Herausforderungen der Bankenregulierung - zwischen operativer Umsetzung und grundlegendem Wandel

Thilo Kasprowicz, Partner, Daniel Quinten, Partner, Dr. Tim Schabert, Director, alle KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Bereich Financial Services, Regulatory, Frankfurt am Main und Köln - Auch wenn sich die aufsichtsrechtlichen Entwicklungen teilweise noch nicht genau abschätzen lassen beziehungsweise noch in der Diskussion sind, identifizieren die Autoren für die Banken in fünf wesentlichen Bereichen Anpassungsbedarf. Neben der makroprudenziellen Regulierung und den Usancen zur Ermittlung der RWAs sind dies Bilanzprüfungen im Rahmen des Comprehensive Assessment, die zukünftige von der EZB geprägte ganzheitliche Aufsicht sowie nicht zuletzt die neuen Steuerungselemente TLAC und MREL. In jedem dieser Bereiche arbeiten sie dabei die konkreten Maßnahmen und Überlegungen heraus, die die Kreditwirtschaft bei der Gestaltung der Zukunftsfähigkeit des eigenen Hauses im Auge haben sollte. (Red.)

Das Jahr 2014 stand in Sachen Bankenregulierung weitgehend im Zeichen der Vollendung und Implementierung wesentlicher Elemente der neuen Reformen (CRR und CRD IV) nach der Finanzkrise sowie der notwendigen Nachkalibrierungen (zum Beispiel bei Liquidität und Verschuldung) einzelner Elemente. Der Regulierungsdruck auf Banken steigt aus internationaler Sicht jedoch weiterhin an. Und auch wenn sich das Tempo der neuen Regulierungsinitiativen allmählich verringert, beginnt sich die volle Wirksamkeit früherer Reformen gerade erst abzuzeichnen.

Fünf große Herausforderungen für die Banken

In Kombination mit einer schwachen Konjunktur hat der Regulierungsdruck in vielen Ländern dazu geführt, dass viele Banken vor der Herausforderung stehen, ausreichende Gewinne zu erzielen und die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsmodelle unter Beweis zu stellen. Allein im Bereich des Eigenkapitals müssen die Banken den vielfältigen Auflagen im Zusammenhang mit den Mindest- und Pufferanforderungen aus Säule 1, Änderungen der Risikogewichtungen, Neuerungen in Säule 2, möglichen makroprudenziellen Maßnahmen, Stresstests sowie Mindestanforderungen an die Verlustausgleichsfähigkeit entsprechen. Das "Deleveraging" und "De-Risking" der Bilanzen hat es den meisten Instituten zunächst ermöglicht, die aktuellen regulatorischen Anforderungen an Eigenkapital und auch Liquidität zu erfüllen. Dauerhaft kann dies aber ihre Profitabilität in vielen Fällen nicht gewährleisten.

Nachfolgend werden fünf wesentliche Bereiche dargestellt, in denen sich abzeichnet, dass die Banken auf das teilweise noch ungewisse Fortschreiten der aufsichtsrechtlichen Entwicklungen reagieren müssen.

Makroprudenzielle Regulierung: In Deutschland wurde im Gegensatz zu anderen Ländern bislang noch kein makroprudenzielles Instrument zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit für den Bankensektor als Ganzes eingesetzt. Die stärkere Zusammenführung mikro- und makroprudenzieller Maßnahmen ist ein Kernanliegen der Europäischen Zentralbank (EZB), deren Ausmaß bislang möglicherweise noch nicht gänzlich von allen Banken erkannt wurde (zum Beispiel Aufbau eines zentralen europäischen Kreditregisters).

Risikogewichtete Aktiva (RWA): Die Regulierer sind bestrebt, das Ausmaß einzuschränken, in dem die Banken interne Modelle verwenden können. Beschränkungen der Modellspezifikationen und -parameter sowie die Einführung risikosensitiverer standardisierter Ansätze, mit denen die modellbasierten Ergebnisse verglichen und beschränkt werden können (neuer "Capital Floor"), werden künftig für viele Banken die Eigenkapitalanforderungen und IT-Kosten erhöhen.

