Finanzmarktstabilität im Kontext von Bonus, Dividende und Rücklage

Isabel Jahn, Foto: hkp/// group

Erst Mitte Dezember 2020 hat die Europäische Zentralbank die Empfehlung, aufgrund der Pandemie äußerste Zurückhaltung bei Boni und Dividenden zu üben, bekräftigt und die Aufforderung zum Dividendenverzicht an Banken bis September 2021 verlängert. Wie die Autorinnen feststellen, hat ein großer Teil der internationalen Banken freiwillig auf Boni verzichtet. Es habe sich schon ein großer Teil der europäischen und auch einige deutsche Banken zur Dividendenfrage geäußert. Dabei würde die überwiegende Mehrheit planen, sich nach den Vorgaben der EZB zu richten. Im Folgenden analysieren Knab-Hägele und Jahn die Aufteilung der Gewinnverwendung zwischen Bonus, Gewinnrücklage und Dividende. Sie kommen zu dem Schluss, dass bei internationalen Instituten der größte Anteil in Gewinnrücklagen fließe und dass der Einbehalt von Dividenden und Boni sowohl von Banken in Deutschland als auch in Europa als außerordentliche Wege zur Stärkung der Liquidität intensiv genutzt würden. (Red.)

Die Stabilität der Bankenbranche ist spätestens seit der Finanzmarktkrise 2008/09 in aller Munde. In deren Folge führten die politischen und regulatorischen Bemühungen auf nationaler und internationaler Ebene zu einer verstärkten Ausrichtung der Vergütung am langfristigen - also nachhaltigen - Erfolg der Institute. Über diesen Hebel sollen die aus dem Bankensektor entstehenden Risiken für die volkwirtschaftliche Entwicklung reduziert beziehungsweise abgemildert werden.

Einen ersten Härtetest erfahren diese Maßnahmen im Rahmen der aktuellen Covid-19-Pandemie. Denn trotz der vergleichsweise stabilen Aktienkursentwicklung in der Branche ist davon auszugehen, dass die mit der Pandemie verbundenen politischen Restriktionen und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Herausforderungen zumindest einige Institute langfristig schlimmer treffen könnten als die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise.

Aufgrund der drohenden Risiken mahnten europäische und nationale Regulatoren bereits Ende März - noch vor dem ersten Höhepunkt der Corona-Krise - eine Aufstockung des Kapitals an, damit Banken ihrer zentralen Aufgabe bei der Bewältigung der Krise, im Wesentlichen durch ausreichende Kreditvergabe, nachkommen können. Konkret wurde dabei ein Verzicht auf Gewinnausschüttungen und Dividenden gefordert. BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler erwartete dabei, "dass auch die Institute, die unter unserer direkten Aufsicht stehen (Less Significant Institutions - LSI), bis mindestens Oktober 2020 keine Dividenden zahlen oder Gewinne ausschütten."  Weitergehend wurde empfohlen, auch von Aktienrückkäufen Abstand zu nehmen und Boni sorgfältig abzuwägen - eine Position, die noch im November bekräftigt wurde: Vonseiten der BaFin erwarte man "allergrößte Zurückhaltung". 

Abbildung 1: Vergütungsverzicht ausgewählter internationaler Großbanken Quelle: hkp///group Analysen öffentlicher Mitteilungen der Institute, Stand 25.11.2020

Aufforderung zum Dividendenverzicht

Auch die EZB hatte im März 2020 eine entsprechende Erwartung an Banken formuliert und diese Ende Juli nochmals verlängert. Institute in der EU wurden aufgefordert, bis mindestens Januar 2021 auf Dividenden und Aktienrückkäufe zu verzichten und hinsichtlich der variablen Vergütung "äußerst moderat" vorzugehen. Nachdem nicht alle Marktteilnehmer diese Haltung teilten und sich die Debatte im Folgenden weiter verschärfte, kündigte EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch eine Überprüfung der eigenen Position an und stellte in Aussicht, in Abhängigkeit von der konkreten Lage zu einer flexibleren Praxis übergehen zu können. Allerdings trieb die EZB auch Ende 2020 weiter die Sorge um, dass die Risiken nach wie vor überwiegen.

