Erfolgsfaktoren einer Bankenfusion aus Perspektive des Risikobereichs

Dr. Stefan Krohnsnest, Foto: DZ HYP AG

Der Fusionsdruck im Bankensektor nimmt zu - nicht zuletzt aufgrund des steigenden Kostendrucks bei der Modernisierung der IT-Infrastruktur und der zunehmenden regulatorischen Anforderungen in einem Umfeld andauernd niedriger Zinsen und Margen. Und da durch eine Bankenfusion die Möglichkeit besteht, beispielsweise Kosten zu senken oder mehr Spielräume für Preiserhöhungen zu ermöglichen, dürfte der Fusionstrend noch weiter an Fahrt aufnehmen. Die Zusammenführung der Risikobereiche ist dabei herausfordernd, in ihr steckt jedoch auch erhebliches Synergiepotenzial, so die Autoren. Doch was ist entscheidend für eine erfolgreiche Integration der Risikobereiche? Und wie erfolgte die praktische Integration im Risikobereich der DZ Hyp? Der vorliegende Beitrag liefert hierzu Antworten aus der Praxis inklusive dreier ausgesuchter Fallbeispiele der jüngsten DZ-Hyp-Fusion. (Red.)

Kompetenzen bündeln, Ertragspotenzial realisieren und Kosten senken - jede Fusion startet mit großen strategischen Zielen, die für die Integration gesteckt werden. Ob diese Ziele in der Praxis - und besonders in den Risikobereichen - tatsächlich realisiert werden, hängt davon ab, ob die Integration in den Prozessen, Methoden und Verfahren effizient und effektiv organisiert werden kann.

Grundvoraussetzung für fast alle Integrationsaktivitäten ist es, das Handeln auf das neue Institut auszurichten und eine Kultur zu schaffen, in der nicht aus Prinzip an bisherigen Sichtweisen festgehalten wird. Gegenseitige Wertschätzung und die Überzeugung für eine neue Idee überwinden bestehende Denkmuster. Das Topmanagement kann diese Grundvoraussetzung durch entsprechende Leitplanken und Vermittlung der gemeinsamen Vision fördern und sicherstellen.

Spezifisch für den Risikobereich unterstützen die folgenden vier Faktoren eine erfolgreiche Integration.

Transparenz schaffen

Transparenz hat oberste Priorität am Anfang eines Integrationsvorhabens. Ziel einer "Transparenzphase" zu Beginn ist es, die in den jeweiligen Risikobereichen verwendeten Methoden, Prozesse und Verfahren aufzunehmen und gegeneinander abzugleichen. Das schafft die Grundlage für eine fundierte Entscheidung über das fachliche Zielbild des Ri sikobereichs des neuen Instituts - beispielsweise die verwendeten Modelle, Risikoberichte und relevanten Steuerungskennzahlen - und dient als Input für die Entscheidung über die IT-Architektur. Auch wenn zwei Fusionspartner auf den ersten Blick Ähnlichkeiten aufzuweisen scheinen, sollte nicht unterschätzt werden, dass die Umsetzungen im Detail sehr unterschiedlich ausgestaltet sein können. Ein wesentlicher Teil der Transparenzphase ist es, diese potenzielle Vielfalt der Mess- und Steuerungsansätze zu verstehen und neu zu bewerten.

Die Transparenzphase ist abgeschlossen, wenn die wesentlichen fachlichen Themen durchdrungen und Entscheidungen durch die relevanten Gremien getroffen wurden. Im Anschluss sollte der Fokus auf der Vorbereitung des Day 1 - des ersten Tags des fusionierten Instituts - liegen.

