Erfahrungen mit dem Deutsche Börse Venture Network

Eric Leupold, Leiter Pre-IPO Markets & DB Venture Network, Deutsche Börse AG, Frankfurt am Main - In einer vorangeschrittenen Phase der Unternehmensentwicklung von Wachstumsfirmen setzt die Initiative Venture Network der Deutschen Börse an, um den Finanzierungsbedarf der Mitglieder zu decken. Mithilfe einer Online-Plattform, Trainingsmaßnahmen für die Unternehmenslenker und Netzwerkveranstaltungen soll den Teilnehmern die Gelegenheit gegeben werden, sich mit Investoren zu vernetzen. Die Wachstumsunternehmen frühzeitig an die Möglichkeiten der Kapitalaufnahme über das Börsenumfeld heranzuführen ist eine wesentliche Motivation, die hinter der Initiative steht. Die Teilnahme verpflichtet jedoch nicht zum Börsengang. (Red.)

Mit dem Deutsche Börse Venture Network hat die Deutsche Börse AG im Juni 2015 eine Initiative gestartet, um die Finanzierung von Wachstumsunternehmen zu verbessern. Das Programm geht die strukturellen Herausforderungen zur Deckung des Finanzierungsbedarfs in der Late-Stage und Pre-IPO-Phase an. Es bereitet aufstrebende Unternehmen sukzessive auf einen möglichen Börsengang als ein Weg zur Wachstumsfinanzierung vor. Hierzu werden Wachstumsunternehmen mit international tätigen institutionellen Investoren zusammengeführt. Das Deutsche Börse Venture Network wächst stark - aktuell sind 225 Mitglieder aktiv. Die führenden deutschen und zunehmend auch europäischen Wachstumsunternehmen sowie institutionelle Investoren sind hier vertreten.

Aufbau langfristiger Beziehungen

Das Deutsche Börse Venture Network bietet aufstrebenden Unternehmen ein attraktives Ökosystem zur Wachstumsfinanzierung. Insbesondere der Aufbau langfristiger Beziehungen durch direkte Kommunikation und persönlichen Austausch steht dabei im Fokus: Das Projekt kooperiert mit Unternehmen, Investoren, Politik, Verbänden und Universitäten und ermöglicht so Zugänge zu relevanten Netzwerken. Das Venture Network verknüpft Wachstumsunternehmen mit Investoren und bietet den idealen Rahmen für direkte Zusammenarbeit.

Das schnelle Wachstum der Mitgliederzahl verdeutlicht den hohen Bedarf an diesem Angebot: Zum Start des Deutsche Börse Venture Networks waren 27 Wachstumsunternehmen und 42 Investoren auf der Plattform registriert. Nicht einmal ein Jahr später sind es bereits 75 Unternehmen und 150 Investoren - aus dem In- und Ausland. Der Anteil internationaler Investoren liegt derzeit bei rund 50 Prozent, bei den Unternehmen kommen rund 15 Prozent nicht aus Deutschland. Der Trend weist auf eine weitere Zunahme des Anteils internationaler Unternehmen.

Die Mitglieder des Deutsche Börse Venture Networks profitieren von drei wesentlichen Service-Angeboten: Einer Online-Plattform, Executive Trainings sowie internationalen Netzwerkveranstaltungen.

Online-Plattform: Über eine eigens entwickelte Online-Plattform erhalten die Mitglieder Zugang zu einem Netzwerk aus hochkarätigen deutschen und internationalen Investoren. Unternehmer können hier direkt mit Investoren Kontakt aufnehmen und ihre Investor-Relations managen. So kann die Online-Plattform etwa als Koordinationstool genutzt werden, um gezielt Meetings mit möglichen Geschäftspartnern zu organisieren. Zudem bietet die Plattform einen integrierten Transaktionsservice für Finanzierungsrunden. Investoren erhalten hier die Möglichkeit, nach Co- und Lead-Investoren zu suchen und geplante Exit-Strategien anzubahnen.

