Den Spielraum im Depot A nutzen

Jochen Schenk Foto: Real I.S. AG

Im Depot-A-Geschäft der Sparkassen und Kreditgenossenschaften schlummern aus Sicht der Autoren noch erhebliche Ertragsreserven, die sich mit einer beherrschbaren Ausweitung der Risiken heben lassen. Schon eine Steigerung der Rendite um durchschnittlich 20 Basispunkte, so ihre Rechnung, hätte bei den maßgeblichen Summen nennenswerte Ertragssteigerungen zur Folge. Als Ansatzpunkt zur kontrollierten Diversifizierung der Portfolios verweisen sie auf Immobilieninvestments bis hin zu Fondslösungen, die mit einem flankierenden Risikomanagement auch oder gerade über die eigene Region hinausreichen könnten. Auch durch die geltenden Liquiditätsregeln sehen sie bei vielen Instituten den Gestaltungsspielraum nur unwesentlich eingeschränkt. (Red.)

Die meisten klassischen Banken und Sparkassen haben ein Problem: Die seit Jahren anhaltende Niedrigzinsphase setzt die Zinsmargen und damit ihre Zinsüberschüsse unter Druck. Für die auf das breite Privatkunden- und das mittelständische Firmenkundengeschäft ausgerichteten Institute wie Sparkassen oder Genossenschaftsbanken jedoch stellt das Zinsergebnis traditionell die wichtigste Ertragsquelle dar. Vom Provisionsergebnis können diese Rückgänge trotz aller Bemühungen nicht aufgefangen werden, nicht zuletzt weil die zunehmende Regulierung wie MiFID II sowie die wachsende digitale Konkurrenz auch im Beratungsgeschäft die Ertragspotenziale begrenzt.

Klassische Depot-A-Anlagen als Verlustbringer

Der spürbare Zinsanstieg, der in den vergangenen Wochen in der Eurozone zu beobachten war, wird daran kurzfristig nichts ändern. Bis sich dieser Anstieg nachhaltig positiv auf die Gewinn- und Verlustrechnungen der deutschen Kreditinstitute auswirkt, wird aufgrund der größtenteils langfristig vereinbarten Kundenforderungen noch viel Zeit ins Land gehen. Und das auch nur in sehr geringem Maße, denn die absoluten Zinssätze sind noch immer sehr niedrig und liegen oftmals weiterhin unter der Inflationsrate. Viele Banken und Sparkassen sind daher auf der Suche nach zusätzlichen oder bislang brachliegenden Renditepotenzialen und haben dabei ihr Eigendepot, das Depot A, entdeckt.

Traditionell investieren die Institute den weitaus größten Teil ihres Eigendepots in sichere und liquide festverzinsliche Wertpapiere. Die auf die Finanzbranche spezialisierte Beratungsagentur ZEB beziffert den Anteil, den Anleihen am Eigendepot von Banken und Sparkassen ausmachen, auf mehr als 80 Prozent. Darunter finden sich hauptsächlich hochliquide Staatsanleihen oder Covered Bonds wie beispielsweise Pfandbriefe, seltener Unternehmensanleihen.1) Doch in diesen Assetklassen lassen sich eben nur noch sehr niedrige Renditen erzielen - im besten Fall, denn die Renditen mancher Staatsanleihen notieren selbst in absoluter Höhe negativ. Mit fortschreitendem Auslaufen älterer Anleihen mit relativ hohen Kupons verschärft sich das Problem. Wenn die Institute ihre Liquiditätsreserve über Nacht bei der Europäischen Zentralbank parken, werden dafür sogar Strafzinsen von 0,4 Prozent fällig. Damit trägt das Depot-A-Geschäft nicht nur immer weniger zum Ertrag bei, sondern kann sich schlimmstenfalls sogar zu einem Kostenfaktor entwickeln.

Nennenswerte Ertragsreserven im Depot A

Doch bei vielen Instituten schlummern im Depot A durchaus nennenswerte Ertragsreserven: Allein die etwa 400 deutschen Sparkassen verfügen über einen Einlagenüberhang von rund 118 Milliarden Euro oder rund zehn Prozent ihrer Bilanzsumme, der zu einem großen Teil im Depot A steckt. Schon eine Steigerung der Rendite um durchschnittlich 20 Basispunkte hätte bei diesen Summen nennenswerte Ertragssteigerungen zur Folge. Tatsächlich ist zu beobachten, dass viele Depot-A-Manager inzwischen zu einer Kapitalallokation mit höherem Renditepotenzial bereit sind: ZEB zufolge stehen Unternehmensanleihen inzwischen für etwa elf Prozent in einem durchschnittlichen Depot A. Aktien machen dort fast drei Prozent und Immobilieninvestments fast vier Prozent aus.2)