Drei Aspekte sollte man in der Transparenzphase unbedingt beachten:

1. Die nötigen und richtigen Ressourcen investieren: Zeit und Personal sind knapp bei einer Integration, weil Stakeholder typischerweise schnell Erfolge sehen möchten und das Personal gleichzeitig in Linienaktivitäten gebunden ist. Dennoch müssen Ressourcen in ausreichendem Maße für die Transparenzphase investiert werden. Wichtig ist es, in dieser entscheidenden Phase den richtigen Fokus zu setzen. So sollte man sich nicht mit Fragen beschäftigen, auf die längst Antworten durch übergreifende Entscheidungen gefunden worden sind.

Bei der DZ-Hyp-Integration haben sich die beiden Institute in neun Monaten einen Überblick verschafft. In diesen Prozess wurden alle Fachspezialisten eingebunden, um die richtigen Themen in der nötigen Detailtiefe zu beleuchten und gleichzeitig den Day 1 nicht zu gefährden. Frühzeitig wurden übergreifende Entscheidungen getroffen.

So wurde festgelegt, grundsätzlich die Systeme der vormaligen DG Hyp zu nutzen und die Bestandsgeschäfte der vormaligen WL Bank in diese Systeme zu migrieren. Durch diese Entscheidung hat sich das Integrationsvorhaben im Risikobereich auf die Ausgestaltung der definierten Systeme anstatt auf Grundsatzfragen zu den passenden Systemen konzentriert.

2. Eine passende Struktur festlegen: Die geeignete Struktur für die Durchführung der Transparenzphase ist meist nicht die Linienorganisation. Zum einen gibt es im Zweifel unterschiedliche Strukturen und Aufgabenverteilungen bei den Integrationspartnern. Zum anderen unterstützt die Linienorganisation nicht dabei, vollständige und konsistente Lösungen über Bereiche hinweg zu schaffen. So gibt es einige Fragestellungen, die interdisziplinär gelöst werden müssen, und viele, bei denen mehrere Bereiche verantwortlich sind.

Die passende Struktur erfüllt vier Kriterien:

  • Vollständigkeit: sie deckt alle Themengebiete der Risikobereiche ab.
  • Konsistenz: sie verknüpft bereichsübergreifende Themen miteinander, um Konsistenz sicherzustellen.
  • Komplexitätsreduktion: sie bricht die Themen auf ein akzeptables Komplexitätsniveau herunter, auf dem die relevanten Fragen in der verfügbaren Zeit gelöst werden können.
  • Innovationskraft: damit außerhalb der gewohnten Struktur Lösungen aus der Perspektive des neuen Instituts entwickelt werden können.

Für die DZ Hyp wurde eine prozessorientierte Sicht auf die Risikothemen gewählt. Die Struktur wurde unabhängig von der Linienorganisation in Form interdisziplinärer Teams aufgesetzt, sodass bereichsübergreifend in fachlichen Themen gedacht werden konnte. In dieser Struktur waren Zuständigkeiten eindeutig zugeordnet. Die Konsistenz der erarbeiteten Ergebnisse wurde durch ein übergreifendes "Risikosteuerungskonzept" sichergestellt. In diesem wurden an zentraler Stelle die in den interdisziplinären Teams ausgearbeiteten Ergebnisse zusammengeführt und gegeneinander abgeglichen, um im Falle von Inkonsistenzen wichtige Impulse zu geben.

3. Rechtzeitig Entscheidungen treffen: Die Entscheidungen in der Transparenzphase geben Klarheit über das gemeinsame Ziel und den Fahrplan. Bei jeder Integration gibt es Fragestellungen, die ein hohes Maß an Abhängigkeiten aufweisen sowie frühzeitig identifiziert, diskutiert und entschieden werden müssen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass zu viele Handlungsalternativen über einen zu langen Zeitraum diskutiert und somit Ressourcen vergeudet werden. Nach Abschluss der Integration unterstützt ein gut dokumentierter Entscheidungsprozess dabei, den gegangenen Weg nachzuvollziehen.