Mitte Dezember 2020 wurde von der EZB die Empfehlung bekräftigt, weiterhin äußerste Zurückhaltung bei der Ausschüttung von Dividenden und Aktienrückkäufen zu zeigen und bis Ende September 2021 keine oder nur begrenzt Dividenden auszuschütten. Lockerungen für große Institute sind dabei auf Einzelfallebene unter engen Voraussetzungen möglich (zum Beispiel weniger als 15 Prozent der kumulierten Ergebnisse der Jahre 2019 und 2020 und nicht mehr als 20 Basispunkte der CET 1 sowie Sicherstellung der Profitabilität), allerdings erst nach Erörterung des Umfangs zur Verteilung mit dem Aufsichtsteam. Bis zu einer anderen Einschätzung sind die Institute in diesem Zusammenhang auch weiterhin aufgerufen, sich mit Blick auf Bonuszahlungen extrem zu mäßigen.

Die BaFin begrüßte diese Entscheidungen der EZB und unterstützt den Weg der Einzelfallprüfung. "Den Instituten zu raten, weiterhin sehr restriktiv mit Ausschüttungen umzugehen, ist der richtige Weg" und "Mit der Möglichkeit einer Einzelfallbetrachtung reagiert die EZB auch auf die große Unsicherheit, in der wir uns gerade befinden" kommentierte der BaFin-Präsident. 

Abbildung 2: Dividendenverzicht internationaler Großbanken und nationaler Institute Quelle: hkp///group Analysen öffentlicher Mitteilungen der Institute, Stand 25.11.2020

Wie aber haben die betroffenen Institute auf die rechtlich nicht bindende Forderung der Regulatoren hinsichtlich eines Verzichts von Bonus- und Dividendenzahlungen reagiert? Die Analysen der HKP Group, basierend auf öffentlich zugänglichen Quellen, zeigen hier ein differenziertes Bild. Grundsätzlich wird der Bonusprozess der meisten Banken mit regulärem Geschäftsjahr im ersten Quartal, das heißt bis Ende März, abgeschlossen. Noch bevor sich die ökonomischen Bedingungen im Zuge der Covid-19-Pandemie signifikant verschärft hatten, waren daher die variablen Jahresvergütungen für 2019 vielfach ausgezahlt beziehungsweise die entsprechenden Beschlüsse dazu gefasst.

Auch der regulatorisch notwendige Prüfprozess zur Bestimmung des Gesamtbetrages variabler Vergütung nach § 7 Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) war in den meisten Häusern bereits abgeschlossen. Als relevante Kriterien in diesem Prozess gelten Risikotragfähigkeit, Kapitalplanung, Ertragslage, aber auch Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung und Kapitalpufferanforderungen. Angesichts der skizzierten zeitlichen Abläufe wäre ein Verzicht auf Bonusausschüttung für das zurückliegende Geschäftsjahr - sofern dieses erfolgreich war und Institute sich nicht aus anderen Gründen bereits in einer Schieflage befanden - aus Mitarbeitersicht nur schwer vermittelbar gewesen.

Freiwilliger Verzicht immer möglich

Eine Änderung könnte sich dabei lediglich für die aus vergangenen Geschäftsjahren aufgeschobenen Vergütungsbestandteile (Boni) ergeben, da für diese zum jeweiligen Zeitpunkt der Auszahlungen in Folgejahren eine erneute Überprüfung verpflichtend ist. Bei dieser erneuten Überprüfung würden sich dann die negativen Auswirkungen der aktuellen Krise widerspiegeln. Wobei der Bonusaufschub und damit auch die erneute Prüfung nur für Geschäftsführer und die weiteren Risikoträger in bedeutenden Instituten, und damit zumeist für einen relativ kleinen Teil der Belegschaft, erforderlich ist.

Hingegen ist ein freiwilliger Verzicht auf Boni grundsätzlich immer möglich und wurde 2020 auch tatsächlich von einigen Instituten umgesetzt. Dieser findet in der Regel auf Geschäftsleitungs- und Aufsichtsratsebene sowie teilweise im höheren Management statt. Ein großer Anteil der internationalen Banken hat einen solchen Bonusverzicht bestimmter Personengruppen im Verlauf des Jahres bekannt gegeben (siehe Abbildung 1). Im Gegensatz dazu haben sich die meisten deutschen Institute mit entsprechenden Veröffentlichungen zurückgehalten.

