Kooperationen in der Bankenlandschaft: zur Migration von Kundendepots

Rudolf Geyer, Geschäftsführer, European Bank for Financial Services (ebase), Aschheim, Dr. Stephan Gehlert, Mitglied des Vorstands, CVW-Privatbank AG, Wilhermsdorf - Als kleinere Privatbank mit einem Kundendepotvolumen von rund 15 Millionen Euro stand die bayerische CVW-Privatbank vor der Herausforderung, ihr Wertpapiergeschäft wettbewerbsfähig und profitabel aufzustellen. Das Institut hat sich daher für eine nicht nur technische, sondern juristische Auslagerung seiner Kundendepots an Ebase in Form einer White-Label-Lösung entschieden und diese im April 2015 abgeschlossen. Die Bank gab hierbei die juristische Hoheit und das Risiko an die depotführende Stelle ab und konzentriert sich nun allein auf den Kundenkontakt. (Red.)

Die deutsche Bankenbranche steht vor großen Herausforderungen. Insbesondere kleinere und mittelgroße Bankinstitute müssen entscheiden, ob sie die anstehenden Aufgaben allein bewältigen wollen, oder ob sie Kooperationen eingehen, indem sie beispielsweise mit externen Dienstleistern zusammenarbeiten, um bei zentralen Geschäftsfeldern wie dem Wertpapiergeschäft auch in Zukunft die steigenden Ansprüche ihrer Kunden befriedigen und gleichzeitig die zunehmenden regulatorischen Anforderungen erfüllen zu können.

Treiber der Veränderungen

Zwei Treiber der Veränderungen haben in der Bankenbranche wesentlich an Dynamik zugenommen: Zunächst ist die Digitalisierung der Bankenbranche zu nennen. Onlinebanking ist zum Standard geworden, mobile Anwendungen werden bereits vielfältig genutzt. Der Kunde agiert digital und vernetzt - und erwartet das auch von seiner Bank. Heute möchten Kunden über sämtliche verfügbaren Kanäle auf ihr Bankkonto oder Wertpapier- beziehungsweise Fondsdepot zugreifen können - über den heimischen PC ebenso wie über Tablet-Computer und Smartphone. Auch die Erwartungen an Transparenz und Produktauswahl sind gestiegen. Es sollen neue Zugangswege geschaffen werden, aber ohne die alten einzuschränken. Zwar dürfte die Bedeutung der Bankfiliale grundsätzlich weiter abnehmen, die persönliche Erreichbarkeit des Bankberaters für ein persönliches Beratungsgespräch wird aber wichtig bleiben. Vorausschauende Marktforscher sehen die Omni-Kanal-Bank als Verschmelzung von Offline- und Onlinewelt.

Für den Ausbau und die ständige Erreichbarkeit der wichtigsten Bankfunktionen sind erhebliche Investitionen in die IT-Infrastruktur der Banken nötig. Doch die dafür benötigten finanziellen Mittel und Mitarbeiter sind anderweitig gebunden - insbesondere im Wertpapiergeschäft, wo die regulatorischen Anforderungen stark erhöht wurden und ein Ende der zunehmenden Regulierung nicht in Sicht ist. Die Regulierung des Finanzgewerbes ist ein Prozess, der allem Anschein nach nie abgeschlossen sein wird. Der permanente Druck durch nationale und internationale Aufsichtsbehörden ist der zweite Treiber der Veränderung. Einer KPMG-Studie zufolge sollen die direkten Kosten für die Umsetzung regulatorischer Anforderungen zwischen 2013 und 2015 auf 4,8 Milliarden Euro anwachsen.

Es spricht demnach vieles dafür, dass gerade für kleine und mittlere Banken der Spagat zwischen Digitalisierung und Regulierung zur Herausforderung wird. Eine Lösung können verstärkte Kooperationen sein, die es den Bankhäusern erlauben, ihre Ressourcen möglichst effizient einzusetzen, um die Angebotspalette flexibler und die Kosten kalkulierbarer zu gestalten und gleichzeitig die Entwicklungsgeschwindigkeit neuer Angebote zu erhöhen.

Lösung für kleinere Bankhäuser

Kooperationen in der Bankenbranche sind inzwischen gang und gäbe. Allerdings liegen diese unseren Informationen zufolge bisher eher bei branchenfremden oder nachgelagerten Aufgaben, wie der IT oder der Wertpapierabwicklung. Zudem ist das Ausmaß der Kooperationen unterschiedlich hoch. Während im Sparkassen- und genossenschaftlichen Verbund die Arbeitsteilung in einigen Segmenten sehr intensiv ist, setzen viele mittelgroße Privatbanken nach wie vor überwiegend auf eigene Lösungen.