Für die DZ-Hyp-Integration wurde ein zentrales Entscheidungsregister aufgebaut, über das wesentliche Entscheidungen herbeigeführt und in dem die Ergebnisse dokumentiert wurden. Ausgewählte Themen wurden dabei aufgrund ihrer Abhängigkeiten zeitlich priorisiert, beispielsweise die Ausprägung der zukünftigen IRBA-Ratingsysteme (siehe Fallbeispiel unten). Die Zuordnung der Kunden zu Ratingsystemen beeinflusst unmittelbar die Prozesse und notwendigen Tätigkeiten in den Markt- und Marktfolgebereichen, sodass eine frühzeitige Festlegung für viele Beteiligte vorteilhaft war.

Prioritäten setzen für Day 1 Readiness

Der Day 1 ist der wichtigste Meilenstein einer jeden Integration. Wie muss der Risikobereich vorgehen, um für den Day 1 gerüstet zu sein? Entscheidend ist eine klare Priorisierung der Themen aus Perspektive der Relevanz für Day 1 - unabhängig von ihrer grundsätzlichen Wichtigkeit. Eine einfache Frage hilft, "Day-1-kritische" Themen zu identifizieren: Bei welchen Themen ist ein integrierter Blick auf das neue Institut zwingend erforderlich und wo kann eine temporäre Parallelsteuerung aus Risikogesichtspunkten vertreten werden?

Der Zeitpunkt und die Instrumente der Integration richten sich nach dieser Priorisierung. Bei "Day-1-kritischen" Themen sollte frühzeitig in nachhaltige Lösungen und Verfahren für eine integrierte Sicht ab Day 1 investiert werden. Darunter fallen Themen, bei denen eine Sicht auf das Gesamtportfolio sowie die Diversifikationseffekte erforderlich ist. Typischerweise werden zeitlich begrenzt Abweichungen zum Zielbild auftreten. Mit Blick darauf können Risikoberichte genutzt werden, um Entscheidungsträgern Transparenz darüber zu verschaffen, bei welchen Risikoarten und -kennzahlen Einschränkungen existieren und bis wann diese abgestellt werden können.

Bei Themen mit niedriger Priorität ist eine Minimalkonfiguration mit einem temporären Parallellauf ab Day 1 möglich. Dabei handelt es sich um diejenigen Aspekte, bei denen eine zeitweise Beibehaltung getrennter Berechnungen und Prozesse zu keinen signifikanten Verzerrungen in der Risikosteuerung führt. Eine Minimalkonfiguration kann typischerweise für nichtfinanzielle Risiken genutzt werden.

Day-1-kritisch waren bei der DZ Hyp die Portfoliomodelle für das Kredit-, Marktpreis- und Liquiditätsrisiko. Für das Kreditrisiko musste durch die DZ Hyp selbst eine integrierte Sicht auf das gemeinsame Portfolio bereits zu Day 1 aufgebaut werden (siehe Fallbeispiel unten). Für das Marktpreis- und Liquiditätsrisiko war durch die zentrale Risikomessung der DZ Bank Gruppe eine integrierte Sicht bereits sichergestellt. Weiterführende Umsetzungen und Anpassungen in Richtung des Zielbilds erfolgten sukzessive.

Chancen nutzen

In jeder Integration steckt die Chance, gleichzeitig auch "Quick Wins" und Modernisierungen zu realisieren. Bei der Zusammenführung bestehender Prozesse, Verfahren und Systeme kommt es darauf an, die bisherigen Vorgehensweisen zu hinterfragen und für das neue Institut zu gestalten. Das kann erfordern, auf Gewohntes zu verzichten und neue Wege zu gehen.

Was ist wichtig zu beachten?

Potenziale erkennen: Das Ziel besteht darin, diejenigen Prozesse, Verfahren und Systeme zu identifizieren, die "Quick-Win-Potenzial" besitzen. Auszuschließen sind hier häufig Themen mit externen Zustimmungspflichten etwa durch die Bankenaufsicht.

