Verdachtsmeldewesen: Geldwäsche in Europa

Loukia Giaoutzi Hochschule Trier, Dr. Christoph H. Winnefeld CAMS, CFE, CFCS, Risk Manager, Schwerpunkt Bekämpfung von Geldwäsche/Terrorismus-finanzierung,-Dozentfür-Finanzwirtschaft-und-Bankbetriebslehre,- Hochschule Trier

Geldwäsche- und Betrugsbekämpfung spielen für Banken eine immer bedeutendere Rolle. Es geht nicht nur darum, Reputationsschäden für das eigene Haus zu vermeiden, sondern auch Bußgeld und Sanktionen zu verhindern, die bei Missachtung der zunehmenden aufsichtlichen Anforderungen entstehen können. Hinsichtlich der Wirksamkeit des Verdachtsmeldewesens bezüglich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung stellen die Autoren in Europa große Unterschiede zwischen den Nationen fest. Doch bei allen Abweichungen zeigt ihre länderübergreifende Betrachtung insgesamt eine Verbesserung des Meldewesens und der Aufklärung von Geldwäsche in Europa. Größere Defizite registrieren sie zurzeit noch im verfügbaren Wissen über die Vorgehensweisen von Terroristen und verweisen dementsprechend auf Schwierigkeiten, geeignete Typologien zu entwickeln, die bei der Erkennung der Terrorismusfinanzierung herangezogen werden können. (Red.)

Der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (im Folgenden: AML/CFT als Abkürzung für Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism) wird weltweit ein hohes Maß an Bedeutung zugesprochen. Die Financial Action Task Force (FATF) spielt hierbei als international führendes Gremium zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung eine herausragende Rolle.

Empfehlungen der FATF

Im Rahmen ihrer 40 Empfehlungen für die Bekämpfung von Geldwäsche und neun nachträglich hinzugefügten Empfehlungen für die Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung wird ein einheitlicher Rahmen für eine wirksame AML/CFT-Politik gesetzt. Die FATF-Empfehlungen setzen Handlungsgrundsätze fest; gleichzeitig wird jedem Land ein Handlungsspielraum bei der Umsetzung und Anpassung an die landesspezifischen Umstände gewährt. Die getroffenen Maßnahmen jedes Landes im Hinblick auf diese Empfehlungen werden von der FATF regelmäßig evaluiert (die vierte Evaluierungsrunde für die Bundesrepublik Deutschland ist geplant für Winter 2020).

Die FATF hat keine rechtlichen Befugnisse auf die Gesetzgebung der Länder. Dennoch sind ihre Empfehlungen global anerkannt, sodass sie als "weiches" internationales Gesetz gelten. Im Falle, dass die Maßnahmen eines Landes nicht den gesetzten Standards der FATF entsprechen, steht es der FATF zu, diesem Land den Mitgliedsstatus zu entziehen. Dies bedeutet für ein Land, dass es auf eine Liste mit nicht kooperierenden Ländern - NCCT als Abkürzung für non-cooperative countries and territories - gesetzt wird. Diese Schwarze Liste ist öffentlich und Mittel einer "Name and shame"-Politik.

Präventionsmaßnahmen

Internationale Standards der FATF geben vor, wie ein wirksames AML/CFT-System auszusehen hat. Einer der Hauptstandards stellt die Meldung verdächtiger Transaktionen dar. Mit Einführung der 4. Geldwäscherichtlinie wurde daher auch die Schaffung einer zentralen Meldestelle - FIU als Abkürzung für Financial Intelligence Unit - für die Verdachtsmeldungen an den Staatsapparat verpflichtend.