Zeitenwende durch ganzheitliche Aufsicht

Bilanzprüfungen im Rahmen des Comprehensive Assessment: Das sogenannte Comprehensive Assessment der EZB wirkte sich am stärksten auf diejenigen Banken aus, die Eigenkapitallücken schließen mussten und in den Fokus der direkten EZB-Beaufsichtigung geraten waren. Die gewählte Vorgehensweise lässt aber auch auf mögliche zukünftige Überwachungsansätze der EZB, vor allem im Hinblick auf die Konzeption und Schwerpunkte zukünftiger Stresstests, schließen.

Zukünftige Beaufsichtigung: Die Übernahme der Aufsicht durch die EZB als ganzheitliche Aufsicht stellt eine tiefgreifende Zeitenwende dar. Individuelle Festlegungen von Eigenkapital und Liquidität auf Basis der Säule 2 sind bereits zur Regel geworden. Schon jetzt sind Auswirkungen auf die Strategie und Geschäftsmodelle der Banken, ihre Daten- und IT-Infrastruktur sowie deren Risikomodellierung spürbar.

TLAC und MREL als neue Steuerungskennziffern: Die Anforderung an Banken, ein Mindestmaß an nachrangigen Verbindlichkeiten halten zu müssen, die in einem Abwicklungsfall zur Verlustdeckung beziehungsweise Rekapitalisierung herangezogen werden können, wird es für viele Institute erforderlich machen, die Passivseite ihrer Bilanz zu restrukturieren. Für die betroffenen Banken bedeutet dies höhere Kosten und geringere Flexibilität hinsichtlich der Refinanzierung.

Institutionelle Strukturen und Instrumente

Im Folgenden werden diese Themenbereiche der Bankenregulierung näher beleuchtet und insbesondere mögliche Implikationen für die Banken abgeleitet.

1. Makroprudenzielle Regulierung: Eine wesentliche Lehre aus der Finanzkrise war es - neben der mikroprudenziellen Regulierung -, die Analyse und Bewertung der Risiken für die Finanzstabilität auf Sektorebene durch die Einführung einer sogenannten makroprudenziellen Aufsicht zu stärken. Hierbei wurden nützliche Unterscheidungen zwischen zyklischen Risiken (zum Beispiel die Bildung von Immobilienblasen sowie ein rasches Kreditwachstum) und strukturellen Risiken (wie etwa Verflechtungen und Schwachstellen im Finanzsystem) für die Finanzstabilität vorgenommen. Zudem erfolgte eine Differenzierung zwischen Instrumenten, die für die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Finanzinstitute bestimmt sind (zum Beispiel temporäre oder permanente zusätzliche Eigenkapital-, Verschuldungs- und Liquiditätsanforderungen), und solchen, die der Bewältigung der Risiken am Entstehungsort dienen (wie etwa Höchstgrenzen für Kredite zwischen Banken).

Institutionelle Strukturen für die makroprudenzielle Aufsicht nehmen in der gesamten EU Gestalt an, jedoch mit einer breiten Mischung von Ansätzen betreffend die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Zentralbanken, Finanzministerien und Aufsichtsbehörden. In Deutschland existieren beispielsweise der Finanzstabilitätsausschuss, die BaFin und die Bundesbank als Aufsichtsorgane. Dem ESRB kommt eine paneuropäische Rolle in der makroprudenziellen Politik zu. Ferner lassen sich die Funktionen und Kompetenzen der EZB sowie der nationalen Behörden aktuell nur schwer voneinander abgrenzen. Als Instrumente der makroprudenziellen Aufsicht stehen insbesondere zur Verfügung:

- antizyklische Kapitalpuffer,

- Kapitalpuffer für systemische Risiken, die nicht bereits durch die Mindesteigenkapitalanforderungen abgedeckt sind,

- Kapitalzuschläge bei G-SIBs und anderen systemrelevanten Finanzinstituten,

- weitere makroprudenzielle Instrumente wie zum Beispiel engere Großkreditgrenzen.

Darüber hinaus hat der ESRB der EU-Kommission empfohlen, die derzeitige 2-Prozent-Obergrenze für Kapitalzuschläge für national systemrelevante Banken aufzuheben, um die Anwendung eines Kapitalzuschlags auf eine Gruppe von Banken zu ermöglichen, die gemeinsam (aber nicht einzeln) von systemischer Bedeutung sind. Zugleich sollen additive Kapitalpuffer zukünftig möglich sein.

