Minibots: Ein Liro als Parallelwährung für Italien?

Prof. Dr. Dirk Meyer, Foto: Helmut-Schmidt-Universität

Seit Monaten ist das Verhältnis der italienischen Regierung zu den EU-Instanzen angespannt. Nicht nur beim zähen Gerangel um die Einhaltung der Haushaltsregeln haben die Verantwortlichen ein Drohpotenzial aufzubauen versucht, sondern auch mit Überlegungen staatliche Schuldscheine auszugeben. Der Autor stuft Letztere als Symptombehandlung mit erheblichen Nebenwirkungen ein. Ökonomisch gesehen hält er durch Einführung einer Parallelwährung aufgrund ihrer Abwertung Exportvorteile für möglich, und auch innerstaatlichen Verkrustungen und fehlendem Produktivitätswachstum könnte kurzfristig möglicherweise entgegengewirkt werden. Durch importierte Inflation und Bilanzeffekte mit Negativfolgen für die Schuldentilgung auf Eurobasis befürchtet er jedoch eine tiefe Banken- und Wirtschaftskrise in Italien und der gesamten Eurozone. Die ernsthafte Diskussion über solche Szenarien zeigt für ihn einmal mehr die Dringlichkeit, im EU-Vertrag institutionelle Vorkehrungen für ein möglichst geordnetes Austrittsverfahren zu schaffen. (Red.)

Die neue italienische Regierung steht für ein Ende der Austerität. Einher geht die Ankündigung, die Defizitregeln aufkündigen zu wollen und eine (Teil-)Entschuldung anzustreben. Der aktuelle Hintergrund ist der Haushaltsplan 2019, die Suche nach Finanzierungsquellen für die Umsetzung teurer Wahlversprechen und die Modernisierung der Infrastruktur sowie der Konflikt um ein EU-Defizitverfahren. Der Vorschlag, 250 Milliarden Euro Staatsanleihen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht zurückzuzahlen, also eine monetäre Staatsfinanzierung vorzunehmen, wurde bereits im Koalitionsvertrag gestrichen. Kurzzeitig wurde allerdings erwogen, sogenannte Minibots als staatliche Schuldscheine auszugeben. Diese Alternative soll im Folgenden näher betrachtet und kritisch diskutiert werden.

Minibots - "Liro" auf staatlicher Schuldscheinbasis

Die kritische Haltung der italienischen Regierung zur EU und zur Währungsunion zeigt sich in ihrer ökonomischen Programmatik, gemäß der sie unabhängiger von EU-Haushaltsregeln handeln und die Macht über eine eigene Währung zurückgewinnen will. Offene Lieferantenrechnungen des italienischen Staates von zirka 40 Milliarden Euro und italienische Unternehmer, die teils jahrelang auf die Begleichung durch öffentliche Institutionen warten und deshalb auch schon Konkurse erleiden mussten, haben den Lega-Wirtschaftssprecher, Claudio Borghi, bewogen, die Ausgabe von Minibots in die Diskussion zu bringen.1) Damit - so die Initiatoren - könnten Investitionen und Konsum befördert werden und das daraus entstehende Wachstum einen selbstfinanzierenden Prozess in Gang setzen. In einem ersten Schritt wurde ein Volumen der Minibots von 70 bis 100 Milliarden Euro ins Gespräch gebracht. Wie könnte ihre Einführung stattfinden, welche Geldfunktionen könnten Minibots erfüllen und welche Wertrelation würde zur Euro-Währung bestehen?

Um den fälligen Zahlungsverpflichtungen gegenüber privaten Dienstleistern staatlicher Aufträge, den Steuererstattungen und den zusätzlichen Ausgaben aus umgesetzten Reformversprechen an Sozialhilfeempfänger und Rentner problemlos und ohne Beanspruchung des Kapitalmarktes nachkommen zu können, beschließt die italienische Regierung annahmegemäß per Dekret die Einführung von Minibots als Zahlungsmittel.2) Dieser "Liro" (italienischer Euro) ist ein nationales Regierungsgeld - eine Art Euro-Zweitwährung. Es sind staatliche Schuldscheine, die unverzinst und ohne Ablaufdatum dem Papiergeld gleichkommen.3) Um den Einsatz für alltägliche Transaktionen möglich zu machen, soll der Liro in einer Stückelung von 5 bis 500 Euro emittiert werden. 4) Konzeptionell wäre der Liro eine Parallelwährung zum Euro.

Da der Barwert eines solchen Papieres finanzmathematisch den Wert von Null annimmt, ergibt sich der Zahlungswert lediglich dadurch, dass die Regierung den Liro zum einen als Monopolemittent ausgibt und die Zweitwährung somit prinzipiell knapp ist. Zum anderen kann die Regierung den Gebrauch des Liro befördern, indem sie ihn - neben dem Euro - zum schuldbefreienden, gesetzlichen Zahlungsmittel für Verträge mit Inlandsbezug erklärt. Per Dekret könnten zudem alle bestehenden inländischen Forderungen und Verbindlichkeiten in Liro umgewandelt werden. Damit kann das Regierungsgeld den inländischen Wirtschaftskreislauf durchdringen.