Einen Überblick über ein effizientes AML/ CFT-System verschafft das folgende vereinfachte Zwei-Säulen-Modell, das aus einer Präventionssäule und einer Strafverfolgungssäule besteht (Abbildung 1). Den ersten Baustein der Präventionssäule stellt die Sorgfaltspflicht dar. Diese wird auch Customer Due Diligence (CDD) genannt. Es werden zahlreiche Anforderungen gestellt, die in Bezug auf den oder die Kunden erfüllt werden müssen. Dies soll eine gewisse Transparenz des Finanzsystems gewährleisten, um somit Kunden, die Vorteile aus illegalen Aktivitäten ziehen (möchten), den Zugang zum Finanzsystem zu verwehren. Eine dieser Anforderungen ist es zum Beispiel, neben dem Kontoinhaber auch den wirtschaftlichen Eigentümer, in dessen Auftrag gehandelt wird, zu identifizieren.

Eine weitere wichtige Maßnahme in der globalen AML/CFT-Politik stellt die Meldepflicht dar. Die Meldepflicht stellt an Meldepflichtige die Anforderung, ungewöhnliche Transaktionen aufzuspüren und an die dafür zuständige Stelle, die Financial Intelligence Unit, zu melden. Die FATF empfiehlt eine Meldepflicht als festen Bestandteil der internationalen Präventionsmaßnahmen vor allem für Finanzinstitute und Personen des Nichtfinanzsektors (sogenannte Designated Non-Financial Businesses and Professions wie zum Beispiel Betreiber von Casinos, Immobilienmakler, Edelstein-/Edelmetallhändler, Rechtsanwälte, Notare, Buchhalter oder auch Anbieter von Dienstleistungen für Treuhandgesellschaften und Unternehmen).

Als weitere Maßnahme für ein funktionierendes AML/CFT-System muss eine effektive Aufsicht gewährleistet werden. Diese hat unter anderem zur Aufgabe zu überprüfen, ob Verpflichtete ihrer CDD- und Meldepflichten nachkommen. Falls die Aufsicht eine Nichteinhaltung der Meldepflichten feststellt, stellen (finanzielle) Sanktionen gegenüber der Verpflichteten die letzte Komponente der Präventionssäule dar.

Strafverfolgungsmaßnahmen

Die zweite Säule stellt Maßnahmen dar, die ergriffen werden sollen, um identifizierte Kriminelle für ihre Taten zu sanktionieren. Hierfür ist eine Liste mit Vortaten der Geldwäsche (predicate offences) der Kriminalisierung von Geldwäsche zugrunde zu legen. Ein weiterer Schritt stellt nach erfolgreicher Ermittlung die Strafverfolgung durch Strafverfolgungsbehörden sowie die anschließende Beschlagnahmung der Gewinne aus diesen illegalen Aktivitäten dar.

Eine erfolgreiche Präventions- sowie Vollstreckungsfunktion stellt die Basis der FATF-Empfehlungen dar. In diesen wird jedem Mitgliedsland die Bewertung des Risikos unter Berücksichtigung eines risikobasierten Ansatzes empfohlen. Im Rahmen dieser Risikobewertung (National Risk Assessment) gilt es, Bereiche des Finanzsektors zu identifizieren und in Bezug auf ihr Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiko zu bewerten. Im Anschluss an die Identifizierung und Bewertung dieser Risiken folgen Maßnahmen, die der effektiven Minderung (Risk Mitigation) dienen.

Für eine effiziente Meldung verdächtiger Transaktionen empfiehlt die FATF ihren Mitgliedsländern die Einrichtung einer zentralen Meldestelle (Financial Intelligence Unit, FIU). Die Empfehlung zur Einrichtung dieser Einheit wurde im Rahmen der 4. Geldwäscherichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Die FIU hat zur Aufgabe, die Verdachtsmeldungen entgegenzunehmen und zu analysieren, um so Verbindungen zwischen verdächtigen Transaktionen und zugrunde liegenden kriminellen Tätigkeiten zu ermitteln. Weiterhin hat jede nationale FIU dafür Sorge zu tragen, dass die Untersuchungsergebnisse der eingegangenen Meldungen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden. Ob die Berichte von der FIU zur weiteren Ermittlung an die Polizei oder an die Staatsanwaltschaft übermittelt werden, ist abhängig von der Rechtsordnung jedes Landes und wird nicht explizit von der FATF vorgeschrieben.

