Planungssichere Geldanlage 2.0 setzt auf konkrete Nachhaltigkeit

Thomas Kruse, Foto: Amundi Deutschland GmbH

Die Herausforderungen für Menschen, die ihre finanzielle Zukunft sichern möchten, sind in der aktuellen Zeit groß, da kein Verlass mehr auf die staatliche Rente gegeben ist. Der Anlagemarkt bietet laut den Autoren für Anleger, die regelmäßig einen bestimmten Beitrag sparen möchten, eine breite Produktpalette an. Doch irgendwann komme auch der Moment, an dem die Sparer ihr Vermögen ausgeben oder daraus feste Auszahlungen generieren wollten. Bankberater können in einer solchen Situation Target-Income-Fonds empfehlen. Neuere Produkte dieser Gattung setzen laut Kruse und Rädler auf mehr Flexibilität in der Anlage, einen stärkeren Fokus auf Kurssteigerungen sowie insbesondere auf die unbedingte Konzentration auf Nachhaltigkeit. Wobei die Schärfung des Fokus auf Kursgewinne nicht nur Rendite bringe und somit höhere Ausschüttungen ermögliche, sondern auch ein breiteres Anlageuniversum und somit mehr Diversifikationspotenzial biete. (Red.)

Rentenreformen, Inflationssorgen, Niedrigzinsen - für Menschen, die in ihre finanzielle Zukunft investieren möchten, ist das Umfeld seit Jahren nicht einfach. Dass die staatliche Rente nicht ausreicht, ist den meisten zwar klar, wie man mit dieser Erkenntnis umgeht aber weniger.

Wer regelmäßig einen bestimmten Betrag sparen möchte, findet am Markt je nach Risikobereitschaft und individuellen Vorlieben eine große Auswahl an Produkten aus der Fonds- beziehungsweise ETF-Welt. Auch die politische Diskussion um die sogenannte Aktienrente betrifft die Ansparphase. Aber irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem Sparer ihr Vermögen entweder gezielt ausgeben oder daraus feste Auszahlungen erhalten möchten, zum Beispiel zur Verbesserung der Einkünfte im Rentenalter. Dann empfehlen Bankberater und freie Anlageexperten Produkte, die planbare Erträge bringen, wie etwa Target-Income-Fonds. Waren das zunächst meist reine Aktienfonds, so kamen später Multi-Asset-Versionen hinzu, die in gut rentierte Anleihen und dividendenstarke Aktien investierten. Die neue Generation der Target-Income-Fonds geht mit veränderten Strategien und einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit einen Schritt weiter und ist damit auch eine Antwort auf sich verändernde Anlegerbedürfnisse.

Die Zeiten haben sich gewandelt: Noch vor drei Jahren hatten viele Privatinvestoren ältere Staatsanleihen oder Corporate Bonds in ihren Portfolios. Es gab keine Inflation und immerhin noch ein bisschen Zinsen. Heute sieht die Welt anders aus und wer im Rentenalter mit regelmäßigen Zuflüssen rechnen will, muss umdenken. Das heißt auch, auf vermeintliche Sicherheiten zu verzichten und in Aktien sowie andere Werte zu investieren. Wer die Chancen solcher Anlagen für sich wahrnehmen möchte, der sollte bereit sein, eine gewisse Volatilität auszuhalten und langfristig denken. Wichtig ist, dass die Ausschüttung, die ein solches Produkt verspricht, auch realistisch ist, damit nicht die Gefahr besteht, Substanz zu verbrauchen. Dabei sollten Anleger bedenken, dass ein zeitweise geringerer Depotwert durch Kursveränderungen nicht gleichbedeutend mit Kapitalverzehr ist.