Ein Land mit zwei Währungen

Dies käme einer enteignungsgleichen Währungsreform gleich, weshalb sich die Italiener bereits weit im Vorhinein diesem Eingriff antizipativ durch die Umwandlung ihrer Euro-Sicht- und -Spareinlagen in Bargeld oder einen Transfer in den weiteren Euroraum als sicheren Hafen entziehen werden. Ein Indiz mag die Entwicklung der Target-Salden während der Regierungsbildung von April zum Mai 2018 geben. Für Deutschland stieg der Saldo in diesem Zeitraum von 902,4 auf 956,1 Milliarden Euro, während er für Italien von minus 426,1 auf 464,7 Milliarden Euro anstieg. 5)

Italien hat somit zwei Währungen: Als Vertrags- und Zahlungswährung würde der Liro für die alltäglichen Geschäfte im Inland dominieren. Bei Zahlungen auf Ziel und bei Ratenzahlungen, bei langfristigen Verträgen mit wiederholten Leistungs- und Zahlungsvorgängen (Löhne, Mieten, Abos) sowie bei einem zeitlichen Auseinanderfall von Leistung und Gegenleistung (Lebensversicherungen, Sparverträge) würde als Vertragswährung vermutlich der Euro eher gewählt werden, um Wertverluste eines inflationierenden Liro auszuschließen. Jedoch ist Geld ein Netzwerkgut, dessen Nutzen mit zunehmender Durchdringung für die Geldhalter steigt. Dem steht die Verwendung zweier Währungen parallel zu gleicher Zeit in einem Land tendenziell entgegen. Deshalb könnte als Zahlungsmittel auch bei langfristig angelegten Verträgen weiterhin der zum tagesaktuellen Euro-Kurs umgerechnete Liro dienen. Die Vertragswährung Euro würde eine Entwertung des Liro bei seiner gleichzeitigen Nutzung als Zahlungsmittel umgehen. Schließlich dürfte der Liro kaum bei Verträgen mit Auslandsbezug Verwendung finden.

Der relative Wert des Liro im Verhältnis zum Euro ergibt sich aus der Höhe des Primärdefizits, das laufend durch die Ausgabe des Regierungsgeldes finanziert wird - ein klassisches Gelddrucken der Regierung. Darüber hinaus sind die Erwartungen bezüglich seines zukünftigen Geldwertes wesentlich. Da die Regierung Wahlversprechungen gemacht hat, die bei Realisierung mit erheblichen, periodisch wiederkehrenden Mehrausgaben verbunden wären, dürfte der Liro mit hohen Inflationserwartungen verbunden sein. Folglich wird vorzugsweise der Euro die wichtige Funktion eines Wertaufbewahrungsmittels erfüllen. Deshalb wird ein Wechselkurs Euro/Liro entstehen, bei dem der Regierungs-Euro Liro mit einem Abschlag zum Euro gehandelt wird. Er wird zum Euro zweiter Klasse.

Beispiel Rentenmark

Parallelwährungen werden relevant, wenn entweder das gesetzliche (Kredit-)Geld zu knapp wird (Kreditklemme) oder aber zu reichlich vorhanden ist (Hyperinflation). Ein historisches Beispiel einer Hyperinflation bietet die Mark des Deutschen Reiches 1923, die mit der Einführung der Rentenmark (Rent.M) gestoppt wurde. Die Rent.M wurde als quasistaatliche verzinsliche Schuldverschreibungen von der neu gegründeten Deutschen Rentenbank emittiert. Die Schuldverschreibungen besaßen eine Deckung, denn per Gesetz wurden landwirtschaftlicher und gewerblicher Grundbesitz sowie Immobilien zwangsweise mit Grundschulden und Hypotheken belastet. Politische Rechtfertigung erfuhr diese Besteuerung, indem diese Sachwerte während der Zeit der Inflation wertstabil geblieben waren. Im Gegenwert von etwa 3,2 Milliarden Goldmark konnte die Deutsche Rentenbank zinstragende Rentenbankbriefe über 500 Goldmark oder ein Vielfaches davon ausgeben.

Die Rent.M war zwar kein gesetzliches Zahlungsmittel, dennoch wurde die Inhaberschuldverschreibung im Wirtschaftsverkehr sofort akzeptiert. Mit dem 20. November 1923 wurde der Wechselkurs mit 1 Rent.M = 1 Billion M = 1/4,2 US-Dollar festgelegt. Indem das Ausgabevolumen der Rent.M fix war, wurde die Inflation über kurze Frist gestoppt. Am 30. August 1924 wurde die Mark durch die Reichsmark (RM) im Verhältnis 1 Billion M = 1 RM = 1 Rent.M ersetzt.

