Soziale Konsequenzen von Geldwäsche

Dr. Christoph H. Winnefeld, Foto: Ch. H. Winnefeld

Organisierte Kriminalität ist regelmäßig mit dem Versuch verbunden, die durch kriminelle Machenschaften erlangten Gelder in den normalen Geldkreislauf einzuschleusen. Stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist die Geldwäsche in den vergangenen Jahrzehnten nicht zuletzt mit der Einbindung der Banken in die Aufklärungsarbeit der Aufsichtsbehörden bei der Verfolgung solcher Straftaten. Die Autoren lenken den Blick auf die sozialen Folgen der Geldwäsche für die Gesellschaft. Sie verweisen dabei auf einen unheilsamen Kreislauf, nämlich gewaschenes Geld häufig wieder in neue kriminelle Handlungen zu reinvestieren, die dann wiederum soziale Konsequenzen für die Gesellschaft nach sich ziehen. Auch wenn sich das Ausmaß der sozialen Konsequenzen der Geldwäsche auf den ersten Blick nicht offenbart, halten sie es für viel gravierender als erwartet. (Red.)

Geldwäsche ist kein neues Phänomen. In Deutschland wurde mit dem Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) bereits 1992 der Straftatbestand der "Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte" als neuer § 261 in das Strafgesetzbuch eingefügt. Die Kriminalisierung der Geldwäsche wurde zum Teil durch den US-amerikanischen "Krieg gegen Drogen" beeinflusst und bot eine neue Methode zur Verurteilung von Kriminellen durch die Nachverfolgung des Geldflusses. Obwohl der Akt der Geldwäsche an sich technisch harmlos ist, bringt er verschiedene Arten von Risiken mit sich.

Keine einheitliche Definition

Im Folgenden wird geklärt, inwieweit Geldwäsche die Gesellschaft beeinflusst und welche sozialen Folgen Geldwäsche hat. Um die sozialen Folgen der Geldwäsche jedoch vollständig zu erfassen, ist es wichtig zu verstehen, was Geldwäsche genau bedeutet.

Es gibt keine einheitliche Definition von Geldwäsche. Der Begriff beschreibt jedoch im Allgemeinen einen Prozess, bei dem illegal erworbene Gelder so transferiert und transformiert werden, dass die Geldquelle nicht mehr ersichtlich ist. Auf diese Weise kann der Besitzer das scheinbar legitime Geld verwenden, ohne zu riskieren, dass es mit der zugrunde liegenden illegalen Handlung in Verbindung gebracht wird. Um unentdeckt zu bleiben, müssen Kriminelle ihren unrechtmäßigen Einnahmen den Anschein legitimer Herkunft geben. Geldwäsche hilft, die unrechtmäßig erworbenen Gewinne zu verbergen und lässt sie als legale monetäre Ressourcen mit kaum einer Spur zu der ursprünglichen Quelle erscheinen.

Geldwäsche ist zu einer eigenständigen kriminellen Wirtschaftsaktivität geworden und kann als das wichtigste Instrument angesehen werden, um organisierte Kriminalität lukrativ zu machen. Geldwäsche transformiert potenzielle in reale Kaufkraft. Die Täter können so die Früchte ihrer Verbrechen ernten und die illegal gewonnenen Mittel - ohne Verdacht zu erregen - investieren, konsumieren oder sparen.

Geldwäsche ist ein Prozess, der generell in drei Phasen unterteilt werden kann: Einspeisung, Verschleierung und Integration. Illegal erworbene Gelder werden so in scheinbar rechtmäßig erworbene, verwendbare Gelder umgewandelt.

Funktionsweise in drei Phasen

Die Einspeisung ist die erste Phase. Hier werden die unrechtmäßig erworbenen Gewinne erstmals in das Finanzsystem eingeführt. Die Täter können Einrichtungen wie Kinos, Casinos oder die Beteiligung an Unternehmen mit fiktiven Rechnungen nutzen, um ihre Gewinne zu waschen. Eine weitere Möglichkeit ist die Einspeisung in das Bankensystem durch Bargeldeinzahlungen oder Scheckeinlösung.