Jahresberichte ausgewählter Financial Intelligence Units

Wie gezeigt, repräsentiert die FIU eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, da sie die Funktion einer zentralen Stelle für die Sammlung und Analyse der abgegebenen Verdachtsmeldungen durch die Meldepflichtigen innehat. Diese Verdachtsmeldungen sind ein elementarer Bestandteil der Jahresberichte, zu deren Veröffentlichung alle nationalen FIUs verpflichtet sind. Um einen Einblick in die Entwicklungen des Meldewesens zu erhalten, werden im Folgenden die Berichte der FIUs aus Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich und Spanien 2012 bis 2016 herangezogen. Die Anzahl der Verdachtsmeldungen ist von Land zu Land sehr unterschiedlich, wie Abbildung 2 zeigt.

Mit neun Verdachtsmeldungen pro 100 000 Einwohnern wird das geringste Meldevolumen in Spanien ausgewiesen. Im Gegensatz hierzu steht Luxemburg mit 2 207 Verdachtsmeldungen pro 100 000 Einwohnern. Luxemburg stellt mit 582 000 Einwohnern nach Malta das kleinste Land in diesem Datensatz dar. Es wird ersichtlich, dass die Einwohnerzahl keinen Einfluss auf die Anzahl der Verdachtsmeldungen hat. Eine Übersicht über das Meldeverhalten des Finanzsektors und des Nichtfinanzsektors im Ländervergleich zeigt Abbildung 3.

Es zeigt sich, dass der Finanzsektor gegenüber dem Nichtfinanzsektor in jedem Land einen dominierenden Anteil einnimmt. Dennoch sind auch hierbei Unterschiede erkennbar. Während in Deutschland der Anteil der Meldungen aus dem Nichtfinanzsektor weniger als 1 Prozent beträgt, sind es in Malta und in Spanien hingegen rund 30 Prozent. Bei dem Meldeverhalten des Finanzsektors nehmen die Kreditinstitute mit einigen Ausnahmen in den meisten Ländern den größten Anteil an dem Verdachtsmeldevolumen ein. In Luxemburg dominieren zeitweise E-Geld-Institute, in den Niederlanden sind es Money Transfer Offices.

Bei dem Nichtfinanzsektor können vergleichsweise weniger einheitliche Ergebnisse festgestellt werden; hier ist in jedem Land eine andere Gruppe dominierend. In Österreich gehen in jedem Jahr von Versicherungen und Rechtsanwälten die meisten Verdachtsmeldungen aus. In Spanien dominieren die Notare und Immobilienmakler, während das Meldeverhalten im Großteil anderer Branchen kontinuierlich zurückgeht. In Italien und Malta gehen über 80 Prozent der Meldungen des Nichtfinanzsektors von Betreibern des Glückspiels aus. In den Niederlanden gehen die meisten Meldungen regelmäßig von Independent Professionals und Händlern aus (Abbildung 4). Selbst wenn von 2015 ins Jahr 2016 in jedem Land ein Anstieg verzeichnet werden kann, nehmen diese Verdachtsmeldungen in jedem Land nur einen geringfügigen Anteil an den insgesamt erhaltenen Verdachtsmeldungen ein. Dieser Anteil schwankt zwischen durchschnittlich weniger als 1 Prozent in Luxemburg und Italien sowie durchschnittlich 6 Prozent in den Niederlanden.

