RWA-Marge als Topkennzahl für die Bankbilanzanalyse

Abbildung 1: Zusammenhang zwischen RWA-Marge, Kernkapitalquote und Kernkapitalrentabilität

Dr. Thomas Padberg, Paphos, Zypern - Die Kernkapitalrentabilität oder auch Eigenkapitalrentabilität als maßgebliche Kennzahlen der Kreditwirtschaft heranzuziehen, hält der Autor insofern für nicht ausreichend, als deren Höhe nicht nur vom operativen Erfolg abhängt, sondern durch eine Veränderung der Kernkapitalquote maßgeblich beeinflusst werden kann. Er plädiert deshalb für die RWA-Marge als Maßzahl für den operativen Erfolg. Dieser Größe bescheinigt er eine Eignung und Anwendbarkeit im internen Segmentvergleich ebenso wie im externen Bankvergleich. Angesichts der Berücksichtigung von Risiken aus unterschiedlichen Geschäftsmodellen sieht er auch die globale Vergleichbarkeit gewährleistet. Er präsentiert seine Überlegungen am Beispiel zweier hiesiger Großbanken sowie einer Spezialbank für Immobiliengeschäfte. (Red.)

Um eine Bank wirkungsvoll mit anderen Banken vergleichen zu können, sind wenn möglich nur wenige Kennzahlen heranzuziehen. Zwei Kennzahlen sind dabei von besonderer Bedeutung für die Beurteilung einer Bank:

- das operative Ergebnis als Maßzahl für den operativen Erfolg einer Bank und

- die bankaufsichtsrechtliche Eigenkapitalausstattung. Es gilt:

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Erweitert man Zähler und Nenner um die risikogewichteten Aktiva, ergibt sich:

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oder umgestellt:

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Zwei wichtige Erfolgskennzahlen

Es lassen sich damit zwei Kennzahlen definieren, die entscheidend für die Verzinsung des eingesetzten Kernkapitals sind:

1. die RWA-Marge (Risk-Weighted-Assets-Marge) als Maß für den operativen Erfolg einer Bank und

2. die Kernkapitalquote

Zudem ist als dritter Faktor die Stabilität der RWA-Marge zu nennen. Je stabiler diese ist, umso besser. Historisch lag die Citigroup vor der Finanzkrise bei 3,5 Prozent RWA-Marge. Da diese im Geschäftsmodell der Citigroup sehr volatil war, rutschte sie in der Krise in den negativen Bereich. Banken mit stabiler RWA-Marge sind insofern aus Risikogründen vorzuziehen.

So lag die Deutsche Bank vor der Finanzkrise bei einer RWA-Marge von rund 2 Prozent, während Sparkassen und Genossenschaftsbanken nur bei 1,3 Prozent beziehungsweise 0,8 Prozent lagen. Letztere waren aber weitaus stabiler und wurden auch durch die Finanzkrise nicht allzu stark beeinflusst, während die Deutsche Bank hohe Verluste schrieb.

Die Kernkapitalrentabilität hängt damit nicht nur vom operativen Erfolg der Bank ab, sondern maßgeblich auch von der Höhe der Kernkapitalquote. Abbildung 1 zeigt diesen Zusammenhang.

Eine Kernkapitalrentabilität von 10 Prozent lässt sich somit auf vielfältige Art erzielen, etwa:

- mit einer operativen Marge von 0,6 Prozent und einer Kernkapitalquote von 6 Prozent,

- mit einer operativen Marge von 1,2 Prozent und einer Kernkapitalquote von 12 Prozent.

Globale Vergleichbarkeit

Eine Kernkapitalrentabilität oder auch Eigenkapitalrentabilität als Topkennzahl ist deshalb abzulehnen, da ihre Höhe nicht nur vom operativen Erfolg abhängt, sondern durch eine Veränderung der Kernkapitalquote maßgeblich beeinflusst werden kann.

Beispiel:

Situation vorher:

Operative Marge = 1,2 Prozent und

Kernkapitalquote = 12 Prozent => Kernkapitalrentabilität = 10 Prozent

Situation nachher:

Operative Marge = 1,2 Prozent und

Kernkapitalquote = 6 Prozent => Kernkapitalrentabilität = 20 Prozent

Als Maßzahl für den operativen Erfolg ist damit die RWA-Marge heranzuziehen. Diese ist im internen Segmentvergleich anwendbar wie auch im externen Bankvergleich. Da sie die Risiken aus unterschiedlichen Geschäftsmodellen berücksichtigt, lässt sie sich somit global vergleichen.

Selbstverständlich lässt sich anmerken, dass die risikogewichteten Aktiva Schwachpunkte aufweisen. Allerdings stellen sie die aufsichtsrechtlich geforderten Werte dar und sind somit - ob Schwachpunkte oder nicht - für die Banksteuerung entscheidend.

Kritisch wird die Situation für eine Bank dann, wenn sie bei schwacher und volatiler RWA-Marge eine niedrige Kernkapitalquote aufweist. In diesem Fall droht ein Sanierungsfall oder schlimmstens die Insolvenz. Je stabiler die RWA-Marge ist, umso geringer kann die Kernkapitalquote sein. Insofern ist der Idealfall eine Bank mit hoher, stabiler RWA-Marge bei nicht allzu hoher Kernkapitalquote, da diese ansonsten negativ auf die Kernkapitalrentabilität wirkt.