Executive Training: Die Executive Trainings sind speziell auf die Bedürfnisse von Wachstumsunternehmen in unterschiedlichen Phasen zugeschnitten. Hier vermitteln Experten aus Wirtschaft und Forschung exklusives Know-how und Best Practises zu den Themen Wachstumsmanagement und Kapitalmarktfinanzierung. Das Training ist in drei Module aufgeteilt: Managing Growth, Financing Growth sowie Capital Market Readiness. Unter den Referenten sind Wissenschaftler, erfahrene Unternehmer und Führungskräfte sowie spezialisierte Berater von Banken, Kanzleien, Prüfungsgesellschaften sowie aus dem Investor-Relations-Bereich.

Kooperation mit der TU München

In den Trainings entwickeln die Teilnehmer einerseits einen individuellen Wachstumsplan für ihr Unternehmen und stärken andererseits den Aufbau ihres Netzwerkes. Die Deutsche Börse entwickelte das Konzept in Kooperation mit Unternehmer-Tum, dem Zentrum für Innovation und Gründung an der Technischen Universität München. Durch diese Zusammenarbeit er halten die Teilnehmer Zugang zu weiteren exzellenten Netzwerken. Bei den Teilnehmern kommt die Trainingsreihe gut an - ein erster Durchgang in 2015 ergab sehr positives Feedback.

Netzwerkveranstaltungen: Der Aufbau eines professionellen und beratenden Netzwerks für Wachstumsunternehmen wird durch einen weiteren, dritten Teil des Programms forciert: die Investor Talks. Diese Veranstaltungsreihe ist eine Kombination aus Matching- und Networking-Event und findet mehrfach im Jahr auf nationaler und internationaler Ebene statt. Die Teilnahme ist exklusiv für ausgewählte Unternehmen und Investoren. Während des Events präsentieren sich Unternehmen vor potenziellen Kapitalgebern. Auch der gezielte Austausch zwischen Investoren ist ein fester Bestandteil. Die Investor Talks starteten mit einer Roadshow 2015 in Frankfurt am Main. Im September 2016 werden die Mitglieder des Netzwerks nach Palo Alto in den USA und London eingeladen, um hochkarätige Investoren kennenzulernen.

Zusätzlich zum eigenen Veranstaltungsangebot ermöglicht die Deutsche Börse das professionelle Vernetzen mit Investoren auch auf externen Veranstaltungen. Mitglieder des Venture Networks profitieren hier zum Beispiel von Freikartenkontingenten. Kleinen Gruppen von Mitgliedern werden zudem Gespräche in vertraulichem Rahmen mit Investoren wie Family Offices ermöglicht.

Aufnahmekriterien

Unternehmen, die sich für eine Teilnahme qualifizieren, bekommen eine branchen- und länderübergreifende Plattform geboten. Diese ermöglicht ihnen internationale Investoren für Finanzierungsrunden kennenzulernen, um sich ein starkes globales Netzwerk aufzubauen. Das Venture Network richtet sich dabei explizit an Unternehmen, die bereits erste unternehmerische Erfolge vorweisen können. Um die Qualität innerhalb des Netzwerks zu gewährleisten, müssen Bewerber mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllen:

· Das Unternehmen hat in Finanzierungsrunden bereits über zehn Millionen Euro aufgenommen oder wird mit über 20 Millionen Euro bewertet.

· Das Unternehmen wurde durch einen Lead-Investor nominiert, der selbst signifikant ins Unternehmen investiert und über eine entsprechende Reputation verfügt.

· Das Unternehmen verfügt über mindestens fünf Millionen Euro Eigenkapital.

· Der Umsatz des Vorjahres betrug mindestens zehn Millionen Euro.

· Das Unternehmen verzeichnete in den letzten beiden Jahren ein durchschnittliches Wachstum von mindestens 30 Prozent.

· Der Jahreserlös beträgt mindestens eine halbe Million Euro.