Fremdwährung als illegale Parallelwährung

Bei Güterknappheit und hoher Inflation übernehmen auch Fremdwährungen mitunter die Funktion illegaler Parallelwährungen. Über Jahre war in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) die "Westmark" bei Schwarzmarktgeschäften ein beliebtes Zahlungsmittel. Der 100-DM-Schein wurde als "blaue Fliese" bezeichnet und in Zeitungsannoncen wurde häufig die Formulierung "tausche gegen blaue Fliesen" verwendet. Bei zurückgestauter Inflation konnten manche Güter aufgrund ihrer Knappheit nur gegen "harte" DM-Währung erworben werden. US-Dollar und Deutsche Mark waren zeitweise als illegale Parallelwährungen in Staaten mit einer Hyperinflation gängige Vertragswährung, so in zahlreichen Nachfolgestaaten der Sowjetunion und Jugoslawiens in den neunziger Jahren.

In Israel wurde in der ersten Hälfte der achtziger Jahre die stark inflationierende Schekel-Währung durch den US-Dollar substituiert; ähnlich in Peru der Inti in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, bis dieser durch den Nuevo Sol abgelöst wurde. Aktuelle Beispiele sind Argentinien (Peso) und Venezuela (Bolívar), die bei Inflationsraten von 25 beziehungsweise über 20 000 Prozent per annum (2018) neben der heimischen Währung den US-Dollar und den Euro als Zahlungsmittel nutzen.

IOU: Schuldscheine des Bundesstaates Kalifornien

Ein Beispiel einer staatlichen Kreditklemme geben die IOU (I owe you - ich schulde dir), die zur Zeit der Finanzkrise des Bundesstaates Kalifornien 2009 unter der offiziellen Bezeichnung Registered Warrants im Umfang von 2,6 Milliarden Dollar von der kalifornischen Regierung emittiert wurden. 6) Mit diesen Schuldscheinen beglich die Regierung Steuerrückerstattungen, Ankäufe von Lieferungen und Leistungen und leistete Sozialhilfe an Transferempfänger.

Für die Lohnzahlungen der beim Bundesstaat Beschäftigten gab es allerdings ein gesetzliches Verbot. Die IOU wurden mit 3,75 Prozent per annum verzinst. Um Fälschungen möglichst auszuschließen, waren die Papiere registriert und mit einem Stempel versehen. Da sie kein gesetzliches Zahlungsmittel waren und ihre Anerkennung damit abgelehnt werden konnte, war ihre Handelbarkeit wohl auch aufgrund der relativ zum Dollar geringen Verbreitung stark eingeschränkt. Die Abschläge zum Dollar betrugen 10 bis 40 Prozent. Insbesondere Banken verweigerten die Annahme. Drei Monate später nahm die Bundesregierung nach Einigung mit dem Parlament dieses Notgeld gegen Dollar zurück. Ein ähnliches Beispiel geben die Steuergutscheine in Argentinien 2001.

Beispiel "Geuro"

Der "Geuro" war 2015 Bestandteil eines Plans B des damaligen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis als Antwort auf eine De-facto-Insolvenz des griechischen Staates. 7) Griechenland stand zum Ende des zweiten Hilfsprogramms bei als unabwendbar geltenden Zahlungen im Zusammenhang mit öffentlichen Schulden in Höhe von zirka 21 Milliarden Euro und gleichzeitig versperrtem Kapitalmarktzugang vor der Zahlungsunfähigkeit.

Auch innerhalb Griechenlands wurden Euro sowohl für den Staat wie auch für die Banken knapp. Der private Sektor - Haushalte und Unternehmen - hortete in Erwartung eines staatlichen Zahlungsausfalls, verbunden mit drohenden Kapitalverkehrskontrollen und Euro-Konfiskationen, so viel Euro-Bargeld wie möglich. Auch deshalb wurden Steuerzahlungen zurückgehalten. Das Primärdefizit im Staatshaushalt stieg rapide an.

Ebenso drohte gegenüber Inländern eine Zahlungseinstellung, das heißt, Löhne an Staatsbedienstete, Renten- und Sozialausgaben, Güter-/Dienstleistungskäufe, Anleihezinsen und -tilgung gegenüber griechischen Geschäftsbanken hätten nicht mehr bedient werden können. Spätestens zum Zeitpunkt des Zahlungsausfalls hätte die EZB jeglichen Zugang zu Zentralbankguthaben beziehungsweise -kredit gestoppt. Damit wären die griechischen Geschäftsbanken vom Euro-Zentralbankgeld abgeschnitten gewesen und es wäre in kurzer Frist zu einem Bank Run mit der Folge eines wirtschaftlichen Chaos und sozialer Unruhen gekommen. Der Austausch des Finanzministers und ein drittes Hilfsprogramm lösten die akute Krisensituation.

