FISG - Auswirkungen für die (Kredit-)Institute am Finanzstandort Deutschland

Andreas Koch, Foto: Deloitte GmbH

Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) hat seinen Ursprung im Fall Wirecard und soll dem Schutz des deutschen Finanzmarktes dienen. Hierzu sind die Stärkung der Bilanzkontrolle und eine weitere Regulierung der Abschlussprüfung vorgesehen. Welche Regelungen getroffen wurden und wie sie sich auf (Kredit-)Institute auswirken, wird im vorliegenden Beitrag von den beiden Autoren geschildert. Diese vertreten die Ansicht, dass die Causa Wirecard die Wichtigkeit einer wirksamen Corporate Governance sowie funktionierender Kontrollinstanzen deutlich hervorgehoben hat. Auch die Relevanz von qualitativ hochwertig durchgeführten Jahresabschlussprüfungen sei verdeutlicht worden. Allerdings bedeute das FISG einen höheren administrativen Aufwand, der nicht zwingend zu einer höheren Qualität bei Kontrollen führe. (Red.)

Nach derzeitiger Rechtslage müssen zwar kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften in ihrem Lagebericht die wesentlichen Merkmale des internen Kontrollsystems (IKS) und des Risikomanagementsystems (RMS) im Hinblick auf den Rechnungslegungsprozess beschreiben,1) es besteht bislang aber für diese keine gesetzliche Verpflichtung zur Errichtung eines IKS oder RMS. Mit § 91 Abs. 3 AktG werden nun Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften ver pflichtet "ein im Hinblick auf den Umfang der Geschäftstätigkeit und die Risikolage des Unternehmens angemessenes und wirksames IKS und RMS einzurichten". Hierdurch will der Gesetzgeber die Bedeutung der beiden Systeme nochmals unterstreichen.2)

Bildung eines Prüfungsausschusses

Unabhängig von der aktienrechtlichen Erweiterung haben Institute bereits nach § 25a Abs. 1 KWG (in Verbindung mit MaRisk) als Teil einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation ein angemessenes und wirksames Risikomanagement einzurichten, das interne Kontrollverfahren mit einem internen Kontrollsystem und einer internen Revision umfasst. Erweiterte Pflichten ergeben sich somit durch das Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG)3) für Institute formal nicht. Gleichwohl rückt damit auch für die Institute die Bedeutung eines angemessenen und insbesondere wirksamen IKS und RMS nochmals in den besonderen Fokus.

Bei Gesellschaften, die Unternehmen im öffentlichen Interesse im Sinne des § 316a HGB sind, soll nach § 100 Abs. 5 Halbsatz 1 AktG mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand "auf dem Gebiet Rechnungslegung und mindestens ein weiteres Mitglied des Aufsichtsrats über Sachverstand auf dem Gebiet Abschlussprüfung verfügen". Als Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten diese Anforderungen entsprechend für CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft.4) In diesem Zusammenhang fordert aber bereits § 25d Abs. 9 S. 2 KWG im Hinblick auf den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses, dass dieser über Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und Prüfung verfügen muss.

Da sich bei Unternehmen von öffentlichem Interesse der Sachverstand zukünftig auf eine weitere Person erstrecken muss, muss bei einem CRR-Kreditinstitut in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft ein weiteres Mitglied des Aufsichtsorgans über Sachverstand in der Rechnungslegung oder Prüfung verfügen. Dies dürfte regel mäßig bei vielen Instituten bereits der Fall sein und keinen Zusatzaufwand bedeuten, muss jetzt aber explizit, zum Beispiel im Rahmen der Effizienzprüfung des Aufsichtsorgans nach § 25d Abs. 11 S. 1 Nr. 3 KWG, nachgewiesen werden.5)