Teilweise bereits im Praxistest

In einigen Staaten kommen makroprudenzielle Instrumente (zum Beispiel Einführung maximaler Loan-to-Value-Ratios und Verschuldungsgrenzen (im Hinblick auf die Erschwinglichkeit eines Immobilienerwerbs sowie Loan-to-Income-Grenzen) sowie Säule-2-Kapitalpuffer) bereits zum Einsatz. Diese Maßnahmen können sowohl einzeln als auch in Summe eine erhebliche Belastung für die Banken darstellen.

2. Risikogewichtete Aktiva (RWA): Anfänglicher Schwerpunkt von Basel III war in erster Linie die Qualität und Quantität des Eigenkapitals einer Bank. Seitdem arbeiten der Baseler Ausschuss und andere Aufsichtsbehörden jedoch ausführlicher an den risikogewichteten Kredit- und Marktrisikopositionen sowie den operationellen Risikopositionen einer Bank. Eine überarbeitete Reihe standardisierter Ansätze sowie ein "Capital Floor" sollen eingeführt werden, um die Möglichkeit der Reduktion der Eigenkapitalanforderungen durch die Verwendung interner Modelle zu begrenzen.

Zur Verringerung von Anwendungsunterschieden und zur Einschränkung von Anreizen für den Einsatz von Modellen haben der Baseler Ausschuss und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) unter anderem folgende Vorschläge erarbeitet:

- Einschränkung interner Modelle für Kredit- und Marktpreisrisiken,

- regelmäßige Berechnung und Analyse der Wirkung interner Modelle durch die Vorgabe aufsichtlicher Referenzportfolios,

- zusätzliche Offenlegungspflichten.

Kreditrisiko - neuer Standardansatz: Die Vorschläge des Baseler Ausschusses (Dezember 2014) beinhalten die Einführung eines Ansatzes zu "Risikofaktoren" für einige Forderungsklassen, um so den Ansatz risikosensitiver zu gestalten und die Abhängigkeit von externen Ratings zu reduzieren. Dabei werden Risikogewichte anhand von neuen Risikofaktoren festgelegt, zum Beispiel Umsatz und Fremdkapitalquote des Kreditnehmers für Unternehmenskredite (Risikogewichte zwischen 60 und 300 Prozent statt bisher 20 bis 150 Prozent), oder aber die Kriterien für die Privilegierung zum Beispiel für das sonstige Retail-Geschäft verschärft. Die Rahmenbedingungen für die Kreditrisikominderung sollen durch die Reduzierung der Anzahl von Ansätzen, die Neukalibrierung der aufsichtlichen Haircuts und die Aktualisierung der Qualifikationskriterien für Garantiegeber geändert werden. Die neuen Risikogewichte liegen im Allgemeinen durchschnittlich höher als bei dem derzeitigen standardisierten Ansatz.

Kontrahenten-, Markt- und operationelles Risiko

Kontrahentenrisiko - neuer Standardansatz: Der Baseler Ausschuss veröffentlichte seine endgültigen Regeln für den standardisierten Ansatz zur Bewertung der Kontrahentenrisikopositionen im April 2014. Diese basieren auf neuen Berechnungen der Wiederbeschaffungskosten und potenziellen künftigen Engagements für Derivate und Geschäfte mit langer Abwicklungsfrist.

Marktrisiko - neuer Standardansatz: Der Baseler Ausschuss schlug im Dezember 2014 einen risikosensitiveren standardisierten Ansatz für Marktrisiken (SBA) statt einer Cashflow-basierten Berechnung vor. Gemäß dem SBA müssten die Preissensibilität und Zinsreagibilität als Inputfaktoren für die Behandlung der verschiedenen Anlageklassen verwendet werden, um detailliertere oder komplexere Risikofaktoren in den verschiedenen Anlageklassen im Handelsbuch zu erfassen, ähnlich der zurzeit von den Großbanken in Teilen praktizierten Vorgehensweise. Dies dürfte daher für diese Häuser die Implementierungskosten des revidierten standardisierten Ansatzes reduzieren. Allerdings ist diese Methode abhängig von den Preisgestaltungsmodellen der Unternehmen - und dürfte daher komplizierter sein als der aktuelle standardisierte Ansatz für Marktrisiken.