In keinem der aufgeführten Beispiele ist die Notenbank der Urheber beziehungsweise Emittent der Parallelwährung - sie bleibt Monopolemittent der "Problemwährung". Im Fall einer hohen Geldentwertung ist die "Konkurrenzwährung" entweder eine Fremdwährung oder sie wird von einem inländischen Nicht-Regierungsemittenten ausgegeben. Im Fall von (Kredit-)Geld-Knappheit kann die Regierung das Problem entweder durch eine Einflussnahme auf die Notenbank (weiche Geldpolitik, Notenbankkredit) lösen oder - wie bei Gliedstaaten einer unteren Ebene (Bundesstaat, Euro-Mitgliedsstaat) - durch die regierungsseitige Ausgabe von Geld-gleichen Schuldscheinen.

Zwar wurde den Interessen der mediterranen Euro-Mitgliedsstaaten hin zu einer den Kreditzugang erleichternden Geldpolitik über die Anleiheankaufprogramme 8) des Eurosystems Rechnung getragen. Die Defizitgrenzen des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspaktes (SWP) limitieren jedoch den Staatskredit, sodass der nationalen/gliedstaatlichen Regierung nur die Möglichkeit zur Ausgabe von Schuldscheinen bleibt, um zumindest die eigenen Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können. Insofern gleichen sich Liro, IOU und "Geuro". Während IOU und "Geuro" jedoch als staatliches Notgeld einzuordnen sind, hat Italien keine aktuellen Liquiditätsprobleme.9) Der Kreditzugang ist gegeben, wenngleich die Solvenz aufgrund des hohen Verschuldungsgrads von 132 Prozent des BIP, eines geringen Wachstums und ansteigender Kapitalmarktzinsen langfristig gefährdet sein dürfte. Vielmehr entspringt die Initiative für Minibots einer Euro-kritischen Haltung und einer Abkehr von der vermeintlichen Austerität. Deshalb dürfte der Liro zum einen als Druckmittel für eine weitgehende Reform des EUV (Vertrag über die Europäische Union) in Richtung einer Haftungs-/Transferunion dienen.

Keine aktuellen Liquiditätsprobleme in Italien

Auch die Unabhängigkeit der EZB dürfte zur Disposition stehen und die Währungsstatuten des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) hinsichtlich des Monopolanspruchs infrage gestellt werden. Zugleich und bei einem Scheitern dieses Vorhabens würde mit dem Liro eine Abkehr vom Euro und der Austritt aus der Währungsunion eingeleitet werden - mit gegebenenfalls unabsehbaren Konsequenzen für die Eurozone und die EU.

Werden Italiens Probleme mit dem Liro gelöst? Die Einführung und Durchsetzung des Liro dürfte in kurzer Frist erschwert sein. Als Problem der praktischen Handhabung könnte sich das fehlende Liro-Bargeld in der Anfangszeit herausstellen. 10) Die zunehmende Verbreitung von elektronischem Geld erleichtert zwar die Umstellung. Doch gerade in einer Gesellschaft mit einer verbreiteten Schattenwirtschaft ist Bargeld erwünscht und unverzichtbar. Schwerwiegender wirken die Inflationserwartungen, die kein Vertrauen in die neue Währung entstehen lassen werden. Die Abschläge auf den Liro als Euro zweiter Klasse dürften deshalb erheblich ausfallen. Damit wären drei Konsequenzen verbunden:

Erstens: Durch eine importierte Inflation verteuert sich die Lebenshaltung sofort. Dies könnte die Forderung nach Lohnerhöhungen hervorrufen. Umgekehrt kann die italienische Wirtschaft durch eine Abwertung Exportvorteile realisieren.

Zweitens: Solange die italienische Regierung keine regulierenden Maßnahmen zugunsten des Liro ergreift, wie beispielsweise einen Annahmezwang, würde sich gemäß des Anti-Greshamschen Gesetzes die "gute" Währung Euro durchsetzen. Zwar könnte der Liro als Zahlungsmittel innerstaatlich Verwendung finden, als Recheneinheit und Kontraktwährung bei langfristigen Verträgen sowie als Wertaufbewahrung würde jedoch der Euro dominieren.

Drittens: Da der italienische Staat seine Zahlungen vornehmlich in Liro abwickeln wird, werden auch die Steuereinnahmen in dieser Währung anfallen. Die alten Euro-Anleihen könnten dann schwerer bedient werden, weshalb die Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit Italiens herabstufen werden. Insbesondere gegenüber ausländischen Gläubigern könnte der italienische Staat keine Zwangsmaßnahmen zur Umstellung der Anleihen in Liro vornehmen, ohne dass dies als ein Kreditereignis (Zahlungsausfall) gewertet werden würde.