Nach derzeitiger Rechtslage kann der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nach pflichtgemäßem Ermessen einen oder mehrere Ausschüsse bilden und Aufgaben an diese delegieren (§ 107 Abs. 3 AktG). § 107 Abs. 4 AktG sieht zukünftig für Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a Satz 2 HGB sind, die gesetzliche Verpflichtung zur Bildung eines Prüfungsausschusses im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG vor. Bei Kreditinstituten besteht die Pflicht zur Bildung eines Prüfungsausschusses (sowie eines Risiko-, Nominierungs- und eines Vergütungskontrollausschusses) bis lang nur, wenn sie bedeutend im Sinne des § 1 Abs. 3c KWG sind. Für nicht bedeutende CRR-Kreditinstitute in der Rechtform einer Aktiengesellschaft ergibt sich ab dem 1. Juli 2021 damit die Pflicht zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses.6)

Verlängerung der Höchstlaufzeit entfällt

§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG sieht explizit vor, dass sich der Prüfungsausschuss im Rahmen der Überwachung der Abschlussprüfung nicht nur mit der Auswahl und Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, sondern auch mit der "Qualität der Abschlussprüfung" beschäftigen muss.7) Damit soll klargestellt werden, dass die Überwachung der Abschlussprüferqualität von der Auswahl des Prüfers bis zur Beendigung des Auftrags reicht. Hierdurch ergibt sich für als Aktiengesellschaften ausgestaltete Kreditinstitute sowie externe Kapitalverwaltungsgesellschaften (§ 18 Abs. 2 S. 3 KAGB) zum 1. Juli 2021 eine Erweiterung der Auf gaben des Prüfungsausschusses; auch im Vergleich zu den in § 25d Abs. 9 S. 1 Nr. 3 KWG festgelegten Pflichten.

Zukünftig kann jedes Mitglied des Prüfungsausschusses einer Aktiengesellschaft über den Vorsitzenden unmittelbar bei den Leitern derjenigen Zentralbereiche des Unternehmens, die Aufgaben des Prüfungsausschusses betreffen, Auskünfte einholen.8) Auf eine enumerative Aufzählung derjenigen Personen, gegenüber denen das Auskunftsrecht besteht, verzichtet die Regelung bewusst. Als Adressaten eines Auskunftsverlangens sollen insbesondere (nicht abschließend) der Leiter des Risikomanagements und der Leiter der Internen Revision in Betracht kommen. Auf die Bezeichnungen für die Positionen in den Unternehmen kommt es nicht an, sondern auf die Funktion.9) Für Kreditinstitute regelt § 25d Abs. 8 S. 7 und Abs. 9 S. 3 KWG bereits differenziert entsprechende Auskunftsrechte. Gleichwohl können sich mit der ab dem 1. Juli 2021 geltenden Neuregelung auch für Kreditinstitute, die als Aktiengesellschaften als Unternehmen von öffentlichem Interesse qualifizieren, explizit erweiterte Auskunftsrechte ergeben. Dies gilt sowohl mit Blick auf den erweiterten Kreis der Auskunftsberechtigten als auch in Bezug auf die Überwachung der Wirksamkeit des Risikomanagementsystems beispielsweise für Auskünfte beim Chief Compliance Officer oder Chief Information Officer. Der Vorstand muss hierüber unverzüglich unterrichtet werden. Inwieweit die Mitglieder des Prüfungsausschusses in der Praxis tatsächlich von ihrem Recht Gebrauch machen, bleibt abzuwarten.

Mit dem FISG wird § 318 Abs. 1a HGB aufgehoben. Damit entfällt die derzeit mögliche Verlängerung der Höchstlaufzeit auf bis zu 24 Jahre von Mandaten zur Abschlussprüfung bei kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften, die Unternehmen von öffentlichem Interesse sind (§ 316a Satz 2 HGB). Da bei Kreditinstituten bislang schon gemäß § 340k Abs. 1 S. 1 Halbsatz 2 HGB der bisherige § 318 Abs. 1a HGB keine Anwendung findet, bleibt es für CRR-Kreditinstitute unverändert bei einer Höchstlaufzeit des Mandats von zehn Jahren. Zur Vermeidung unbilliger Härten sieht Art. 12 EGHGB für Unternehmen von öffentlichem Interesse, die bis einschließlich des Geschäftsjahres 2021 (Kalenderjahr gleich Geschäftsjahr) seit zehn oder mehr Jahren von einem Abschlussprüfer geprüft wurden, vor, dass der bisherige Abschlussprüfer noch für bis zu zwei Jahre bestellt werden kann.