Operationelles Risiko - neuer Standardansatz: Der revidierte standardisierte Ansatz für operationelle Risiken soll den vorhandenen Basisindikator- und Standardansatz ersetzen. Dieser würde den Bruttoertrag durch einen "Geschäftsindikator" als Proxy-Variable für die Höhe des operationellen Risikos ersetzen und die aktuellen Verbindungen zu verschiedenen Geschäftsfeldern beseitigen. Die Eigenkapitalanforderungen für das operationelle Risiko würden hierbei nicht linear mit der Größe einer Bank steigen - im Gegensatz zu den derzeitigen Ansätzen.

Weitere Auswirkungsstudien

Untergrenze für die Eigenkapitalanforderungen: Der Baseler Ausschuss berät aktuell über eine Untergrenze (Floor) für die Eigenkapitalanforderungen auf Grundlage der revidierten standardisierten Ansätze, welche den Basel-I-Floor ersetzen soll. Der Baseler Ausschuss hat zu einer Stellungnahme hinsichtlich der Ebene, auf der der Floor greifen soll, der Art der Berücksichtigung von Wertberichtigungen für Rückstellungen sowie der Berücksichtigung von nationalen Ermessensspielräumen aufgefordert, ohne jedoch bislang konkrete Kalibrierungsvorschläge zu machen.

Grundlegende Überprüfung des Handelsbuchs: Seit einem Konsultationspapier (Oktober 2013) des Baseler Ausschusses wurden eine Reihe von Vorschlägen für die Überprüfung des Handelsbuches (unter anderem einfachere und strengere Grenze zwischen dem Handelsbuch und dem Anlagebuch, Berechnungen des Kreditrisikos aus Verbriefungen im Handelsbuch, zusätzliche Offenlegungsanforderungen für interne Modelle-Anwender) diskutiert, die die Grundlage für die erste quantitative Auswirkungsstudie bildeten, in der die vorgeschlagenen Standards auf eine Reihe hypothetischer Portfolios angewendet wurden. Die Ergebnisse dieser Auswirkungsstudie zeigen eine deutliche Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen für alle Anlageklassen außer Aktien.

In seinem letzten Konsultationspapier (Dezember 2014) nahm der Baseler Ausschuss die Behandlung des internen Risikotransfers von Aktien- und Zinsrisiko zwischen dem Anlage- und dem Handelsbuch auf, um die derzeitige Handhabung des internen Transfers von Kreditrisiken zu ergänzen. Weitere Auswirkungsstudien laufen im Jahr 2015.

3. Bilanzprüfungen im Rahmen des Comprehensive Assessment: Als Vorbereitung auf die Übernahme der Aufsicht führte die EZB im Jahr 2014 das sogenannte Comprehensive Assessment durch, wobei die rund 130 größten Banken Europas überprüft wurden. Ziel war es, verdeckte Risiken vor der Übernahme der EZB-Aufsicht aufzudecken und damit noch etwaige nationale Verantwortlichkeiten sicherzustellen. Die beiden wichtigsten Elemente dieses Comprehensive Assessment waren ein Asset Quality Review (AQR) und ein Stresstest, deren Ergebnisse Ausgangs- und Anhaltspunkte für die EZB-Aufsicht lieferten und Hinweise in Bezug auf die Konzeption und Ausrichtung künftiger Stresstests geben.

Blick auf die Prozesse

Der Anstieg des gebundenen Eigenkapitals für notleidende Kredite führt im Rahmen des AQR zu einem zusätzlichen Druck auf die Eigenkapitalrendite und die Kreditvergabefähigkeit der betroffenen Banken sowie zur Hinterfragung des Umgangs mit den entsprechenden Portfolios.

Bei der Verwendung von Modellen zum beizulegenden Zeitwert (Fair Value) wurden insbesondere in folgenden Bereichen Unzulänglichkeiten festgestellt: Modellvalidierung, CVA-Berechnungen, unabhängige Preisüberprüfung, Wertberichtigungen zum beizulegenden Zeitwert und Zuordnung von Gewinnen und Verlusten. Daher scheint unter anderem ein Blick auf die entsprechenden Prozesse und Richtlinien der Banken lohnenswert.

