Nachhaltigkeit ist ein Markt der Zukunft

Eckhard Forst, Foto: NRW.BANK/Christian Lord Otto

Der Präsident des VÖB weist darauf hin, dass die Maßnahmen zum Schutz vor Corona zwar notwendig waren, um Menschenleben zu retten, aber natürlich auch die Wirtschaft stark belastet haben. Forst sieht die Krise als eine Zäsur für Gesellschaft und Wirtschaft. Prioritäten sollten überdacht werden. Doch das habe sich auch schon vor Corona angedeutet, vor allem beim Thema Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit. Laut Autor deuten Umfragen an, dass die Bedeutung dieses Themas für die Menschen in der Pandemie noch gewachsen sei. Auch für Unternehmen werde Nachhaltigkeit zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Dabei gehe es jedoch nicht nur um die Transformation bestehender Unternehmen. Das Thema biete vielmehr auch von Grund auf neue Geschäftsmodelle mit viel Wachstumspotenzial. Eine zentrale Rolle komme bei dem Wandel der Finanzindustrie zu. Vor allem die Förderbanken zeigen laut Forst ein breites Bekenntnis zur Nachhaltigkeit, da sie Teil des gesellschaftlichen Auftrags sei. (Red.)

Seit über einem Jahr bestimmt Corona einen großen Teil des Lebens. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, wurden zeitweise industrielle Produktionsstätten, Gastronomie und Einzelhandel geschlossen, auch Schulen und Kitas erfuhren Einschränkungen. Diese Maßnahmen waren und sind notwendig, um Menschenleben zu schützen. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass sie die Wirtschaft enorm belastet haben. Einige produzierende Unternehmen spüren die Krise weniger, bei anderen dagegen ist die Lage dramatisch. Insgesamt ist die deutsche Wirtschaftsleistung im vergangenen Jahr um fünf Prozent eingebrochen.

Klar ist: Corona ist eine Zäsur für die Gesellschaft ebenso wie für die Wirtschaft. Es ist eine Zeit, in der man die Prioritäten überdenkt und fragt, wie man zukünftig leben und wirtschaften will.

Schon vor Corona hat sich abgezeichnet, dass der Trend dabei in Richtung Nachhaltigkeit geht. Und Umfragen zeigen, dass das Bewusstsein für das Thema während der Pandemie noch gewachsen ist: In einer aktuellen Erhebung der Puls Marktforschung bestätigen 20 Prozent der Befragten, dass Nachhaltigkeit seit Beginn der Corona-Pandemie für sie noch wichtiger geworden sei. So gaben sie an, insbesondere beim täglichen Konsum und bei Reisen verstärkt auf Nachhaltigkeit zu achten.

Gleichzeitig treibt auch die Politik das Thema weiter voran. Seit der Vorstellung des Green Deals im Jahr 2019 hat die EU-Kommission zahlreiche konkrete Teilinitiativen ihrer Nachhaltigkeitsagenda vorgestellt - vom Klimagesetz über die Wasserstoff-Allianz bis zum Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft. Stück für Stück wird das ambitionierte Programm in konkrete Formen und Vorhaben gegossen.

Beides zeigt: Die Gesellschaft bewegt sich in Richtung Nachhaltigkeit - und das mit zunehmender Geschwindigkeit.

Enorme Chancen für die Wirtschaft

Ein zentraler Baustein auf diesem Weg ist die Transformation der Wirtschaft. Nachhaltigkeit wird für Unternehmen zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor und für die Wirtschaft zu einem expansiven Wachstumsfeld.

Dabei geht es zum einen darum, die Bedürfnisse der Kunden in Zukunft weiter befriedigen zu können. Mit dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit verändert sich auch der Konsum. Die Unternehmen, die ihr Geschäft frühzeitig auf die sich wandelnden Kundenwünsche umstellen, sind entsprechend im Vorteil.

Gleichzeitig zeigen Untersuchungen, dass nachhaltig agierende Unternehmen kosteneffizienter sein können. So können durch steigende Ressourceneffizienz Beschaffungs- und Entsorgungskosten reduziert werden. Die Attraktivität für nachhaltigkeitsorientierte Investoren wird erhöht und so Kapitalkosten gesenkt. Nicht zuletzt hat die nachhaltige Ausrichtung auch einen positiven Effekt für Unternehmen als Arbeitgeber: Durch das positive Unternehmensimage und die Stärkung der Arbeitgebermarke erhöht sich die Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt und damit die eigenen Chancen im Wettbewerb um Arbeitskräfte.