Abbildung 1: Beispiel für die Zusammenstellung eines nachhaltigen Aktienportfolios Quelle: Amundi

Ein Beispiel: Für das Jahr 2022 können bei Aktien diese Wertentwicklungen erwartet werden:*)

  • Industrieländer: 6,3 Prozent
  • Japan: 5,6 Prozent
  • Schwellenländer: 7,6 Prozent

Strebt ein Fonds vier Prozent Ausschüttung an, so kann er in guten Jahren einen Performancepuffer aufbauen, von dem er dann in schlechteren zehrt. Auch sehr niedrige oder negative Anleihezinsen können damit bei einem adäquaten Risikoprofil ausgeglichen werden.

Die neue Generation der Target-Income-Fonds setzt daher auf drei wichtige Faktoren: Mehr Flexibilität in der Anlage, ein stärkerer Fokus auf Kurssteigerungen sowie die unbedingte Konzentration auf Nachhaltigkeit.

  • Mischfonds werden flexibler und halten mehr Aktien: Im zweiten starken Aktienjahr nach Beginn der Corona-Pandemie hat die globale Orientierung von Mischfonds stark zugenommen. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Ein zukunftsfähiges Anlageprodukt muss alle Diversifikationsmöglichkeiten nutzen können, die die Märkte bieten. Das heißt auch aktuelle Trends mitzunehmen, wie zum Beispiel Technologie oder Wachstum. Dabei hilft eine flexible Strategie, die Absicherung, wie etwa durch Hedging, nutzt und durch ihre Vielfalt auch Stressphasen an den Märkten verkraftet. Es sollte die Anlage in eine große Bandbreite von Aktien möglich sein und auch umgesetzt werden. Das geschieht am besten auf Basis eines fundierten Research-Prozesses, durch den die Manager schnell und gezielt auf Marktveränderungen - wie jüngst durch die Virusvariante Omikron verursacht - reagieren können.
  • Mit Wertentwicklung zu soliden Ausschüttungen: Um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, sollte eine planungssichere Geldanlage nicht nur auf Dividendentitel setzen, sondern auch regelmäßige Ausschüttungen aus Kursgewinnen oder aus dem Verkauf von Papieren im Portfolio sowie realisierten Renditen erwirtschaften. Das Anlageuniversum ist damit nicht eingeschränkt und von vornherein auf bestimmte Sektoren bezogen. So können nun auch etwa Technologieunternehmen aufgenommen werden, die häufig keine Dividenden zahlen. Dabei gilt: Wenn ein Titel keine Dividende zahlt, muss er realistische Renditen abwerfen. Mit einer Kombination von Wertentwicklung und Ertrag ist die Ausschüttung dauerhaft stabiler, als es bei den Vorgängerprodukten der Fall sein konnte. Berechnet auf der Grundlage der zukünftig zu erwartenden Renditen sollte der Anlagehorizont bei einem Target-Income-Fonds mindestens fünf Jahre betragen. Die Erträge fließen dem Anleger meist vierteljährlich zu; eine monatliche Ausschüttung, wie sie etwa in den USA vereinbart werden kann, gibt es in Deutschland bisher nicht.
  • Nachhaltigkeit ist Trumpf: Auch private Investoren legen immer mehr Wert darauf, mit ihrem Vermögen etwas zu bewegen, die Welt ein Stück besser zu machen. Von Vermögensverwaltern wird heute weit mehr erwartet, als nur auskömmliche Renditen zu erwirtschaften. Gleichzeitig sollen sie dafür sorgen, dass die Anlagen auch sinnhaft erfolgen und die Geldströme in grüne oder soziale Projekte leiten. Dafür benötigen sie viel Erfahrung und die nötige Mannschaftsstärke, beispielsweise in der Produktentwicklung oder der Marktanalyse.