Der EBA-Stresstest kam bei 124 europäischen Banken zum Einsatz und basiert auf einem vom ESRB entwickelten adversen Szenario. Dieses war unter anderem gekennzeichnet durch eine Verschlechterung der Kreditqualität, einen starken Anstieg der globalen Anleiherenditen, Zweifel an der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, eine abrupte Umkehr der Risikoneigung gegenüber Volkswirtschaften der Schwellenländer und eine zurückgehende Verfügbarkeit der Marktfinanzierung für Banken. Die Banken simulierten die Auswirkungen auf ihre Eigenkapitalquoten.

Insgesamt zeigten die Ergebnisse des AQR und des Stresstests, dass im adversen Szenario die CET1-Quoten (hartes Kernkapital) von 11,8 Prozent Ende 2013 auf 8,4 Prozent Ende 2016 fallen würden. Mehr als die Hälfte dieses Rückgangs war auf Wertminderungen, Rückstellungen und höhere Risikogewichte im Unternehmenssektor - einschließlich der KMU - zurückzuführen.

Schwächen hinsichtlich der Verfügbarkeit und Qualität von Daten

Auf die drohenden Kapitallücken hatten viele Banken allerdings bereits 2014 reagiert und ausreichend Eigenkapital aufgenommen oder zumindest Pläne vorgelegt, um den Anforderungen zu genügen oder langfristiger Umstrukturierungsmaßnahmen einzuleiten. Bei der Stresstest-Simulation traten insgesamt bei vielen Banken Schwächen hinsichtlich der Verfügbarkeit und Qualität von Daten sowie in Bezug auf die Modellierungskapazität zutage.

4. Zukünftige Beaufsichtigung: Im November 2014 übernahm die EZB die Verantwortung für die Aufsicht über alle Kreditinstitute in der Bankenunion. Das bedeutete einen Paradigmenwechsel für diese Banken - insbesondere für jene, die direkt von der EZB beaufsichtigt werden - und dürfte sich wesentlich auf die Strategie und Geschäftsmodelle, die Daten- und IT-Infrastruktur sowie auf die Risikomodellierung der Banken auswirken.

Die Banken, die unter direkter EZB-Aufsicht stehen, werden durch gemeinsame Teams der EZB und der jeweiligen nationalen Aufsichtsbehörde(n) überwacht. Zu den Hauptmerkmalen der EZB-Aufsicht gehören:

- Gemeinsamer Säule-2-Überprüfungsprozess (SREP) mit für die deutschen Banken neuen Elementen (zum Beispiel aufsichtsinterne "Challenger-Modelle" des Eigenkapitals und der Liquidität)

- Detaillierte Prüfung der "traditionelleren" Risikobereiche (zum Beispiel Kredit- und Konzentrationsrisiken sowie der internen Governance und des Risikomanagements) sowie eine Reihe von Querschnittsanalysen (zum Beispiel Überprüfung der Unterschiede zwischen den RWA in allen Jurisdiktionen) sowie eine konsequente Risikoanalyse auf Ebene der Sektoren und Systeme

- Fortlaufendes Nachhalten und Überprüfen der Mängel, die sich durch den AQR und den Stresstest offenbart haben

- Steigender Druck für konsistentere Ansätze gegenüber den weiterhin von den nationalen Aufsichtsbehörden überwachten Banken

Höhere Anforderungen aus Säule 2

Banken, die sich nicht schnell genug an die Herausforderungen der EZB anpassen, laufen Gefahr, höhere Eigenkapital- oder Liquiditätsanforderungen aus Säule 2 oder strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Sanierungs- und Abwicklungsplanung auferlegt zu bekommen.

5. TLAC und MREL - neue Steuerungskennziffern: Im November 2014 wurde vom Financial Stability Board (FSB) ein Konsultationspapier veröffentlicht, das die Einführung einer neuen Kapitalkennzahl TLAC (Total Loss Absorbing Capacity) für G-SIBs vorsieht. Es soll nicht vor 2019 in Kraft treten. Nahezu zeitgleich wurde von der EBA der Konsultationsentwurf eines technischen Regulierungsstandards zur Ermittlung von MREL (Minimum Required Own Funds and Eligible Liabilities) vorgelegt. Damit wird ein methodisch eng verwandter Ansatz verfolgt, der über das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz per 1. Januar 2015 bereits in Kraft getreten ist und mit einem Starttermin zum 1. Januar 2016 deutlich früher als das TLAC-Konzept sowie für einen größeren Kreis von Instituten in Europa Anwendung finden soll.