Die zweite Phase ist die Verschleierung. Das Hauptziel dieser Phase ist es, die Mittel von ihrer Quelle zu trennen. Dies geschieht durch verschiedene Transaktionen, Bewegungen und Umwandlungen der Mittel, um die Verbindung des Geldes mit der ursprünglichen Straftat zu verschleiern. Hierdurch kann das Geld seine Form verändern und auch durch verschiedene Länder mit unterschiedlichen Währungen fließen.

Die dritte und letzte Phase wird bezeichnet als Integration. In dieser Phase werden die nun als rechtmäßig erscheinenden Gelder wieder dem Geldwäscher zugeführt, der sie anschließend zur freien Verfügung hat.

Schwierige Identifizierung der Opfer

Die Straftat der Geldwäsche selbst verursacht keinen direkten Schaden; der Prozess erscheint relativ harmlos. Es ist jedoch bemerkenswert, dass es im Gegensatz zu den meisten anderen Straftaten schwieriger ist, die Opfer der Geldwäsche zu identifizieren. Im Gegensatz zu einem Raub oder einem Diebstahl, bei dem klar ist, wer das Opfer ist, ist diese Identifizierung bei Geldwäsche komplizierter.

Geldwäsche ist Teil eines Zyklus; sie ist immer Folge einer früheren Straftat. Der Grund für die Notwendigkeit der Geldwäsche ist, dass illegales Handeln aus Profitstreben nur dann nützlich ist, wenn der Täter in der Lage ist, den Nutzen zu ernten, ohne sich dabei selbst zu belasten. Die durch Straftaten erworbenen Mittel können nicht einfach - ohne Verdacht zu erregen - in das Finanzsystem eingebracht werden. Für den Täter sind die Mittel praktisch nutzlos, bis sie von ihrer Herkunft entfernt werden. Erst dann haben sie tatsächliche Kaufkraft. Unabhängig von der Herkunft der Gelder ist Geldwäsche also immer das Ergebnis einer Form von Kriminalität. Nach der Integration bleibt dem Täter scheinbar sauberes Geld zu seiner Verfügung. Wenn gewaschenes Geld teilweise in Straftaten reinvestiert wird, wird es zu einem Brennstoff für weitere Straftaten. Geldwäsche ist somit ein Verbrechen, das sehr wahrscheinlich weitere Straftaten fördert.

In der Literatur werden 25 mögliche Konsequenzen von Geldwäsche diskutiert. (siehe Abbildung). Viele der Konsequenzen der Geldwäsche treten dabei nicht sofort oder kurzfristig ein, sondern stellen eine langfristige Gefahr für Wirtschaft, Gesellschaft und Politik dar.

Unabhängig davon, welche Art von Kriminalität Geldwäsche nötig macht, wird sie soziale Folgen haben. Selbst bei Wirtschaftskriminalität, bei der keine illegalen Produkte oder Dienstleistungen hergestellt beziehungsweise erbracht werden, schadet Geldwäsche der Gesellschaft. So sind die sozialen Folgen durch ein vermindertes Staatseinkommen zu spüren, was wiederum bedeutet, dass die Staatsausgaben sinken. Insbesondere staatliche Investitionen in Schulen, Gesundheitswesen und Infrastruktur sind davon betroffen. Viele werden gezwungen sein, mehr zu zahlen oder mit abnehmendem Wohlstand zu kämpfen, während wenige von ihren persönlichen Gewinnen profitieren.