Um die passenden Papiere für einen nachhaltigen Target-Income-Fonds zu finden, werden führende Häuser sich nach dem Best-in-Class-Prinzip in einem ersten Schritt nur die bessere Hälfte eines Segments ansehen. Durch ihre hausinternen Research-Abteilungen beobachten und bewerten sie regelmäßig mehrere Tausend Unternehmen und viele Länder auf die Faktoren Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) hin. Für einen Fonds, der langfristig planbare Erträge ausschüttet, sollten nur Titel ausgewählt werden, die sich in einem solchen Ranking bewiesen haben. So gehören beispielsweise Namen, die viel Potenzial haben, aber noch zur Gruppe der sogenannten Improver zählen, hier nicht hinein.

Für ein vielfältig gemischtes Portfolio eignen sich neben grünen Megatrends auch alle anderen ESG-Themen. Jedoch haben innovationsgetriebene Wachstumswerte oft noch nicht die notwendige Marktkapitalisierung, damit aktuell in sie investiert werden könnte.

Abbildung 2: Beispiel für die Implementierung strategischer grüner ESG-Themen (Zeithorizont 1 bis 3 Jahre) Quelle: Amundi. Interne Richtlinien des Fondsmanagement. Diese können sich jederzeit ändern.

Nutzung großer Zukunftstrends

Bei Fonds der nächsten Generation geht es um mehr, als nur einen Haken beim ESG-Rating zu setzen. Sie nehmen ganz konkrete Kernbereiche auf und geben damit den Anlegern die Möglichkeit, sich mit ihren Investments zu identifizieren. Das geht umso leichter, je nachvollziehbarer ein Thema ist.

Engagements in Sachen Umwelt sind auch in großen Portfolios gut möglich, weil das investierbare Universum schon recht ausgereift ist. So haben Fondsmanager unter der Überschrift Erneuerbare Energien die gesamte Lieferkette zur Auswahl. Nicht nur in Versorger oder Windparkbetreiber, sondern auch in spezialisierte Konstruktionsfirmen und Entwickler, wie in Hersteller von Untersee-Stromkabeln. Oder beim Stichwort Recycling: Neben Recyclingunternehmen kommen hier auch Hersteller und Betreiber von Leergut-Automaten in Betracht. Weiter geht es mit dem Thema Bioplastik und Produzenten biologisch abbaubarer Kunststoffe, aber auch mit Herstellern von Plastik, das Biobestandteile enthält. Das sind in der Regel nachwachsende Rohstoffe, wie etwa Mais oder Zuckerrohr.

Einen ebenfalls interessanten Bereich finden die Spezialisten im Baugewerbe. Renovierung statt Neubau gehört zu den wichtigen Trends in diesem Segment. Ein Beispiel: Wenn die Bauindustrie ein Land wäre, würde es zu den größten CO2 -Produzenten der Welt gehören. In Europa werden mehr als 30 Prozent des CO2 -Ausstoßes von der Bauindustrie erzeugt. Dazu gehört die Zementindustrie, aber auch die schlechte Dämmung älterer Häuser trägt dazu bei.

Eine Lösung dieses Problems bieten Unternehmen, die neue Möglichkeiten entwickeln, wie etwa die, aus Bauschutt den alten Zement zu recyclen und damit den sogenannten R-Cement zu gewinnen. Auch Firmen, die dabei helfen, bestehende Wohnungen und Gebäude "smarter" zu machen, passen in ein nachhaltiges Target-Income-Portfolio. So lässt sich der Energieverbrauch effizienter gestalten, wenn Heizungen sich den Lebensgewohnheiten anpassen oder Rollos je nach Außentemperatur hoch- oder runterfahren.

Die Verantwortlichen führender Fonds sind ständig auf der Suche nach neuen, innovativen Projekten. Dazu arbeiten Fondsmanager mit den Kollegen aus dem Research und externen Datenlieferanten eng zusammen. Der Markt wird ständig analysiert. Enger Kontakt mit Geschäftsführung und den Investor-Relations-Abteilungen vielversprechend erscheinender Unternehmen gehören zu ihrem Arbeitsalltag.