Mittelbare Rotationsanforderung für beaufsichtigte Unternehmen

Zudem ergibt sich mit der erst relativ spät im Gesetzgebungsverfahren eingebrachten Änderung des § 28 Abs. 1 S. 3 KWG eine mittelbare Rotationsanforderung für von der BaFin beaufsichtigte Unternehmen10) ab dem 1. Januar 2022. Durch die Ergänzung des § 28 Abs. 1 KWG ist zukünftig die Bestellung eines anderen Prüfers in der Regel zur Erreichung des Prüfungszwecks geboten, wenn ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut (zum Beispiel auch Leasinggesellschaften und Kapitalverwaltungsgesellschaften), das kein Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a S. 2 Nr. 1 oder 2 HGB ist, der BaFin für mindestens elf aufeinanderfolgende Geschäftsjahre denselben Prüfer angezeigt hat. Die BaFin kann dabei im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens entscheiden, ob bei Berücksichtigung von Besonderheiten des Einzelfalls die Anordnung eines Prüferwechsels nicht angemessen ist. Im Ergebnis werden damit - deutlich über die Anforderungen der Abschlussprüferrichtlinie hinausgehend - die von der BaFin beaufsichtigten Unternehmen hinsichtlich der externen Rotationsanforderungen faktisch den CRR-Kreditinstituten gleichgestellt. In ihrer Mitteilung vom 13. Juli 2021 hat die BaFin ausgeführt, dass ihr tatsächliches Ermessen stark eingeschränkt ist. Anzeigen zur Prüferbestellung, die ab dem 1. Januar 2022 eingehen, sollen nach dem neuen Recht beurteilt werden. Entsprechend hat die BaFin bereits damit begonnen, die unter die mittelbare Rotationsanforderung fallenden Unternehmen auf einen Prüferwechsel anzusprechen.

Haftungsobergrenzen Quelle: Deloitte

Zudem wird durch eine Änderung des § 43 Abs. 6 WPO bei Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a S. 2 HGB nunmehr auch die Frist für die interne Rotation des "verantwortlichen Prüfungspartners", das heißt insbesondere die den Bestätigungsvermerk unterzeichnenden Wirtschaftsprüfer, von sieben auf fünf Jahre verkürzt.11) Die Regelung findet auf gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfungen für nach dem 31. Dezember 2021 beginnende Geschäftsjahre Anwendung.12) Ausgehend von einer externen Rotation von zehn Jahren führt die verkürzte interne Rotation damit zu einem mehrfachen Wechsel des verantwortlichen Prüfungspartners. Zur Sicherung der Prüfungsqualität ist es allerdings sachdienlich, nicht beide unterzeichnenden Wirtschaftsprüfer gleichzeitig auszutauschen.

Verschärfung der Haftung

Mit der vollständigen Aufhebung des § 319a HGB soll künftig von dem in der Abschlussprüferverordnung verankerten Mitgliedsstaatenwahlrecht bezüglich der Erbringung von bestimmten Steuerberatungs- und von Bewertungsleistungen kein Gebrauch mehr gemacht werden. Die bisherige Regelung findet letztmalig Anwendung auf gesetzliche Abschlussprüfungen für die Geschäftsjahre, die vor dem 1. Januar 2022 beginnen. Eventuell laufende Verträge über Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen sind - auch wenn sie (bislang) keinen Anlass für entsprechenden Interessenkonflikt boten - kurzfristig zu beenden.