Grundsätzlich erschöpft sich das ökonomische Potenzial von Nachhaltigkeit aber nicht in der Transformation bestehender Unternehmen. Vielmehr bietet der Trend Raum für von Grund auf neue Geschäftsmodelle mit enormem Wachstums- und Beschäftigungspotenzial. Klima- und Umweltschutz entwickeln sich zunehmend zu einem Kernthema in den "klassischen" Wirtschaftszweigen wie beispielsweise dem Automobil- oder Maschinenbau. Hier und auch in anderen Branchen gewinnt der Einsatz von Umwelt- und Effizienztechnologien an Bedeutung und entscheidet wesentlich über die Zukunft der Unternehmen. Die Digitalisierung ist dabei ein bedeutender Innovationstreiber: Intelligente Stromnetze, smarte Gebäude, eine digitale Entsorgungslogistik oder ein umfassendes städtisches Mobilitätsmanagement sind nur einige Beispiele, wie digitale Innovationen die Industrie prägen und neue Jobs schaffen können.

Bei der Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit spielt die Finanzindustrie eine zentrale Rolle. Ihre Fähigkeit, Finanzströme in nachhaltige Projekte und Protagonisten zu leiten, ist ein entscheidender Faktor. Gleichzeitig sind Banken Akteure im Wirtschaftskreislauf und leisten durch die nachhaltige Ausrichtung der eigenen Organisation einen weiteren wichtigen Beitrag zur Transformation.

Förderbanken unterstützen die nachhaltige Transformation

Insbesondere bei den Förderbanken gibt es ein breites Bekenntnis zur Nachhaltigkeit, denn sie ist Teil ihres gesellschaftlichen Auftrags. Diesen nehmen sie durch eine Vielzahl an Förderprogrammen und Unterstützungsmaßnahmen für Wirtschaft und Kommunen wahr:

So fördert die Investitionsbank Berlin (IBB) mit einem Bonus nachhaltige Unternehmensgründungen. Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) unterstützt mit ihrem Programm "Effizienzkredit RLP" unter anderem kleine und mittlere Unternehmen. Die Rentenbank wiederum finanziert mit ihrem Förderprogramm "Nachhaltigkeit" Investitionen von landwirtschaftlichen Unternehmen zur Steigerung der Energieeffizienz, Minderung von Emissionen, Förderung des Ökologischen Landbaus und Verbesserung der Tierhaltung. Und auch die NRW Bank bietet ihren Kunden spezielle Förderangebote zur Steigerung der Nachhaltigkeit. So unterstützt sie zum Beispiel mit dem NRW Bank Effizienzkredit gewerbliche Unternehmen bei der Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz sowie beim Lärmschutz und der Luftreinhaltung. Mit dem Programm NRW Bank Elektromobilität werden Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Existenzgründer und -gründerinnen unter anderem beim Erwerb von Elektro-, Brennstoffzellen- und Wasserstofffahrzeugen unterstützt.

Das konkrete Engagement der 19 Förderbanken des Bundes und der Länder ist extrem umfangreich und die vorgestellten Programme sind nur Beispiele dafür, wie Förderbanken nachhaltige Projekte, Organisationen und Unternehmensgründungen fördern.

Gleichzeitig beschränken sich die Förderbanken nicht darauf, die nachhaltige Transformation der Wirtschaft voranzutreiben. Stattdessen arbeiten sie täglich daran, sich selbst nachhaltig aufzustellen. Dazu gehört auch, die eigene Anlagepolitik entsprechend auszurichten. So emittiert zum Beispiel die KfW seit über sechs Jahren grüne Anleihen. Die eingenommenen Gelder fließen in zwei Kreditprogramme der Bank: "Erneuerbare Energie Standard" und "Energieeffizient Bauen". 2019 hat die KfW ihr Green-Bond-Volumen auf acht Milliarden Euro erhöht. Auch die NRW Bank hat ihre Anlagepolitik an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtet. Entsprechend emittiert sie Green Bonds ebenso wie Social Bonds und investiert darüber hinaus in ein gesondertes Sustainable-Investment-Portfolio.

Bewusstsein für das Thema steigt

Wenn man darüber nachdenkt, wie man zukünftig leben und wirtschaften will, dann ist Nachhaltigkeit dabei ein wichtiger Faktor. Das war schon vor der Corona-Pandemie so, doch die Pandemie hat das Bewusstsein für das Thema noch einmal deutlich geschärft und den entsprechenden Initiativen und Projekten neuen Schwung verliehen. Für die Wirtschaft und Unternehmen liegt in der nachhaltigen Transformation eine große Chance. Sie kann sie langfristig wettbewerbsfähig machen.

Beim Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit spielen die Förderbanken des Bundes und der Länder eine zentrale Rolle. Sie unterstützen die nachhaltige Transformation durch ein breites Angebot an Förderprogrammen und Unterstützungsmaßnahmen. Gleichzeitig stellen sie sich selbst als Akteur der Finanzwirtschaft nachhaltig auf.

Förderbanken sind somit Treiber der nachhaltigen Transformation - und das ist gut so, denn sie haben erkannt: Nachhaltigkeit ist ein lohnender Markt der Zukunft.

Eckhard Forst , Präsident, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, e. V., Berlin
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