Realistische Ziele setzen: Bei der Modernisierung sollte man sich nicht übernehmen. Eine umfassende Neueinführung von Risikomodellen beispielsweise kann schwierig nebenbei umgesetzt werden. Die Weiterentwicklung von Risikoberichten ist jedoch in gewissem Maße über die reine Zusammenführung hinaus möglich. Day 1 Readiness in den Mittelpunkt stellen: Die Vorbereitung des Day 1 des neuen Instituts ist und bleibt der Mittelpunkt eines Integrationsprojektes. Wichtig ist, dass dessen Ziele nicht gefährdet werden.

Bei der DZ-Hyp-Integration war es das Ziel, die Risikoberichterstattung an das Manage ment im Zuge der Day-1-Vorbereitung zu modernisieren und zu verschlanken. In der Transparenzphase wurde erkannt, dass Anzahl und Umfang der Berichte reduziert werden können, ohne steuerungsrelevante Informationen zu verlieren. Im Ergebnis wurden die Risikoberichtslandkarte zu Day 1 erheblich verschlankt, die Erstellungszeit der Berichte verringert und die Grundlage für künftige Automatisierungen gelegt (siehe Fallbeispiel unten).

Kommunikation mit der Bankenaufsicht frühzeitig angehen

Im Rahmen von Integrationen gibt es Themen, die einen größeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Diese sind typischerweise verbunden mit externen Zustimmungspflichten im aufsichtsrechtlichen Umfeld. Das Interesse der Bankenaufsicht an einer Fusion ist berechtigterweise groß - eine entsprechende Kommunikation ist daher entscheidend.

Aus der Risikoperspektive ist die Vereinheitlichung von internen Risikomodellen essenziell. Diese ist insbesondere bei internen Risikomodellen für die Säule 1 von der Genehmigung der Bankenaufsicht abhängig. Damit ist der Fortschritt des Integrationsvorhabens direkt an diese Genehmigung geknüpft.

Was ist bei der Vereinheitlichung von Risikomodellen zu beachten? Aufsicht einbinden: Es ist frühzeitig Kontakt mit der Aufsicht aufzunehmen, um einen regelmäßigen Austausch zu etablieren. Erste Erwartungen hat die EZB in ihrem Leitfaden "Guide on the supervisory approach to consolidation in the banking sector" bereits kommuniziert.

Kritische Zustimmungspflichten abstimmen: In welchem Umfang die Aufsicht in den Integrationsprozess eingebunden werden möchte, ist individuell abzustimmen. Bei einigen Themen besteht typischerweise eine Zustimmungspflicht der Banken aufsicht (insbesondere IRBA-Systeme), teilweise ist lediglich eine Information gewünscht.

Praktische Integration im Risikobereich

Fahrplan zur Umsetzung und Genehmigung entwickeln: Ein realistischer Fahrplan für die Vereinheitlichung der internen Risikomodelle ist zu entwickeln und mit wesentlichen Meilensteinen des gesamten Integrationsvorhabens zu synchronisieren. Teil dieses Fahrplans muss der aufsichtsrechtliche Genehmigungsprozess sein.

Für die DZ-Hyp-Integration wurde insbesondere zur Vereinheitlichung der IRBA-Systeme ein dezidierter Aktionsplan entwickelt (siehe Fallbeispiel unten).

Die Erfolgsfaktoren rund um Transparenzschaffung, Prioritätensetzung auf Day 1, gezielte Modernisierungen und eine frühzeitige Kommunikation mit der Bankenaufsicht spielten bei der praktischen Integration der DZ Hyp eine große Rolle, wie in den vorigen Abschnitten gezeigt wurde.