Ein Kernelement des FISG ist die Verschärfung der zivilrechtlichen Haftung der Abschlussprüfer, seiner Gehilfen und der bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft durch Änderung des § 323 Abs. 2 HGB. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll hierdurch die Qualität der Abschlussprüfung gestärkt und die erforderlichen Anreize für eine sorgfältige und gewissenhafte Prüfung gesetzt werden. Bislang galt eine allgemeine Ersatzpflicht bei fahrlässigem Handeln von 1 Million Euro, die bei der Prüfung einer Aktiengesellschaft, deren Aktien zum Handel auf dem regulierten Markt zugelassen waren, unabhängig von einem vorsätzlichen Handeln auf 4 Millionen Euro erhöht war. Demgegenüber ergeben sich bei gesetzlichen Abschlussprüfungen für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen, nunmehr die in der Abbildung aufgeführten Haftungsobergrenzen. Dabei gilt: bei vorsätzlichem Handeln eine unbegrenzte Haftung.

Die verschärfte Haftung gilt über entsprechende Verweise auf § 323 HGB insbesondere auch für die Abschlussprüfer von CRR-Kreditinstituten, die nicht in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Personenhandelsgesellschaft im Sinne § 264a Absatz 1 HGB betrieben werden (§ 340k Abs. 1 S. 1 HGB).13)

Ergänzend zur Verschärfung der Haftung wird die Abgabe eines unrichtigen Bestätigungsvermerks mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bei leichter Fahrlässigkeit beziehungsweise bis zu fünf Jahren bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz bestraft (§ 332 Abs. 2 und 3 HGB).

Nach § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB und § 289 Abs. 1 Satz 5 beziehungsweise § 315 Abs. 1 Satz 5 HGB haben die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft, die als Inlandsemittenten (§ 2 Abs. 14 des WpHG) Wertpapiere (§ 2 Abs. 1 WpHG) begeben und keine Kapitalgesellschaften im Sinne des § 327a HGB sind, in einer dem Jahresabschluss beizufügenden schriftlichen Erklärung zu versichern, dass der Jahresabschluss nach bestem Wissen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens , Finanz und Ertragslage vermittelt oder der Anhang entsprechende Angaben enthält.14) Durch Änderungen im Bilanzstrafrecht wird die Haftung der gesetzlichen Vertreter, die einen Bilanzeid abzugeben haben, zum 1. Juli 2021 verschärft. Hierzu wird die bislang in § 331 Nr. 3a HGB enthaltene Regelung zur Strafbarkeit des unrichtigen "Bilanzeids" in einen eigenständigen Straftatbestand der unrichtigen Versicherung (§ 331a HGB) überführt. Im Falle eines vorsätzlichen Handelns ist zudem eine Erhöhung des Strafrahmens von drei auf bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen. Zudem wird - im Hinblick auf die Vertrauensbildungsfunktion des "Bilanzeides" für die Öffentlichkeit - auch die leichtfertige Abgabe einer unrichtigen Versicherung unter eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe gestellt.

Abweichend von der noch im Regierungsentwurf vorgesehenen Fortführung des zweistufigen Bilanzkontrollverfahrens wird mit Ablauf des Jahres 2021 das Enforcement Verfahren in ein einstufiges System überführt. Die BaFin ist zukünftig als staatliche Stelle mit hoheitlichen Aufgaben alleinig zuständig. Die zum 31. Dezember 2021 noch anhängigen Verfahren werden auf die BaFin übergeleitet (§ 141 WpHG).

Prüfung der Rechnungslegung

Nach § 107 Abs. 1 S. 1 WpHG kann die BaFin eine Prüfung der Rechnungslegung anordnen, soweit konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften vorliegen (Anlassprüfung). Zudem ist es zukünftig möglich, die Anordnung unter Nennung des betroffenen Unternehmens und des Grundes für die Anordnung im Bundesanzeiger und auf der Internetseite bekannt zu machen, soweit hieran ein öffentliches Interesse besteht.

§ 107 Abs. 5 S. 2 WpHG E soll der BaFin erlauben, die Organmitglieder und Beschäftigten des geprüften Unternehmens sowie dessen Abschlussprüfer zu laden und zu vernehmen. Dieses Recht tritt neben die bislang schon nach § 29 Abs. 3 Satz 2 KWG bestehende Verpflichtung des Abschlussprüfers, auf Verlangen der BaFin Auskünfte unter anderem über den Prüfungsbericht zu erteilen. Mit dem neuen § 107 Absatz 7 WpHG soll zudem ein Durchsuchungs- und Beschlagnahmerecht geschaffen werden, das ebenfalls gegenüber Dritten gilt. Bedienstete der BaFin dürfen danach Geschäfts- und Wohnräume durchsuchen, wenn dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist und konkrete Anhaltspunkte für einen erheblichen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften vorliegen.