Abbildung 3: Entwicklung der Grundvergütung bei Vorständen nationaler und internationaler Institute* 2015 bis 2020 Quelle: hkp///group Geschäftsberichtsauswertungen

Wie in der Gesamtwirtschaft werden auch in Banken Geschäftsleitung und Angestellte in der Regel durch ein Fixgehalt entlohnt. Im Rahmen der variablen Vergütung partizipieren sie zudem von guten Geschäftsergebnissen. Analog profitiert der Kapitalgeber von positiven Ergebnissen über Kurszuwächse, nicht zuletzt aber auch über Dividendenausschüttungen. Anders als bei den variablen Vergütungen zeigen sich bei den Dividenden als wesentlicher Bestandteil der Aktionärsrendite tiefgreifendere Auswirkungen der Pandemie beziehungsweise deren wirtschaftlicher Folgen. Grundsätzlich werden Dividenden nach Beschluss der Eigentümer auf der Hauptversammlung ausgeschüttet. Angesichts der Pandemie wurden diese jedoch vielfach auf deutlich spätere Zeitpunkte verschoben, sodass entsprechende Diskussionen und Beschlüsse wesentlich stärker durch die gesamtwirtschaftliche Lage kontrastiert wurden. Entsprechend heftig entwickelte sich die entsprechende Debatte.

Mehrheit mit Verzicht

Zu ihrer Dividendenpraxis haben sich bereits zahlreiche europäische und auch einige deutsche Institute geäußert. Die überwiegende Mehrheit plant dabei, sich nach den Vorgaben der EZB zu richten und verzichtet im Jahr 2020 auf eine Ausschüttung (siehe Abbildung 2). Dies bestätigt auch ein entsprechender Kommentar der EZB im Rahmen des Financial Stability Review. Jedoch ist der durch die BaFin und EZB bekräftigte Aufruf zum Dividendenverzicht bis 2021 unter den beaufsichtigten Instituten als pauschale Lösung nicht unumstritten, da "Investoren unnötig verunsichert würden" und damit die "Refinanzierung für Banken erschwert wird", wie der Bundesverband deutscher Banken betonte. 

Abbildung 4: Entwicklung der Grundvergütung bei nationalen Instituten* Quelle: hkp///group Geschäftsberichtsauswertung/Top Banken Survey

Aus Investorenperspektive wäre dabei aufgrund der aktuellen Krisensituation ein Dividendenverzicht vermutlich sogar nachvollziehbar, wenn nicht gleichzeitig variable Vergütungen überwiegend bedient werden. Aus Sicht der Regulatoren wird zwar nicht grundsätzlich ein Gleichlauf zwischen Dividendenzahlung und Bonus erwartet. Ein institutsindividuell umsichtiger Umgang je nach Größe des Bonuspools und wirtschaftlicher Lage wird in verschiedenen Aussagen von BaFin- wie auch EZB-Vertretern allerdings angemahnt. Daher stellt sich die Frage, wie der erwirtschaftete Gewinn verwendet werden soll - als Bonusausschüttung, Dividendenausschüttung oder als Kapitalrücklage? Bevor diese Frage weiter erörtert wird, wird analysiert, inwieweit Vergütung abhängig von Geschäftserfolgen gezahlt wird und inwiefern diese Erfolgsbeteiligung Mitarbeitergruppen möglicherweise in unterschiedlichem Maße zugutekommt. Hierfür wurde die Entwicklung der Vorstandsvergütung in Stoxx Banken und die Entwicklung der Vorstands- und AT-Vergütung von nationalen Instituten untersucht.

Grundvergütung bleibt stabil

Bei der Analyse der Grundvergütung zeigt sich, dass diese eine hohe Korrelation zu Größenkriterien wie Umsatz, Mitarbeiter und zum Teil auch Bilanzsumme aufweist. Vorstände in deutschen Instituten verdienen deutlich weniger als ihre europäischen Kollegen, verantworten aber auch Institute mit nur circa einem Sechstel der Größe. In der Vorstandsvergütung lassen sich europäische Institute aufgrund relativ einheitlicher Offenlegungsstandards gut vergleichen. Dabei ist erkennbar, dass das Niveau der Grundvergütung auf nationaler und internationaler Ebene über die Jahre - und insbesondere seit 2017 - konstant geblieben ist. Im gleichen Zeitraum sind die Bilanzsummen der Institute ebenfalls größtenteils gleich geblieben (national) oder leicht gesunken (international, siehe Abbildung 3).