Auswirkungen auf langfristige Verträge

Im Rahmen der Einführung des Liro als nationale Parallelwährung bleiben die Vermögensbestände der Bilanzen grundsätzlich unverändert in der Euro-Währung bestehen; sogenannte Bilanzeffekte treten deshalb nicht auf. Sollte sich der Liro im Inland allerdings durchsetzen, entstehen Bilanzeffekte im Zusammenhang mit zukünftigen Wertschöpfungen und Verträgen (Stromgrößen) durch die Verwendung der Neuwährung Liro einerseits und der Bedienung alter Forderungen und Verbindlichkeiten (Bestandsgrößen) in Euro andererseits. Dies betrifft insbesondere langfristige Verträge wie Kredit-, Pacht- und Miet- sowie Leasingverträge. Durch die freie Wahl der Schuldwährung bei zukünftigen Kontrakten werden Stromgrößen wie Umsätze aus Gütern und Dienstleistungen, Mieten und Zinszahlungen gegebenenfalls in Liro abgeschlossen.

Diese Diskrepanz führt für italienische Produzenten und Anbieter von Waren und Dienstleistungen zu negativen Bilanzeffekten, wenn sie in Liro fakturieren. Zwar verbessert sich ihre internationale Wettbewerbsposition bei einem abgewerteten Liro. Auch werden die Unternehmen bei einer weiten Durchsetzung des Liro im Inland ihre Beschäftigten zwecks Erhalts ihrer Arbeitsplätze in der nationalen Währung entlohnen. Allerdings müssen die Euro-Kredite für die in der Vergangenheit vorgenommenen Investitionen in Euro ebenso zurückgezahlt werden wie die laufend importierten Vorprodukte und Einsatzstoffe (wie Öl, elektronische Bauteile) in Euro eingekauft werden.

Aufgrund der Abwertungserwartungen wird auf dem Liro-Kapitalmarkt ein Anstieg der Zinsen erfolgen, was wiederum die Prolongierung von Krediten erschwert und künftig zu Kreditausfällen führen dürfte. Sollte sich der Liro im Inland hingegen nicht durchsetzen, könnte die Herausbildung einer Zweiklassengesellschaft zu gesellschaftlichen Widerständen führen: Staatsabhängige Geldempfänger (Sozialhilfeempfänger, Rentner) müssten Liro akzeptieren, während die produktiven Einkommen in Euro geleistet würden.

Ein gravierendes Problem stellen Verträge mit Auslandsbezug dar. Das italienische Währungsrecht gilt nur für Verträge, die nach italienischem Recht abgeschlossen wurden. Umgekehrt besteht der Grundsatz, dass alle Verträge, die nach ausländischem Recht abgeschlossen wurden, dementsprechend in Euro erfüllt werden müssen. 11) Folglich bleiben Auslandsverbindlichkeiten in Euro für aufgenommene Kredite sowie Importverträge bestehen. Da die Wertschöpfung im Inland auf der Basis eines schwachen Liro erfolgt, können die Euro-Schulden kaum vollständig bedient werden.

Aufgrund dieser Bilanzeffekte kommen Unternehmen mit hohen Importanteilen, Handelsunternehmen sowie Banken mit Auslandskrediten in Konkursgefahr. Auch dem italienischen Staat droht die Insolvenz. Allerdings ist ein Großteil der italienischen Staatsanleihen als sogenannte Dekretanleihen emittiert worden, bei denen sich das Schatzamt die einseitige Restrukturierung (Änderung von Laufzeiten, Zinszahlungen) vorbehalten hat. Dies könnte eventuell auch eine Währungsumstellung legalisieren. 12)

Im Ergebnis führt der Liro zu Komplikationen, die nur teilweise durch spezielle und differenzierende Umstellungsregeln gelöst werden können. Um diese Bilanzeffekte einerseits zu vermeiden, andererseits jedoch keinen Anreiz zur Kapitalflucht und zum Bank Run zu geben, könnte das nationale Währungsgesetz regeln, dass lediglich das Euro-Bargeld, Sichtguthaben auf Girokonten, Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist, Termineinlagen bis zu einem Monat sowie Kreditkartenguthaben in Euro fortgeführt werden. Alle anderen Forderungen und Verbindlichkeiten sowie bestehende Verträge aus Lieferungen und Leistungen wären demgegenüber auf "Liro" umzustellen.13)

Das italienische Euro-Staatsschulden-Problem wird sich in jedem Fall verschärfen. Von den 2 305 Milliarden Euro Staatsschulden (Stand 31. Dezember 2018) entfallen 33 Prozent auf ausländische Investoren,14) hinsichtlich derer ein italienisches Währungsgesetz keinerlei Wirkung entfaltet. Von daher, aber auch hinsichtlich der Euro-kritischen Haltung der italienischen Regierung, dürfte der Liro nur von kurzer Dauer sein: Entweder setzt sich die Regierung mit ihren Forderungen nach Revision der Defizitregeln durch oder es kommt zu einem Euro-Austritt mit einem Schuldenschnitt.