Die BaFin soll schließlich die Befugnis erhalten, die Öffentlichkeit frühzeitiger und stärker als bislang über ihre Arbeit im Bereich der Bilanzkontrolle zu informieren, soweit ein von ihr abzuwägendes öffentliches Interesse besteht (§ 107 Abs. 8 WpHG). Die Kapitalmarktteilnehmer, Gläubiger und Aktionäre erhalten somit wichtige Informationen zu jedem Prüfungsschritt. Mit Blick auf ihre potenzielle Kursrelevanz sollen diese leicht zugänglich sein.

Funktionsfähigkeit des deutschen Finanzmarkts

Mit Blick auf die mit der Nutzung externer Dienstleistungen verbundenen Risiken, die nicht mehr vollständig im Institut gesteuert werden können, sieht das FISG eine Reihe zusätzlicher Anforderungen und Rechte im Hinblick auf die Auslagerung von bankgeschäftlichen Aktivitäten und Prozessen vor. So erhält die BaFin nach § 25b Abs. 4a KWG insbesondere die Befugnis, unmittelbar gegenüber Auslagerungsunternehmen Anordnungen zu treffen, um unter anderem Verstöße gegen aufsichtliche Bestimmungen zu unterbinden oder Missstände bei einem Institut zu beseitigen. Hierzu wird auch eine eigenständige Definition des Auslagerungsunternehmens geschaffen. Überdies hat das auslagernde Institut selbst nach § 25b Abs. 1 S. 4 KWG ein Auslagerungsregister zu führen (vergleiche auch AT 9 Tz. 15 Entwurf der Sechsten MaRisk-Novelle). Zugleich sieht § 24 Abs. 1 Nr. 19 KWG eine Anzeigepflicht für wesentliche Auslagerungen vor.

Der Fall Wirecard zeigt, wie wichtig eine wirksame Corporate Governance und funktionierende Kontrollinstanzen für den deutschen Finanzmarkt sind. Damit wird ebenfalls die Bedeutung einer qualitativ hochwertig durchgeführten Jahresabschlussprüfung offensichtlich. Entsprechend will das FISG, insbesondere durch die Stärkung der Corporate Governance, Verschärfung der Rotation und Haftung der Abschlussprüfer sowie durch Erweiterung der Befugnisse der BaFin (inklusive Fokussierung des Bilanzkontrollverfahrens) die Funktionsfähigkeit des deutschen Finanzmarktes wiederherstellen. Insgesamt muss sich zukünftig zeigen, inwieweit die sich für die Institute nur bedingt ergebenden Änderungen tatsächlich zu einer verbesserten Governance führen.

Ob zudem die Einführung einer unbegrenzten Haftung beziehungsweise die signifikante Anhebung der Haftungsobergrenzen tatsächlich zu einer verbesserten Qualität der Abschlussprüfung führt, muss zumindest infrage gestellt werden. Augenscheinlich fehlte es wohl an dieser Qualität: "Eine kritische Grundhaltung fehlte, banalste Rechnungslegungs- sowie Qualitätsstandards wurden vernachlässigt und Warnsignale wurden geflissentlich übersehen". 15) Dies bedeutet umgekehrt, dass bei Einhaltung der Rechnungslegungs- und Prüfungsstandards der Wirecard-Fall so nicht möglich gewesen wäre. Eine unbegrenzte (persönliche) Haftung führt nicht automatisch zu einer sorgfältigeren und kritischeren Prüfung. Vielmehr sind unter anderem der Verzicht auf die Prüfung als besonders kritisch angesehener Unternehmen sowie wesentliche Veränderungen für den Berufsstand abzusehen. Zugleich hat der Gesetzgeber es versäumt, die Rolle des Abschlussprüfers zu stärken, stattdessen wird das FISG zu einem höheren administrativen Aufwand zum Nachweis der Prüfungshandlungen führen. Die kurzfristige Einführung einer mittelbaren Rotation führt zudem bei einer Vielzahl von beaufsichtigten Unternehmen zu einem abrupten Wechsel des Abschlussprüfers. Aufgrund der fehlenden, sonst üblichen Fristen für ein Coo ling-in kann es dabei gegebenenfalls zu einer deutlichen Einschränkung bei den zur Auswahl stehenden Abschlussprüfern kommen.