Dem Bail-in-Instrument kommt eine Schlüsselrolle im Rahmen der jetzt anstehenden Abwicklungsplanung zu, da die Herabsetzung von Verbindlichkeiten beziehungsweise deren Umwandlung in Eigenkapital das zentrale Mittel ist, um die Verlustdeckung und Rekapitalisierung eines gescheiterten Instituts ohne den Einsatz von Steuergeldern zu erreichen. Von einer Inanspruchnahme bail-in-fähiger Verbindlichkeiten eines gescheiterten Instituts dürfen keine Einschränkungen auf den Fortbetrieb insbesondere der für die Systemstabilität kritischen Geschäftsaktivitäten ausgehen, wie sie bei einer Liquidation im Rahmen eines gewöhnlichen Insolvenzverfahrens zu erwarten sind.

Die TLAC- und MREL-Vorschläge unterscheiden sich geringfügig hinsichtlich der Kriterien für eine Anrechenbarkeit von Verbindlichkeiten. Gemäß den MREL-Vorgaben ist zum Beispiel - anders als nach dem TLAC-Konzept - eine Anrechnung von strukturierten Verbindlichkeiten, also Emissionen, die auch derivative Komponenten (embedded derivatives) enthalten, grundsätzlich möglich.

Komplizierte Berechnung

Die Berechnung der einzuhaltenden Mindestanforderungen ist sowohl für TLAC als auch für MREL kompliziert. Gemäß derzeitigen Vorschlägen muss eine TLAC-Quote in Höhe von 16 bis 20 Prozent der risikogewichteten Aktiva (RWA) eingehalten werden, beziehungsweise dem doppelten der Mindest-Tier-1-Leverage Ratio. Hierauf sind grundsätzlich alle Eigenmittel anrechenbar, die zur Erfüllung der Mindestkapitalanforderungen gemäß CRR bereitgehalten werden. Allerdings mit der Einschränkung, dass zum einen der Teil des harten Kernkapitals nicht auf TLAC angerechnet werden darf, der für die Erfüllung von Kapitalzuschlägen und Kapitalpuffern erforderlich ist. Zum anderen muss mindestens ein Drittel der TLAC-Anforderung durch anrechenbares Fremdkapital gedeckt werden, das nicht zum regulatorischen Eigenkapital zählt. Die TLAC-Anforderungen werden auf der Ebene sogenannter Abwicklungseinheiten vorgegeben, also für Konzerngesellschaften beziehungsweise Teilkonzerne, die im Rahmen einer Abwicklung als Gesamtheit betrachtet werden sollen. Anders als im TLAC-Konzept wird die MREL-Vorgabe nicht als Mindestquote mit Bezug auf die RWA vorgegeben, sondern ausschließlich mit Bezug auf die Bilanz als Mindestanteil anrechenbarer bail-in-fähiger Passiva im Verhältnis zur gesamten Passivseite. Die über die Einhaltung der MREL-Quote vorzuhaltenden Eigenmittel und anrechenbaren Verbindlichkeiten müssen zwei Funktionen erfüllen.

Zum einen müssen sie ausreichen, um die Verluste eines scheiternden Instituts zu decken. Diese Anforderung ist grundsätzlich deckungsgleich mit den Anforderungen an die Mindesteigenmittelanforderungen gemäß CRR beziehungsweise CRD IV und ist insofern mit Einhaltung der Mindesteigenmittelquoten erfüllt.

Zum anderen muss die MREL-Quote die Rekapitalisierung von Instituten ermöglichen, die im Fall des Scheiterns nicht im Rahmen einer Regelinsolvenz liquidiert werden können, sondern deren Geschäftsaktivitäten aus Gründen der Systemstabilität zumindest teilweise fortgeführt werden müssen. Entsprechend muss für diese potenziell systemgefährdenden Institute eine zusätzliche MREL-Komponente vorgehalten werden, deren Höhe sich wiederum an den mit Eigenmitteln zu unterlegenden RWA orientiert. Die Höhe der hierfür erforderlichen Eigenmittel hängt von der Größe des fortzuführenden Institutsteils ab und damit von der institutsspezifischen Abwicklungsstrategie.