Bei einigen Häusern ist hier allerdings ein Umdenken festzustellen. Eine der bundesweit ersten Banken, die ein juristisches Outsourcing der Wertpapier- und Investmentdepots ihrer Kunden durchgeführt hat, ist die CVW-Privatbank AG mit Sitz im bayerischen Wilhermsdorf im Landkreis Fürth. Diese betreibt als Universalbank sämtliche Bankgeschäfte mit Privat-, Geschäfts- und Firmenkunden. Jedoch hat sich das Institut aufgrund der relativ geringen Bilanzsumme von 105 Millionen Euro und des begrenzten Kundendepotvolumens von rund 15 Millionen Euro ernsthaften Herausforderungen gegenüber gesehen.

Die Ausgangslage vor dem Beginn der Kooperation mit der European Bank for Financial Services (Ebase) aus Aschheim bei München stellte sich wie folgt dar: Hohe Einstandspreise des bisherigen Depotanbieters führten zu nicht wettbewerbsfähigen Preisen, etwa bei der Transaktionsgebühr, und zu einem schrumpfenden Wertpapiergeschäft. Die Forderung des vorherigen Depotanbieters nach einer jährlichen Grundvergütung von 50 000 Euro hätte zu einem negativen Deckungsbeitrag des Wertpapierbereichs geführt. Zudem konnte die Privatbank keine eigenen Vermögensverwaltungsprodukte vorweisen und damit ihren Kunden keine Exklusivität darstellen. Obendrein führte die Bewältigung regulatorischer Anforderungen bereits seit Längerem zu erheblichen Belastungen, die mit kommenden, bereits angekündigten Regulierungen, noch stärker werden würden.

Ziel: positiver Deckungsbeitrag im Wertpapiergeschäft

Die Ziele der Kooperation hat die CVW-Privatbank vor dem Start der Zusammenarbeit wie folgt formuliert. Sie will eine Universalbank mit Wertpapiergeschäft bleiben. Dabei soll das Wertpapiergeschäft künftig einen positiven Deckungsbeitrag beisteuern. Durch die Kooperation soll Raum geschaffen werden, sich auf die Kunden sowie hochwertige standardisierte Vermögensverwaltungen konzentrieren zu können. Zudem soll die Attraktivität des Angebots für Filialkunden in Bezug auf Konditionen sichergestellt werden. Die Risiken aus der Regulatorik sollen so weit wie möglich reduziert werden; insbesondere soll die CVW-Privatbank fit gemacht werden für die Einführung der MiFID-Novelle ab 2017.

Nach Überzeugung der Privatbank lassen sich diese Ziele am besten auf dem Wege eines juristischen Outsourcings erreichen. Bei der juristischen Auslagerung der Kundendepotverwaltung wird die Verantwortung und das Risiko des Mandanten - also in diesem Fall der CVW-Privatbank - reduziert und konzentriert sich auf den Dialog mit dem Kunden. Dabei sollte der Kooperationspartner die Depotführung sowohl von Fonds als auch von anderen Wertpapieren gleichzeitig übernehmen. Wichtig: Der Endkunde ist über die juristische Auslagerung informiert und muss ausdrücklich zustimmen.

Die juristische Auslagerung ist dabei zu unterscheiden vom oftmals praktizierten technischen Outsourcing, der Verlagerung von Haupt- und Teilprozessen nach § 25 b KWG. Hier bleiben die juristische Hoheit und damit die gesamte Verantwortung wie auch das Risiko bei der depotführenden Stelle. Für den Endkunden ist dieses Outsourcing nicht sichtbar. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die juristische Auslagerung von Wertpapier- und Investmentdepots zu gestalten. Die CVW-Privatbank AG hat sich für ein Kooperationsmodell entschieden, bei dem die Ebase die Produkte für die Wertpapier- und Investmentdepotführung im "White-Label"-Format zur Verfügung stellt. Das heißt, der Kunde sieht das Depot mit Logo der CVW-Bank, obwohl es juristisch vollständig von der Ebase geführt wird. Die bestehenden Depotbestände werden in die juristische Depotführung der Ebase übertragen, die sämtliche Pflichten der Depotführung von der Privatbank übernimmt. Der alleinige Kundenkontakt bleibt aber weiterhin beim bisherigen Institut. Im Zuge der Kooperation konnte die CVW-Privatbank ihre Angebotspalette erweitern und erstmals eine standardisierte Vermögensverwaltung unter eigenem Label anbieten.