Gefahren für die Eurozone und die EU

Ohne eine einvernehmliche Absprache mit dem Europäischen Rat und dem ESZB dürfte die Liro-Initiative kurzfristig zwei Konflikte hervorrufen. Ein erstes rechtliches Problem resultiert aus dem EU-Währungsstatut. Da die EU nicht nur ausschließlich für die Währungspolitik der Eurostaaten zuständig ist, sondern auch die Euro-Banknoten das einzige gesetzliche Zahlungsmittel in diesen Ländern darstellen, könnte der Liro ohne weitere Abmachungen lediglich als nichtgesetzliches Zahlungsmittel eingeführt werden. Damit wäre seine Verwendung erheblich eingeschränkt, denn seine Akzeptanz müsste privatrechtlich vereinbart werden. Eine schuldbefreiende Zahlung in Liro könnte vom Gläubiger abgelehnt werden. Zweitens gelten Minibots finanzwirtschaftlich gesehen als Schuldscheine und stellen somit staatliche Kreditpapiere dar. Deshalb müssten sie in das Staatsdefizit eingerechnet werden.15) Insofern würden die Defizitregeln keinesfalls außer Kraft gesetzt werden. Die politischen Reaktionen der EU bei einer erheblichen Überschreitung - Sanktionierung versus Duldung - würden die Gemeinschaft vor eine tief greifende Zerreißprobe mit Wirkungen für zukünftige Entscheidungen stellen.

Sollte es tatsächlich zu einem Euro-Austritt Italiens kommen, drohen erhebliche ökonomische Verwerfungen.16) Da ein Austritt bei einer abwertenden Neuwährung eine vollständige Bedienung der Staatsschulden in langer Frist unmöglich machen dürfte, werden die Kurse italienischer (Staats-)Anleihen sofort einbrechen. Schon derzeit gilt das italienische Bankensystem durch ausfallgefährdete Kredite in Höhe von etwa 264 Milliarden Euro, entsprechend 12,1 Prozent der vergebenen Kreditsumme, als gefährdet. 17) Bei Staatschulden von derzeit etwa 2 300 Milliarden Euro halten inländische Banken und Versicherungen mit zirka 860 Milliarden Euro 48 Prozent der italienischen Staatanleihen mit einer Laufzeit von über einem Jahr.18) Hinzu kommen Geldmarktpapiere und andere Kreditverbriefungen des Staates. Ein entsprechend hoher Wertberichtigungsbedarf auf die Staatsanleihen würde einen Tandemeffekt auslösen.

Bei einigen italienischen Finanzinstituten ist der Bestand an Staatsanleihen höher als ihr Eigenkapital (EK): Intesa Sanpaolo 78 Milliarden (182 Prozent EK), Unicredit 51 Milliarden Euro (104 Prozent EK), Generali 64 Milliarden Euro (144 Prozent EK). Die sechs größten italienischen Banken halten Staatsanleihen in Höhe von 167 Milliarden Euro (138 Prozent EK).19) Ausländische Banken haben Italien (Staat und Unternehmen) 560 Milliarden Euro geliehen, davon französische Banken 265 Milliarden Euro und deutsche Banken 77 Milliarden Euro.20) Damit würde ein Übergreifen der italienischen Probleme eine europäische Bankenkrise auslösen. Schließlich würde der bevorstehende Austritt und ein drohender Zusammenbruch des italienischen Bankensystems zu einem Bank Run führen. Barabhebungen und Kapitalflucht ließen den italienischen Target-Saldo weiter ansteigen, weshalb die Eurozone zum eigenen Schutz Kapitalverkehrskontrollen einleiten müsste.

Änderung der Target-Leitlinien angebracht

Eine Aktivierung des Outright-Monetary-Transactions-Programms (OMT) der EZB wäre kaum wahrscheinlich, da die italienische Regierung kein Auflagenprogramm akzeptieren würde. Allerdings könnte der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) den betroffenen Banken notfalls direkt Liquidität zur Verfügung stellen, was jedoch Zweifel an deren Fähigkeit zur Rückzahlung aufwerfen würde. Die Funktionserweiterung des ESM hin zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) mit einer Letzt-(Ausfall-)Sicherung für den Bankenabwicklungsfonds und eine europäische Einlagensicherung ist insofern verständlich.21) Letztlich besteht hier die Gefahr einer Haftungsvergemeinschaftung für national verursachte Risiken und einer Belastung des europäischen Steuerzahlers.

Eine marktwirtschaftlichen Prinzipien entsprechende Lösung bestände in einer risikoadäquaten Unterlegung der Staatsanleihen mit Eigenkapital der Banken, die mit einem gleitenden Übergang eingeführt werden müsste. Eine sofortige Verpflichtung der Banken würde ihre Eigenkapitalanforderungen übersteigen, was wiederum die Notwendigkeit einer solchen Regulierung unterstreicht. So wird der zusätzlich notwendige Kapitalbedarf für italienische Banken auf zirka 20 Milliarden Euro geschätzt.