Drei besonders spannende Themen, in die hoffentlich schon bald investiert werden kann, sind:

  • Vertikale Landwirtschaft: Durch die fortschreitende Versiegelung der Flächen haben Landwirte immer weniger Platz zum Anbau von Getreide oder Gemüse. Vertikale Landwirtschaft nutzt unter anderem alte Lagerhallen, um die Felder von der Horizontalen sozusagen aufzustellen. Zur Bewirtschaftung werden spezielle Geräte und Maschinen gebraucht, etwa für die Bewässerung, Pflege der Felder und Ernte. Dazu kommt eine neue Form der automatisierten Lagerhaltung, auch als Warehouse Automation bezeichnet.
  • Tierproteine: Wie wird die Fisch- und Fleischproduktion der Zukunft aussehen? Fische aus Aquakultur haben den geringsten CO2 -Ausstoß, Rinderhaltung den höchsten. Aber die Tiere beispielsweise in Lachsfarmen sind durch die beengten Verhältnisse eher von Parasiten wie der Lachslaus bedroht. Innovativ arbeitende Firmen bewegen die Populationen deshalb von Gewässer zu Gewässer und lassen einzelne Wasserbecken eine Zeit lang leer stehen. So können sie Antibiotika reduzieren.

Auch die Frage, wie Insekten ohne Pestizide gezüchtet werden können und wie man sie zu auch für westliche Gaumen schmackhaft zubereiten kann, bewegt die Fondsmanager.

  • Living Wage: Im Bereich Soziales und Unternehmensführung sind besonders solche Namen interessant, die in das Arbeitsumfeld und die Lebensbedingungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren. Das Angebot reicht von einer angemessenen Menge an Wasserspendern und Sanitäranlagen bis hin zum Bau von Kindergärten. Gerade im Luxussegment der Bekleidungsindustrie verpflichten sich einige Firmen nun endlich, Löhne zu bezahlen, die zum Leben in den Produktionsländern reichen.

Produktentwicklung durch Anlegernachfrage geprägt

Der Wunsch nach mehr Planungssicherheit für die private Altersvorsorge ist groß. Ebenso fragen aber immer mehr Menschen danach, ob ihr Geld auch sinnstiftend angelegt wird. Eine Kombination aus regelmäßigen Erträgen mit strengen und transparent nachvollziehbaren ESG-Faktoren deckt diesen Bedarf. Vermögensverwalter werden weiter daran arbeiten, passende Lösungen für eine Welt im Wandel anbieten zu können. So könnte es zukünftig ein Baukastenmodell mit unterschiedlichen Ausschüttungsvarianten und wechselnden Anlagestrategien geben. Je nach Lebensphase könnten damit Risikoprofile flexibel angepasst werden. Auch Fonds, die monatlich ab sofort oder ab einem Zeitpunkt in der Zukunft einen bestimmten festen Betrag ausschütten, sind schon in der Entwicklungsphase.

Ein weiteres Zukunftsthema ist der geplante Vermögensverzehr, auch Entsparen genannt. Eine solche Lösung ist dann geeignet, wenn der regelmäßige Geldbedarf höher ist, als er mit der Erhaltung des Kapitals sein kann oder das Restkapital nicht vererbt werden soll.

Bei allen denkbaren neuen Produkten wird das Thema Nachhaltigkeit immer einen festen Platz haben. Es ist denkbar, dass es Anlagen ohne die Berücksichtigung von ESG-Faktoren zukünftig immer weniger geben wird. So wird Nachhaltigkeit zum Mainstream. Der Weg ist schon angelegt: Standards und Transparenz nehmen zu, die Industrie wird grüner und das investierbare Universum immer größer.

Fußnote

*) Asset Class Return Forecasts - Q4 2021, Amundi Research Center

Thomas Kruse , CIO , Amundi Deutschland GmbH, München
Joachim Rädler , Portfoliomanager , Amundi Deutschland GmbH, München

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