Strafverfolgungsstatistiken

Werden die Statistiken jedes Landes betrachtet, kann beobachtet werden, dass diese Statistiken größtenteils von Regelmäßigkeit geprägt sind und bei den analysierten Berichten größtenteils ein Aufwärtstrend beobachtet werden kann. Eine Ausnahme stellt Deutschland dar. Obwohl jährlich mehr Verdachtsmeldungen eingehen, werden jährlich nicht mehr Verdachtsmeldungen analysiert. Eine länderübergreifende Betrachtung ergibt, dass die prozentualen Anteile der analysierten Verdachtsmeldungen von den insgesamt erhaltenen Verdachtsmeldungen bei den Ländern große Unterschiede aufweisen. Während in Deutschland nur zirka 45 Prozent der eingehenden Verdachtsmeldungen analysiert werden, können in Italien mehr Verdachtsmeldungen analysiert werden, als in einem Jahr eingehen.

Ebenso verhält es sich bei den weitergeleiteten Meldungen. Innerhalb eines Landes sind die Statistiken von Konstanz geprägt und weisen einen Aufwärts- oder Abwärtstrend auf. Wird der prozentuale Anteil der weitergeleiteten Verdachtsmeldungen länderübergreifend betrachtet, so werden auch hierbei große Unterschiede deutlich. So zeigt sich, dass in Italien zirka 90 Prozent der analysierten Verdachtsmeldungen weitergeleitet werden, wohingegen es in Malta lediglich zirka 10 Prozent sind (siehe Abbildung 5a bis 5d).

Bei den Verurteilungen kann lediglich in Deutschland ein deutlicher Aufwärtstrend erkannt werden. In den anderen Ländern, die Statistiken veröffentlicht haben, kann beobachtet werden, dass das Niveau der Verurteilungen konstant bleibt oder einen minimalen Abwärtstrend vorweist.

Es lässt sich generell beobachten, dass der Versuch, die AML/CFT-Systeme der Länder mit den internationalen Standards der FATF in Einklang zu bringen, zu einem Anstieg des Meldevolumens führte. Oftmals wurde diese Meldungszunahme durch Änderungen im AML/CFT-Regime des jeweiligen Landes hervorgerufen, welche als Folge der ausgeübten Kritik vorgenommen wurden. In Anbetracht der Anzahl der Verdachtsmeldungen wurde häufig die Wirksamkeit des Meldewesens aufgrund eines zu geringen Meldevolumens hinterfragt. Diese Kritik wurde als Folge der Betrachtung der Größe des Landes, des Risikos, dem ein Land ausgesetzt ist, aber auch auf Grundlage des generellen Bewusstseins für AML/CFT-Risiken bei den Verpflichteten, getroffen.

Die am häufigsten beobachtete Reaktion auf die Kritik vonseiten der FATF wegen eines als zu gering erachteten Meldevolumens ist die Änderung oder Erweiterung von Geldwäschegesetzen. Die FATF hat bei ihrer Evaluation von der Bundesrepublik Deutschland festgestellt, dass Deutschland, als ein von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung stark gefährdetes Land, eine zu geringe Anzahl von Verdachtsmeldungen aufweist. In einem Vergleich mit Großbritannien und Italien - Länder, die einen ähnlich entwickelten Finanzsektor haben - sah die FATF ihre Aussage bestätigt. Zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2008 betrug das Meldevolumen von Deutschland 7 312, während es in Italien 14 565 und in Großbritannien 210 524 betrug. Daraufhin wurden Änderungen in den deutschen Vorgaben vorgenommen, die das Meldevolumen anstiegen ließen.

Das Meldevolumen ist seitdem kontinuierlich gestiegen. Dies kann auch dem Druck durch die Aufsichtsbehörde BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) zuzuschreiben sein. Denn um einer weiteren Kritik durch die FATF zu entgehen, wurde im Jahresbericht 2014 der BaFin folgender Wunsch geäußert: "Die Verpflichteten sollen sich schneller beziehungsweise öfter melden als bisher, wenn sie Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Geldwäschegesetz haben." In Deutschland wurde als Folge der Kritik das Gesetz zur Meldepflicht modifiziert, wodurch das starke prozentuale Wachstum von 2012 auf 2013 zu erklären ist.