Bei der DZ-Hyp-Integration ist es so gelungen, ab Day 1 die Funktion des Risikobereichs sicherzustellen und gleichzeitig in der danach folgenden Zusammenführung erhebliche Synergien zu verwirklichen. Die folgenden drei Fallbeispiele stellen das Vorgehen im Rahmen der Integration vertiefend dar und konkretisieren die Operationalisierung der Erfolgsfaktoren. Integration und Modernisierung der Risikoberichterstattung: Eine verständliche Risikoberichterstattung schafft die erforderliche Transparenz über bestehende Risiken und ist ab Day 1 als zuverlässige Entscheidungsgrundlage essenziell. Gleich zu Beginn der Integration wurde die Chance genutzt, das Risikoberichtswesen durch eine Verschlankung der Struktur und eine stärkere Orientierung an den Adressaten zu modernisieren.

Ein wesentliches Ergebnis der Transparenzphase war: Auch wenn DG Hyp und WL Bank als Immobilienbanken ähnliche Geschäftsmodelle aufwiesen, hatten sie aufgrund der Besonderheiten und Schwerpunkte ihrer jeweiligen Kreditportfolios unterschiedliche Formate für die Berichterstattung und abweichende Steuerungsansätze im Einsatz. Die Herausforderung bestand daher darin, für die DZ Hyp einen Ansatz zu entwickeln, der gleichzeitig sämtliche Aspekte berücksichtigt. Das Ergebnis war eine Auswahl an steuerungsrelevanten Kennzahlen für das Gesamtportfolio der DZ Hyp. Diese wurden um maßgeschneiderte Analysen für das jeweilige Portfolio ergänzt.

Erfolgsentscheidend war eine frühzeitige Festlegung der steuerungsrelevanten Kennzahlen und der Risikoberichte für das neue Institut - die Ziel-Risikoberichtslandkarte - mit dem Vorstand auf Basis der Transparenzphase. Dabei wurde die Anzahl der Berichte erheblich reduziert, indem die konkreten Bedürfnisse der Berichtsempfänger eruiert und bisherige Praktiken hinterfragt wurden. Für alle steuerungsrelevanten Risikoberichte wurden neue Berichtsformate entwickelt, die bereits ab Day 1 zum Einsatz kamen.

Eine hohe Akzeptanz für das neue Zielbild hatte für den Vorstand hohe Priorität. Daher wurden in die Entwicklung der Ziel-Risikoberichtslandkarte und Risikoberichte neben dem Vorstand auch die bisherigen und neuen Berichtsverantwortlichen einbezogen. Für diese Zwecke wurden regelmäßige Sitzungen mit dem Risikovorstand und mehrere bereichsübergreifende Workshops durchgeführt. Damit wurde gleichzeitig ein nahtloser Übergang in die Linie sichergestellt.

Ein Anspruch des Vorstandes war es, bereits ab Day 1 einen Ansatz zur Beurteilung der Datenqualität der Berichtskennzahlen zu etablieren. In der Integrationsphase traten naturgemäß zeitlich begrenzte Einschränkungen in der Datenqualität auf. Diese wurden transparent und bewusst gemacht, indem sie als Teil des übergreifenden Risikoberichts an den Vorstand berichtet wurden - damit konnten diese unmittelbar bei der Risikosteuerung berücksichtigt werden.

Im Ergebnis wurde die Anzahl der Berichte um mehr als die Hälfte reduziert und ihre Inhalte auf das Wesentliche fokussiert. Mit dieser Modernisierung wurde weiterhin die Grundlage und Transparenz geschaffen, die Berichterstellung schrittweise zu automatisieren. Integrierte Kreditportfoliomodellierung zu Day 1: Ab Day 1 ist eine aussagefähige Analyse der Risikotragfähigkeit im Rahmen des ICAAP zwingend erforderlich. Die notwendigen Risikokapitalbedarfe werden über Portfoliomodelle berechnet, sodass die Portfoliozusammensetzung eine wesentliche Rolle spielt. Diversifikationseffekte und Risikokonzentrationen zwischen den Portfolios beider Institute müssen erkannt und gemessen werden.