Das auf klassische Vermittler und Vermögensverwalter ausgerichtete Angebot der Ebase musste auf die Anforderungen einer Privatbank zugeschnitten werden. Denn originäre Bankgeschäfte wie Termingeld und Wertpapierkredit, die von der Ebase ebenfalls angeboten werden könnten, bleiben im Angebot der CVW-Privatbank. Weiter mussten einzelne Prozesse von anderen Dienstleistern übernommen werden, bei denen verschiedene Details vor Beginn des Projekts nicht bekannt waren, wie der außerbörsliche Handel der CVW-Bank-Aktien. Zudem mussten die Bedürfnisse der CVW-Privatbank als Filialbank, die auf persönlichen Kundenkontakt großen Wert legt, in Einklang gebracht werden mit der Ebase, die vor allem auf onlineaffine Kunden ausgerichtet ist.

Beiden Beteiligten war klar, dass ein runder Ablauf der Kundenkommunikation besonders wichtig ist. Schließlich muss der Depotkunde der Übertragung explizit zustimmen. Daher wurde im ersten Schritt eine detaillierte Analyse der bestehenden Kundenverbindungen erstellt, um genau feststellen zu können, welcher Kundentyp in welcher Weise angesprochen werden sollte. Denn es hatte sich schnell herausgestellt, dass ein reines Versenden der notwendigen Unterlagen vor allem ältere Kunden überfordert. Es wurden kundenspezifische Versandtranchen gebildet, um jeden Kunden bedarfsgerecht anzusprechen. Die beigelegten Formulare waren bereits mit den Kundendaten ausgefüllt. Im Optimalfall war somit nur noch die Kundenunterschrift erforderlich. In der Breite war anfangs allerdings eine hohe Unsicherheit und Skepsis zu spüren. Die meisten Fragen konnten jedoch aufgrund von zwei Aspekten geklärt werden: Der Kundenansprechpartner bei der CVW-Privatbank hat sich nicht geändert, und außerdem war das CVW-Logo auf den Formularen wichtig, um die Identifikation mit dem neuen Partner herzustellen. Die wertpapieraffinen Kunden hingegen waren durch das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis und die breitere Produktpalette sofort von dem Angebot angetan.

Depots zu 97 Prozent übertragen

Insgesamt benötigte der Prozess von der Produktkonzeption bis zum konkreten Depotübertrag rund sieben Monate. Im dritten Quartal 2014 begannen die Aufar beitung der Daten, die Personalisierung der Formulare und der Versand der Kundenanschreiben. Im Hintergrund wurden die White-Label-Depots und das Onlineportal aufgesetzt und Schnittstellen eingerichtet. Anfang 2015 setzten die konkrete Kundenansprache und die ersten Depotübertragungen ein. Dank der genauen Vorbereitung ist eine nahezu vollständige Migration der Kundendepots gelungen. Die rund 1 000 Investment- und Wertpapierdepots wurden per April 2015 zu 97 Prozent übertragen. Rund zwei Prozent haben ihre meist geringen Bestände verkauft und das Depot aufgelöst; nur ein Prozent der Kunden haben ihre Depots an andere Banken verlagert. Aus Sicht aller Beteiligten ist das juristische Outsourcing damit im Rahmen der beschriebenen Maßnahmen ein großer Erfolg.

Was hat sich seit der Migration geändert? Die Kunden und Berater der CVW-Privatbank haben nun Zugriff auf alle Fonds auf der Ebase-Plattform; dies war vorher auf mehrere Fondspartner verteilt. Zudem stehen nun aktuelle Fondsinformationen zur Verfügung. Das Angebot an Investmentprodukten und standardisierter Vermögensverwaltung ist bedeutend breiter geworden. Ein Wermutstropfen aus Sicht der CVW-Privatbank ist, dass der Berater keine Gesamtkundenansicht im Bankensystem mehr hat, da die Depots bei der Ebase liegen. Schlussendlich kann die CVW-Privatbank auf Basis der beschriebenen Kooperation ihre Unabhängigkeit ausspielen und hat nun sinnvolle Alternativen zu den klassischen Einlagen. Gerade im derzeitigen Niedrigzinsumfeld ist es wichtig, dass sie an vermögende Kunden mit wettbewerbsfähigen Produkten zu einem attraktiven Preis herangehen kann, um sich erfolgreich gegenüber ihren Hauptwettbewerbern zu positionieren.

Rudolf Geyer , Sprecher der Geschäftsführung, European Bank for Financial Services GmbH (ebase), Aschheim
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