Im Rahmen der Novellierung des Geldwäschegesetzes (GwG) wurde § 11 Abs. 1 GwG nun unverändert in § 43 GwG aufgenommen. Durch diese Modifizierung wurde der Beurteilungsspielraum für eine Verdachtsmeldung geschmälert. Dies bedeutet konkret, dass in der alten Fassung des § 11 Abs. 1 GwG Tatsachen vorliegen mussten, damit eine Verdachtsmeldung abgegeben werden konnte. In der aktuell gültigen Fassung wird diese Anforderung verringert und es reicht aus, wenn Tatsachen auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hindeuten.

Novellierung des deutschen Geldwäschegesetzes

Darüber hinaus erfolgte die Einbeziehung weiterer Straftaten in den Vortatenkatalog der Geldwäsche, um der Kritik vonseiten der FATF entgegenzuwirken. Die Wirksamkeit dieser Maßnahme zeigt sich exemplarisch auch in Griechenland. Die Einführung des Tatsbestands der Steuerhinterziehung in den Vortatenkatalog der Geldwäsche in der nationalen Gesetzgebung im Dezember 2014 erklärt zu großen Teilen den großen Sprung der Anzahl der Verdachtsmeldungen von 2014 auf 2015. In Malta wurde als Folge der Kritik das gesamte Geldwäschegesetz 2015 novelliert, um im Einklang mit den internationalen Standards zu sein. Dies wirkte sich ebenfalls auf die Anzahl der Verdachtsmeldungen aus und führte zu einem Höchststand.

Das Sanktionsregime ist ein elementarer Bestandteil der AML/CFT-Politik und soll gewährleisten, dass Meldepflichtige ihren Pflichten mit größter Sorgfalt nachkommen. Jedoch konnte bereits 2003 bei einer Bewertung des britischen AMLF/CFT-Systems durch KPMG festgestellt werden, dass zentrale Meldestellen häufig eine große Anzahl unbegründeter Verdachtsanzeigen erhalten. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die meldepflichtigen Unternehmen für die Folgen einer nicht aufgedeckten Geldwäsche verantwortlich gemacht werden. Es kann somit als Folge einer (finanziellen) Sanktionierung bei Nichterfüllung der Meldepflicht zu einer steigenden Anzahl (teils unbegründeter) Verdachtsmeldungen kommen.

In Deutschland konnte ein Jahr nach der Modifizierung der Meldepflicht (2012) ein starker Anstieg bei den Verdachtsmeldungen mit einem geringeren Verdachtsgrad sowie einer geringeren Qualität erkannt werden. Dies kann auf ein "defensives" Meldeverhalten zurückgeführt werden, das vor einer Bestrafung nicht eingehaltener Meldepflichten schützen soll. Die Qualität wurde gemessen an dem Anteil der Berichte, die nach dem ersten Clearingverfahren ohne Restverdacht abgeschlossen werden konnten. Während 2012 dieser Anteil 6 Prozent betrug, konnte nach Veränderung des Beurteilungsspielraums 2013 ein fast doppelt so hoher Anteil festgestellt werden, der auch die folgenden Jahre auf einem annähernd gleichbleibenden Niveau verharrt.

Auch hat die BaFin in einem Jahresbericht noch einmal verdeutlicht, dass eine unverzügliche Abgabe der Verdachtsmeldung, wie es das Gesetz zur Meldepflicht vorsieht, von hoher Bedeutung ist. Im Rahmen mehrerer Sonderprüfungen 2016 wurde festgestellt, dass es in einigen Fällen zur Missachtung dieser Vorgabe kam, was der BaFin das Recht einräumt, Bußgelder zu verordnen. Es kann vermutet werden, dass Finanzinstitute durch diese wiederholte Aufforderung sowie die finanzielle Sanktionierung schneller Verdachtsmeldungen abgeben.