Analyse der Segmentdaten

Trotz aller Probleme der Segmentberichterstattung sollen im nächsten Schritt die Segmentdaten der Banken analysiert werden. Dabei werden die Segmentergebnisse unkritisch übernommen. Die genannten Einflussfaktoren bleiben natürlich bestehen, sodass die Ergebnisse insofern mit Vorsicht zu interpretieren sind. Die Aareal Bank beispielsweise liefert hierzu keine Daten, sodass eine Beschränkung auf Commerzbank und Deutsche Bank erfolgt. Bei der Commerzbank wurden die risikogewichteten Aktiva dabei indirekt aus dem durchschnittlich gebundenen Eigenkapital und der Kernkapitalquote von 9 Prozent (Geschäftsbericht 2014, Seite 195) berechnet (Tabellen 1 und 2).

Bei der Commerzbank erreicht das Segment Central & Eastern Europe die höchste RWA-Marge. Hierbei ist zu bemerken, dass dieses Segment beispielsweise 2010 nur bei einer RWA-Marge von 0,23 Prozent lag und 2009 sogar ein stark negatives Ergebnis aufwies. Es handelt sich somit um ein rentables, aber instabiles Geschäftsfeld.

Die Segmente Mittelstandsbank und Corporates & Markets weisen die nächsthöchsten RWA-Margen auf. Während die Mittelstandsbank auch 2009 profitabel war, wies auch Corporates & Markets 2009 Verluste aus. Somit ist die Mittelstandsbank die profitabelste stabilste Sparte der Commerzbank, während Corporates & Markets sowie Central & Eastern Europe starken Schwankungen unterliegen. Schwächstes operatives Segment ist die Privatkundensparte. Aufgrund der Übernahme der Dresdner Bank war diese Sparte 2009 in der Umstrukturierung. Ein langfristiger Vergleich ist somit nicht möglich. Grundsätzlich sollte es sich aber um ein stabileres Geschäftsfeld handeln.

Beispiel Deutsche Bank

Die höchsten RWA-Margen erreicht die Deutsche Bank in den Segmenten Global Transaction Banking und Deutsche Asset & Wealth Management. Es handelt sich jeweils um nicht banktypische Segmente, was sich in im Vergleich geringeren Belastungen mit den risikogewichteten Aktiva zeigt. Ein entsprechender Ausbau ist somit wahrscheinlich nicht möglich.

Die Segmente Corporate Banking & Securities und Private & Business Clients stellen hingegen das banktypische Geschäft dar. Es fällt auf, dass die RWA-Marge in beiden Bereichen nahezu gleich ist. Auch beispielsweise 2012 lagen die RWA-Margen mit 2,30 Prozent und 2,10 Prozent nahezu gleichauf. 2008 lag dagegen die RWA-Marge im Bereich Corporate Banking & Securities bei minus 3,62 Prozent, während die Sparte Private & Business Clients bei plus 2,52 Prozent lagen. Die Trennung von der Postbank beinhaltet somit die Trennung von der stabileren, aber nicht stark weniger rentablen Sparte als dem Investment Banking. Allerdings ist die Sparte Private & Business Clients weitaus kleiner als die Sparte Corporate Banking & Securities.

Bezogen auf die Gesamtbank, ergeben sich folgende Vergleichswerte. Die Deutsche Bank erreicht eine RWA-Marge von 0,79 Prozent verglichen mit der Commerzbank von 0,29 Prozent. Die Aareal Bank kommt hier auf 436*/ 13588** = 3,19 Prozent (* Geschäftsbericht 2014, S. 98; ** Geschäftsbericht 2014, S. 212). Somit liegt die Hypothekenbank Aareal Bank weit vor Deutscher Bank und Commerzbank. Insbesondere hier zeigt sich der Vorteil der RWA-Marge als Beurteilungsmaßstab, da die Risikogewichtung der Hypothekenbankkredite eingeht, die bei der "normalen" Marge Ergebnis zu Bilanzsumme keine Berücksichtigung findet.

Im Vergleich kommt Goldman Sachs bei risikogewichteten Aktiva von 570 313 Millionen US-Dollar (Annual Report 2014, Seite 176) auf ein Vorsteuerergebnis von 12,357 Milliarden US-Dollar (Annual Report 2014, Seite 98), was einer RWA-Marge von 2,17 Prozent entspricht. Die Deutsche Bank müsste ihr Vorsteuerergebnis somit nahezu verdreifachen, um die gleiche RWA-Marge zu erreichen. Wohlgemerkt bei gleicher Höhe der risikogewichteten Aktiva.