Das höhere Renditepotenzial geht naturgemäß mit einem anderen Risikoprofil einher: Die Kurse von Aktien beispielsweise sind volatiler als die von Anleihen und die Renditen weniger gut prognostizierbar. In der Cashflow-Betrachtung gilt vielen Investoren die Immobilienanlage mit ihren regelmäßigen Mieteinkünften als relativ gut geeignetes Zins-Substitut (Abbildungen 1 und 2). Doch für Depot-A-Manager liegt die größere Herausforderung - auch aus regulatorischer Sicht - nicht in der Volatilität, sondern in der Liquidität und damit bei einem Schwachpunkt von (vor allem direkten) Immobilieninvestitionen.

Spielraum trotz Liquiditätsregeln

Die regulatorische Herausforderung besteht in der Erfüllung der mit Basel III eingeführten und schrittweise erhöhten Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR). Sie setzt den Bestand qualitativ hochwertiger liquider Vermögenswerte (High Quality Liquid Assets, HQLA) ins Verhältnis zum Liquiditätsabfluss, der in einem Stressszenario binnen 30 Tagen zu erwarten wäre. Seit dem 1. Januar 2018 muss diese Quote mindestens 100 Prozent betragen. HQLA werden in zwei Gruppen unterteilt: Zur ersten Gruppe zählen Barmittel, Zentralbankvermögen und sehr liquide Anleihen wie Staatsanleihen erstklassiger Bonität, zur zweiten Gruppe etwas riskantere Wertpapiere, die nur vermindert angerechnet werden.

Da ein großer Teil der Bilanzposten auf der Aktivseite einer Bank aus wenig liquiden oder illiquiden Assets besteht, beispielsweise aus langfristigen Kundenforderungen, spielt das Depot A für die Einhaltung der LCR eine bedeutende Rolle. Depot-A-Manager sind daher in ihren Möglichkeiten begrenzt, vergleichsweise illiquide Assets wie Immobilien in ihr Depot aufzunehmen.

Gleichwohl haben viele Banken und Sparkassen ihre regulatorischen Potenziale längst nicht voll ausgeschöpft.3) Eine strikte Konzentration auf HQLA der ersten Gruppe beispielsweise kann bei der Berechnung der LCR-Quote Liquiditätskapazitäten für Investitionen in Assets mit attraktiveren Rendite-Risiko-Profilen freisetzen - zum Beispiel in Immobilien oder Immobilienfonds. Bei ihren Investitionen tendieren viele Sparkassen und Kreditgenossenschaften dazu, sich geografisch auf ihre unmittelbare Heimatregion zu konzentrieren. Das entspricht ihrem Selbstverständnis und ihrer Kernkompetenz als regionale Institute. Bei Immobilieninvestments bedeutet dies dann zumeist Direktinvestitionen in kleinere und mittelgroße Objekte vor Ort. Damit werden die Investitionen dort getätigt, wo ein hohes Wissen um den Markt besteht. Allerdings setzen Immobilieninvestitionen ein anderes Spezialwissen voraus als die Vergabe von Krediten. Es gibt noch weitere Gründe, über eine indirekte Investition zu diversifizieren.

Zum einen sollten gerade Regionalinstitute trotz ihrer starken Präsenz und Kompetenz vor Ort auf eine geografische Diversifikation ihres Immobilienportfolios achten. Denn Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind schon mit ihrem Kerngeschäft sehr stark regional fokussiert, sei es im Geschäft mit Privatkunden oder über die Kreditvergabe an die mittelständische Wirtschaft vor Ort. Sollte es zu einer regional beschränkten Krise kommen, beispielsweise durch den Niedergang oder Wegzug eines großen Arbeitgebers vor Ort, wäre das Institut somit ohnehin davon betroffen. Ein regional breiter diversifiziertes Immobilienportfolio im Depot A kann sich dann als Stabilitätsanker erweisen.