Dadurch, dass die Terrorismusfinanzierung historisch gesehen und auch im kodifizierten Gesetz noch eine "junge" Straftat darstellt, ist dies ein noch nicht ausreichend ergründetes Themenfeld. Die Erkennung der Terrorismusfinanzierung bereitet den Meldeverpflichteten aktuell äußerste Schwierigkeiten. Diese spiegeln sich auch im Meldeverhalten der Meldepflichtigen wider.

Nichterkennung von Terrorismusfinanzierung

In mehreren FATF-Evaluationsberichten wurde kritisiert, dass Aktivitäten, die mit dem Grund der Terrorismusfinanzierung hätten gemeldet werden sollen, als eine Verdachtsmeldung mit dem Grund der Geldwäsche abgegeben wurde. Verpflichtete tendieren dazu, sich für die allgemeinere Kategorie der Geldwäsche zu entscheiden, trotz bestehender Risikofaktoren, die auf eine Terrorismusfinanzierung hindeuten, wenn sie keinen eindeutigen und endgültigen Verdacht hegen. Dies führte zur Schlussfolgerung, dass verpflichtete Gruppen nicht ausreichende Fähigkeiten haben, um Indikatoren dieser zwei Straftaten auseinanderzuhalten.

In Deutschland können allerdings in den letzten Jahren einige Fortschritte in der Identifizierung von Verdachtsmeldungen mit Terrorismusfinanzierungsrisiko erkannt werden. In den Berichten der deutschen FIU wird zunächst ein Einblick in die Verdachtsmeldungen gegeben, die von den Meldepflichtigen mit dem Terrorismusfinanzierungsverdacht eingehen. Es werden jedoch auch jene Meldungen thematisiert, in denen der Terrorismusfinanzierungsverdacht nicht von den Melde pflichtigen beschrieben wurde, dieser jedoch im Rahmen des Analyseverfahrens erkannt wurde. Während diese Erkennungsrate 2012 zirka 30 Prozent betrug, kann eine mehr als doppelt so hohe Erkennungsquote 2016 mit zirka 64 Prozent notiert werden. Gleichwohl wird darauf aufmerksam gemacht, dass weiterhin Schwierigkeiten bei der Erkennung bestehen. Auch konnten von den 784 Verdachtsmeldungen 50 Verdachtsmeldungen als "Spaßüberweisungen" in den Clearingstellen identifiziert werden, was Anlass dazu gab, die Alarmkriterien für eine Verdachtsmeldung zu prüfen (siehe Abbildung 4a bis 4d).

Auswirkung der AML/CFT-Politik

Betrachtet man die Auswirkung der AML/CFT-Politik von der Präventionsseite, zeigt sich in den untersuchten Ländern ein teils erheblicher Anstieg der Verdachtsmeldungen im Zeitverlauf. Von der Sanktionierungsseite aus gesehen zeigt sich jedoch bei Analyse der Verurteilungen, die aus den Jahresberichten der FIUs aus Deutschland, Österreich, Irland und Malta entnommen wurden, dass die AML/CFT-Politik bei der Vollstreckungsfunktion nicht zu dem gleichen Erfolg geführt hat.

Die Verdachtsmeldungen gelten als zentraler und wichtiger Bestandteil des Meldewesens, können jedoch nicht als Indikator für den Erfolg des Meldewesens gewertet werden. Unabhängig von der Anzahl der Verdachtsmeldungen ist die Fähigkeit, verdächtige Aktivitäten identifizieren zu können, entscheidend. Die Identifizierung dieser Aktivitäten ist abhängig von automatisierten Systemen auf der einen Seite und sensibilisiertem Personal und dessen Fähigkeiten und Kenntnissen auf der anderen Seite. Die Qualität der Berichte stellt somit ein wichtiges Kriterium dar, da qualitativ schlechte Berichte eine größere Herausforderung darstellen, tatsächliche Gefahren letztendlich zu entdecken.