Sonderkriterium für Unternehmen ohne Außenfinanzierung

Nach Prüfung der Angaben durch das Team werden die Unternehmen für die Online-Plattform freigeschaltet und erhalten Zugang zu Netzwerk und Investoren. Ein Sonderkriterium für Unternehmen ohne Außenfinanzierung kommt bald dazu. Für das Programm können sich Kapitalgeber aus den Sektoren Venture Capital, Private Equity, Business Angels sowie High-Net-Worth Individuals anmelden.

Das Rhein-Main-Gebiet hat einen entscheidenden Vorteil als Standort für Fintech-Unternehmen: Die etablierten Finanzinstitute, Aufsichtsbehörden und Zentralbanken sitzen in unmittelbarer Nähe. Über 50 Fintechs sind bereits vor Ort aktiv, wie eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young zeigt. Im Schnitt wurde 2015 ein Wachstum von 22 Prozent generiert - die höchste Wachstumsrate in Deutschland. Um den Standort Frankfurt für Fintechs weiter zu etablieren, hat die Deutsche Börse im April 2016 den Fintech-Hub in Frankfurt eröffnet. Damit unterstützt sie die Fintech-Initiative der Hessischen Landesregierung sowie junge Startups im Finanzbereich.

Fintech-Initiative

Insgesamt bietet der neue Hub auf dem Gelände einer ehemaligen Arzneimittel-Fabrik auf 450 Quadratmetern rund 60 Arbeitsplätze. Den Unternehmen stehen vollständig ausgestattete Büroräume zur Verfügung. Dabei können die Start-ups zwischen Einzelbüros für ihr ganzes Team und flexibel buchbaren Co-Workingspaces wählen. Meetingräume, ein Lounge-Bereich und eine Kaffeebar schaffen zusätzlich Raum zum kreativen Arbeiten, Netzwerken und für Events. Die Experten des Venture Networks sind ebenfalls vor Ort, um die Unternehmen zu beraten und ihnen Kontakte zu vermitteln.

Aus zahlreichen Bewerbungen hat die Deutsche Börse die Start-ups Fintura, Savedroid, Cashlink und Dwins ausgewählt, denen sie Büro räume im Fintech-Hub zur Verfügung stellt. Drei der vier Unternehmen verlegen ihren Sitz extra nach Frankfurt. Weitere Start-ups und auch die Wachstumsunternehmen aus dem Venture Network können den Co-Workingspace tageweise buchen.

Frühzeitige Investorenkommunikation

Mit dem Programm des Deutsche Börse Venture Networks wird die Finanzierungslücke im Growth- und Later-Stage-Bereich für Wachstumsunternehmen branchenübergreifend geschlossen. Wesentlich ist dafür, Wachstumsunternehmen frühzeitig an die Möglichkeiten der Kapitalaufnahme über das Börsenumfeld heranzuführen. Die Teilnahme am Venture Network verpflichtet nicht zum Börsengang, allerdings kann ein IPO eine attraktive Ergänzung oder eine Alternative zum herkömmlichen Bankkredit sein. Zudem setzt die Deutsche Börse auf frühzeitige Investorenkommunikation. Diese erhöht das Vertrauen in Unternehmen und ermöglicht eine bessere Bewertung - eine Voraussetzung für steigendes Wachstumskapital. Über das Venture Network werden Unternehmen auf die Kapitalmarktreife vorbereitet, indem sie mit Reporting- und Corporate-Governance-Standards vertraut gemacht werden und sich gezielt über die Plattform mit anderen Unternehmen, Investoren und Ratgebern austauschen können. Mittelfristig soll so eine transparente IPO-Pipeline geschaffen werden.

Um die Rahmenbedingungen für eine starke Wachstumsfinanzierung und für ein investitionsfreundlicheres Umfeld in Deutschland zu schaffen, ist der Dialog mit Politik und Verbänden entscheidend. Strukturelle Herausforderungen müssen gemeinsam angegangen werden - das Deutsche Börse Venture Network ist mit seinem Programm hier richtungsweisend.

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