Immobilienfonds als Investmentvehikel

Zum anderen ist sowohl der Verbund der Sparkassen als auch der der Kreditgenossenschaften sehr heterogen und sehr stark fragmentiert. Die Bilanzsummen der knapp 400 deutschen Sparkassen beispielsweise schwanken zwischen 130 Millionen Euro beim kleinsten und 44 Milliarden Euro beim mit Abstand größten Institut. Große Core-Gewerbeimmobilien in den deutschen oder europäischen Metropolen, die in dreistellige Millionen-Euro-Bereiche vorstoßen, sind für kleinere oder mittelgroße Häuser als Direktinvestments nicht zu stemmen, schon gar nicht die Diversifikation in mehrere solcher Objekte. Dabei sind es oftmals gerade diese Immobilien, die die attraktiveren risikoadjustierten Renditen aufweisen. Denn schon während des Akquisitionsprozesses treten hierbei keine kleineren Investoren oder gar Privatanleger als preis treibende Konkurrenten auf.

Schon diese beiden Argumente - regionale Diversifikation und Objektgrößen - sprechen aus der Sicht von Sparkassen und Genossenschaftsbanken dafür, ihr Immobilienportfolio im Depot A schwerpunktmäßig über Fondsbeteiligungen aufzubauen. Es sind aber nicht die einzigen Argumente. Viele Immobilien-Spezial-Fonds sind auf institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Versorgungswerke ausgerichtet und strukturiert, die regelmäßige und langfristig gut prognostizierbare Cashflows in Höhe von mindestens etwa 3,5 Prozent benötigen, um ihrerseits die Garantiezusagen gegenüber ihren Kunden erfüllen zu können. Diese Ausgestaltung können sich auch Depot- A-Manager zunutze machen.

Fondslösungen mit professionellem Risikomanagement

Um die Potenziale einer komplexen Gewerbeimmobilie voll auszuschöpfen, etwa bei der Mietpreisentwicklung, ist darüber hinaus ein professionelles aktives Asset- Management notwendig, das von erfahrenen Fonds- beziehungsweise Kapitalverwaltungsgesellschaften in der Regel besser bewältigt werden kann als vom Depot-A-Manager eines Kreditinstituts. Zudem können die Institute bereits mit relativ kleinen Losgrößen in ein diversifiziertes Gewerbeimmobilienportfolio investieren: Viele Fonds erlauben den Einstieg schon ab einer Million Euro oder weniger.

Und schließlich verfügen viele Fondsmanager über ein spezialisiertes Risikomanagement und Reporting. Das ist auch aus regulatorischer Sicht unerlässlich, denn nicht nur die Risikomanager müssen im Falle einer Prüfung der Aufsicht erläutern können, wie bestimmte Bewertungen zustande kommen, sondern auch die Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsräte (Abbildung 3). Die Sparkassen- Finanzgruppe hat beispielsweise 2016 einen bundesweit einheitlichen Standard für die Parametrisierung von Marktpreisrisiken eingeführt.

Bei Fondsprodukten von Verbundunternehmen beispielsweise erleichtert dieser Standard die Risikobeurteilung durch die jeweilige Sparkasse. Bewährt hat sich zudem eine researchgetriebene Top-Down- Risikoanalyse, angefangen beim Land über die Stadt oder Region und den Mikrostandort bis hinunter zum konkreten Objekt. Investiert werden sollte nur dann, wenn abhängig vom Risiko, das die Investoren einzugehen bereit sind, alle Ampeln auf Grün stehen. In Europa beispielsweise sind neben Deutschland auch Frankreich, die Benelux-Staaten oder auch einige Standorte in Spanien vielversprechend.

Im Depot A vieler Banken und Sparkassen steckt noch Renditepotenzial. Eine höhere Immobilienquote ist eine Möglichkeit, dieses zu heben, ohne dabei zu hohe Risiken einzugehen. Auch die Liquiditätsregeln lassen bei vielen Instituten noch genügend Gestaltungsspielraum. Gerade für die Depot-A-Manager kleinerer Institute, die ihr Immobilienportfolio breiter diversifizieren, in größere Objekte investieren und ein professionelles Asset-Management einsetzen wollen, bieten Fondslösungen kompetenter und spezialisierter Partner ein geeignetes Investmentvehikel.

Fußnoten

1) ZEB-Studie von Oktober 2016: https://bankinghub.de

2)ZEB-Studie von Oktober 2016: https://bankinghub.de

3)ZEB-Studie von Oktober 2016: https://bankinghub.de

Jochen Schenk Mitglied des Vorstands, Real I.S. AG Gesellschaft für Immobilien Assetmanagement, München
Tobias Kotz Leiter Institutionelle Investoren, Real I.S. AG Gesellschaft für Immobilien Assetmanagement, München
Jochen Schenk , Vorsitzender des Vorstands, Real I.S. AG, München

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X