Außerdem entsteht ein eher mittelfristiges prozessuales Problem der geldpolitischen Steuerung des ESZB, indem der Anteil des Liro am Währungsumlauf in Italien zu berücksichtigen ist. Als drittgrößtes Land im Euroraum hat Italien einen EZB-Kapitalanteil der Eurozone von 16,9 Prozent (2019). Bei einem Euro-Austritt wäre sogar die Rückführung sämtlicher Euro-Geldbestände zu gewährleisten. Diese umfassen die Verbindlichkeiten gegenüber der EZB im Zusammenhang mit den ausgegebenen Euro-Bargeldbeständen und den Target-Krediten. Nicht zurückgeführte Bargeldbestände würden zu Käufen in angrenzenden Euro-Ländern genutzt werden und böten ein Inflationspotenzial für die Eurozone. Durch die Größe Italiens könnte dies merkliche Effekte hervorrufen.

Um das Problem kurzfristig-formal zu lösen, könnte die EZB im Rahmen von Offenmarktgeschäften neue, für diesen Zweck emittierte italienische Staatsanleihen als vorrangiger Gläubiger gegen Euro-Guthaben erwerben. Im Gegenzug würde die Banca d'Italia diese Euro-Einlagen zur Ablösung ihrer Währungsverbindlichkeiten nutzen können. Die Verbindlichkeiten würden dann EU-vertragsgemäß als Staatskredit transformiert werden (Kredithilfen/Währungsbeistand gemäß Art. 143 f. AEUV). Im Rahmen eines Euro-Bargeld-Rückflusses an die italienische Notenbank könnten die Verbindlichkeiten im Zeitablauf aufgelöst werden. Für die EZB entstünde durch die Nichtbedienung der Target-Kredite ein Abschreibungsbedarf, der gegebenenfalls zu einem erheblichen Verlustausweis führen würde. Hier wäre eine Änderung der Target-Leitlinien angebracht, indem ein monatlicher werthaltiger Ausgleich der Negativsalden festzuschreiben wäre.22)

Institutionelle Vorkehrungen für einen geordneten Austritt schaffen

Im Rahmen der Bildung der neuen, eurokritischen italienischen Regierung wurde die Idee von Minibots (Liro - italienischer Euro) als eine Art nationale Parallelwährung auf Schuldscheinbasis geboren. Parallelwährungen entspringen vornehmlich zwei Rahmenbedingungen, einer hohen Geldentwertung oder einer Kredit klemme. Im Unterschied zu südamerikanischen Währungen (Peso, Bolívar), die unter einem hohen Inflationsdruck stehen, oder dem kalifornischen IOU und dem griechischen Geuro, deren Experiment auf einer staatlichen Kreditklemme beruhte, trifft auf den Liro keine dieser Ursachen zu.

Vielmehr wurde die Schuldscheinwährung vornehmlich als Druckmittel zur Revision der institutionellen Regeln der Währungsunion verstanden, dem in letzter Konsequenz ein eher chaotischer Euro- Austritt folgen würde. Konfliktpotenziale hätten die fehlende Rechtsgrundlage des EUV sowie ein gravierender Verstoß gegen die Defizit regeln geboten.

Ökonomisch gesehen könnte ein Liro aufgrund seiner Abwertung Exportvorteile erzielen und innerstaatliche Verkrustungen und fehlendes Produktivitätswachstum kurzfristig lindern. Allerdings wäre dies lediglich eine Symptombehandlung mit erheblichen Nebenwirkungen. Eine importierte Inflation und Bilanzeffekte mit Negativfolgen für die Schuldentilgung auf Eurobasis machen eine tiefe Banken- und Wirtschaftskrise in der gesamten Eurozone wahrscheinlich. Ein Euro-Austritt ist im EUV bislang nicht vorgesehen.

Insofern müsste die Eurozone bereits heute aufgrund dieses möglichen Szenarios die institutionellen Vorkehrungen für ein möglichst geordnetes Austrittverfahren schaffen. Damit wäre das Erpressungspotenzial eingegrenzt und mit der Einführung eines Liro könnte die Eurozone sofort einen Währungsaustritt Italiens vorbereiten.

Literatur

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Fußnoten

1) Siehe Piller (2018a).

2) Der Begriff Minibot leitet sich aus BOTs (Buoni del Tresoro) her. Dies sind kurzlaufende Geldmarktpapiere des italienischen Staates mit einer Laufzeit von zwölf Monaten und einer Stückelung im Mindestwert von 1 000 Euro. Derzeit (Stand 30. Mai 2018)finanziert sich der italienische Staat im Umfang von 113 Milliarden Euro (5 Prozent der Staatsschulden) durch BOTs. Vgl. Lenz (2018), S. 4.

3) Auch der Euro ist ein Kreditgeld, welches auf der Grundlage und der Anbindung über die Mindestreserve an die Zentralbankgeldmenge gekoppelt ist. Während der "Liro" jedoch von der Regierung ausgegeben wird, emittieren die Notenbanken des Eurosystems den Euro. Zur Geldordnung vgl. Huber (2013) und Mayer (2015a).

4) Entwürfe entsprechender Noten bestehen bereits. Siehe Siedenbiedel und Pennekamp (2018).