In einem Bericht über die Zusammensetzung und Arbeitsweise von FIUs von dem IMF und der Weltbank von 2004 wurde dies festgehalten. Eine fehlende oder unzureichende Rücksprache der FIU mit den Meldepflichtigen in Anbetracht ihrer Berichterstattung kann dazu führen, dass Meldepflichtige eine negative Einstellung gegenüber Richtlinien entwickeln. Dies wiederum kann dazu führen, dass Sorgfaltspflichten nicht adäquat umgesetzt werden. Daher ist die Wirksamkeit und Effizienz der Präventionsfunktion des AML/CFT-Regimes abhängig von dem Input und vor allem Feedback der Strafverfolgungsbehörden und der FIU.

Die Qualität der Berichterstattung durch die Meldepflichtigen kann durch geeignetes Training, einer Rückmeldung zu abgegebenen Verdachtsmeldung sowie kontinuierlicher Beratung durch die FIU beeinflusst werden. Die Bedeutsamkeit der Rückmeldung an die Verpflichteten in Bezug auf die Wirksamkeit von Verdachtsmeldungen und die daraufhin getroffenen Maßnahmen wird zwar erkannt, ihr jedoch nicht die höchste Priorität eingeräumt. In Artikel 46 der 4. Geldwäscherichtlinie wird eine Rückmeldung nur "soweit praktikabel" gefordert.

Projekte zur Erkennung von Terrorismusfinanzierung

Aufgrund des geringen Wissens über die Vorgehensweisen von Terroristen bestehen Schwierigkeiten geeignete Typologien zu entwickeln, die bei der Erkennung der Terrorismusfinanzierung zur Hilfe herangezogen werden können. Diese Aufgabe wird jedoch international mit Nachdruck bearbeitet. Ein wichtiger Faktor bei der Aneignung von Wissen bezüglich der Muster der Terrorismusfinanzierung kann in einem multilateralen Austausch gesehen werden.

Es existieren mehrere internationale Projekte, die dies anstreben. Eines dieser Projekte ist das ISIL-Projekt, initiiert von der Egmont Gruppe - einem informellen Zusammenschluss von 155 nationalen Financial Intelligence Units zu einem internationalen agierenden Netzwerk - in den Jahren 2015/2016. In diesem Rahmen wurden von 37 FIUs Indikatoren gesammelt, die jedes Land im Hinblick auf ihre Terrorismusfinanzierungsrisiken identifizierten. Diese Indikatoren wurden zu Trends und Mustern zusammengesetzt.

Als Ergebnis haben die FIUs, durch Anwendung des neu erlangten Wissens, einen Anstieg der Verdachtsmeldungen einer möglichen Terrorismusfinanzierung verzeichnen können. Dadurch werden im Hinblick auf die Präventionsfunktion des AML/CFT-Regimes Fortschritte gemacht. Für die Zukunft können auch in diesem Bereich weitere Anstiege erwartet werden. Es muss jedoch dafür Sorge getragen werden, dass ausreichende technische und operative Kapazitäten zur Verfügung stehen, um alle Funktionen in Anbetracht ihres Zwecks rechtzeitig erfüllen zu können.

Zusätzliche Abbildungen finden Sie hier.

Dr. Christoph H. Winnefeld CAMS, CFE, CFCS, Risk Manager, Schwerpunkt Bekämpfung von Geldwäsche/Terrorismus-finanzierung,-Dozentfür-Finanzwirtschaft-und-Bankbetriebslehre,- Hochschule Trier
Loukia Giaoutzi Hochschule Trier
Dr. Christoph H. Winnefeld , CAMS, CFE, CFCS, Risk Manager, Schwerpunkt Bekämpfung von Geldwäsche/ Terrorismusfinanzierung, Dozent für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre, Hochschule Trier, Trier

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