanzgruppe. Zum einen baut sie die marktführende App Sparkasse kontinuierlich um die Funktionen aus, die Kunden dort erwarten. Ergänzt wird das Angebot der Sparkasse-App durch weitere integrierte Apps der Sparkassen-Familie. Diese bieten Spezialanwendungen, die auf einfache Art und Weise über Single-Sign-on mit der Sparkasse-App und den dort eingerichteten Konten und Depots verbunden werden können.

Seit Ende April 2020 steht beispielweise die neue Brokerage-App S-Invest in den App-Stores von Google und Apple zur Verfügung. Nutzer können über diese innovative Anwendung beispielsweise Wertpapiere handeln und Sparpläne anlegen. So wächst das digitale Angebot der Sparkassen weiter, ohne dass die Sparkasse-App überfrachtet oder unübersichtlich wird.

Digitalisierung schafft Perspektiven

Mit der Stärkung des medialen Angebots als Ergänzung zum erfolgreichen stationären Geschäft positionieren sich die Sparkassen als digital kompetente Partner nah bei ihren Kunden. Gleichzeitig erschließen sie sich durch das Digital Banking neue Geschäftsmodelle: So können die Sparkassen beispielsweise mit personalisierter Werbung über die Digitale Finanzplattform Cross-Selling-Möglichkeiten schaffen. Exakt auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Angebote erhöhen zudem die Kundenbindung. Die verschiedenen mobilen und stationären Kanäle, über die die Kunden Kontakt aufnehmen, sich beraten lassen und selbst Verträge abschließen können, schaffen dabei eine nie dagewesene Nähe zwischen Sparkassen und Kunden. In Summe unterstützt die Weiterentwicklung der Digitalen Finanzplattform die Sparkassen dabei, digitaler zu werden, Kunden zu begeistern und im Kern dennoch Sparkasse zu bleiben.

Damit Sparkassen von neuen Vorteilen möglichst schnell profitieren können, wird die Digitale Finanzplattform zielgerichtet weiter ausgebaut. Dabei hat die FI als IT-Dienstleister ambitionierte Meilensteine gesetzt: Bis Ende 2020 soll die Anzahl der monatlichen digitalen Produktverkäufe der Sparkassen auf mindestens 500 000 gesteigert werden. Bei der Zielerreichung lässt die Finanz Informatik die Häuser nicht allein, sondern bietet bei der Bereitstellung neuer Prozesse eine umfassende Einführungsunterstützung an. Auf diese Weise unterstützt die Finanz Informatik die Sparkassen dabei, durch Digitalisierung Mehrwerte zu schaffen, gemeinsame Stärken zu bündeln und als Marktführer im Retailbanking das Banking von morgen zu gestalten.

Andreas Schelling Mitglied der Geschäftsführung, Finanz Informatik, Frankfurt am Main
Andreas Schelling , Mitglied der Geschäftsführung , Finanz Informatik

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