Im Rahmen der Transparenzphase wurden die Portfolios und die Kreditportfoliomodelle der beiden Vorgängerinstitute verglichen. Es kristallisierte sich schnell heraus, dass das zukünftige Modell durch Erweiterung des in der festgelegten Ziel-IT-Architektur bereits umgesetzten Modells erreicht werden sollte. Die ähnlichen Portfoliostrukturen der Fusionspartner waren hierfür von Vorteil. Die Modellanbindung des Portfolios eines Instituts war damit bereits sichergestellt, und es konnte auf eine aufwendige und risikoreiche Neuimplementierung eines vollständigen Modells verzichtet werden.

Die zentrale Herausforderung bestand darin, dass eine Zusammenführung der Portfolios in den bestandsführenden Systemen der Ziel-IT-Architektur nicht zu Day 1 erfolgte. Für das Kreditrisiko wurde daher abgewogen und entschieden, die auslaufenden bestandsführenden Systeme bereits zu Day 1 temporär direkt an das Kreditportfoliomodell anzubinden und so eine integrierte Messung in einem Modell zu realisieren. Fachliche und technische Ressourcen im Kreditrisikocontrolling wurden auf diese Anbindung fokussiert.

In der Umsetzung dieser Lösung mussten die Informationen und einzelnen Felder der neu anzubindenden bestandsführenden Systeme konsistent abgebildet werden. Datenfeldkataloge und klare Definitionen sowie eine intensive Testphase haben geholfen, die Zusammenführung sukzessive zu vervollständigen und fehlende Informationen zu generieren. Fachlich musste die Modellparametrisierung auf neue Teilportfolios erweitert oder verfeinert werden. Zudem wurde mit verschiedenen Auswirkungsanalysen gezeigt, welche Effekte durch die Zusammenführung zu Day 1 zu erwarten waren. Erfolgsfaktoren waren der intensive Austausch zwischen den in beiden Instituten zuständigen Mitarbeitenden und das Erkennen des gemeinsamen Ziels einer Umsetzung zu Day 1.

Die zusätzliche und zeitlich begrenzte Anbindung der neuen Bestandssysteme sollte zudem rückbaufähig implementiert werden, damit das System nach den Portfoliozusammenführungen reibungsfrei weiterbetrieben werden kann. Es wurde die Chance genutzt, auf Basis der vorhandenen Datenbankstruktur parallel eine optimierte, modernisierte und zukunftsfähige Struktur zu implementieren. Zwischenzeitlich bestand das Risiko, die Informationsbreite zu hoch zu wählen - auch, weil im Rahmen der Anbindung für das Kreditportfoliomodell zusätzlich Synergien zur Risikoberichterstattung gehoben werden sollten. Auf potenziell nützliche, aber nicht notwendige Informationen musste in Teilen verzichtet werden, um das Ziel der Produktivnahme zu Day 1 nicht zu gefährden.

Insgesamt konnte erreicht werden, dass ab Day 1 eine integrierte Kreditportfoliomodellierung inklusive Datenhaushalt in der Zielarchitektur umgesetzt wurde, in die eine bis zur vollständigen Datenmi gration erforderliche interimistische Anbin dung des abzulösenden Bestandssystems modular und rückbaufähig integriert war. "Sunk Costs" konnten so weitgehend vermieden werden.

Zusammenführung der IRBA-Ratingsysteme: Aufgrund des direkten Bezugs zur Eigenkapitalausstattung sind die Herausforderungen besonders hoch, wenn das neue Institut den IRBA-Status aufweisen soll. Frühe Transparenz und Kommunikation mit der Aufsicht sind für den Erfolg unabdingbar, denn eine fehlende Zustimmung kann den gesamten Fusionsprozess verzögern. Im Zusammenhang mit IRBA-Themen ist zudem zu beachten, dass der aufsichtliche Genehmigungsprozess bis zur höchsten Entscheidungsebene reicht. Dementsprechend sollten die Dauer des Prozesses und die geringe Flexibilität für spätere Änderungen berücksichtigt werden. Das Thema sollte daher mit hoher Priorität angegangen werden.