Bei den Mitarbeitervergütungen zeigt sich ein anderes Bild. Im Gegensatz zur Vorstandsetage gibt es sowohl auf der dem Vorstand nachgelagerten Ebene der Bereichsleiter als auch auf der ersten außertariflichen Ebene einen klaren Trend zu leicht steigenden Grundvergütungen. In beiden Fällen ergibt sich von 2015 bis 2020 ein durchschnittlicher Anstieg von circa 2,1 Prozent (siehe Abbildung 4). Das Bild wird durch die Vergleichswerte von Tarifmitarbeitern vervollständigt: Basierend auf den branchen- und institutsspezifischen Tarifverträgen ist hier ein Anstieg in Höhe von circa 2 Prozent pro Jahr zu verzeichnen.

Anhand der relativen Werte kann - unter der hier angenommenen Voraussetzung einer einheitlichen Vergleichsgruppe -eine erste These widerlegt werden: Es gibt zunächst keine Indikation für eine Öffnung der hierarchiespezifischen Vergütungsschere zwischen Vorstand, Führungskräften und Mitarbeitern.

Aber wie gestaltet sich die Gleichung, wenn man die variable Vergütung und insbesondere die in der Öffentlichkeit oft kritisch besprochenen Vorstandsboni inkludiert? Variable Bezüge sind erfolgsabhängig und sollen mit dem Erreichungsgrad in spezifisch gewählten Erfolgskennzahlen - je nach Ausgestaltung auf Unternehmens- und/oder Bereichs- und/oder individueller Ebene in Einklang stehen. Die variable Vergütung für den Vorstand wird dabei aufgrund der diesbezüglichen regulatorischen Anforderungen bei den Instituten über einen mehrjährigen Zeitraum (in der Regel 3 Jahre) bemessen. Für Mitarbeiter und Führungskräfte erfolgt die Bemessung in der Regel einjährig. Der Anteil der variablen Bezüge erhöht sich grundsätzlich mit zunehmender Hierarchieebene, was große Teile der Vergütungsdifferenz zwischen den Hierarchiestufen erklärt.

Im Kontext der zurückliegenden öffentlichen Debatte zu den Vergütungsniveaus von Vorständen in Banken wurden stetig niedrigere Grenzwerte und Anteile der variablen Vergütung gefordert und letztlich regulatorisch auch verankert.  In der Konsequenz sind die variablen Anteile in der Vorstandsvergütung insbesondere im deutschen Markt stark gefallen. Die Bonussummen entwickeln sich dabei tendenziell im Einklang mit dem Jahresergebnissen, schwanken jedoch bei nationalen wie auch bei internationalen Instituten zwischen den Jahren (siehe Abbildung 5).

Abbildung 5: Entwicklung der Boni bei Vorständen deutscher (Top-20-Institute) und internationaler (STOXX) Banken* 2015 bis 2020 Quelle: hkp///group Geschäftsberichtsauswertung/Top Banken Survey

Die Direktvergütung als Kombination aus Grundvergütung und Boni ist ein Spiegel der tatsächlichen Vergütungsrealität. In Deutschland bleiben die entsprechenden Niveaus, bei konstanten Bilanzsummen und stark schwankender Ergebnisentwicklung, insgesamt nahezu konstant. Der Erfolgsbezug oder mit anderen Worten der Pay-for-Performance-Gedanke ist in der Direktvergütung kaum erkennbar. Dies liegt insbesondere auch an den niedrigen variablen Anteilen. International fallen die Schwankungen bei den Direktvergütungen deutlicher aus, was auch einem signifikant höherem Bonusanteil in internationalen Banken geschuldet ist. In der Konsequenz atmet die Direktvergütung stärker mit der Performance als im deutschen Markt.

Abbildung 6: Entwicklung der Direktvergütung bei Vorständen deutscher (Top-20-Institute) und internationaler (STOXX) Banken* 2015 bis 2020 Quelle: hkp///group Geschäftsberichtsauswertung/Top Banken Survey