-Fußnoten

1) Vgl. § 289 Abs. 4 i.V.m. § 264d HGB.

2) Dem Vorschlag, die Verpflichtung zur Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Compliance-Management-System vorzusehen, das wirtschaftskriminellen Handlungen in Form von Bilanzbetrug oder Vermögensschädigungen vorbeugt (Anti-Fraud-Managementsystem) ist der Gesetzgeber nicht gefolgt. Vgl. Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer zum Referententwurf des FISG vom 6. November 2020, S. 2 und 21 f.

3) Vgl. Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz - FISG) vom 3. Juni 2021, BGBl. I, Nr. 30, S. 1534, 10. Juni 2021

4) Gemäß § 12 Abs. 6 EGAktG müssen diese Anforderungen so lange nicht angewendet werden, wie alle Mitglieder des Aufsichtsrats vor dem 1. Juli 2021 bestellt worden sind.

5) Die konkreten Anforderungen an den jeweils erforderlichen Sachverstand werden durch das BaFin-Merkblatt zu den Mitgliedern von Verwaltungsoder Aufsichtsorganen gemäß KWG und KAGB v. 29. Dezember 2020 konkretisiert. Vgl. auch EBA/ ESMA, Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit, Mai 2018, Abschnitt 4.

6) Darüber hinaus haben bislang CRR-Kreditinstitute unter Anwendung des § 324 Abs. 1 und 2 HGB i.V.m. § 340k Abs. 5 HGB einen Prüfungsausschuss zu bilden, wenn sie keinen Aufsichts- oder Verwaltungsrat haben, der die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt.

7) Vgl. auch Deutscher Corporate Governance Kodex i.d.F. v. 16. Dezember 2019, Empfehlung D.11.

8) § 107 Abs. 4 S. 3 AktG.

9) Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz - FISG), Bt.-Drs. 19/26966 v. 24. Februar 2021, S. 116.

10) Über § 38 Abs. 2 KAGB, § 23 Abs. S. 3 ZAG und § 36 Abs. 1 S. 3 VAG gilt diese Regelung nicht nur für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, sondern ebenfalls für Kapitalverwaltungsgesellschaften, Zahlungsinstitute und Versicherungsunternehmen.

11) Als verantwortlicher Prüfungspartner gilt auf Konzernebene auch, wer als Wirtschaftsprüfer auf der Ebene bedeutender Tochterunternehmen als für die Durchführung von deren Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist (§ 43 Abs. 3 WiPrO).

12) Vgl. § 135 WiPrO in der durch das Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften geänderten Fassung.

13) Zudem finden mit Blick auf § 340 Abs. 4 Satz 1, Abs. 4a und Abs. 5 HGB die Regelungen auch auf Finanzdienstleistungsinstitute, Wertpapierinstitute sowie auf Zahlungs- und E Geldinstitute Anwendung, sofern diese Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a HGB, das heißt, wenn sie kapitalmarktorientiert sind.

14) Entsprechend ist dies in Bezug auf den (Konzern-)Lagebericht zu versichern.

15) Vgl. Cansel Kiziltepe, in: Zeit Online vom 17. April 2021, 11:20, Wirecard-Skandal: Sondergutachten zu Wirtschaftsprüfer EY fällt "vernichtendes" Urteil | ZEIT ONLINE, abgerufen am 6. Juli 2021.

Bei den Ausführungen handelt es sich um die persönliche Auffassung der Autoren.

Andreas Koch , Partner , Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Wilhelm Wolfgarten , Partner , Partner, Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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