Dass sich die Vereinheitlichung der IRBA-Landschaften nicht zu Day 1 abschließen lässt, ist mit Blick auf die Komplexität und Vielfalt an Themen sehr wahrscheinlich. Die Veränderungsprozesse sind "bedeutende" oder "wesentliche" Änderungen gemäß der institutsinternen Model Change Policy oder sogar IRBA-Neuanmeldungen. Die zugehörigen aufsichtlichen Prozesse nehmen daher mehrere Jahre in Anspruch. Da es weder im Interesse der Aufsicht noch der Institute liegt, verschiedene Ratingsysteme temporär vom IRBA in den Kreditrisikostandardansatz (KSA) zurückzusetzen, besteht die Möglichkeit, eine vorübergehende Duldung zu ver einbaren. Darunter ist die Genehmigung der Aufsicht zu einer zeitlich begrenzten Fortführung der Anrechnung im IRBA zu verstehen, die gemäß dem vereinbarten Zeitplan in eine erneute Eignungsbestätigung nach Abschluss der Prüfungshandlungen mündet und eine formal induzierte Schwankung der Eigenmittelanforderungen durch den mehrmaligen Wechsel des Ansatzes vermeidet.

Bei der DZ-Hyp-Fusion wiesen beide Vorgängerinstitute den IRBA-Status auf. Aufsichtsrechtlich galt es zu beachten, dass ein Institut auf das andere verschmolzen wurde und daher die Eignungsbestätigungen für die Ratingsysteme des aufnehmenden Instituts im neuen Institut fortbestanden, wohingegen die IRBA-Eignung der Ratingsysteme für das aufgenommene Institut erlosch. Um die damit einhergehende höhere Eigenmittelanforderung zu vermeiden, wurde der Aufsicht frühzeitig ein Konzept zur Vereinheitlichung der IRBA-Landschaften vorgelegt. Darin wurden je nachdem, ob es sich bei den Portfolios der Vorgängerinstitute um identische, überschneidende oder disjunkte Anwendungsbereiche handelte, jeweils maßgeschneiderte Vorgehensweisen und Zeitpläne vorgeschlagen. Erwartungsgemäß konnte eine Umsetzung zu Day 1 auch in der DZ Hyp nicht realisiert werden. Die lange Umsetzungsdauer erlaubte es jedoch, die Umstellungen durch eine Anlehnung an die Termine des Migrationsfahrplans zu erleichtern.

Abgestimmt auf die erforderlichen institutsinternen und aufsichtlichen Prozessdauern konnte für die DZ Hyp entlang des Konzeptes eine mehrjährige Duldung vereinbart werden. Durch die rechtzeitige, verbindliche Abstimmung mit der Aufsicht konnten mögliche Barrieren und Verzögerungen im Fusionsfahrplan zur DZ Hyp verhindert werden.

DZ-Hyp-Fusion als Teil der Konsolidierungsstrategie der DZ Bank Gruppe:
Durch die Fusion zweier erfolgreicher Immobilienfinanzierer, DG Hyp und WL Bank, in der DZ Bank Gruppe am 27. Juli 2018 entstand mit der DZ Hyp einer der größten Immobilienfinanzierer am deutschen Markt.Der Integrationsprozess erstreckte sich über drei Jahre - von der Unterzeichnung des Memorandum of Understanding über die Day 1 Readiness bis zum Abschluss der technischen Mi gration von Geschäften.
Dr. Stefan Krohnsnest , Bereichsleiter Risikocontrolling , DZ HYP AG, Hamburg
Roland Barz , Abteilungsleiter Risikocontrolling , DZ HYP AG, Hamburg
Natalia Kluger , Partnerin , Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt am Main

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