Bei einer RWA-Marge von 2,17 Prozent müsste die Deutsche Bank ein Vorsteuerergebnis von 8,549 Milliarden Euro erzielen. Bei Erträgen 2014 von 31,949 Milliarden Euro müssten diese entsprechend um 5,433 Milliarden Euro steigen bei konstanten Aufwendungen, ein Anstieg von 17 Prozent. Oder - alternativ - dieselben Erträge müssten bei 5,433 Milliarden Euro geringeren Aufwendungen erzielt werden. Dies entspricht einem Rückgang von 19 Prozent.

Drei Subkennzahlen

Neben der RWA-Marge als Topkennzahl lassen sich auch weitere Kennzahlen berechnen, die allerdings nicht denselben Aussagegehalt wie die RWA-Marge haben.

Die risikogewichteten Aktiva bestehen aus den Adressrisiken, den Marktpreisrisiken und den operativen Risiken. Eine genaue Zuordnung von Erträgen oder Ergebnisbestandteilen zu diesen drei Risikoarten lässt sich nicht finden, allerdings können folgende Zuordnungen gefunden werden:

- Adressrisiken führen weitestgehend zum Zinsergebnis;

- Marktpreisrisiken führen überwiegend zum Handelsergebnis;

- Operationelle Risiken entstehen aus dem Personal, also aus den zinsunabhängigen Aufwendungen.

Entsprechend lassen sich folgende drei Subkennzahlen bilden:

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Die Deutsche Bank (Geschäftsbericht 2014, Seite 269) gibt folgende Werte für ihr Haus an (Tabelle 3):

Der Zinsüberschuss betrug 2014 rund 14,272 Milliarden Euro (Geschäftsbericht 2014, Seite 349), das Handelsergebnis 4,407 Milliarden Euro (Geschäftsbericht 2014, Seite 396) sowie die zinsunabhängigen Aufwendungen 27,699 Milliarden Euro (Geschäftsbericht 2014, Seite 349). Daraus geben sich folgende Margen:

Zinsmarge = 14272 / 262678 = 5,43 Prozent

Handelsmarge = 4407 / 64209 = 6,86 Prozent

Operationelle Risikomarge = 27699 / 67082 = 41,29 Prozent

Diese Werte lassen sich nicht miteinander vergleichen, sondern nur im Institutsvergleich.

Commerzbank und Aareal Bank

Die Commerzbank (Geschäftsbericht 2014, Seite 114) gibt folgende Werte für ihr Haus an (Tabelle 4):

Der Zinsüberschuss betrug 2014 rund 5,607 Milliarden Euro (alle Geschäftsbericht 2014, Seite 147), das Handelsergebnis 377 Millionen Euro sowie die zinsunabhängigen Aufwendungen 6,926 Milliarden Euro. Daraus geben sich folgende Margen:

Zinsmarge = 5607/ 174000 = 3,22 Prozent Handelsmarge = 377/ 20000 = 1,89 Prozent Operationelle Risikomarge = 6926/ 22000 = 31,48 Prozent

Die Aareal Bank (Geschäftsbericht 2014, Seite 212) gibt folgende Werte für ihr Haus an (Tabelle 5):

Der Zinsüberschuss betrug im Jahr 2014 rund 688 Millionen Euro (alle Geschäftsbericht 2014, Seite 98), das Handelsergebnis 2 Millionen Euro sowie die zinsunabhängigen Aufwendungen 439 Millionen Euro.

RWA-Marge: für Bankvergleiche untereinander geeignet

Daraus geben sich folgende Margen:

Zinsmarge = 688 / 13688 = 5,03 Prozent

Handelsmarge = 377 / 20000 = 0,40 Prozent

Operationelle Risikomarge = 439 / 1307 = 33,59 Prozent

Die Deutsche Bank erreicht bei allen drei Werten höhere Prozentsätze als die Commerzbank. Während dies bei Zins- und Handelsmarge positiv ist, ist es bei der operationellen Risikomarge negativ. Hier wirken sich die hohen Prozessrisiken aus, die die zinsunabhängigen Aufwendungen stark gesteigert haben.

Überraschenderweise liegt die Aareal Bank bei der Zinsmarge nahe an der Deutschen Bank. Hier wirkt sich die Risikogewichtung der Kreditrisiken aus, die bei der Berechnung der "normalen" Zinsmarge (Zinsüberschuss zu Forderungen/Verbindlichkeiten) keine Berücksichtigung findet. Unter Einbeziehung der Risikogewichtung liegt das Hypothekenbankgeschäft nahe am Geschäft der Deutschen Bank.

Bei der operationellen Risikomarge liegen dagegen Commerzbank und Aareal Bank dicht beieinander. Handelsmarge von Commerzbank und Aareal Bank sind hingegen nahezu bedeutungslos, da die absoluten Werte keine große Bedeutung für die Bankergebnisse haben.

Zins-, Handels- und operationelle Risikomarge: bedingt geeignet

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die RWA-Marge als Maß für den operativen Erfolg einer Bank und für Bankvergleiche untereinander geeignet ist. Bei den weiterhin vorgestellten Kennzahlen Zinsmarge, Handelsmarge und operationelle Risikomarge sollte hingegen mit einer gewissen Vorsicht vorgegangen werden, da Zähler und Nenner dieser Kennzahlen nicht immer in einem sinnvollen Zusammenhang stehen.

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