Kettenreaktion mit vielen sozialen Folgen

Besonders Einkünfte aus Drogenkriminalität erfordern ein hohes Maß an Geldwäsche. Wenn Geldwäsche einfach umzusetzen ist, wird der Drogenhandel zunehmen. Die sozialen Folgen von Drogenkriminalität sind schwerwiegend, insbesondere auch für Nichtnutzer. Wenn mehr Drogen verkauft werden, bedeutet dies eine Zunahme an Drogenkonsumenten und folglich mehr Süchtige. Daraus entsteht eine Kettenreaktion mit vielen sozialen Folgen.

Mehr Drogenkonsumenten bedeuten mehr Gesundheitskosten und mehr Zeit für Ärzte und Krankenschwestern, die sich um suchtkranke Patienten kümmern müssen. Darüber hinaus bedeutet ein Anstieg der Zahl der Drogenkonsumenten auch Produktivitätsverluste durch vorzeitige Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit, welche die Gesellschaft belasten. Drogenkonsum ist häufig mit einer Zunahme von Beschaffungskriminalität verbunden. Dies wird wiederum eine stärkere Strafverfolgung erfordern. Die Ausgaben für Justiz und Strafvollzug, aber auch die Mittel zur Bekämpfung des Suchtkonsums werden steigen, was wiederum vom Steuerzahler getragen wird. Auch neigen Drogenabhängige zu höheren HIV-Infektionsraten, was wiederum das Gesundheitssystem belastet.

Differenzierung sozialer Kosten

Eine Studie der Fachabteilung für Bürgerrechte und konstitutionelle Angelegenheiten des Europäischen Parlaments differenziert die folgenden sozialen Kosten, die durch Kriminalität entstehen:

Erstens die Kosten, die sich aus der bloßen Antizipation von Verbrechen ergeben. Dazu gehören alle Aufwendungen wie Versicherungskosten, Abwehrkosten und Verwaltungskosten der Versicherung. Es handelt sich um Opportunitätskosten, da die Zeit, in der die Administratoren an Versicherungsfällen arbeiten, auf eine andere, produktivere Weise hätte genutzt werden können, die für die Gesellschaft einen höheren Nutzen hätte haben können und somit zu einer Steigerung des Wohlstands geführt hätte.

Zweitens die Kosten als Folge von Kriminalität. Damit sind alle gestohlenen oder beschädigten Waren sowie körperliche und emotionale Schäden der Opfer gemeint. Zu erwähnen sind hier auch Verbrechen wie menschliche Ausbeutung, Menschenhandel, Sklaverei, illegale Prostitution, die alle gegen die Menschenrechte verstoßen und immense Folgen für die geistige und körperliche Gesundheit der Opfer und ihre Familien haben. Dies führt zu Produktivitätseinbußen durch Fehlzeiten und die gestiegenen Kosten des Gesundheitswesens zur Behandlung von Verletzungen und psychischen Störungen der Patienten.

Schließlich gibt es noch die Kosten als Reaktion auf Kriminalität. Dies betrifft Steuern zur Finanzierung erhöhter Polizeikosten und Kosten der Strafjustiz sowie des Strafvollzugs (zum Beispiel den Neubau von Gefängnissen).

Um Geld zu waschen, kaufen Täter oft Waren zu überhöhten Marktpreisen. Der Immobiliensektor scheint besonders anfällig hierfür zu sein. Für angehende Hausbesitzer oder Investoren im Allgemeinen kann die künstliche Preiserhöhung gravierende Folgen haben und das Leben unerschwinglich machen. Hausbesitzer zu werden ist ein wichtiger Teil der Armutsminderung; viele Menschen können jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt oder gar nicht mehr ein Eigenheim kaufen.

Konsequenzen in Entwicklungsländern

Da immer mehr Kriminelle Vermögenswerte kaufen, um die tatsächliche Herkunft ihres Vermögens zu verschleiern, führt dies zu unlauterem Wettbewerb, da sie über mehr Mittel verfügen und, wie eben erwähnt, auch bereit sind, Preise über Marktniveau zu bezahlen. Ein Extremfall ist, wenn ganze Unternehmensbereiche von kriminellen Geschäften übernommen werden und illegale Gewerbe rechtmäßige Tätigkeiten verdrängen.