Ein ähnlicher Trend wie für die Vorstandsebene lässt sich auch bei der Direktvergütung für Mitarbeiter erkennen. Die Niveaus bei den AT-Ebenen steigen analog zur Entwicklung der Grundvergütung leicht bis moderat an. Im oberen Management zeigt sich ein leichter Erfolgsbezug. Da die absoluten variablen Anteile jedoch gering sind, ist dieser weniger offensichtlich. Auf der AT-Einstiegsebene entsprechen die variablen Anteile rund 10 Prozent der Grundvergütung, weshalb Schwankungen kaum erkennbar sind. Letztlich zeigt sich, dass bei gemeinsamer Betrachtung von fixen und variablen Bestandteilen das nationale Vergütungsniveau auf Vorstandsebene im Wesentlichen kaum mit dem Ergebnis atmet. Das Gleiche gilt für die Vergütungen von AT-Mitarbeitern, die geringeren Schwankungen unterliegen. Ein Effekt des Ergebnisses auf die Höhe der Boni ist jedoch gering ausgeprägt. Auch hier liefert die ganzheitliche Betrachtung keine Indizien für ein Aufgehen der Vergütungsschere in der Gruppe der betrachteten Institute: Während Vorstände über die vergangenen Jahre insgesamt moderate Rückgänge im Gehaltsniveau hinnehmen mussten, stieg es bei AT-Mitarbeitern und Tarifbeschäftigten leicht, aber konstant.

Abbildung 7: Nationale Entwicklung der Direktvergütung* 2015 bis 2020 Quelle: hkp///group Geschäftsberichtsauswertung/Top Banken Survey

Neben der Betrachtung des Einklangs von Geschäftsergebnis und Vergütung ist darüber hinaus interessant, wie sich Bonusbeträge, Dividenden und die im Unternehmen verbleibende Gewinnrücklage zusammensetzen. Für die Analyse wurde für das Jahr 2019 eine unternehmensspezifische Steuerquote zur Ermittlung von Gewinn nach Steuern und vor Bonuszahlung ermittelt. Auf dieser Basis wurde das Verhältnis berechnet, wie sich Gewinnrücklage, Bonus und Dividende aufteilen.

Im Ergebnis zeigt sich, dass bei internationalen Instituten der größte Teil des zu verteilenden Kuchens in die Gewinnrücklage fließt. Die Institute außerhalb Deutschlands agieren offensichtlich umsichtiger, wenngleich in Deutschland der Anteil an Rücklagen ähnlich stark ausgeprägt ist, wie der der Dividenden. Beide Kategorien fallen jeweils mehr als doppelt so groß aus wie der Bonus-Anteil (siehe Abbildung 8).

In regulären Geschäftsjahren scheint also grundsätzlich eine Partizipation aller relevanten Stakeholder-Gruppen am Erfolg gegeben zu sein. Das Verhältnis zwischen ausgeschütteter Dividende und Gewinn (Payout Ratio) schwankt bei Kreditinstituten gemäß EZB-Analysen über die Jahre zwischen 20 und 40 Prozent. Welche Verteilung bei Dividende, Bonus und Gewinnrücklage als angemessen zu betrachten ist, hängt zum Teil auch vom Geschäftsmodell ab, so können beispielsweise in Banken, die stark im Investment Banking oder M&A-Geschäft tätig sind, Bonuspools insbesondere in erfolgreichen Jahren deutlich höher ausfallen.

In der Krise sind sowohl Gehaltsverzichte als auch der Einbehalt von Bonus und Dividende von Banken in Deutschland und Europa intensiv genutzte außerordentliche Wege zur Sicherung von Liquidität. Geschäftsleitungen und Mitarbeiter, insbesondere auf den oberen Managementebenen, wie auch Investoren in Banken leisten somit einen wesentlichen Beitrag zur Stabilität ihres Unternehmens und damit der Branche wie auch der Gesamtwirtschaft. Dieser Beitrag ist durchaus substanziell.

Alle Stakeholder partizipieren

Doch nicht nur in Krisenzeiten stellt sich die Frage nach der angemessenen Beteiligung von Shareholdern (Kapital) und Mitarbeitern (Arbeit) am Geschäftserfolg oder eben auch an negativen Entwicklungen. In den Analysen der HKP Group zeigt sich grundsätzlich, dass im internationalen Kontext die Relation von Verantwortungsumfang und Geschäftserfolg bei der Vergütungssteuerung eher gesamthaft betrachtet wird und nicht allein über ein einziges Vergütungselement gesteuert wird. Die Beteiligung an Erfolg oder Misserfolg ist daher nicht so deutlich ausweisbar. Dass die Direktvergütungen bei kleineren Bilanzsummen sinken, obwohl der Geschäftserfolg im Betrachtungszeitraum schwankt, sich aber grundsätzlich erfolgsabhängig entwickelt, zeigt indes, dass keine grundsätzliche Fehlsteuerung vermutet werden muss.