5) Zu den aktuellen Salden siehe http://sdw.ecb.europa.eu/

6) Siehe hierzu von Petersdorff (2015) sowie Meyer (2015a), S. 270 f.

7) Vgl. ausführlich Meyer (2015b).

8) Zwischen Mai 2010 bis September 2012 führte die EZB ein Anleihekaufprogramm, das Securities Markets Programme (SMP), für finanzschwache Eurostaaten durch. Ab September 2014 folgte der Ankauf forderungsbesicherter Wertpapiere (Asset-Backed Securities Purchase Programme, ABSPP) und gedeckter Schuldverschreibungen (Covered Bonds Purchase Programme, CBPP3) sowie im Januar 2015 das wesentlich erweiterte Kaufprogramm für Vermögenswerte (expanded Asset Purchase Programme, APP) im Volumen von insgesamt zirka 2 550 Milliarden Euro bis September 2018. Über 80 Prozent entfallen auf Ankäufe von Staatsanleihen. Vgl. Deutsche Bundesbank (2017); auch Frühauf (2018a).

9) Die durchschnittliche Fälligkeit der Staatsanleihen liegt bei etwa sieben Jahren. Von März 2018 bis März 2019 werden langfristige Titel von 182 Milliarden Euro fällig. Insofern gibt es keine direkte Gefahr aus der Notwendigkeit einer erheblichen Refinanzierung. Allerdings kommt eine Neufinanzierung nach Bedarf der Reformprogramme durch kurzlaufende Titel von 160 bis 200 Milliarden Euro hinzu. Vgl. Piller (2018b). Zur aktuellen Refinanzierung vgl. auch Lenz (2018).

10) Zu den technischen Problemen einer Neuwährung vgl. ausführlich Meyer (2012a), S. 25 f. So dürfte ein Zeitbedarf von 12 bis 18 Monaten für fälschungssichere Noten und eine vollständige Umstellung aller Automaten als realistisch gelten.

11) Zur Vertragswährung nach einer Währungsumstellung vgl. ausführlich Meyer (2012b).

12) Die Dekretanleihe basiert auf dem präsidentiellen Dekret No. 398 vom 30.12.2003 (veröffentlicht im italienischen Amtsblatt v. 9.03.2004). Zudem können hiernach inneritalienische gerichtliche Entscheidungen international gerichtlich nicht angefochten werden. Siehe www.institutional-money.com/magazin/ (Abrufdatum 28.12.2018).

13) Vgl. hierzu ausführlich Meyer (2015a), S. 264 ff.

14) Vgl. Frühauf (2018b).

15) Dies wird auch dadurch offensichtlich, indem offene Lieferantenrechnungen als verdeckte Staatsschulden gelten.

16) Zum Risiko und den Verwerfungen einer italienischen Staatsinsolvenz mit nachfolgendem Euro-Austritt siehe Lenz (2018).

17) Siehe European Commission (2018), Seite 6. Die Angaben dürften nach oben zu korrigieren sein, da Banken generell ein Interesse an einer Prolongierung haben, um Ausfälle beziehungsweise Wertberichtigungen zu vermeiden.

18) Vgl. Frühauf (2018b).

19) Vgl. Frühauf (2018c).

20) Vgl. Lenz (2018), Seite 9. Siehe auch Zschäpitz (2018). Die französische BNP Paribas weist im Geschäftsbericht 2017 italienische Kredite in Höhe von 154 Milliarden Euro aus, davon 17 Milliarden Euro an Staatskrediten, die Crédit Agricole insgesamt 98 Milliarden Euro. Die Commerzbank hält derzeit italienische Staatsanleihen in Höhe von 9,4 Milliarden Euro, die DZ Bank 6,1 Milliarden Euro und die Deutsche Bank 2,9 Milliarden Euro. Letztere betreibt in Italien ein Filialnetz und hat dort zusätzlich ein Kreditvolumen von zirka 35 Milliarden Euro ausgeliehen. Vgl. Frühauf (2018d).

21) Vgl. hierzu im Detail Meyer (2018) und Mussler (2018). Der ESM als Backstop des Abwicklungsfonds in Höhe von 60 Milliarden Euro ist frühestens 2024 vorgesehen. Er soll dann nicht nur die Mittel für die Bankenabwicklung, sondern auch für kurzfristige Liquiditätshilfen verwenden können.

22) Für einen Änderungsbeschluss der Leitlinie der EZB vom 26. April 2007 über ein transeuropäisches automatisiertes Echtzeit-Brutto-Express-Zahlungsverkehrssystem (Target-2) wäre eine einfache Mehrheit der stimmberechtigten Ratsmitglieder notwendig (Art. 10.2 UAbs. 4 Protokoll (Nr.4)über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank). Auch diese Reform müsste eine Übergangszeit beinhalten.

Prof. Dr. Dirk Meyer Institut für Volkswirtschaftslehre, Helmut-Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg
Prof. Dr. Dirk Meyer , Institut für Volkswirtschaftslehre , Helmut-Schmidt-Universität
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