Für Entwicklungsländer können die sozialen Konsequenzen der Geldwäsche so weitreichend sein, dass sie die Länder in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung behindern. Entwicklungsländer suchen nach Finanzinvestitionen und lockern teils ihre Vorschriften, um ausländische Direktinvestitionen anzuziehen. Auf diese Art können sie dabei auch unrechtmäßig erworbene Gewinne anlocken. Bei gelockerter Regulierung hoffen diese Länder darauf, von den höheren Renditen der Investitionen zu profitieren. Sie profitieren von der Zunahme der Investitionen, wenn der Geldfluss steigt.

Dieses Phänomen ist jedoch in der Regel von kurzer Dauer und kann den Cashflow sogar verschlechtern. Dies geschah beispielsweise 1995 auf den Seychellen, als dort ihre Vorschriften für Investoren gelockert wurden. Kriminell erlangtes Geld wurde praktisch auf die Insel eingeladen. Im Gegenzug litt die finanzielle Glaubwürdigkeit. Die Vorstellung, dass auf den Seychellen mehr kriminelles Geld investiert werden könnte, hat dann andere Investoren abgeschreckt und das Land mit weniger Investitionen als zuvor zurückgelassen.

Ausländische Direktinvestitionen sind wichtig, weil sie nicht nur der Wirtschaft durch eine höhere Produktion mit moderner Technologie helfen, sondern auch andere potenzielle Spill-Over-Effekte haben, die sich beispielsweise auf die Löhne der Arbeitnehmer oder ihre Arbeitsbedingungen auswirken können. Anstatt also als Gesellschaft von Kapitalzufluss zu profitieren, besteht die Gefahr, dass sie stattdessen negativ beeinflusst wird.

Langsame Zerstörung sozialer Werte

Dazu kommt, dass Korruption für Entwicklungsländer ebenso außerordentlich stark ihr Wirtschaftswachstum und die Stabilität behindert. Eine Studie der Weltbank aus dem Jahr 2010 zeigt, welche Folgen unrechtmäßig erworbenes Geld für die Wirtschaft und Gesellschaft haben kann. Malawi, ein Land mit niedrigem Einkommen, ist einer massiven Korruption ausgesetzt, die wiederum seine wirtschaftliche Entwicklung behindert. Das Kapital, das zur Unterstützung von Entwicklung und Armutsbekämpfung eingesetzt wird, wird in die Hände weniger umgelenkt, während viele mit den negativen Folgen leben müssen. Hier besteht die Gefahr, dass Kriminalität und Korruption, sobald sie Fuß gefasst haben, ganze Wirtschaftsbereiche übernehmen oder die Politik untergraben und soziale Werte langsam zerstören können.

Geldwäsche ist kein Verbrechen mit einem oder mehreren auserwählten Opfer(n), sondern es gibt viele Parteien, die dabei geschädigt werden. Die Konsequenzen der Geldwäsche sind nicht nur auf ein Land beschränkt. Sie muss daher als eine globale Bedrohung angesehen und damit auf globaler Ebene angegangen werden. Auch wenn sich das Ausmaß der sozialen Konsequenzen der Geldwäsche auf den ersten Blick nicht offenbart, ist es doch viel gravierender als erwartet.

Dr. Christoph H. Winnefeld CAMS, CFE, CFCS, Risk Manager, Schwerpunkt Bekämpfung von Geldwäsche/Terrorismusfinanzierung, Dozent für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre, Hochschule Trier
Georgia Mammes Hochschule Trier
Dr. Christoph H. Winnefeld , CAMS, CFE, CFCS, Risk Manager, Schwerpunkt Bekämpfung von Geldwäsche/ Terrorismusfinanzierung, Dozent für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre, Hochschule Trier, Trier

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X