Abbildung 8: Verteilung von Gewinnrücklage, Dividende und Bonus (steuerbereinigt) Quelle: hkp///group Analysen

In deutschen Instituten partizipieren in der Regel nachweislich alle Stakeholder am Erfolg, während bei sinkenden Gewinnen Vorstände stärker als Mitarbeiter in die Verantwortung genommen werden. Jedoch spricht auch die Gehaltsentwicklung hier derzeit dafür, dass sich Institute und speziell die Vorstände ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht entziehen. Die Entwicklung der Vergütungen könnte jedoch noch stärker mit der Unternehmensperformance atmen, die variable Vergütung der Mitarbeiter ist hingegen kaum variabel.

Bei der gesamthaften Betrachtung der Verteilung des Gewinns auf Unternehmen (Rücklagen), Mitarbeiter (Boni) und Shareholder (Dividenden) fällt in einem "normalen" Jahr (2019) der geringste Anteil auf die Boni. Die genaue prozentuale Verteilung hängt jedoch stark von der Internationalität und Unternehmensform ab. Mit durchschnittlich knapp 20 Prozent repräsentieren Boni aber durchaus einen signifikanten Anteil. Der übrige Anteil des zu verteilenden Gewinns verbleibt international stärker im Unternehmen; in Deutschland teilt er sich in der Regel zu gleichen Teilen zwischen Unternehmen und Shareholder auf.

Es ist nachvollziehbar und angemessen, dass in einem Krisenjahr wie 2020 Rücklagen gestärkt und im Gegenzug Dividenden wie auch Mitarbeiterboni nicht ausgeschüttet beziehungsweise Ausschüttungen moderat und umsichtig gestaltet werden. Nicht zuletzt so lässt sich Liquidität bewahren und die zentrale Aufgabe der Banken in der Krise nachhaltig sicherstellen. In welchem Ausmaß diese Verschiebung in Richtung Rücklagen erfolgt und Mitarbeiter wie auch Shareholder zur Kasse gebeten werden, damit Banken die Krise überstehen und in der Aufschwungsphase noch genug Kraft für die Bewältigung der branchenspezifischen Veränderungen haben, wird sich allerdings erst noch zeigen.

Fußnoten

1) Vgl. Pressemitteilung der BaFin vom 30.03.2020, www.bafin.de, https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Pressemitteilung/2020/pm_200330_corona-krise_verzicht_dividendenzahlungen.html

2) Vgl. die entsprechende Äußerung von Herrn Röseler auf einer Handelsblatt-Tagung Anfang November 2020. https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/handelsblatt-tagung-bankenaufsicht-bafin-verlangt-von-banken-auch-2021-allergroesste...

3) Vgl. Veröffentlichung der EZB: https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ssm.pr200728_1~42a74a0b86.en.html

4) https://www.bankingsupervision.europa.eu/press/pr/date/2020/html/ssm.pr201215~4742ea7c8a.en.html

5) https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Meldung/2020_Corona/meldung_2020_12_15_corona_virus_14_EZB_Dividenden.html

6) https://www.ecb.europa.eu/pub/financial-stability/fsr/focus/2020/html/ecb.fsrbox202005_05~d3679873d3.en.html (2020)

7) EZB empfiehlt längeren Dividendenstopp - und verärgert damit die Banken, vgl. Handelsblatt, 28. Juli 2020

8) Vgl. Frydman & Saks (2007), Gabaix & Landier (2006), Gabaix, Landier, & Sauvagnat (2013); Abowd & Kaplan (1999); Smith and Watts (1992); Murphy (1985); Rapp & Wolff (2010).

9) Siehe in Deutschland § 6 InstitutsVergV i. v. m. § 25a Abs. 5 S. 5 KWG: Regelung zur Obergrenze der variablen Vergütung (das Verhältnis fix : variabel darf max. 1:1 oder in Ausnahmen 1:2 betragen)

10) https://www.readyratios.com/sec/ratio/dividendpayout/(2019) und https://www.ecb.europa.eu/pub/financial-stability/fsr/focus/2020/html/ecb.fsrbox202005_05~d3679873d3.en.html (2020)

Der Beitrag wurde mit Unterstützung von Felix Graf verfasst.

Isabel Jahn Partner Banking Practice, hkp///group, Frankfurt am Main
 
 
Petra Knab-Hägele Senior Partner Banking Practice, hkp///group, Frankfurt am Main
 
Isabel Jahn , Partner , hkp/// group, Frankfurt am Main
Petra Knab-Hägele , Senior Partnerin , hkp Deutschland GmbH, Frankfurt am Main

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