Makroprudenzielle Regulierung: Implikationen für die Banken

- Notwendigkeit eines Verständnisses, welche makroprudenziellen Maßnahmen wann, von wem und auf welcher Grundlage Anwendung finden könnten (herausfordernd angesichts der Beteiligung von diversen Aufsichtsbehörden).- Weitreichende Konsequenzen der Anwendung makroprudenzieller Maßnahmen zum Beispiel auf die Liquidität, Kreditvergabestandards und sektorale Risikogewichte.- Zusätzliche Komplexität einer ungleichmäßigen Anwendung zwischen den Ländern auf die grenzüberschreitenden Engagements der Banken.

RWA: Implikationen für die Banken

- Deutliche Verringerung der Vorteile der Nutzung von internen Modellen für die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen.- Teilweiser Anstieg des erforderlichen Eigenkapitals abhängig vom jeweiligen Geschäfts- und Risikoprofil (durch Standardansätze) sowie Notwendigkeit zur Verbesserung der Systeme und des Datenmanagements auch für interne Modelle-Anwender.- Aufsichtsrechtliche Prüfungen mit Blick auf adäquate Datenerfassung betreffend Risikopositionen, Auferlegung zusätzlicher Eigenkapitalanforderungen aus Säule 2 bei Unzulänglichkeiten.- Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit bedingt durch den Übergang zu Risikofaktoren und sensitiveren Risikogewichtungen (zum Beispiel für Wohnimmobilien mit hohem LTV), gegebenenfalls Erhöhung der Finanzierungskosten für Kreditnehmer.

Bilanzprüfungen: Implikationen für die Banken

- Erhöhung der notleidenden Forderungen im Euroraum und in Konsequenz Anstieg des hierdurch gebundenen Eigenkapitals.- Festlegung eines Folgeprogramms für den festgestellten Nachbesserungsbedarf (zum Beispiel Überprüfung von Kapitalplänen sowie Empfehlungen in Bezug auf Ausschüttungen oder die zu bildenden Wertberichtigungen) sowie verstärkter Fokus der Aufsicht auf riskantere Geschäftsfelder.- Ausweitung der Stresstest-Anforderungen für zahlreiche Banken mit den entsprechenden Konsequenzen für das Reporting dieser Daten und die bankinterne Stresstest-Infrastruktur.

Zukünftige Beaufsichtigung: Implikationen für die Banken

- Einführung eines zunehmend europaweiten Ansatzes hinsichtlich der Aufsicht sowie allmählicher Abbau nationaler Ermessensspielräume und eine höhere Aufsichtsintensität.- Höhere Eigenkapitalanforderungen - bei de facto zusammenwachsender Säule 1 und Säule 2 zu einer "Säule 1+".- Zunehmende Datenanforderungen seitens der EZB - entsprechender Bedarf der Banken an einer effizienten und flexiblen technischen Infrastruktur, um periodische Sicherheitsüberprüfungen wie Stresstests zu ermöglichen.

TLAC und MREL - neue Steuerungskennziffern: Konsequenzen für die Banken

- Gegebenenfalls Aufnahme von zusätzlichem anrechenbaren Fremdkapital notwendig, um TLAC- und/oder MREL-Anforderungen zu erfüllen, oder Umwandlung von Teilen des vorhandenen Fremdkapitals in geeignete Schuldtitel.- Absehbarer Einfluss auf die Finanzierungskosten der Banken durch die explizite Haftung des Fremdkapitals und die daraus resultierende zusätzliche Belastung der Profitabilität kann Institute zu einer Revision des Geschäftsmodells zwingen.- Für G-SIBs in der EU gleichzeitige Erfüllung sowohl der Regelungen von TLAC als auch MREL und damit grundsätzliche Ausrichtung an der für die Institute jeweils höheren Anforderung.- Berücksichtigung etwaiger abweichender nationaler Regelungen für ausländische Tochtergesellschaften internationaler Institutsgruppen.- Erweiterung des Katalogs regelmäßig zu überwachender regulatorischer Steuerungskennziffern für Kapital, Liquidität und Verschuldung um eine (für G-SIBs zwei) weitere Mindestanforderung(en) mit der Notwendigkeit einer Anpassung des internen Berichtswesens und der zugehörigen Prozesse.- Steigende Anforderung an die Granularität der Qualität der Datenhaushalte durch ein in der Form erstmals die Passivseite der Institute betreffendes regelmäßiges externes Berichtswesen.

Daniel Quinten , Mitglied des Vorstands , Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. (BVR), Berlin
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